Hallo zusammen,
endlich habe ich meine Diagnose bzw. endlich weiß ich, woher meine Beschwerden in den letzten beiden Monaten kommen. Ich war bei drei (!) orthopädischen Privatärzten und bei meinem Hausarzt, ebenfalls ein Privatarzt und noch dazu ein sog. Borreliose-Arzt! Die drei Orthopäden haben nur an die drei orthopädischen Ursachen, Hüftnekrose, Rheuma und Arthrose gedacht und der "Borreliose-Arzt" hat mich überhaupt nicht nach Symptomen oder der Anamnese gefragt, außer nach dem Erythema Migrans. Vor allem hat er aber das Zeitfenster für eine einfache und sichere Therapie verpennt. Da kommt bei mir erst einmal eine Menge Wut hoch, auch wenn ich weiß, dass dies meiner Genesung nicht gut tut, wenn ich von dieser inneren Haltung nicht wegkomme.
Den drei Herrschaften, die vielleicht mal eine Fortbildung machen sollten, habe ich einen Brief geschrieben, den ich hier - auch für evtl. andere Betroffenene, die vielleicht gerade von Zecken gebißen worden sind - zum Besten geben möchte:
Sehr geehrter Herr Dr. xxx,
sehr geehrter Herr Dr. xxx,
sehr geehrter Herr Dr. xxx,
in den letzten 2 Monaten war ich bei Ihnen mehrmals vorstellig wegen unklarer plötzlich stichartig einsetzenden Leisten- und später auch Hüftbeschwerden.
Zum Ausschluss einer Hüftkopfnekrose wurde ein MRT angefertigt, dass einen Erguss in beiden(!) Hüftgelenken gezeigt hat. Links stärker als rechts, sonst o.B.
Im Röntgenbild zeigten sich Zeichen einer Präarthrose beidseits, die aber bereits auf den Vergleichsaufnahmen von 1993 und 2008 in beinahe ähnlicher Ausprägung vorhanden waren.
Die Klinik ergab eine Bewegungseinschränkung in der linken Hüfte. Die Beschwerden gingen zwar während des Heilfastens, dass ich nach der Diagnosestellung "aktivierte Arthrose" für 5 Tage praktizierte, zurück, kamen aber leider in gleicher Weise trotz Einnahme eines Antirheumatikums und einer Ernährungsumstellung auf vegane Kost wieder zurück.
Die diversen Laboruntersuchungen blieben unauffällig.
Aufgrund der Diagnose "aktivierte Arthrose" bin ich weiterhin Fahrrad gefahren und auch zum Schwimmen gegangen. Das kalte Wasser hatte einen etwas lindernden Effekt.
Da mir die Diagnose "aktivierte Arthrose" bei allen Befunden nicht schlüßig erschien und gleichzeitig mein Denken aufgrund der Schmerzen beherrscht wurde von Frage nach der Ursache dieser "Coxitis", die es für mich war, begab ich mich auf die Suche nach möglichen Ursachen v.a. im Internet und in diversen Fachbüchern und wurde relativ schnell fündig. Heute kenne ich die Ursache und es ist kein "Rheuma" und auch keine "aktivierte Arthrose"! Ich habe eine Borrelien-Infektion!
Ich erinnerte mich, dass ich im Mai an einem Tag von 4 Zecken gebissen worden bin, die ich rückstandslos mit einer Zeckenzange entfernt habe. Ein Erythema Migrans oder einen grippeähnlichen Infekt entwickelte sich nicht. Eine Woche nach den Bissen ging ich zu meinem Hausarzt und wollte mich testen lassen. Er meinte, für einen Test wäre es zu früh und so testete er mich Anfang Juni. Der ELISA-Test war negativ, zumindest interpretierte er die Ergebnisse in diese Richtung. Damit war für mich die Sache erledigt. Nach der Lektüre der Fachliteratur in den letzten Wochen, wurde mir aber klar, dass die Serologie (und schon gar nicht der ELISA-Test) keineswegs sichere Aussagen über den akuten Befall mit Borrellien liefert. Ein Verdacht auf das Vorliegen einer Borreliose ist eher nach dem klinischen Beschwerdebild bzw. dem klinischen Verlauf zu stellen. Hier ist der Befall der bradytrophen Gewebe wie Sehnen und Gelenke, manchmal "wandernd" typisch. Vor allem die großen Gelenke sind befallen. Nach meinem heutigen Kenntnisstand sind meine Beschwerden ein Paradebeispiel für eine Borreliose mit Gelenkbeteiligung, wie sie sehr häufig vorkommt. Richtig interpretiert, bieten ein Western-Blot und v.a. ein LTT gute Anhaltspunkte zur Diagnosestellung. In den ersten vier Wochen ist eine Borreliose sehr effektiv und leicht mit einer dreiwöchigen hochdosierten Antibiose auszuheilen. Daher ist es auch kein Fehler, nach einem Zeckenbiß in jedem Fall 3 Wochen hochdosiert Doxycyclin zu geben, denn die Risiken einer Antibiose ist ungleich geringer einzustufen als die Folgen einer untherapierten Borrelliose. Erfolgt diese Therapie nämlich nicht, besteht die große Gefahr einer Spätborreliose mit gravierenden Folgen für den Patienten bis hin zu Invalidität! Nur mit viel Glück und einer optimal eingestellten langen Antibiose ist eine Ausheilung nach Ablauf der ersten Infektionsphase noch möglich. Hierzu ist dann schon eine große Erfahrung mit der Borreliose-Therapie erforderlich.
Das Zeitfenster einer einfachen und erfolgreichen Therapie ist sehr kurz!
Im späteren Stadium, in dem die Borrelien dann schon ihre zerstörerisches Werk an Gelenken und anderen Organen verrichtet oder Autoimmunprozesse angestoßen haben, kann die Serologie sogar negativ sein und die Organschädigungen stehen im Mittelpunkt der Symptomatik. Eine mögliche Diagnosestellung "Borreliose" bleibt ohne therapeutische Relevanz. Ich möchte nicht wissen, wie viel Arthrose-Patienten und wie viel Rheumatiker ihr Leiden ursächlich einer nicht oder zu spät therapierten Borreliose verdanken.
Die Dunkelziffer der nicht oder zu spät erkannten Borreliose-Infektionen ist gerade in Nordbayern, einem Gebiet mit bekannt hoher Borreliose-Belastung der Zecken, sehr hoch!
Ich habe, wie Sie wissen auch einmal Medizin studiert, diesen Beruf aber nur zwei Jahre ausgeübt. Wie ich erkennen mußte, ist mein Wissen aus dem Studium bzgl. der Borreliose völlig überholt, allerdings scheinen sich die teilweise dramatischen neueren Erkenntnisse zur Borreliose auch heute nicht überall zu verbreiten. Ich lernte noch, dass das Erythema migrans mehr oder weniger obligatorisch für die Borreliose ist und dass eine Infektion bei Entfernung der Zecke innerhalb von 24 Stunden nahezu ausgeschlossen ist, wenn der Kopf der Zecke mit entfernt wurde. Dies ist definitiv falsch. Auch bezüglich der Diagnostik weiß man heute, dass man nicht strikt nach der Serologie gehen darf, sondern, dass es viel Erfahrung bedarf, um die serologischen Ergebnisse richtig zu interpretieren.
Ich schreibe dies alles, um Sie zu bitten und Sie darin zu unterstützen, bei ähnlichen Beschwerdebildern immer an Borreliose und/oder die vielen anderen nicht unbedingt orthopädischen Krankheitsbilder zu denken und auch in der Anamnese dahingehend investigativ tätig zu werden.
Ich hoffe, Sie werten die obigen Ausführungen bzw. diese spezielle Bitte nicht als oberkluge Belehrung eines Patienten, sondern als wohlgemeinten Hinweis zu Gunsten Ihrer Patienten und Ihres Behandlungserfolges.
Beste Grüße!