Herbst-Gedichte

Herbst

Ode an den Herbst

von Gabriele Brunsch

Wieder geht mir der Tag flöten,www.musikland-tirol.at/html/musikinstitutionen/bilder/cd_floete.jpg
und die Musik rauscht in der Stille...
da, Stimmen, ganz dünn,
ich versteh nichts.
Raus, nichts wie raus,
mein Garten ein gelb-brauner See.
Dort wo mein Tritt kaum hinkommt
raschelt der Igel, baut sich
ein Winterloch im Blätterberg,
den der Wind hintreibt, täglich mehr.



Da bin ich noch
und wieder ein Herbst,
so ein satter, der nicht nachgibt
und nach mir schlägt mit seinen Farben,
reißt mich am Knöchel und schreit.
Ach, und allem Bemühen zum Trotz -
bleibt mir ganz bescheiden nur -
die Sehnsucht - die nach dem Lied.
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Hör, diese Ode nun schreib ich dem Herbst,
weil er mich wieder mal jagt,
so wie das erste mal,
als ich ihn völlig bemerkte,
als er hineinsichtropfenließ in mein Herz...
Und mit dem Sommer, der groß war,
und den Sonnenuhren auf den Fluren
und den Winden halt ich Einkehr
und zieh sie immer von Neuem
durch meine Seele, jahraus-jahrein,
wenns kühler wird, und gelber und brauner
und Todesduft nebelt am Abend.
Du, bleib ruhig, das ist meine Ode,
die kannst ums Verrecken nicht leiden,
ich weiß.
Der Kran am Waldrand macht mich mürbe,
weil ich, wenns Frühling ist,
den Bergsaum nimmermehr sehn kann, ach,
denn da baun sie Häuser hin und dann
ist alles weg.
Wie soll ich denn dann und wann
durch welche Wiese gehn,
wenn keine mehr da ist?
Selbst wenn in Gedanken ich gerne
leicht wie der Wind durch ihre Binsen mich stehle,
geht das nicht mehr.
Es ist zum Heulen.
Na, und dann wird halt geheult - inwendig,
wie ich schon Hundertemale geheult hab,
und denk
ab jetzt niemals mehr.
Und wieder singt mir der Herbst
so ein gelb-braunes Lied in der Birke.
Die Birke, die kindlich mir winkt,
wie eine Tänzerin mit manieriertem Schritt
nachmimt die Jugendzeit.
Schau und das Kind hüpft grad so
wie ich damals durchs Gewirr von Blättern
und jubelt, so als wär es der erste Herbst,
der da ist, und das erste
Jahr das sich neigt, und das ist gut.
Weil doch die Hoffnung niemals versiegt,
gehe auch ich noch, zaghafter jetzt,
doch trotzig und halte mich hoch.
Weil doch die Hoffnung,
das Rinnsal ,
immer noch blöfft.

Ich rechne nicht ab,
wie und womit soll ichs denn tun,
wenn doch alles,
immer nur wieder zurückfällt auf mich,
und wegrennen gilt nicht.
Ja, diesem fränkischen Herbst sing ich mein Lied,
der mein Leben begleitet
wie der Zuckersaft auf der Haut,
wenn du Trauben klaust, so gut ist er,
so würzig, so süß, und klebt.
Er ist ein besonderer,
denn das Grinsen des Winzers
und das seiner Frau
scheint dir aus Dürers Bildern vertraut
und dann erwischst du zuviel vom ganz jungen Wein,
der brausend das Glas dir füllt,
und dann gehts dir schlecht.
Und es scheint, als grinsten sie alle herüber,
als wüssten sie alle von deinem Schicksal,
und es gab doch nicht einmal Tote,
nur so' n paar Schrammen an deiner Seele,
und wer hat die nicht?
Ach, lass dich verführen, du lieblicher Herbstduft,
geh ein paar Schritte
mit mir durch die Nacht, kalt ist’s,
doch du bist mein Bruder,
weil ich doch sonst nirgendwo einen hab.
 
Herbst

Was für schöne Bilder ....
blumenpflueck.gif

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Hilde Domin (1909-2006)



Winter

Die Vögel, schwarze Früchte
in den kahlen Ästen.
Die Bäume spielen Verstecken mit mir,
ich gehe wie unter Leuten
die ihre Gedanken verbergen
und bitte die dunklen Zweige
um ihre Namen.

Ich glaube, daß sie blühen werden
- innen ist grün -
daß du mich liebst
und es verschweigst.


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www.museum-folkwang.de/biographie_friedrich.htm
 
Herbst

Wow, und das erst!

Gruß von

Leòn

An ein Hündlein


von Elisabeth Kuhlmann
Gern gab ich die drei Fünfer
Dem losen Buben hin.
Er trug, ich möchte schwören,
Noch ärgeres im Sinn.

Hier wird dich Niemand quälen,
Läßt jeder dich in Ruh;
Ja, trägt wohl gar, dich streichelnd,
Dir manchen Bissen zu.

Des Nachts, im Herbst und Winter,
Legst du dich nah am Herd
In dein bequemes Körbchen,
Und schlummerst ungestört.
 
Herbst

Niedlich
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Berthold Brecht

Vergnügungen
Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen
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Das wiedergefundene Buch
Begeisterte Gesichter
Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten
Die Zeitung
Der Hund
Die Dialektik
Duschen, Schwimmen
Alte Musik
Bequeme Schuhe
Begreifen
Neue Musik
Schreiben, Pflanzen
Reisen
Singen
Freundlich sein
 
Herbst

Am Kamin

Es gibt recht viele, die noch immer
vom englischen Kamine schwärmen.
Er kann so leidlich zwar das Zimmer -
doch ich mich nicht für ihn erwärmen.

Wenn ich vor solchem Möbel sitze -
ich muss das wirklich mal erwähnen -
so hab ich vorne grosse Hitze
und klappre hinten mit den Zähnen.-

Sitzt du jedoch bei mir ganz dicht,
legst um mich deinen lieben Arm,
dann gilt das, was ich sagte nicht -
dann hab ich es auch hinten warm.

(Heinz Erhardt)
 
Herbst

Der Halbmond glänzet am Himmel

Franz Grillparzer

Der Halbmond glänzet am Himmel,
Und es ist neblicht und kalt.
Gegrüßt sei du Halber dort oben,
Wie du, bin ich Einer der halb.

Halb gut, halb übel geboren,
Und dürftig in beider Gestalt,
Mein Gutes ohne Würde,
Das Böse ohne Gewalt.

Halb schmeckt' ich die Freuden des Lebens,
Nichts ganz als meine Reu';
Die ersten Bissen genossen,
Schien Alles mir einerlei.

Halb gab ich mich hin den Musen,
Und sie erhörten mich halb;
Hart auf der Hälfte des Lebens
Entflohn sie und ließen mich alt.

Und also sitz' ich verdrossen,
Doch läßt die Zersplitterung nach;
Die leere Hälfte der Seele
Verdrängt die noch volle gemach.
 
Herbst


Wahrer Glaube


Abraham Emanuel Fröhlich

Mit dem Vogel sind geflogen
seine Kinder übers Meer.
Droben ward der Himmel trüber;
drunten brausten Sturmeswogen;
und die Kinder klagten sehr:
»Ach wie kommen wir hinüber?
Nirgend will ein Land uns winken,
und die müden Schwingen sinken.«

Aber ihre Mutter sagt:
»Kinder bleibet unverzagt!
Fühlt ihr nicht im Tiefsten innen
unaufhaltsam einen Zug,
neuen Frühling zu gewinnen?
Auf! in Jenen ist kein Trug,
der die Sehnsucht hat gegeben.
Er wird uns hinüberheben,
und euch trösten balde, balde
in dem jungbelaubten Walde!«
 
Herbst

Novembertag
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Nebel hängt wie Rauch ums Haus,
Drängt die Welt nach innen.
Ohne Not geht niemand aus,
Alles fällt in Sinnen.
Leiser wird die Hand, der Mund,
Stiller die Gebärde.
Heimlich, wie auf Meeresgrund
Träumen Mensch und Erde.

Gedicht von Christian Morgenstern
 
Herbst

In einem alten Garten

Resedaduft entschwebt im braunen Grün,
Geflimmer schauert auf den schönen Weiher,
Die Weiden stehn gehüllt in weisse Schleier
Darinnen Falter irre Kreise ziehn.

Verlassen sonnt sich die Terrasse dort,
Goldfische glitzern tief im Wasserspiegel,
Bisweilen schwimmen Wolken übern Hügel,
Und langsam gehn die Fremden wieder fort.

Die Lauben scheinen hell, da junge Frau'n
Am frühen Morgen hier vorbeigegangen,
Ihr Lachen blieb an kleinen Blättern hangen,
In goldenen Dünsten tanzt ein trunkener Faun.

(Georg Trakl)

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Herbst

Hans Manz:
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Novembertag
Nebel,
der alles verschlingt:
Jedes Haus, jeden Baum, jeden Strauch.
Ein Kind schreit vom Balkon:
»Bin allein,
endlich allein auf der Welt!«
Und aus dem Nebel die Antwort:
»Ich auch!«
 
Zuletzt bearbeitet:
Herbst

Einst im Herbst

von Richard Dehmel


Durch den Wald, den ernsten alten Wald,
sprangen drei Mädchenrangen;
hatten Flammen von Abendglanz im Haar,
schwangen Zweige mit rotem Herbstlaub,
ließen sie prangen, ja prangen.

Kam ein Herr, ein ernster alter Herr,
durch den Glanz gegangen;
bot ihm eine lachend ein Zweiglein dar,
schönes rotes Herbstlaubzweiglein,
lachend mit blutjungen Wangen.

Stand er lächelnd, lächelnd im ernsten Wald,
während sie weitersprangen;
schwang sein rostrot Zweiglein im Abendglanz,
sah die ihren drei flammengolden
fern noch prangen, ja prangen.


 
Herbst

Herbst Altes Lied

von Frank Wedekind

Es war einmal ein Bäcker,
Der prunkte mit einem Wanst,
Wie du ihn kühner und kecker
Dir schwerlich träumen kannst.

Er hat zum Weibe genommen
Ein würdiges Gegenstück;
Sie konnten zusammen nicht kommen,
Sie waren viel zu dick.

https://gutenberg.spiegel.de/wedekind/jahrzeit/herbst.htm


Ein Schelm, wer dabei an Goethe denkt .... ;) .
 
Herbst


Drachensteigen.jpg
https://www.surimono.de/Galerie/Seiten/Drachensteigen.htm

Der Herbst

Viele Drachen stehen in dem Winde
tanzend in der weiten Lüfte Reich.
Kinder stehn im Feld in dünnen Kleidern,
sonnensprossig und mit Stirnen bleich.

In dem Meer der goldnen Stoppeln segeln
kleine Schiffe, weiß und leicht erbaut;
und in Träumen seiner leichten Weite
sinkt der Himmel wolkenüberblaut.

Weit gerückt in unbewegter Ruhe
steht der Wald wie eine rote Stadt.
Und des Herbstes goldne Flaggen hängen
von den höchsten Türmen schwer und matt.


Georg Heym
 
Herbst

Klagelied

Hornung (?) ozymandias.de/klagelied.html

Dies ist die Zeit, da alle Uhren schweigen.
Dies ist die Stunde, die das Jahr zerbricht.
Dies ist der Ort, sich erdwärts zu verneigen
und sieht darob den leeren Himmel nicht.

Jetzt kann es keinen Trost in Worten geben.
Jetzt zeigt sich, wer mit ihm gestorben ist
und wer den Mut hat, ohne ihn zu leben.
Jetzt endet, was das Leben selbst vermisst.

Hier trennt sich, was zuvor durch ihn verbunden,
in Freund und Fremder und in Nicht-Dabei.
Hier ward, was niemand jemals sucht, gefunden.
Hier wird das Ist zum War und Luft zu Blei.

Wer weckt ihn, der hier schläft, mit seinen Küssen?
Wem teilt er mit, was er zuletzt gedacht?
Wen führt sein Rat zu ruhigerem Gewissen?
An wessen Körper drückt er sich zur Nacht?

Was bleibt uns Übrigen, ihn zu ersetzen,
wo gierig jeder Tag sein Bild uns raubt?
Wie kann ein Nichts die Menschen so verletzen,
dass kein Verwundeter an Wunder glaubt?

Hier läuft die Grenze jenseits aller Fragen.
Jetzt ist die Zeit der leichten Antwort um.
Dies ist der Ort, da alle Herzen schlagen -
nur eines nicht. Und bleibt für immer stumm
 
Herbst

November

Hornung



Die Taschentücherflut ergreift das Land.
Der Reinste wird zum Röchelsabbertier.
Der Virentotentanz reißt mich ins Nichts.

Am Hi

mmel eine Mutation des Lichts.
Die Rauchglasluft zerschellt an einer Wand
und fließt herab wie müdes altes Bier.

Der Schnitter fährt durch einen Haufen Tand.
Sein Totenschädelgrinsen zeigt er mir
in einer bleichen, blinden Reflektion
des eigenen verfieberten Gesichts.

Der Weihnachtsengelchor kreischt monoton
im Angesicht des Ältesten Gerichts
und streift den einsamen Adventsmarktstand.
Geduldig wartet der im Jetzt und Hier
auf den Totalverkauf. Da kommt er schon.

Ein Jeder hofft auf ungerechten Lohn.
Kein Wundertod ist länger unbekannt.
Vergraben und versteckt vor lauter Hohn
degeneriert, gestaucht ob des Gewichts,
der Sonnenball zu einem Elektron.
Das Ich ertrinkt im kalten, kranken Wir.


 
Herbst



NEBELTAG
Durchbruch.jpg


nebeltag
die sonne gerinnt
das auge wird blind
unterm nebeltag
nebeltag
die bäume stehn
einsam und kalt
unterm nebeltag

gesichter tief in die kragen gehüllt
und sehnsucht die wie ein nebelhorn brüllt

ein bisschen wärme vielleicht
schon möglich dass uns das reicht
ein bisschen klarheit nicht wahr
und alles geht wieder klar

nebeltag
es bimmelt die bahn
da wo ich sie ahn
unterm nebeltag
die häuser sehn aus
wie nie ein zuhaus
unterm nebeltag

das brillenglas das der atem beschlägt
pupillen nur von der sehnsucht bewegt

ein bisschen wärme vielleicht
schon möglich dass uns das reicht
ein bisschen klarheit nicht wahr
und alles geht wieder klar

nebeltag
ich halt einen mann
um streichhölzer an
unterm nebeltag
ein feuerschein sticht
uns zwei ins gesicht
unterm nebeltag
nebeltag
ich sag schönen dank
der mann lächelt krank
unterm nebeltag
nebeltag
und wieder allein
die wärme war klein
unterm nebeltag


kurt demmler

www.ostmusik.de/nebeltag.htm



 
Herbst

Herbst

Es ist nun der Herbst gekommen,
Hat das schöne Sommerkleid
Von den Feldern weggenommen
Und die Blätter ausgestreut,
Vor dem bösen Winterwinde
Deckt er warm und sachte zu
Mit dem bunten Laub die Gründe,
Die schon müde gehn zur Ruh.

Durch die Felder sieht man fahren
Eine wunderschöne Frau,
Und von ihren langen Haaren
Goldne Fäden auf der Au
Spinnet sie und singt im Gehen:
Eia, meine Blümelein,
Nicht nach andern immer sehen,
Eia, schlafet, schlafet ein.

Und die Vöglein hoch in Lüften
Über blaue Berg und Seen
Ziehn zur Ferne nach den Klüften,
Wo die hohen Zedern stehn,
Wo mit ihren goldnen Schwingen
Auf des Benedeiten Gruft
Engel Hosianna singen
Nächtens durch die stille Luft.

(Joseph von Eichendorff)

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Herbst



Schade
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Es ist Weihnacht!

Schreit es aus
Lautsprecher,
Fernsehen,
Schaufenster
und Bettelbriefen.

Gebt!
Kauft!
Schenkt!
Liebt gefälligst!

Leise
verkriecht sich
die wahre Weihnacht
in eine versteckte Ecke,
wo seit Jahren

Stille,
Liebe,
Frieden
und Bescheidenheit
wohnen.

Vergeblich warten sie
auf ihren Einsatz.

Schade.





© Silke Kühn 2004


https://www.cometion.de/Vergnuegliches/Gedichte/Weihnachtsgedichte.htm

Dieses Gedicht finde ich im Moment sehr passend, wenn ich z.B. im PLUS fast über die Aufbauten mit Marzipan, Spekulatius, bunten Schokolädchen usw. falle, bevor ich zur Kasse komme
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Uta
 
Herbst

Ja, allerdings, Uta. Und das Ganze ging schon im September los .... .

Martinslied



Volkslied

Sankt Martin, Sankt Martin, Sankt Martin
ritt durch Schnee und Wind,
sein Roß das trug ihn fort geschwind.
Sankt Martin ritt mit leichtem Mut:
sein Mantel deckt' ihn warm und gut.



Im Schnee da saß ein armer Mann,
hatt' Kleider nicht, hatt' Lumpen an.
O helft mir doch in meiner Not,
sonst ist der bittre Frost mein Tod!
Sankt Martin zog die Zügel an,
sein Roß stand still beim armen Mann,
Sankt Martin mit dem Schwerte teilt'
den warmen Mantel unverweilt.



Sankt Martin gab den halben still,
der Bettler rasch ihm danken will.
Sankt Martin aber ritt in Eil'
hinweg mit seinem Mantelteil.
 
Herbst

Herbst

Anne Wesselsky und Johannes Metzger

Puderzuckerreif auf den Blättern
Gespenstisch
die kahlen Bäume in der Dunkelheit.
Du fühlst Dich allein...
Die letzten Blätter tanzen zu Boden,
wie von der Erde angezogen,
fliegen hoch wie bunte Vögel
getragen vom Wind...
 
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