Binnie, noch einmal zu Deinen Betrachtungen und den damit verbundenen Problemen, denn so wirst Du als medizinischer Laie nicht kompetent und handlungsfähig. Es lohnt sich, mit grundsätzlichen Beobachtungen und Betrachtungen zu beginnen, bevor Du Forschungsergebnisse wertest. So macht es auch jeder ernsthafte Wissenschaftler.
Wie lerne ich es als Laie, selbst schwierige medizinische Fachthemen ohne Sachkenntnis auf Glaubwürdigkeit zu prüfen:
Folgende Sachlage:
Behauptung eines Heilpraktikers:
"Wenn die Säuremengen im Körper überhand nehmen, fängt der Magen an, Natriumbikarbonat zu produzieren (Anmerk: Um mit dieser Base die überschüssige Säure im Körper auszugleichen), und als Abfallprodukt Salzsäure. Sie merken es als unangenehmes Sodbrennen, obwohl sie gar nichts gegessen haben. Leider gibt ihr Körper das Natriumbikarbonat nicht wieder über die Drüsen in den Darm ab. Er braucht es zur Aufrechtherhaltung des pH-Wertes. Neben dem Sodbrennen stellen sich jetzt auch saure Stühle ein, die das Unwohlsein noch verstärken....."
Richtig ist nach dem heutigen Kenntnisstand allein, dass der Magen im Gegenzug zur Salzsäure Bikarbonat produziert. Den Rest der Behauptung kannst Du selbst als Laie leicht widerlegen.
1. Den Magen als einzigen Bikarbonatproduzenten des Körpers zu behaupten, ist schon mathematisch äusserst fragwürdig. Bis heute sind nur Fragmente des Zellstoffwechsels und Organstoffwechsels bekannt. Schon die Vielzahl der Billionen Körperzellen und die Vielzahl ihrer Spezialisierungen und Vernetzung macht es völlig unmöglich solch eine Aussage zu belegen.
2. Zudem ist die Transmutation von chemischen Elementen im Pflanzenbereich und bei Bakterien mittlerweile nachgewiesen, gegen beinahe jahrhundertelange wissenschaftliche ignorante Lehrmeinung. Pflanzen sind also in der Lage ein chemisches Element in ein anderes zu überführen. Es liegt nahe, dass dies Bakterien ebenfalls können und damit sind wir auch schon beim Menschen und seiner gigantischen Helferarmee von Bakterien im Darm angelangt. Hier wäre ein sinnvolles Forschungsgebiet zu erschließen.
3. Weiterhin: Würde die obige Behauptung zum Sodbrennen stimmen, dann hätte jeder Übersäuerte und Entmineralisierte, also jeder "moderne Mensch", Sodbrennen. Das ist ebenfalls leicht zu widerlegen, indem Du nachweist, dass jeder übersäuert ist, aber nur Bruchteile dieser Menschen Sodbrennen haben. Lasse jeden, den Du packen kannst, in Deinem Umfeld die ph-Werte messen. Morgens den ersten im Urin, einen weiteren gegen Mittag und einen am Abend. Dazu den ph-Wert im Speichel direkt nach dem Aufstehen. Der Speichelwert lässt näherungsweise Aussagen zur Verfügbarkeit von Basen im Zwischenzellraum sprich "Körperwasser" zu. Wichtig: Es darf zu dem Zeitpunkt der Messung kein Reiz auf die Speicheldrüsen wirken, da diese sofort reagieren und die ph-Werte situationsgerecht einstellen, wenn sie das noch können. Reize wären Vorstellungen von Lebensmitteln, die Du gerne jetzt essen möchtest oder die erwartest, oder die Du gerade gegessen hast.
Notiere neben jeden Wert Deine Gemütslage und die körperliche Belastung zum jeweiligen Zeitpunkt. Das ist wichtig, weil schon ab der frühen Jugend eine zivilisationsbedingte Entmineralisierung einsetzt. Sie lässt Jahr um Jahr das Niveau des ph-Wertes Richtung "immer saurer" fallen. Irgendwann erlischt die natürliche Schwankung der Werte, morgens niedriger, abends höher und die Werte sind durchgehend niedrig, meist unter ph 6. Mit dieser Entmineralisierung erlischt nach und nach die Fähigkeit, Aktivitäts- und Belastungsspitzen abzufangen, wodurch schon geringe Änderungen der Gemütslage "ich bin sauer auf..." die Werte noch einmal tiefer in den Keller fallen lassen. Das ist dann sehr schön an der Wochenkurve abzulesen, wenn die entsprechenden Notizen gemacht wurden. Daher ist es auch sinnvoll, wenigstens drei, besser noch möglichst viele Werte über den Tag zu nehmen.
Der Zusammenhang zwischen Psyche und Stoffwechsel und Immunleistung ist inzwischen von der Neuroendokrinoimmunologie sehr schön belegt. Wer laienverständlich mehr darüber und die zugrundeliegenden Mechanismen Psyche-Körper wissen will, kann auf www. simplonik.com schauen. Ich habe zu diesem Thema ein Handbuch für die tägliche Praxis geschrieben.
Zurück zu den Messwerten und ihrer Aufzeichnung. Das macht man wenigstens eine Woche. Du wirst keinen Menschen finden, der die Werte eines gesunden Säuglings oder Kleinkinds hat. Morgens über 7 und abends über 8. Das Kind muss ungeimpft und darf antibiotisch nicht vorbehandelt sein. Einzige Ausnahme: Schwerstkranke (auch noch ohne Symptome), sie haben im Urin basische Werte, weil die Ausscheidungsfähigkeit für Säuren schon zusammengebrochen ist. Heute ist also jeder "sauer", weil er chronisch überaktiv und angespannt ist. Dazu brauchst Du noch nicht einmal ein unmittelbares Krankheitspotential. Die wenigsten Menschen haben aber ein Problem mit zuviel Magensäure oder Sodbrennen, letzteres ohnehin nur, wenn der obere Magenpförtner nicht korrekt schließt. Die eingangs zitierte Behauptung ist also Unsinn und durch Beobachtung leicht zu widerlegen.
Übrigens entwickelt sich der Kurvenverlauf umgekehrt über Jahre konsequenter Remineralisierung genau in umgekehrter Reihenfolge wieder vom niedrigen, erstarrten Plateau zur Schwingung des natürlich gesunden mineralisierten Körpers. Entsprechende Verbesserungen der Gesundheit und des Energiehaushaltes gehen parallel. Das kann man ebenfalls mit dieser einfachen Mess- und Aufzeichnungstechnik wunderbar belegen.
TIP: Teststreifen kann man auch kurz halten oder teilen, musst halt genauer zielen ;-), macht die Sache aber viel billiger.
Zu den Aussagen des Dr. Jakobs Institut und den vermeintlichen Mythen des Säure- Basenstoffwechsels: Es ist für den Laien undurchschaubar, was da alles aufgetischt wird. Selbst ich als Fachmann müsste mich erst mal wieder in die Biochemie vertiefen. Doch so schwer müssen wir uns das gar nicht machen. Es gibt markante Punkte, an denen jeder Laie abschätzen kann, ob die Aussagen ernst zu nehmen sind oder hier nur über winzige Ausschnitte eines gewaltigen Stoffwechselgeschehens spekuliert und interpretiert wird. Diese Punkte sind:
1. Messungen in der lebenden Zelle im lebenden Organismus sind nicht möglich. Wer also von einer intrazellularen Azidose spricht, oder sogar von einer intramitochondrialen, hat eine lebendige Phantasie. Selbst Messungen am Lebenden im Bindegewebe, im Zwischenzellraum sind nur mit größtem Aufwand und in Deutschland meines Wissens in einem Institut möglich. Eine solche Messung kostet fünfstellige Beträge und die Methode ist ebenfalls nicht zweifelsfrei.
2. Prüfe, ob Tierversuche als Beweise mit herangezogen werden. Tierversuche sind generell ungeeignet, um Aussagen zum menschlichen Stoffwechsel zu machen. Tiere haben völlig andere Reaktionsmuster, die auf denselben Reiz ganz anders reagieren. Ratten beispielsweise reagieren auf die Einnebelung ihrer Umgebung durch Feuerrauch mit Lungentumoren, das machen Mäuse nicht, usw. Insider wissen das, weshalb in der Pharmaforschung gemäß dem gewünschten Versuchsergebnis vorab die passenden Tiere ausgewählt werden.
3. Ignorieren Studien und Forschungsergebnisse die heute stichhaltig bewiesene Vernetzung von Körper und Psyche, siehe Neuroendokrinoimmunologie, dann würfeln sie nur mit beliebig auswählbaren Forschungsergebnissen, die jeweils immer nur Miniwahrheiten enthalten. Wer diese aber nicht in den großen Zusammenhang stellen kann, spekuliert nur. Beispiel: Der Hinweis auf die Forschungen Warburg´s zur Energiegewinnung der Krebszelle sind zweifellos ernst zu nehmen und gelten, ich meine durchaus zu Recht, als richtig. Doch daraus kann man keine Therapie und keinen Ursache-Wirkungszusammenhang ableiten.
Alle Versuche, die Krebszelle in ihrem anaeroben Stoffwechsel NACHHALTIG zu stören oder sie ins Gesunde zurückzuführen scheitern bis heute. Der simple Grund ist, dass weder Ernährung, noch Umweltgifte oder andere behauptete "krebsauslösende" Substanzen für die Entstehung des Krebses verantwortlich sind. Siehe auch hierzu die Neuroendokrinoimmunologie als die Wissenschaft, die Psychosomatik bewiesen hat. Diese Irrtümer "a la Dr. Jakobs Institut", Irrtümer einer rein materialistischen Denkweise, wird fatalerweise eine breit angelegte Angst geschürt. Überall sehen oder ahnen wir mittlerweile Bedrohungen durch krebserzeugende Substanzen, vom Grillfleisch über Holzimprägnierung bis zum Elektrosmog.
Fazit: Lerne erst die großen Zusammenhänge zu erkennen, erkenne die echten Naturgesetzlichkeiten, nach denen der Mensch funktioniert. Dann und erst dann beginne, die vielen kleinen Wahrheiten der Forschung an die passenden Plätze zu stellen. So puzzelt man spielerisch das große Bild des Lebens und der Gesundheit zusammen.
Mit einem lieben Gruß!
Ulrich Mohr aus Schongau