Wir möchten zu diesen Behauptungen wie folgt Stellung nehmen:
Es ist recht schwierig, hier eine richtige Antwort zu finden. Uns erscheint die ganze Diskussion aber auch einfach zu akademisch. Nach den Gesetzen der Chemie haben sogenannte HS-Verbindungen eine hohe Affinität zu Metallen, besonders zu Schwermetallen. Diese Verbindungen sind recht wasserunlöslich und bilden sehr, sehr stabile Komplexe.
Was nun den Chemieunfall in Indien anbelangt, so hat das Methylisocyanat die Eigenschaft, an sogenannte –OH- und -SH-Gruppen zu binden. Die Giftigkeit kommt unter anderem dadurch zustande, dass dieses Gift an die OH-Gruppen von Enzymen bindet, die im Nervenstoffwechsel eine entscheidende Rolle spielen. Damit fallen Nervenfunktionen aus. Ferner kann das Gift aber auch an SH-Gruppen binden (wie sie ja im reduzierten Glutathion vorhanden ist).
Wenn das Gift aber an Glutathion bindet, ist die Bindung sehr fest (das Glutathion ist dann derivatisiert), so dass das Glutathion seinen natürlichen Funktionen nicht mehr nachkommen kann. Unsere Auffassung ist, dass nach einem solchen Vergiftungsfall ein extremer Mangel an reduziertem (also biologisch aktivem) Glutathion auftritt! Wie das derivatisierte Glutathion dann ausgeschieden wird, können wir nicht sagen. Aber von der thermodynamischen Seite her wird das Methylisocyanat aus dem derivatisierten Glutathion sicher nicht mehr freigesetzt, um dann andere Verbindungen eingehen zu können. Wir denken, dass die massive Toxizität des Methylisocyanat eben auf der Reaktion (wie oben schon erwähnt) mit SH- und OH-Gruppen beruht. Und im Körper gibt es sehr, sehr viele Verbindungen bzw. Biomoleküle mit diesen Gruppen; Glutathion ist nur eine dieser Verbindungen. Man kann auch darüber spekulieren. Fakten liegen indessen keine auf dem Tisch, ob das derivatisierte Glutathion nicht auch selbst giftig ist. Und wenn man bei einem Gehalt an Methylisocyanat im Blut zusätzlich Glutathion gibt, könnte dann ein giftiger Stoff entstehen? Das ist Spekulation! Genaues wissen wir nicht. Auch ist die Situation in unseren Patienten sicher eine ganz andere als in Bhopal.
Was die Glutathion-S-Transferasen anbelangt, so entfernen sie aus dem Körper fremde Stoffe über die Bindung dieser Stoffe an die SH-Gruppe des Glutathions. Wenn das Enzym Glutathion-S-Transferase vorhanden ist, geht das recht schnell. Ist keines da (beispielsweise aufgrund eines Gendefekts), ist die Bindung bzw. der Umsatz eben viel langsamer, aber dennoch vorhanden. Außerdem haben wir ja eine Vielzahl dieser G-S-Transferasen, so dass Ausfälle eines Enzyms durch andere kompensiert werden können. Dass alle Transferasen mutiert und nicht mehr da sind, ist sehr, sehr unwahrscheinlich. Außerdem hat der Körper noch einige andere Systeme zur Ausscheidung von Stoffen, die über andere Stoffwechselwege laufen (wie z. B. Glukuronsäure).
Insofern ist die Behauptung im Internet, „bei einer Erniedrigung des Entgiftungsenzyms GST (Glutathionschwefeltransferase) ist die Zufuhr von künstlichem Glutathion oder Glutamin strengstens verboten, da es durch den giftbedingten Mangel des Enzyms zum Einbau in die Zelle nicht verwertet werden kann“ biochemisch falsch!
Kompletter Unsinn ist auch die Behauptung im Internet „in der Regel ist Glutathion in der Zelle durch den Mangel des Enzyms Glutathionschwefeltransferase ohnehin krass erhöht“!
Wir haben Erfahrungen mit Messungen des intrazellulären reduzierten Glutathions (Erythrozyten) bei über 500 Patienten. Grundsätzlich haben alle Patienten bei der ersten Messung einen großen intrazellulären Mangel an reduziertem Glutathion. Auch Patienten, bei denen aufgrund eines Gendefekts das Enzym Glutathion-S-Transferase fehlt, haben diesen großen Mangel! Und wie definiert der Autor des Beitrages eine „krasse Erhöhung“ von intrazellulärem reduziertem Glutathion? Im oberen Referenzbereich? Oder oberhalb desselben? Oder meint er garnicht reduziertes Glutathion (biologisch aktives Glutathion) sondern oxidiertes (biologisch inaktives) Glutathion? Hier bleibt Wesentliches unklar!
Zum Schluss unserer Stellungnahme möchten wir auf unsere reichhaltigen praktischen Erfahrungen mit Eumetabol® (S-Acetylglutathion) bei Patienten mit Schwermetallbelastung zu sprechen kommen.
Grundsätzlich ist eine „Schwermetallvergiftung“, wie beispielsweise mit Quecksilber aufgrund von Amalgamfüllungen, keine akute Vergiftung mit relativ hohen Konzentrationen von freigesetztem Quecksilber. Das Quecksilber aus Amalgamfüllungen wird relativ langsam und schleichend freigesetzt. Das bedeutet, dass die Schwermetalle in sehr niedrigen Konzentrationen im Blut sind. Und ob und was diese Schwermetalle in den Zellen machen, entzieht sich völlig unserer Kenntnis!
Wir sehen jedoch bei der Schwermetallausleitung mit Eumetabol® (S-Acetylglutathion), Vitamin C und Zink regelmäßig sehr gute Erfolge. Beispielsweise bei einer Patientin mit einer Quecksilber-Konzentration im Vollblut am 19.12.2012 von 2,3 ng/ml. Am 23.04.2013, also vier Monate nach Beginn der Ausleitung, war der Wert auf 1,4 ng/ml gesunken. Es wurden keine Überempfindlichkeitsreaktionen oder Allergien beobachtet. Und dieser Patientin fehlt das Enzym Glutathion-S-Transferase M1!
Grundsätzlich sollte man wissen, dass die orale Gabe von reduziertem Glutathion oder auch als Infusion nicht sinnvoll ist. Selbst infundiertes reduziertes Glutathion hat nur eine Halbwertszeit von 1,6 Minuten. Die Halbwertszeit des chemisch maskierten S-Acetylglutathion ist viel länger. (Eine diesbezügliche Veröffentlichung ist in Vorbereitung.) Wichtig ist im Zusammenhang mit Eumetabol® (S-Acetylglutathion), dass N-Acetylcystein im Tierversuch gegen Methylquecksilber-Vergiftungen wirksam war. (Was auch gegen die Behauptungen im Internet spricht.)
Man sollte bedenken, dass die Behauptungen und Warnungen in dem besagten Internettext sich alle auf die Gabe von reduziertem Glutathion beziehen, nicht auf die Gabe von S-Acetylglutathion!
Hinweis: Bei einer Glutathion-Therapie mit größeren Mengen an Glutathion ist es auch wichtig, genügend Magnesium und Zink dem Patienten zu geben, damit er hier keine Verarmung erleidet, da diese Ionen ja auch an Glutathion binden können.