Hallo,
über “Die Gifte in der Weltgeschichte” etwas zu schreiben ist heikel. Denn niemand ist völlig frei, der ein Buch schreibt und das galt auch für Lewin. Spätestens der Verleger wird dem Autor raten, Teile des Inhalts zu ändern oder wegzulassen. Es geht hier nicht um den legetimen Rat, am Schreibstil oder die Änderung der Wortwahl, um einen Gedanken deutlicher zum Ausdruck zu bringen! Denn neben dem Autor wird auch der Verleger die negativen Wikungen von einem allzu freien Wort zu spüren bekommen. Und in den Internet-Foren gibt es “Regeln”, die oft nichts Gutes bewirken.
Die Toxikologie ist die schmutzigste aller Wissenschaften. Denn es gibt nicht nur den Umstand, daß ein allzu hilfsbereiter Toxikologe selber Schaden nimmt, weil er die flüchtigen Stoffe nicht warnimmt, sondern man kommt auch Kenntnisse über die dunkelsten Seiten der Menschen und der Gesellschaften. Der Wille der Alchemisten aus Blei Gold zu machen kann leicht dazu übergehen, Blei oder verwandte Stoffe den Menschen beizubringen, um ihn in der Schwäche auszurauben. Als Betroffener, bekommt man ein offenes Ohr über Aussagen und Andeutungen, die in der Literatur verborgen sind. Es gibt Bücher, die sich damit relativ offen befassen, aber dennoch liest und hört man darüber nichts in den Medien.
Ich greife einen Fall aus der Sammlung Lewins heraus. Der Papst Clemens XIV hatte mit dem Erlass “Dominus ac Redemptor” den Jesuitenorden verboten. Gleichzeitig sagte Clemens XIV, das er damit sein Todesurteil ausgesprochen hat. Was macht nun Lewin daraus? Der Papst wurde nach dem Erlaß krank und starb ausgezehrt am 22.9.1774. Lewin schreibt, das dem Papst prophezeit wurde, daß er im September sterben würde. Irgendwie muß jetzt erklärt werden, daß kein Gift verwendet wurde. Warum das so ist, kann ich hier nicht sagen, denn nach dem freien Wort erfolgt häufig der freie Fall. Der Jesuitenorden ist kein Club der Barmherzigen, sondern er hatte die Aufgabe nach der Refomation den aufkommenden Protestantismus zu ersticken (trivial ausgedrückt, ging es darum zu morden). In der Bestätigungsurkunde (Regimini militantes) des Ordens von Papst Paul dem III steht die Hauptaufgabe: “Unter der Fahne des Kreuzes Gott Kriegsdienste leisten”. Kommen wir zurück zu Lewin. Er schreibt: “Daß sie in der Form (er meint hier Vergeltungsgelüste) einer Vergiftung durch Jesuiten verwirklicht wurden, kann niemand beweisen und ist auch der Sachlage nach mehr als unwahrscheinlich oder besser ganz abzuweisen”. Nun, Lewin weiß schon ganz genau, wen er als vergiftet bezeichnen darf und wen nicht. Nach den oben genannten Kernaussagen, ist es sehr warscheinlich, daß Clemens XIV vergiftet wurde. Einen Beweiß hat man nur, wenn man das Gift nachweisen kann und den Täter ermittelt. Der Begriff Sachlage kommt auch nur in bestimmten Fällen zur Anwendung. Wo man nämlich alle Erkenntnisse, Erfahrungen und Umstände auf die reine Wissenschaft reduzieren will! Damit ist es heute leicht möglich mit dem Deckmantel der Wissenschaft zu töten. Denn der “Profane” glaubt nur an die Wissenschaft und ihren Inhalten.
Die Bemerkung von Uschner, das als Gift Arsenik und Fliegenstein (Lapis cantharidum) eingesetzt wurde, erklärt Lewin als Unsinn, weil Uschner anscheinend nicht weis, das Fliegenstein und Arsenik dasselbe ist. Mit Aqua Tofana ist ein Gifttrank gemeint, dessen Zusammensetzung nicht bekannt ist oder nicht veröffentlichen will. Uschner hat diesen Trank erwähnt und Lewin fällt es nicht ein, daß Uschner hier die Sache nicht genauer prüfen wollte oder daß die Unterscheidung von Arsenik und Fliegenstein ein Irrtum von ihm war.
In dem Buch finden auch Goethe und Schiller Erwähnung, wo Goethes Empfindlichkeit gegen den Geruch von Äpfeln kurz beschrieben wird. Nun gibt es jedoch Indizien, daß der größte Teil der deutschen Intelligenz des 18 und 19Jahrhundert Giften exponiert war oder wurde. Selbst in den Jahrhunderten davor gibt es darüber Hinweise, die Lewin nicht erwähnt, obwohl er in Deutschland lebte. Am 18.4.1804 schrieb Charlotte v. Stein einen Brief, wo sie mitteilte: Goethe wandelt wieder herum, aber sein Übel ist vielleicht unheilbar und kann ihn schnell zum Tode führen. Schiller starb am 9.5.1805 und Goethe war vor Schillers Tod lange krank. Was auch Schiller (Schiller war Arzt!) in einem Brief an Körner besorgt am 24.4.1805 mitteilte: Goethe war sehr krank an einer Nierenkolik mit heftigen Krämpfen, welche zweimal zurückehrte. Nach Schillers Tod sagte Goethe zu Riemer: Er war ein prächtiger Mensch, und bei vollen Kräften ist er von uns gegangen. Am 19.4.1805 schrieb Goethe an Jacobi, der sich für einen Besuch ankündigte und seine Freude ausdrückte Schiller zu sehen: Ob du Schiller findest, weiß ich nicht zu sagen.
Das ist eine vieldeutige Aussage des deutschen Dichterfürsten. Daneben gibt es Bücher über Goethes Faust, wo erklärt wird, daß dieses Werk durch Verwendung von religösen Geheimlehren, das Werk selbst eine Geheimlehre geworden ist. Goethe arbeitete am Faust über 50 Jahre und das wohl deshalb, weil die Tragödie durch Verschlüsselung nicht so stumpf daherkommen sollte.
Die Kraniche von Ibykus ist ein gemeinsames Gedicht von Schiller und Goethe. Im Faust (Klassische Walpurgisnacht) kommt ein Abschnitt gleichen Namens vor. Durch Umstellung der Buchstaben erhält man folgende Zeilen:
Welch ein Aechzen, welch Gestoehn – Welche Aconit gesehn, wehlechzen (Aconit=Eisenhut)
Alle sind sie schon ertoedtet – So toedteten sie da Schillern
Was kein Beweis ist, jedoch die Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens erhöht.
Der Sectionsbericht von Dr. Huschke ist auch sehr merkwürdig, da er an dem, mit vollen Kräften dahingeschiedenen folgendes feststellte: Das Herz stellte einen leeren Beutel vor und hatte sehr viele Runzeln, war häutig ohne Muskelsubstanz. Diesen häutigen Sack konnte man in kleine Stücke zerflocken - und weiter -die linke und rechte Niere in ihrer Substanz aufgelöst und völlig verwachsen. Das waren nur zwei von elf Punkten aus dem Bericht.
Mozart behauptete: Gewiß, man hat mir Gift gegeben. Die eindeutigsten Aussagen (16. Jahrhundert) mußte ich bei Luther feststellen.
Mathesius berichtete über Luther:
Ich hab ihn auf ein Zeit gefragt, ob ihm nie Gifft beygebracht sey. One Zweiffel, sagt er. Eine große Person hat sich vernehmen lassen, es wölle keines an mir wirken. Ich wurde in mal allhie zu Gast gebeten zu frembden Leuten, wie ich heim kam, ward mir wehe und bange inn meim ganzen Leibe. Da ich schlafen ging, fleust ein unlustiger Schweiß von mir und bekam ein Schnuppe. Mir troffen auch die Augen und schwammiger Wust rann mir aus den Ohren. Ich brach mich mit großer Beschwerung und war kein Gang an meinem Leib, der sich nicht desmal eröffnet. Das dienet mit zum guten und starken Purgation, drauff ich zu morgens sehr lustig und gesund war. Dißmals hab ich gewißlich ein stark Gifft bekommen. Aber der da spricht, wenn sie etwas tödliches trinken, wirdts inen nicht schaden. Der hat sein Segen drüber gesprochen und mich diß und ander mal auß allem Unglück errettet.
Und Luther selber:
Und wenn Sie uns kondten alle tödten so theten sie es gerne Und thuns auch offt sonderlich, die sich vor ärzte ausgeben ob sie gleich je zu Zeiten helffen Denn der Teufel hilffts zuletzt versiegeln So können sie arztney auch so man in Welschland kan da an einem eine gifft bey bringet davon er in einer Stund in einem Monat in einem Jar ja in zehn oder zwanzig Jaren sterben mus Die Kunst können sie
Nach dem Wort Luthers, gibt es Gruppen, die Kenntnisse über Gifte hatten und sie auch anwendeten. Das Problem mit den Giften ist heute zwar größer und betrifft fast alle Menschen jedoch ist es nicht neu. Und wenn etwas so lange bestand hat, dann ist die Sache gewollt und wird verdeckt angewendet. Denn dies ist ein Verbrechen über alle Zeit und wird nur beendet, wenn alle davon wissen oder die Kräfte, die dahinter stehen ihr Ziel erreicht haben.
Louis Lewin