Bist du ein Borderline?
LG, Difi
Difi, ich halte gar nichts von dieser Sammelerkrankungsbezeichnung Borderline. Die ist selbst unter den Fachärzten umstritten und kommt vor dem Erwachsenenalter schon gar nicht in Frage.
Damit lassen sich Menschen sehr schnell abstempeln und in eine psych. Ecke packen. Ich halte auch nichts davon, Ritzen als Ausdruck einer Krankheit zu sehen. Dann wäre auch Schreien Ausdruck einer Krankheit.
Was ist Borderline:
Grenzgänger oder Grenzlinie als „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ ist ein aus der Psychoanalyse stammendes theoretisches Konstrukt, mit dem versucht wird, eine Vielzahl von auffälligen Verhaltensweisen und Gefühlen zu erklären, die weder in das psychoanalytische Schema einer neurotischen noch einer psychotischen Störung passen.
Die Borderline-Störung galt in psychiatrischer Forschung ursprünglich als Begriff, um Randphänomene im Grenzbereich zu den schizophrenen Störungen genauer zu erfassen.
Heute ist es von diesen diagnostisch klar abgegrenzt: die früher fallweise diagnostizierte "Borderline-Schizophrenie" (die sich auch im ICD-10 mit dem Überbegriff "schizotype Störung" als F21 codiert findet) wird ab dem DSM-III unter dem Begriff der schizotypischen Persönlichkeitsstörung (301.22, 301.20) beschrieben. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (301.83) dagegen wird in DSM-III und IV sowohl von ihr als auch der narzißtischen Persönlichkeitsstörung (301.81) klar unterschieden.
Dieses Krankeitsbild zeichnet sich durch sehr unterschiedliche Erscheinungen aus. Meist findet sich ein buntes Sammelsurium vieler Diagnosen in der Krankheitsgeschichte.
Symptome:
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Angst (Vernichtungs-, Verlassenheits-, Trennungsangst)
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autoaggressives Verhalten
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Depersonalisations- und Derealisationsgefühle
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Depressionen
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Drogenkonsum
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delinquentes Sozialverhalten
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extreme Idealisierungen oder Entwertungen
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Eßstörungen
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Gefühlsstörungen
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Hysterien
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Identitätsdiffusion
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innere Leere
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impulsive Reaktionsweisen
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Impulskontrollverlust
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Kontaktvermeidung - plötzliche Kontaktabbrüche
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Polymorphe Sexualität (stark schwankend in der Ausprägung)
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Präventivangriffe
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psychosomatische Symptome
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Realitätsverlust
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Rituale und Zwänge
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Schwarz-Weiß-Denken
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starkes Kontrollbedürfnis über andere Menschen
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Sucht
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Suizidalität
* Zwangssymptome (überwertige Ideen)
Das Ritzen ist mMn. eine Modeerscheinung, die in ist und innerhalb der Jugendlichen hat sich schon lange ein Kult entwickelt, zu dem die entsprechenden Poster, Musik und Webseiten gehören.
Für mich hat dies sehr viel mit der neuen Körperkultur von Tattoos, Brandings und Piecings zu tun, die den Körper nicht nur schmücken, sondern auch verletzen. Dadurch ist die Distanz zur Körperverletzung gefallen. Auch historisch ist diese Entwicklung nachzuvollziehen.
Beim Hessentag vor 13 Jahren wurde öffentlich im TV ein Branding gezeigt, was die Folge hatte, dass sich im Anschluss wer weiß wie viele Kinder und Jugendliche teilweise kollektiv als Mutprobe ein Branding gemacht haben.
Meine Tochter daraufhin mit 9, gemeinsam mit ihren Freunden. Das war ihr erstes selbstverletzendes Verhalten. (Habe dazu unter Erfolgsgeschichten schon was geschrieben.)
Durch und von meiner Tochter weiß ich zudem, dass viele Jugendliche sich ritzen und sich damit in gewisser Weise auch in Szene setzen. Sie sind dadurch etwas Besonderes und bekommen eine erhöhte Aufmerksamkeit. Es bringt ihnen sogar ein Stück weit Respekt ein, da viele andere Jugendliche sich nie überwinden könnten, sich selbst zu verletzen.
Während das Ritzen in meinen Augen auf der einen Seite ein Methode ist Aufmerksamkeit zu erzielen und sogar cool zu sein und von seinen Freunden eine Menge Aufmerksamkeit zu bekommen, entwickelt es sich für die Betroffenen oft zur einzigen Methode ihrer Konfliktbewältigung und jedes Problem wird an ihrem Körper ausgelassen. So dass sie sich bald einem hohen Leidesdruck ausgesetzt fühlen. Denn der zugefügte Schmerz bringt zwar eine vorübergehende Erleicherung, löst aber natürlich keinen einzigen Konflikt.
Es gibt Jugendliche, die sich von alleine von dieser falschen Konfliktbewältigung lösen und von selbst einfach wieder damit aufhören. Es gibt Jugendliche, die mit Unterstützung recht schnell davon loskommen und ein anderes Verhalten lernen.
Und es gibt Jugendliche, die dieses Verhalten beibehalten und auch nach mehreren Therapien nicht verlieren, sondern mit der Zeit (oft gerade auch in einer Klinik) noch etliche andere Auffälligkeiten entwickeln (die sie sich zum Teil von anderen Patienten abschauen). Wenn sich dann bei einem Menschen mehrere Verhaltensauffälligkeiten kultiviert haben, dann wird das unter Borderline zusammengefasst.
Bei einer Therapie muss es mMn. darum gehen, dass der Mensch eine andere Form der Konfliktbewältigung lernt und erkennt, dass er mit der Selbstverletzung nur sich selbst beschädigt, aber keinerlei tatsächlichen Einfluss auf die Konflikte nimmt.
Wenn die Eltern bemerken, was mit ihrem Kind los ist und es hier unterstützen, für gespächstherapeutische Unterstützung sorgen, auch mit Belohnung der Vermeidung des selbstverletzenden Verhaltens arbeiten, dann kann das dazu führen, dass der Jugendliche ohne Klinikaufenthalte recht schnell lernt, sein Verhalten zu ändern.
Positiv sehe ich eine intensive Auseinandersetzung des Betroffenen mit dem Ritzen, auch in Form eigener Webseiten, um die Systematik und Ursachen des Ritzen zu verstehen, Gesprächstherapien mit einer oder mehreren pädagogisch geschulten Personen zu denen man einen engen und guten Draht entwickeln muss (damit es was bringt), so dass eine ambitionierte Sozialhelferin an der Schule mehr bringen kann als der Gesprächstherapeut (wenn sich hier eine engere Bindung entwickelt), Belohnungen- die den Jugendlichen selbst stark motivieren das Verhalten auch selbst aufgeben zu wollen, und natürlich eine hohe Aufmerksamkeit gegenüber dem Jugendlichen und viele Gespäche mit den Eltern.
Ich denke aber, dass die Gefahr besteht, um so länger ein Mensch diese Art der Konfliktbewältigung zelebriert, ohne dass dies unterbrochen wird oder wenn der für ihn passende Weg zur Verhaltensänderung nicht begangen wurde, um so höher ist die Gefahr, dass sich das Verhalten verfestigt und zu einer Art Sucht wird.
Wenn nun ein Betroffener ohne Änderung des Verhaltens erwachsen wurde, dann ist es mMn. viel schwieriger davon loszukommen. So müsste sich der Erwachsene selbst eine lang ersehnte Belohnung für das Überwinden seines selbstverletzenden Verhalten in Aussicht stellen.
Wie wir aber alle wissen, stellt zum Einen die Durchführung eines falschen Verhaltens mit Suchtcharakter an sich ja schon eine Belohnung dar und zudem kann sich jeder Erwachsene jederzeit seine Wünsche erfüllen.
Auch kann die durch das Ritzen erhaltene höher Zuwendung von anderen für den Betroffenen als positiv gewertet werden.
Hier ist also eine sehr grosse Diszplin nötig, um davon loszukommen und ein Erkennen seiner eigenen Psyche, der Ursachen und Abläufe und ein fester Wille unabdingbar.
fallenangel, dein Nick und dein Avatar sind mMn. typisch für Ritzerinnen. Nachdem Du bereits Therapien gemacht hast, weißt Du rein vom Kopf her sicher genau was Sache ist.
Ich weiß, egal wie alt Du bist, wenn Du damit wirklich aufhören willst, dann schaffst Du das auch. Glaube an dich, denn Glaube versetzt Berge.
Suche dir neue Strategien zur Konfliktbewältigung.
Eine könnte vielleicht sein, dass Du jedesmal die Seelsorge anrufst, anstatt dich zu ritzen und denen dann das erzählst, was dich belastet.
Anstatt dich zu verletzen, kannst Du auch Zeitungen zerreißen oder Kissen verprügeln. Denn bei der Selbstverletzung geht es mMn. auch immer um Aggressionen, die raus müssen.
Und belohne dich jedesmal, wenn Du dich nicht geritzt hast mit etwas, das Du magst, egal, ob das ein neuer Lidschatten, ein Essen oder ein leckerer Cappuchino ist.
Du könntest dich auch Mal in Richtung orthomelukulare Medizin orientieren und schauen, was gegen Depris hilfst.
Vielleicht eine Selbstverteidungssportart machen, die zum Einen für körperlichen Ausgleich sorgt, dein Selbstwertgefühl und deine körperliche und mentale Stärke erhöht und dir zeigen wird, wie stark Du bist.
Denke daran, es ist alles nur in deinem Kopf und Du bist das was Du sein willst.:wave: