Die Hemmung der Tryptopan-abbauenden Enzyme erhöht die zentrale Tryptophan-Verfügbarkeit
Das Enzym Tryptophan-Dioxygenase (TDO), das hauptsächlich in der Leber lokalisiert ist, verhindert bei hoher Tryptophan-Zufuhr durch dessen Abbau, dass das Angebot an freiem Tryptophan zur Aufnahme ins ZNS proportional zur aufgenommenen Dosis ansteigt (Salter et al. 1995). Es scheint zudem ein umgekehrtes Verhältnis zwischen dem Serotoninspiegel im Gehirn und der TDO-Aktivität in der Leber zu bestehen (Daya et al. 1989).
Es liegen Hinweise vor, dass die Gabe von Paracetamol die TDO-Aktivität hemmt und damit die Menge an Tryptophan, die für die Serotonin-Synthese zur Verfügung steht, erhöht (Daya et al. 2000, Maharaj et al. 2004). Der gleiche Effekt auf die TDO-Aktivität wurde für Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) in einer tierexperimentellen Untersuchung beschrieben (Maharaj et al. 2004).
Auch für die Gabe von Melatonin ist ein hemmender Effekt auf die TDO-Aktivität dokumentiert (Walsh et al. 1997). Da insbesondere hohe Dosen Melatonin den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflussen können, scheint die Kombination mit dem schlafanstoßenden Tryptophan als Dauermedikation ungeeignet zu sein.
Es liegen Hinweise vor, dass Alkoholkonsum ebenfalls die TDO-Aktivität steigert. Innerhalb von 2 Std. nach dem Alkohol-Konsum wurde ein Abfall der Tryptophan-Plasmaspiegel und ein Anstieg der Kynurenin-Metaboliten gemessen (Badawy et al. 2009). Wie bereits beschrieben, stimulieren auch physiologische Dosen von Vitamin B3 das Enzym TDO und vermindern dadurch den Tryptophan-Spiegel im Blut (Sainio et al. 1990).
Das zweite, wichtige Enzym für den Abbau von Tryptophan ist Indolamin-2,3-Dihydrooxygenase (IDO). Für eine Reihe von Naturstoffen ist eine Hemmung von IDO beschrieben. Beispielsweise hemmt Rosmarinsäure die IDO-Aktivität und damit den Abbau von Tryptophan (Lee et al 2007). Möglicherweise ist ein Teil der positiven Wirkung von Melissenextrakt (enthält einen hohen Anteil an Rosmarinsäure, z.B. Gastrovegetalin®) auf dessen Einfluss auf das Serotoninsystem zurückzuführen.
Auch für das Curcurmin (Curcuma) ist ein hemmender Effekt auf die IDO-Aktivität dokumentiert (Jeong et al. 2009). Für Curcurmin ist in der Literatur eine antidepressive Wirkung beschrieben, wobei die Wirkung nur z.T. über Serotonin-Rezeptoren vermittelt wird (Wang et al. 2008).
Eine aktuelle Untersuchung liefert einen ersten Hinweis, dass auch Kakao einen hemmenden Effekt auf die IDO-Aktivität ausübt (Jenny et al. 2009). Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob sich Kakao in den üblicherweise verzerrten Mengen positiv auf die Tryptophan-Verfügbarkeit auswirkt.
Resveratrol, eine Substanz die natürlicherweise in Trauben vorkommt (besonders hohe Konzentrationen sind für Rotwein dokumentiert), hemmt ebenfalls das Enzym IDO (Banerjee et al. 2008).
Auch das Butyrat scheint einen ganz wesentlichen Einfluss auf die IDO-Aktivität zu haben. Erste Untersuchungen belegen, dass Natríum-Butyrat die IDO-Enzymaktivität herunterreguliert (Jiang GM et al. 2010). Für das Butyrat ist seit längerem bekannt, dass es im Bereich der Darmschleimhaut eine tumorprotektive Wirkung entfaltet. Auf diätetischem Wege lässt sich die Butyrat-Konzentration im Darm z.B. durch ein erhöhtes Angebot an resistenter Stärke über die Nahrung steigern. Sollte sich in-vivo bestätigen, dass diätetisch induzierte hohe Butyrat-Konzentrationen die zentrale Tryptophanverfügbarkeit verbessern, so stünde ein einfacher Weg zur Verfügung, um z.B. einer stressinduzierten hohen IDO-Aktivität entgegenzuwirken. Diese hohe IDO-Aktivität ist möglicherweise wesentlich an der Entstehung einer Depression als Folge von chronischem Stress beteiligt.
Acetylsalicylsäure scheint über unterschiedliche Wirkmechanismen die zentrale Verfügbarkeit von Tryptophan positiv zu beeinflussen. Neben der Erhöhung des freien Tryptophan durch Verdrängung aus der Plasmaeiweißbindung und der Hemmung der TDO-Aktivität, wird ein weiterer Mechanismus diskutiert: ASS reduziert demnach die über Interferon-γ vermittelte erhöhte Aktivität von IDO infolge einer Immunstimulation (Schroecksnadel et al. 2005).