Als sicher interessant und empfehlenswert sehe ich in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Helmut Hark.
Hier nur ein kleiner Ausschnitt aus "Religiöse Neurosen. Ursachen und Heilung":
Die Heilung der religiösen Neurose
{384} Die Heilung der ekklesiogenen Neurose ist ein langer Weg und ein schmerzlicher Prozess. Die oft schon jahrelang angestauten und verdrängten Schwierigkeiten können verständlicherweise nicht in kürzester Frist therapeutisch behoben werden. Es gibt jedoch therapeutische Erfahrungen von allgemeiner Bedeutung, die es jedermann ermöglichen, sich mit seinen Problemen auseinander zu setzen und Wege zur Heilung zu suchen.
{385} Ein erster Schritt zur Lösung ist, wie bei jedem neurotischen Leiden, die Bewusstmachung derselben. Wer ein Problem klar erkennt und weiß, worunter er leidet, kann am ehesten diese Schwierigkeiten angehen. Wer seine Schmerzen in Worte kleiden kann, ist ihnen nicht mehr so schutzlos ausgeliefert. Um keine Illusionen zu wecken, sei von vornherein aber auch gesagt, dass ein einmaliges oder mehrmaliges Zur-Sprache-Bringen in der Regel noch keine Lösung bewirkt. Die Wunden, die zutiefst unser Leben und unser seelisches Erleben beeinträchtigen, uns sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen sind, können nur langsam und mühsam geschlossen werden. Was bisher allgemein über den Umgang mit psychoneurotischen Schwierigkeiten gesagt worden ist, gilt insbesondere auch für die religiösen Neurosen. Ja es muss gesagt werden, dass diese Schwierigkeiten vielleicht besonders mühsam zu beheben sind. Ist es schon schwer, für irdische Probleme eine Lösung zu finden, so dürfte es verständlich sein, dass für himmlische und religiöse Dinge umso schwerer menschliche Lösungen zu finden sind.
{386} Da die religiöse Neurose das traurige Ergebnis einer Auseinandersetzung zwischen der triebhaften und der geistigen Lebenssphäre ist, ist das Problem zunächst »zurückzuspulen«. Dieses Bild will sagen, dass die geistige Not im seelischen Schmerz und im körperlichen Empfinden wahrgenommen werden muss. Da nun Menschen mit einer religiösen Neurose gerade diesem körperlichen Bereich und dem seelischen Erleben dadurch auswichen, dass sie sich unbewusst in den religiösen Bereich flüchteten und schließlich daran erkrankten, dürfte es verständlich sein, dass man nur mit großen Ängsten dahin zurückkehrt, von wo man geflohen ist. Aus Erfahrung muss leider auch gesagt werden, dass manche Menschen lieber in ihren psychoneurotischen Schwierigkeiten oder in ihrer religiösen Neurose verharren, als sich den Notwendigkeiten des Lebens zu stellen und sich damit auseinanderzusetzen. Die Freiheit und die Achtung der Würde eines jeden Menschen gebieten es, auch solche fragwürdigen Entscheidungen zu akzeptieren. Ein weiterer Schritt zur Heilung ist die Erprobung der neuen Einsichten im Leben. Neue Einsichten und Erkenntnisse wollen im Leben realisiert werden. Dabei sollte man sich vor allzu großen Schritten und vor zu großen Erwartungen hüten. Der Ausweg aus den Schwierigkeiten gelingt am ehesten in kleinen und kleinsten Schritten. So mancher gibt den Kampf mit der Neurose deswegen auf, weil die Schritte einfach zu groß und zunächst nicht zu schaffen waren. Dies führt verständlicherweise zu Enttäuschungen und zu Entmutigungen.
www.opus-magnum.de/hark/neurose/html/hark_neurose_06.html
Herzliche Grüße von Leòn