Mama, ich wünsch’ mir nichts so sehr
als wie eine Ziege, eine Ziege muß her!
Lena, mein Kind, wie soll denn das gehen?
Ziegen im Garten - ich danke schön!
Eine einzige will ich, da ist nix dabei,
eine einzige kleine, die reicht für uns zwei.
Doch leider wünsch’ ich halt nichts so sehr
als wie eine Ziege, eine Ziege muß her!
Es kam, wie es kommt und so wie es muß,
eine Ziege bringt Freude und manchmal Verdruß.
Schaut doch wie die Lissi neugierig ist,
schaut wie sie springt, wie sie anmutig frißt!
Wie sie spielerisch schon mit den Hörnchen bockt,
daß die Mama erschrickt und die Lena frohlockt,
vorbei, vorbei mit der Einsamkeit,
ab heute da bin ich beim Spielen zu zweit!
Die Liss’ wird gejagt von der Lenaumaus
in die Wiese, die Büsche, rund um das Haus.
Die Liss’ zieht den Wagen und spielt das Pferd
und sie steigt in der Küche hinauf auf den Herd.
Was ist in den Töpfen, was auf dem Büffet?
Die Lissi, die klettert so gern in die Höh’
und wenn der Mond scheint, dann zieht es sie hin
zu der Leiter am Dach, zum alten Kamin
und auf ihn hinauf, da fühlt sie sich wohl,
grad wie eine Gemse im schönen Tirol.
Spät Nachts noch klingelt das Telefon:
Sehe ich richtig oder träume ich schon,
Ihr Dach, Frau Huber, im Mondenschein,
drauf steht eine Ziege! Kann das sein?
Das gibt’s, Frau Meyer und noch viel mehr.
Zum Beispiel liebt Lissi die Blumen so sehr,
wirklich zum Fressen hat sie sie gern
und Kraut und Salat in der Näh’und der Fern’.
Zwar steht rechts ein Zaun, eine Hecke, jedoch
die Hecke ist biegsam, der Zaun hat ein Loch!
Wütend der Nachbar: Schau’n Sie sich das an!
Das hat ihre freche Ziege getan!
Kommt sie noch mal, dann stech ich sie ab
mit dem scharfen Messer, das ich hab!
Darauf der Opa: Ein Gehege muß her!
Drei Stunden sägt er und nagelt er schwer.
Kaum hat er den letzten Schlag getan,
da schaut ihn die Lissi unschuldig an
und springt mit allen vier Füßen zugleich
aus dem Stand übern Zaun in ihr Himmelreich,
wo sie Blumen und Blätter und frischen Salat
und eine Wiese zum Spielen hat,
sowie Blätter zum knabbern vom Apfelbaum,
von der Zwetschge, der Birne. Es ist ein Traum,
der drei Tage dauert. Dann ist es passiert.
Die Bäume steh’n da wie abrasiert
in Ziegenhöhe ganz genau und exakt,
alle Blätter gerupft, alle Zweige geknackt!
Die Lissi steht da und leckt das Maul,
was tu ich jetzt? Und gar nicht faul
fängt sie nach links hin zu äugen an,
wo auch ein Zaun ist und wo keiner leugnen kann
daß hinter ihm in dem Gemüsebeet
der allerschönste Kohlrabi steht.
Schon ist sie weg, schon ist sie verschwunden,
bis das Telefon läutet nach zweieinhalb Stunden
und der Zahnarzt von drüben drohend sagt,
Hol’n Sie Ihre Ziege, sonst wird sie verjagt,
denn Ziegen in meinem Wartezimmer,
das dulde ich nicht und das dulde ich nimmer.
Was also tun? Die Mutter spricht,
du siehst mein Kind, so geht es nicht.
Die Liss’ muß weg, so leid’s mir tut,
doch kenn ich zum Glück ein Bauerngut,
da freu’n sich die Pferde, Kühe und Ziegen,
wenn sie eine lustige Freundin kriegen.
Und so geschah’s, daß die Lissi in kürzester Frist
auf einen großen Bauernhof kam.
Der war in Oberottmarshausengroßholzenwaldreut.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie dort noch heut.