Blutkonserven

Kategorien: Behandlungsmethoden

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Mit dem umgangssprachlichen Ausdruck „Blutkonserve“ ist meist ein Konzentrat der roten Blutkörperchen (genannt EK = Erythozyten-Konzentrat) gemeint. Vollblut wird nur in wenigen Fällen verwendet. Das gespendete Blut wird getrennt nach Blut- und Untergruppe in seine Bestandteile aufgespalten, mit Stabilisatoren gegen die Gerinnung sowie mit Mitteln zur Anhebung des pH-Wertes und Glukose als Energielieferant versetzt und in Beuteln zu 250 ml Liter (Blutbestandteile + H²O) abgefüllt. Gekühlt sind die Konserven dann bis zu 42 Tagen haltbar. Frischplasma kann sogar eingefroren werden, was die Haltbarkeits-Zeit verlängert. Es gibt auch spezielle Verfahren die empfindlichen roten Blutkörperchen unbegrenzt in flüssigem Stickstoff (bei -196 Grad C) zu lagen, dann wird aber ein „Frostschutz“ während der Lagerung beigemengt, der natürlich vor Verbrauch wieder entfernt werden muss. Unbestritten haben Blutkonserven einen hohen Wert und retten täglich vielen Menschen das Leben. Der Verbrauch liegt in Deutschland bei 4-5 Millionen Beuteln EK/Jahr. Obwohl Blut gespendet wird und viele Blutbanken keine Gewinne erzielen, kostet ein Beutel EK mit 250 ml am Empfänger angekommen ca. 200,- €. Bei einem Tagesbedarf von ca 15.000 Beuteln pro Tag allein in Deutschland ist die Summe nicht unerheblich. Man geht davon aus, dass das Einsparungspotential bei ca. 50% trotz des demografischen Wandels liegen könnte. Diese Einsparung entlastet die Kassen jedoch lediglich für ein Bruchteil dessen, was für die Behandlung der durch Blutkonserven ausgelösten Gesundheitsfolgen ausgegeben werden muss. Schon aus diesen Gründen wird ein Umdenken stattfinden müssen!

Seit vielen Jahren (in Deutschland – Oktober 1985) wird Blut auf Infektionserreger wie HIV und Hepatitis C überprüft, jedoch nicht auf alle (z.B. Borreliose). Da die Vorgaben vom Gesetzgeber festgelegt werden, kann es regionale Unterschiede geben. Das Risiko, dass man sich über eine Bluttransfusion mit HIV oder Hepatitis ansteckt ist sehr gering (1:1.000.00 bis 1: 16.000.00). In Deutschland, Österreich und der Schweiz wird Blut von homosexuellen Männern zwar abgenommen aber nicht weiter verarbeitet. Bestimmte Vorerkrankungen, Auslandsaufenthalte, Drogenabhängigkeit und weitere Risiken erlauben eine Spende ebenfalls nicht.

Trotz aller Maßnahmen gibt es bei einer Bluttransfusion für den Empfänger Risiken und diese treten viel häufiger auf als die oben genannten. Diese Risiken teilt man inzwischen in 2 Gruppen auf. Es sind unerwünschte Nebenwirkungen, die sich unmittelbar nach einer Bluttransfusion entwickeln können und Schäden, die sich erst nach längerer Zeit (bis zu 30 Jahren!) zeigen. Während Patienten über erstere manchmal Aufklärung erhalten, wird über mögliche Langzeitrisiken so gut wie nie aufgeklärt. Bei der Aufklärung ist bisher nur eine mögliche Ansteckung mit HIV und Hepatitis C vorgeschrieben obwohl inzwischen die Restrisiken sich mit diesen Erregern anzustecken sehr gering sind. Eine Aufklärung über weitere Risiken liegt nur im Ermessen des Arztes. Langzeitrisiken werden so gut wie nie erwähnt.

Vorliegende Wiki-Seite erhielt Anregung durch die TV-Recherche „Böses Blut“ ARD Eins Plus und den sich daraus entwickelnden Diskussionen im Forum.

 

Bisherige Praxis

Es scheint in Stein gemeißelt zu sein, dass eine Bluttransfusion, sofern die Gruppe nicht verwechselt wurde und der Spender gesund war nur positive Eigenschaften hat. Wenn die 80-jährige Oma nach einer OP schwer aus dem Krankenbett kam, glaubte man ihr mit 1 oder 2 EK eine echte Hilfestellung zu geben. Leider erweist sich solches Gedankengut als Wunschdenken, denn in Wirklichkeit hat nun ihr Immunsystem Höchstleistungen zu erbringen um mit Folgen der Transfusion, die in Wirklichkeit ja eine Transplantation ist fertig zu werden.

Kurzzeitrisiken

Sehr unterschiedlich angesetzte Studien zeigen recht eindeutig, dass es eine Reihe von Risiken gibt, die in der Zeit von wenigen Stunden bis zu 30 Tagen nach einer Bluttransfusion auftreten können. In einer Studie der USA wurden über 1.100 Patienten verglichen, die entweder keine oder 1-2 EK erhielten. Das Ergebnis war überraschend. Bei Patienten mit einer Transfusion erhöhte sich die Zahl der Wundinfektionen um 87%, die der Thrombosen um 77%, die Lungenkomplikationen um 76% und auch die Sterblichkeit lag um 29% höher als in der Vergleichsgruppe. Anderen Studien zufolge sprach man von einer Erhöhung der Infekte um das 2-5 fache. Neben einem Schock ist häufig eine Organverschlechterung (Nierenversagen, Lungenfunktion, Herzinfarkte) fest zu stellen. Insgesamt wurde ein um 6 mal höheres Todesrisiko ermittelt. Mikroskopische Untersuchungen zeigten, dass schon eine Stunde nach einer EK-Übertragung die Fließfähigkeit in den Kapilargefäßen stark eingeschränkt war und das Blut zu Verklumpungen neigte. Auch die hohe Infektionsgefar ist eine direkte Folge der Transfusion. Wenn das Immunsystem gegen die fremden Blutzellen ankämpft, wird es gegenüber Krankheitserregern schwächer. Dies kann bis zur Sepsis führen. Auch Lebensmittelallergien können per Tranfusion als Nebenwirkung übertragen werden. Dies ist zum Glück selten und nicht dauerhaft.

Langzeitrisiken

Über die Langzeitrisiken, die 20-30 Jahre nach einer Bluttransfusion entstehen können liegen zwar auch Studienergebnisse vor, sind aber schlechter von Nichtmedizinern zu entdecken. Ganz allgemein kann man feststellen, dass das Krebsrisiko steigt. Dabei ist besonders Leukämie, der Darm-, und Lympfdrüsenkrebs sowie das Tumorwachstum zu nennen. Bei Darmkrebs beobachtete man 20% mehr Metastasen und ein um 70% erhöhtes Risiko. Von je 1000 Krebs-Patienten verstarben ohne vorherige Bluttransfusion 244 Patienten, während es 309 mit dem Langzeitrisiko im Untersuchungszeitraum waren.

Ursachen

Blut ist sehr komplex. Das ist auch der Grund, warum man bis heute auf Spenderblut angewiesen und kein „Kunstblut“ herstellt. Die Einteilung in Gruppen und Untergruppen ist im Gegensatz dazu grob.Wird eine Konserve übertragen hängt es erst mal davon ab, in wie weit das Spenderblut vom Empfänger und dessen Immunsystem akzeptiert wird. Kämpft das Immunsystem gegen die fremden Bestandteile an, kommt es viel eher zu genannten unerwünschten Reaktionen.

Des Weiteren nimmt die Qualität des Blutes mit zunehmender Lagerung kontinuierlich ab. Ständig platzen trotz Kühlung in der Konserve Blutkörperchen und setzen ihre Bestandteile (Eisen, Kalium…) frei. Schon nach 3-4 Tagen ist dieser Effekt messbar. Die Höchstdauer, die eine Verwendung noch zulässt liegt bei 42 Tagen obwohl in der Praxis selten 30 Tage Lagerung überschritten werden. Dieser Effekt tritt natürlich auch bei einer Eigenblutspende in Erscheinung. Dies lässt die Frage nach der Sinnhaftigkeit aufkommen. Legt man den Termin der Eigenspende kurzfristig vor einer OP an, fehlt die Menge während der OP. Bei größeren Abständen verschlechtert sich durch die Lagerung die Qualität und steigert die Risiken. Deshalb wird von einer Eigenblutspende immer mehr abgesehen. Letztlich überwiegen die Nachteile.

Fazit

Ohne Frage ist der Slogan „Blut rettet Leben“ richtig und man kann all den Spendern gar nicht genügend danken. Es gibt Situationen im Leben, da wird unbedingt Blut benötigt. Über diese Situationen sprechen wir (genau wie bei Antibiotika) nicht. Wenn der Blutverlust problematisch wird ist eine Transfusion ohne Zweifel gerechtfertigt.

Von der Vorstellung, dass Blut eine „Verjüngungskur “mit der Prämisse „je mehr – je besser“ ist, müssen wir uns aber verabschieden. Dem ist nicht so. Jedes bisschen Blut, was bei einer OP nicht vergossen, sondern dem Patienten zurück geführt werden kann ist ein Gewinn (PBM). Es gibt inzwischen auch OP-Techniken, die durch Unterkühlung und andere Maßnahmen die zusätzliche Gabe von Fremdblut minimieren oder ganz verhindern können. Zeige Dich im Krankenhaus als Patient, der umfassend aufgeklärt werden möchte. Mache deutlich, dass Du Blutkonserven nur dann verabreicht haben möchtest, wenn es zwingend notwendig ist. Ich selber habe diesen Passus in meine Patientenverfügung eingebaut. Frage im örtlichen Krankenhaus, ob man dort schon nach dem Patientenorientierten Blut-Management (PBM), einem 3 Säulen Modell arbeitet. PBM.pdf Die Methodik der Uni Wien wird auch in Deutschland in über 60 Kliniken mit zunehmender Tendenz angewandt.

Weitere Infos im Web

Der Tageblatt-Anzeiger berichtet am 29.05.13 über eine europaweite Studie. Die Tübinger Uni-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin untersucht die Unterschiede im Verbrauch von Blutkonserven. Sie sprachen mit dem Initiator der Studie, Jens Meier, über Risiken und Nebenwirkungen von Bluttransfusionen sowie die Erfahrungen mit alternativen Therapien.

 


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