Hallo, Du. Sicher ist jeder Mensch anders.
Ich habe meine demente Tante betreut. Die ersten 2 Jahre bin ich jedes WE zu ihr, habe eingekauft, saubergemacht und nach dem Rechten gesehen. Unter der Woche war der Pflegedienst und Essen auf Rädern da und der Pflegedienst hat damals meist vergeblich versucht, sie zu reinigen. Wenn es geklappt hat, hat es schon 1 h gedauert. Sie ist dann jedesmal entsetzt zu ihrer Schwägerin gelaufen und hat ihr davon erzählt.
Anfangs ist sie auch noch Auto gefahren, bis ihr der Führerschein von Amts wegen weggenommen wurde.
Ich hatte anfangs erhebliche Probleme damit, mich derart in das Leben eines anderen Menschen, den ich früher nur an Feiertagen gesehen habe, einzumischen, wie es notwendig war. Ich habe damals einen Kurs für Angehörige Demenzkranker besucht und denke, dass es für die Kinder noch viel schwerer ist, mit der Situation umzugehen.
Demenzkranke bieten gleichzeitig jederzeit eine neue Chance aus einer negativen Situation herauszukommen. Du gehst nach einem Disput aus dem Raum. Kommst wieder rein, sprichst mit hoher und erfreuter Stimme und es ist, als wärst Du gerade reingekommen.
Bei meiner Tante war es auch so, dass sich die Situation durch die vom Arzt empfohlene Kurzzeitpflege massiv verschlechtert hatte. Vorher ist sie in ihrem Haus rumgelaufen und hat Nachbarn besucht. War also noch voll mobil. Hat auch noch viel geredet.
Danach war das alles sehr viel schlechter. Ursache ist meiner Ansicht nach, dass zwar das Gebäude des Heims modern und sehr gut eingerichtet war, aber die Dementen mit Psychopharmaka vor dem TV ruhig gestellt wurden.
Nachdem ich das realisiert hatte, habe ich die Kurzzeitpflege zwar vorzeitig abgebrochen und mir Vorwürfe gemacht. Aber da das Vergessen dadurch beschleunigt wurde, gab es wohl kein Zurück mehr. Sie hat dann zwar noch kurze Zeit in ihrem Haus leben können, aber wegen dem verordneten Macumar in Zusammenhang mit einem Sturz musste sie dann doch bald ins Pflegeheim. Dort hat sie von 2009 bis Ende Januar dieses Jahr gelebt und nach und nach alles vergessen. Vor ihrem Tod konnte sie nur noch den Mund öffnen.
Anfangs dachte ich, sie kommt da nochmal raus. Sie hat ja noch gesprochen, mich noch manchmal erkannt und war zuhause auch noch rumgelaufen. Durch das erste Heim hatte sie aber entzündete, offene Fersen bekommen. Das hat die Sache schnell verschlechtert. Zur Wiederherstellung kam sie in einen Rollstuhl mit Katheder. Die Fersen waren dann irgendwann hergestellt.
Ein Dementer vergisst nach meinem Eindruck Dinge ganz schnell, wenn er sie für kurze Zeit nicht mehr tun muss. Sie hatte Jahre, in denen sie zu allen sehr eklig sein und sie übelst beschimpfen konnte. Sie hatte Jahre, in denen sie der Sonnenschein des Pflegeheims war. Zum Schluss lag sie meist nur noch im Bett und wurde gefüttert.
Es ist sehr schwierig mit einem Dementen und die Situation kann sich stimmungsmäßig auch immer nochmal ändern.
Ob man einen dementen Menschen in ein Pflegeheim gibt, ist abhängig von den Umständen. Wenn dein Vater das mit Hilfe der ambulanten Pflege, möglicherweise auch mit Essen auf Rädern, noch auf die Reihe bekommt und machen kann und will, dann ist ein Pflegeheim nicht notwendig. Da wird meiner Erfahrung nach auch nichts besser.
Erkennt dich deine Mutter denn noch?
Was mich zudem interessieren würde, ist, ob sie Statine bekommen hat.