Sind "psychische Krankheiten" objektivierbar? Thomas Insel NIMH
Du schreibst:
ullika schrieb:
Ich glaube, psychische Krankheiten haben oft auch körperliche Ursachen, aber ebenso haben körperliche Krankheiten meistens auch psychische Ursachen. Man kann Körper und Psyche nicht trennen, das hängt zusammen und beeinflusst sich gegenseitig.
Ich habe lange das "ich glaube" überlesen. Du äußerst also deine persönliche Überzeugung, die du nicht beweisen kannst, für dich aber persönlich Sinn macht, ja?
Hier wäre das erste, wo ich widerspreche. Die Richtung "Psyche -> Körper" ist für mich nicht erwiesen, weder wissenschaftlich noch erlebnisbasiert. ABER es kommt drauf an, was man unter "psychisch" versteht, s.o. Du schreibst dann
Man kennt doch, dass psychischer Stress sich auf den Magen schlägt, Ärger auf die Leber, aus Angst kacken sich manche an und anderes verursacht bei manchen Kopfschmerzen, Herzklopfen, etwas schnürt einem den Hals zu, raubt den Atem, macht sprachlos, bewegungsunfähig ....
Und das sind ja Dinge aus dem menschlichen Leben, die ich auch kenne. Ist das also dein Verständnis von "psychisch"?
Dass Dauerstress ein Problem ist, kennen wir (aber es muss noch etwas im Körper sein, so dass es zu einer Erkrankung kommt - also meine Meinung, dazu habe ich keine Paper zur Hand); wir wissen auch, was "urzeitliche" Gefühle im Körper machen.
Das ist meiner Meinung nach - will man wohlwollend sein - nur eine Untermenge von dem, was "psychisch" im Sinne der offiziellen Definition umfasst.
Ich sehe ein ganz großes Problem darin, dass man Alltägliches - wie du es z.b. beschreibst - mit schwammigen Begriffen aus der Psychologie/Psychiatrie vermischt hat. Um Fehldeutungen und damit einhergehende etwaige Fehlüberzeugungen aufzulösen, muss man GENAU sein.
Man braucht keine "Psych-Begriffe", um sein Erleben adäquat zu beschreiben - im Gegenteil. Vielleicht verlernt man dadurch sogar, was die eigentlichen Gefühle usw sind und nennt alles einfach "psychisch".
Für die Psychiatrie (und vielleicht auch Psychologie) ist das sehr willkommen - es erhöht nämlich die Akzeptanz des Psychiatrie-Komplexes und der Psycho-Glaubenssätze (inkl. Diagnosen) in der Bevölkerung. Meiner Meinung nach sind das "Gefängnisse". Wenn wir uns von den Beschränkungen der "Psych-Begriffe", hier insbesondere der Ettikettierung "psychisch krank", lösen, ist das eine Form von Freiheit und Unabhängigkeit. Das ist nicht unbedingt erwünscht.
ullika schrieb:
Natürlich spielt neben Psyche und Körper auch die Vererbung eine Rolle
Da wäre ich vorsichtig. Man versteht erst langsam, dass Vererbung bei weitem nicht alles ist (z.b. Epigenetik). Und das Weitergeben von Giften und Parasiten, das stattfinden kann, ist keine Vererbung.
ullika schrieb:
Es gibt Personen, die aus irgendeinem Grund eine gesunde Psyche haben, die vertragen auch eine Menge ungesundes Essen und Umweltgifte,
Das verstehe ich nicht und klingt für mich spontan "esoterisch". Aber da ich es nicht verstehe, missverstehe ich es vielleicht.
Ich will damit sagen: Körper und Psyche stehen in Wechselwirkung miteinander. Man kann versuchen den Körper über die Psyche zu heilen, aber auch die Psyche über den Körper. Am besten natürlich, man versucht beides gesund zu halten.
Da gehe ich nicht unbedingt mit, wobei da auch mit rein kommt, dass mir nicht klar ist, wie du "Psyche" definierst.
Dass es ein "emotional-mentales Wohlbefinden" gibt, um das man sich kümmern kann, und dass dies das körperliche Wohlbefinden beeinflusst, sehe ich ebenso. Auch eine "innere Haltung" kann vieles tun - damit meine ich übrigens nicht positives Denken im Sinne der "denk einfach positiv, und alles wird gut"-Anhänger.
Nur gehe ich nicht so weit zu sagen, dass hier Krankheiten entstehen (oder vermieden werden) können.
Im übrigen lehne ich persönlich das bio-psycho-soziale Modell und die Behauptung, soziale Umstände führten zu Krankheiten (wie ME oder Fibro oder MCS) ab, insbesondere auch, weil objektiv-wissenschaftliche Beweise fehlen. Es wird noch nicht mal
irgendeine Erklärung/Begründung gebracht. Es wird lediglich postuliert und auf diesem Postulat werden "Diagnosen" aufgebaut. So was kann man in Mathe machen, Theorien, Axiome usw., die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Aber Dinge, die sich auf die Wirklichkeit beziehen, sollten auch die Wirklichkeit sein. Nichts anderes heißt "objektiv".
Ich teile aber deine Meinung, dass wir bei weitem noch nicht alles wissen.
Liebe Grüße!