Bildhafter Bericht eines Rekonvaleszenten

Themenstarter
Beitritt
21.10.10
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125
Er ist bereits im letzten Jahr dem Forum aktiv beigetreten, war vorher lange Zaungast und blieb bis zum heutigen Tage aufgrund der des Menschen gegebenen, oftmals alles überbordenden Selbstfixierung passiv und stur auf seine eigenen Themen beschränkt. Er ging wie fast alle hier seinen persönlichen Leidensweg. Leid war sein größtes Gut, denn nichts besaß er so viel wie jenes. In erster Linie natürlich, weil er wusste, wie man es vermehrt. Wenn auch Geldsorgen die Menschen plagen, so wissen sie doch immerhin wie sie ihr Leid multiplizieren. Ein kranker Mensch trachtet danach gesund zu werden. Zum einen begehrt er die Gesundheit und je mehr er begehrt, je größer seine Erwartungshaltung wird, umso schwerer wird jede Niederlage, jeder Gegenschlag zu verkraften sein. Zum anderen verachtet und verteufelt er seine Krankheit, dieses Laster, dieses zentnerschwere... Auch der Vorsteller steigerte seine Wut auf ebendiesen Morbus bis ins Unermessliche. Er strafte seinen Körper, der hilfeschreiend mit Schmerzen antwortete, wo er nur konnte. Elendiger Windmühlenkampf...

Seine allwöchentlichen Rituale, die aus unendlich zeitaufwändigen Recherchen nach Krankheitsursachen aller Couleur, Arztbesuche aller Fachrichtungen, Pingpong-artiger Austausch von Leid mit anderen Leidenden und vor allem aus Selbstzermarterung bestanden, entwarfen ein abgeriegeltes kleines Denkverließ. illness behaviour bildete das Fundament und Depressionen sorgten für die meterdicken Betonmauern.


Nach 24 Jahren persistierender Selbstmelancholie, ausufernder Leidenschaft, krampfhaftes Eifern nach Beachtung, Erregung am Wahnsinn der Welt erhebt sich vor ihm die Realität: Dein Körper, junger Freund, ist ausgezehrt. Dein Geist porös. Deine Seele geschunden von immerwährenden Konditionierungen, Sankharas. Alle Leiden in Form von Gefühlen, Sensationen, Enttäuschungen, Niederlagen, Ängsten, Sorgen und so fort werden nie vergehen, wenn du sie nicht akzeptierst. Nur über die Akzeptanz lässt du es los! Nur über das Loslassen wirst du geheilt.

Jedes Leben hat sein Maß an Leid. Manchmal bewirkt eben dieses unser Erwachen. Buddha

Und das, meine lieben Forenfreunde, ist nichts, was auf intellektueller Ebene begriffen werden kann.
अिनच्च Anicca - alles ist endlich. Jeder Schmerz ist wie die Seifenblase, die sich wölbt und platzt. Sie ist und ist nicht mehr. Schenken wir dem Schmerz jedoch unsere Aversion, bekommt dieser eine Identität. Er wird kommuniziert und nur das, was kommuniziert wird, „existiert“. Aber nicht dieselbe Seifenblase existiert weiterhin. Es bilden sich schlichtweg millionen und Abermillionen neue - in der Summe ein chronischer Schmerz, ein tiefes Leiden.
Gegenüber der Aversion gibt es Begehren (nach Linderung). Linderung gewährleisten diverse Medikationen, Schmerzmittel, Antidepressive, Tranquilizer, Anästhetika, psychoaktive Drogen. Doch jede Wirkung einer solchen teils selbstzerstörerischen Gegenmaßnahme vergeht. Und wieder sind da abermillionen Seifenblasen und wieder ist da Aversion und wieder vermehren sich die Seifenblasen bis ins unzählbare.

Ein trauriger Kreislauf.

Nun aber gelangte der Forenschreiber aufgrund unzähliger Suchen an einen Ort, an dem ihm undogmatisch eine Methode vermittelt wurde, die (jeden) diesen Kreislauf überwinden lässt. Doch um sein Übel zu verstehen und es akzeptieren zu können, erforderte jene Methode eine direkte Leidenskonfrontation und es war ihm, als würde eine innere Festplatte sämtliche Leidensprogramme öffnen, er durchlebte sie alle parallel. Ein Spießrutenlauf, ein Säurebecken, eine Nagelbett.. Angst- und schmerzgeschüttelt kam er einige Tage später zu sich. Zum ersten Mal! Was er erlebte, war in etwa die Empfindung, dass da etwas hinter dem Schmerz ist. Etwas Reines, Unantastbares, etwas Heilendes...
Und während die Symptome wie ein Feuerwerk durch seinen Körper schossen, blinzelte er der allerhöchsten Wahrheit für den Bruchteil einer Sekunde ins Gesicht: Ich entscheide, ob ich leide oder nicht.
RUMMS zerfällt diese Projektion und er findet sich in seinem von Anfällen gepeinigten Körper wieder. Doch jeder Anfall, jede Kolik - so stellt er fest - ist nur eine Momentaufnahme. Ein kurzes Blitzlichtgewitter, kommt und erlischt, kommt und erlischt. Es hat kein Sein, keinen Bestand. Und allmählich verlängern sich die Abstände zwischen den Anfällen. Der Schmerz wird zu einem rational begutachteten Phänomen, einer chemischen Reaktion, einer Kommunikation zwischen subatomaren Teilchen. Und letztlich hat er keine Bedeutung mehr. Aber das ist zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr von Belang, denn es gilt noch tiefer in diese Wahrheit einzutauchen. Also betritt er das Fahrzeug, das ihn unweigerlich dorthin bringen wird: Dhamma.

Mag er Lichtjahre entfernt sein, die Richtung ist nunmehr vorgegeben. Und mit jedem Schritt verschwindet ein Teil seines Leidens, seiner Konditionierung.

Es gibt nur eine Zeit, die für unsere Heilung vorhergesehen ist: JETZT.


Hört auf zu planen, wann ihr gesund werdet. Erkrankungen sind Randphänomene eines schier unendlichen Leidenskreislaufes. Sie sind Manifestationen unserer tiefsten Verunreinigungen. Und wir können jene Verunreinigungen Schicht für Schicht abtrennen. Losgelöst von Glaubensgemeinschaften, von ismen, von Dogmen. Keine Zauberformel, keine Gebete, keine Wunderheilungen - allein durch die Wirklichkeit.


Geht man dafür den wissenschaftlichen Weg, gerne. Man betrachtet die Wirklichkeit durch Vergrößerungsgläser und misst sie mit Geräten und Maschinen. Aber all das von außerhalb. Wir müssen sie selbst erfahren und das geht nur über direktes Erleben.

Ich verspreche euch keine Wunder und keine irrationalen Phänomene. Ich biete euch nichts, dass einen Arztbesuch unzulänglich macht oder Medikamente überflüssig erscheinen lässt. Alles was ich euch biete ist die Überwindung eures Leidens, indem ihr es als vergängliches Phänomen erkennt und es nachgerade akzeptiert.

Das hier ist ein virtueller Raum und ihr wisst nicht, wer diesen Text wirklich geschrieben hat. Ich könnte ein Scharlatan sein, der eine neue Marktidee aus der brodelnden Welt der Esoterik verkommerzialisieren will. Ich könnte ein Quacksalber sein, der lediglich einem pittoresken Redeimpuls freien Lauf lässt. Aber ich könnte auch einer sein, der es ernst meint.

Nun denn, ich denke dieses Buch sollte allen, die sich inspiriert fühlen, einen Ansporn geben:

"Die Kunst des Lebens. Vipassana-Meditation nach S.N. Goenka" von William Hart. Es ist weder ein Ersatz für die direkte Erfahrung, noch verkörpert es eine Form von Agitation für irgendetwas. Es ist lediglich ein Wink mit dem Zaunpfahl, in welche Richtung man gehen sollte, wollte man dieser 2500 Jahre alten Technik seine Aufmerksamkeit widmen.

Für Fragen aller Art stehe ich gerne zur Verfügung und betone mit Nachdruck: Hier findet ihr lediglich meine Empfindungs- und Erfahrungswelt wieder. Denn der Forenschreiber bin selbstverständlich ich sebst. Meine konkrete Erfahrung mit Vipassana habe ich nicht bewusst schildern wollen, da sie sehr speziell ist und niemand jenen speziellen Erfahrungen hinter her trachten sollte. Macht lieber eure eigenen.

Zu guter Letzt: Mein Leben ist lebenswert geworden und das zum ersten Mal! Ich bin, obwohl ich gerade mal ein paar Meter weit gekommen bin, frei von übermäßigen Schmerzen, Ängsten und Sorgen. Auch wenn’s an der Oberfläche aktuell kratzt und zwickt ;-)

Seid glücklich!

Melvin


(Avijja paccaya phassa
Phassa paccaya vedana
Vedana paccaya tanha
Tanha paccaya upadanam
Upadana paccaya bhavo
Bhava paccaya jati
Jati paccaya dhukka
Dhukka paccaya avijja

Ignorant contact gives rise to feeling
Feeling gives rise to craving
Craving gives rise to attachment
Attachment give rise to becoming
Becoming give rise to birth
Birth gives rise to suffering
Suffering gives rise to ignorance)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Melvin,

danke für Deinen Bericht. Wenn dieser Weg bei Dir zur Ausgeglichenheit führt, dann finde ich das für Dich einen sehr schönen Weg. Alles Gute!

Hier kann man sich das Buch anschauen:
Bücher von Amazon
ISBN: 3423343389


Grüsse,
Oregano
 
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