Neues Buch - Bist du noch Opfer oder vergibst du schon?

Es steht wohl ausser Frage, dass man sich um Neugeborene (und sicher auch andere hilflose Menschen, wie z.b. Demenzerkrankte u.ä.) kümmern muss, oder siehst Du das anders?

Ich kümmere mich nicht, weil der andere es braucht, ich kümmere mich, weil ich es brauche. Oder etwas mythischer: Ich tue es, weil ich der andere bin.

Ich fühle mich schlecht, wenn ich es nicht tue und deshalb ist es für mich richtig, es zu tun. Ich bin dann in Harmonie mit dem andern mit mir selbst und mit dem, was ich tue.

Die Sichtweise "Ich muss mich kümmern, weil der andere es braucht und ohne diese Hilfe nicht leben kann" bringt mich in eine unmögliche Situation. Weil ER bedürftig ist, MUSS ich es tun. Wenn ich es nicht tue, bin ich ein schlechter Mensch usw. Das kann zu einer grossen Belastung werden, dieses "Ich opfere mich auf und verzichte auf meine Bedürfnisse".

Wenn ich mir aber bewusst bin, dass ich mir selbst helfe, wenn ich dem anderen helfe, ist alles in Butter und das Leben leicht - federleicht.

Liebe Grüsse

chiron
 
Lieber Chiron,

danke für Deine Antworten. Es ist also alles nur eine Einstellungsangelegenheit. Das hört sich gut an.

Es ist aber auch ein bißchen Selbstüberlistung, oder? ;)

Wenn es aber heilsam ist...wunderbar!

Viele Wege führen nach "Rom"...

Liebe Grüße
Kassandra
 
Hallo LieberTee,

Konfrontation tut weh, aber geht es ohne?

Das hängt wohl von der Sensibilität des Vorgehens und der Bereitschaf des Gegenübers ab. Man darf nicht vergessen, dass eine Konfrontation einen echten emotionalen "Übergriff" bedeuten kann. Aber der Mensch hat auch einen "Selbstschutz". Viele werden dir sicherlich lieber die Augen auskratzen, als sich konfrontieren zu lassen. Die meisten Menschen wollen nur die Wahrheit hören, die sie auch hören wollen. Das ist dann kein Problem und es ist dann vermutlich besser, sich nicht einzumischen. Aber Konfrontation kann auch eine sehr wirkungsvolle und hilfreiche Möglichkeit sein. In manchen Situationen vielleicht sogar (leider) die einzig verbleibende. Ich liebe es z.B. konfrontiert zu werden, wenn ich dadurch vielleicht etwas erkennen kann, was ich bisher übersehen habe.

Jeder kann nur bei sich selbst etwas ändern, an der Einstellung, dies geschieht in der Regel durch bewußtes Erkennen, harte Arbeit, harter Tobak.

Ist das so? Ja harte Arbeit ist oft notwendig, um zu leben und zu überleben. Aber ist das Problem nicht vielmehr die Angst vor dem, was passieren könnte, wenn...? Auch die Angst vor dem Verlust der eigenen Identifikation scheint eine Rolle zu spielen. Das eigentliche Annehmen und Akzeptieren empfinde ich dabei eher als Befreiung, Entlastung und Entspannung. Aber da erst einmal hinzukommen scheint das größere Problem. Kaum ein Mensch ist dazu bereit, erst einmal wirklich zu kapitulieren.

Getrennt sind wir in der Tat. Und nur in dieser Trennung können wir uns im anderen erkennen, Akim, sonst schauen wir nur nach innen, reine Selbstbeschau, sozusagen...

Ja durch die Erfahrung der Individualität sind wir in der Lage, uns selbst und auch den anderen zu erkennen. Wir sind scheinbar getrennt und doch ist alles eins.

Liebe Grüße
 
Hallo LieberTee,
Das hängt wohl von der Sensibilität des Vorgehens und der Bereitschaft des Gegenübers ab. Man darf nicht vergessen, dass eine Konfrontation einen echten emotionalen "Übergriff" bedeuten kann. Aber der Mensch hat auch einen "Selbstschutz". Viele werden dir sicherlich lieber die Augen auskratzen, als sich konfrontieren zu lassen.
Ich schätze auch, dass es so ist. Es ist schwierig, darüber allgemein etwas zu sagen, denn jeder Mensch ist anders und jede Situation ebenfalls. Ich habe Achtung vor den Menschen, die mit anderen auf dieser Ebene "arbeiten" und ich habe Achtung vor den Menschen, die sich "einlassen". Patentrezepte gibt es wohl nicht. Und schiefgehen kann es auch immer. Jede Veränderung ist mit einem Risiko verbunden. Entschuldige, es hört sich wahrscheinlich jetzt nach blabla an, aber ohne die konkrete Situationen kann ich nur allgemein etwas beitragen.
Die meisten Menschen wollen nur die Wahrheit hören, die sie auch hören wollen. Das ist dann kein Problem und es ist dann vermutlich besser, sich nicht einzumischen.
Jeder muss so oder so seinen eigenen Weg gehen. Du kannst Dich inspirieren lassen oder Dir Ratschläge anhören, mehr wahrscheinlich nicht. Du kannst es als Werkzeug nehmen, den eigenen Weg noch einmal anzuschauen, kannst eigene Einstellungen hinterfragen, auf ihre Nützlichkeit überprüfen oder überhaupt auf ihren Sinn. Welchen Sinn machten sie, welchen Sinn ergeben sie jetzt. Sind/waren sie tauglich, sind sie vor allem jetzt tauglich. Helfen oder hemmen sie? Die Konfrontation kann auch daraus bestehen, darauf hinzuweisen? Die Verantwortung bleibt bei jedem einzelnen, was daraus entsteht oder was man entstehen lassen will. Man kann sich auch entscheiden, einfach alles so weiter zu machen, wie man es gewohnt ist. Diese Entscheidung, nichts zu verändern, muss man sicher auch akzeptieren. Im Falle von "Tätern" ein Problem. Ich hatte noch nicht die Zeit, mich mit diesem Link von Oregano wirklich intensiv zu beschäftigen. Was da passierte, scheint ein Wunder...
Aber Konfrontation kann auch eine sehr wirkungsvolle und hilfreiche Möglichkeit sein. In manchen Situationen vielleicht sogar (leider) die einzig verbleibende. Ich liebe es z.B. konfrontiert zu werden, wenn ich dadurch vielleicht etwas erkennen kann, was ich bisher übersehen habe.
Dann gehörst Du zu den wenigen Menschen, die bereit sind, sich auf unsicheres Terrain zu begeben. Denn den eigenen Standpunkt zu verlassen bereit zu sein, ist möglicherweise Erdbebengebiet...dazu gehört viel Mut! Gut, wenn Du ihn hast. Es ist aber auch spannend. Und wenn Du das Gebiet durchquert hast und Dich wieder einigermaßen auf sicherem Boden fühlst, schaust Du zurück und freust Dich, eine Herausforderung angenommen zu haben. Vielleicht hast Du ein ganz neues Land entdeckt? Ist es nicht die Neugierde, das Kennenlernen wollen, die Entdeckerfreude, die uns Menschen neben der Angst zu eigen ist, die eine große Triebkraft und Freude sein kann?
Ist das so? Ja harte Arbeit ist oft notwendig, um zu leben und zu überleben. Aber ist das Problem nicht vielmehr die Angst vor dem, was passieren könnte, wenn...? Auch die Angst vor dem Verlust der eigenen Identifikation scheint eine Rolle zu spielen. Das eigentliche Annehmen und Akzeptieren empfinde ich dabei eher als Befreiung, Entlastung und Entspannung. Aber da erst einmal hinzukommen scheint das größere Problem. Kaum ein Mensch ist dazu bereit, erst einmal wirklich zu kapitulieren.
Hier sprichst Du viele verschiedene Aspekte an. Wenn Du die Arbeit meinst, die zum Überleben nötig ist, ist das eine andere Art von Arbeit, als die der seelisch/geistigen Veränderung, bzw. Erweiterung des eigenen Radius. Dabei kann sich beides überschneiden, wenn es z.B. darum geht, eine neue Arbeitsstelle anzunehmen oder ein neues Aufgabengebiet. Was siegt? Die Angst vor der Veränderung, der Herausforderung oder die Neugierde, die Freude am Neuen? In unserer Gesellschaft ist es nicht leicht, etwas Neues zu probieren. Der Leistungsdruck für die, die Arbeit haben, steigt und steigt und die Möglichkeiten, einfach ein neues Gebiet zu probieren, "sich darin und daran auszuprobieren", ohne die Konsequenz des Risikos des eigenen finanziellen Bankrotts..., da überwiegt dann wohl eher bei vielen Menschen die Angst. Gerade heute!

Jetzt wird mir meine Antwort langsam zu lang. Was meinst Du mit Kapitulation? Im Kriegsgeschehen bedeutet es, sich dem Feind auszuliefern, auf Gedeih und Verderb - auch ein Risiko. Das meinst Du aber sicher nicht. Was bedeutet dieses Wort für Dich im Zusammenhang dieses Threads?
Ja durch die Erfahrung der Individualität sind wir in der Lage, uns selbst und auch den anderen zu erkennen. Wir sind scheinbar getrennt und doch ist alles eins.
Ja, das sind wir, eins. Nur im Moment sind wir anscheinend in diesem "eins" nicht handlungsfähig. Handeln können wir nur als Individuen, allein oder im "ausgehandelten" Zusammenschluss. Mit ausgehandelt meine ich in diesem Fall, Akzeptanz der Grenzen des anderen, einschließlich der jeweiligen Vorstellungen und Finden der Gemeinsamkeiten und Kompromisse. Zumindest in Krisengebieten der Welt scheint dies ein bewährtes Konzept, wenn dem nicht egoistische wirtschaftliche Interessen der Waffen- und anderen Industrie und/oder Geschäfte entgegenstehen und eine Befriedung verhindern.

Ob dies bei Opfern und Tätern genauso möglich ist? Es gibt anscheinend auch hier verschiedene gute Konzepte (gewaltfreie Kommunikation, Mediation, Opfer-Täter-Ausgleich....)

Ein philosophische Denkweise wäre: Wo kann ich dich in mir erkennen? Welche Einstellung rufst du in mir wach? Welchen "Kern" erkenne ich? Ist er, der Kern, zu erkennen, gibt es keine Trennung. Wer das immer schafft, hats anscheinend geschafft...Aber ist es noch ein Mensch?

Lieben Gruß vom
liebenTee
 
Hallo LieberTee,

vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag!

Ich finde alles richtig, was Du schreibst. Vielleicht nur einige kurze Gedanken noch...
Jetzt wird mir meine Antwort langsam zu lang. Was meinst Du mit Kapitulation? Im Kriegsgeschehen bedeutet es, sich dem Feind auszuliefern, auf Gedeih und Verderb - auch ein Risiko. Das meinst Du aber sicher nicht. Was bedeutet dieses Wort für Dich im Zusammenhang dieses Threads?

Ich meine eine bedingungslose Kapitulation, die Beendigung des Kampfes, das völlige Annehmen dessen was ist. Es ist im Grunde ein Loslassen von allem. Ich meine nicht unbedingt sich als Opfer einem Täter auszuliefern, aber den Zustand und die Situation vollkommen zu akzeptieren, ohne Wenn und Aber. Das kann sehr vielfältige Gesichter haben und lässt sich auf fast alle Lebensbereiche anwenden, nicht nur auf eine Krankheit z.B. Es kann auch heißen, eine Ablehnung nicht zu unterdrücken, sie zuzulassen und anzunehmen. Dadurch können wir sie beobachten, ohne gegen irgendetwas anzukämpfen oder irgendein Ergebnis zu erwarten. Dann kann Klarheit entstehen, daraus entsteht Entspannung und Vertrauen. Wir können nie tiefer fallen als in die Arme Gottes, ist es nicht so? Diese Erkenntnis ist ein Sprungbrett in die Freiheit und gibt uns die Möglichkeit für ein Leben frei von Angst. Tatsächlich können dann ganz wunderbare Dinge geschehen, weil wir im Einklang mit dem Leben, dem Göttlichen sind.

LieberTee schrieb:
Ja, das sind wir, eins. Nur im Moment sind wir anscheinend in diesem "eins" nicht handlungsfähig. Handeln können wir nur als Individuen, allein oder im "ausgehandelten" Zusammenschluss.

Gut, jedoch kannst du auch als Individuum keine Handlung oder Entwicklung vollziehen, sei sie innerlich oder äußerlich, ohne Auswirkung auf das Ganze. ;)

LieberTee schrieb:
Ein philosophische Denkweise wäre: Wo kann ich dich in mir erkennen? Welche Einstellung rufst du in mir wach? Welchen "Kern" erkenne ich? Ist er, der Kern, zu erkennen, gibt es keine Trennung. Wer das immer schafft, hats anscheinend geschafft...Aber ist es noch ein Mensch?

Das hängt doch in erster Linie von der Klarheit unseres Bewusstseins ab. Was ist denn ein Mensch? Was ist unser wahres Selbst? Wenn ein Mensch all seine "Masken" ablegt, was mag am Ende noch übrig bleiben? Vielleicht nichts? Wenn wir ohne Identifikation sind, dann können wir auch in Seligkeit sein.

Liebe Grüße!
 
Hallo Akim,

Ich meine eine bedingungslose Kapitulation, die Beendigung des Kampfes, das völlige Annehmen dessen was ist. Es ist im Grunde ein Loslassen von allem. Ich meine nicht unbedingt sich als Opfer einem Täter auszuliefern, aber den Zustand und die Situation vollkommen zu akzeptieren, ohne Wenn und Aber. Das kann sehr vielfältige Gesichter haben und lässt sich auf fast alle Lebensbereiche anwenden, nicht nur auf eine Krankheit z.B. Es kann auch heißen, eine Ablehnung nicht zu unterdrücken, sie zuzulassen und anzunehmen. Dadurch können wir sie beobachten, ohne gegen irgendetwas anzukämpfen oder irgendein Ergebnis zu erwarten. Dann kann Klarheit entstehen, daraus entsteht Entspannung und Vertrauen. Wir können nie tiefer fallen als in die Arme Gottes, ist es nicht so? Diese Erkenntnis ist ein Sprungbrett in die Freiheit und gibt uns die Möglichkeit für ein Leben frei von Angst. Tatsächlich können dann ganz wunderbare Dinge geschehen, weil wir im Einklang mit dem Leben, dem Göttlichen sind.
Ich habe das einmal als Kind getan, ich war in dem Alter zwischen 8 und 10, also noch jenseits irgendwelcher sexueller Ambitionen. Ich hatte einen Freund, der mir viel Angst nahm, z.B., die vor dem Ball. Er war klein und zierlich und wendig, ich war ebenso klein, mager und ein bißchen tollpatschig und "nie so ganz in der Welt". Er brachte mir bei, wie man beim Völkerball einfach dem Ball ausweicht. Er nahm mich mit in die Abenteuerwelt der Jungs und in die nachbarschaftlichen Bäume. Er war trotz seiner Schmächtigkeit und obwohl ohne Vater, reifer und weiser, als seine Altersgenossen.

Und er war erstaunlicherweise (ohne Machogehabe) überall beliebt, anscheinend vor allem bei den Mädels. Ich hatte es gewagt, auf die Frage zweier Mädchen, zu antworten, er sei mein Freund. Daraufhin haben sie mich verlacht...ich lief weg, sie verfolgten mich und zum Schluss haben sie mich mit irgendewas beschmissen, war es Schnee, war es Dreck, Steine, ich weiß es nicht mehr.

Zu dieser Zeit war auch Jesus mein Freund. Da ich ein "Traumtänzerin" war, hatten wir ein richtig gutes Verhältnis, auf Augenhöhe... Und natürlich war er auch mein Vorbild.

Als ich mit irgendeinen Kram beworfen wurde, bleib ich irgendwann einfach stehen und schaute mir das ganze an, ich schaute einfach nur, ich sah zu, wie sich ihre Münder bewegten und ihre Arme und tat nichts mehr. In einer Form hatte ich kapituliert. Nach einer Weile war den beiden Kinder das ganze unheimlich, da ich einfach dastand und nicht mehr reagierte. Sie nahmen Reißaus...

Ich aber war noch nie in meinem Leben so erschöpft, selbstzufrieden gleichzeitig und doch so unendlich einsam. Hatte ich mich nicht in arroganter Weise überhöht? (Da habe ich gerade eine Bewertung gelöscht, ich bewerte es ja gar nicht mehr, es war einfach so und ist schon lange Vergangenheit, die keine Rolle mehr spielt)

Den Freund habe ich dann verloren, weil ich mich meiner schämte. Es war, als würde ich ihm mit meiner Freundschaft in den Dreck ziehen, mit dem ich beworfen wurde, als müsse er sich dann meiner schämen. Ich bin ihm aus dem Weg gegangen.

Er war mein persönlicher "Peter Pan". Und das war das Ende der Unschuld.

Keine Seeligkeit.

Wenn wir ohne Identifikation sind, dann können wir auch in Seligkeit sein.
Vielelicht hat es nicht geklappt mit meiner "Kapitulation" damals, weil ich mich ja sehr wohl identifizierte - mit meinem damaligen Vorbild?

Liebe Grüße
Kassandra
 
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Hallo Kassandra,

Vielelicht hat es nicht geklappt mit meiner "Kapitulation" damals, weil ich mich ja sehr wohl identifizierte - mit meinem Vorbild?

Wo hat es denn nicht geklappt? Da ist doch etwas Erstaunliches passiert? Vielleicht haben diese Kinder ja nie wieder jemanden mit Dreck beworfen. Wer weiß, vielleicht bereuen sie es heute noch.

Du wurdest Opfer von Opfern, die nicht wussten, was sie tun.

Ja die Kapitulation war in einer "Form". Nicht bedingungslos. Die nachfolgende Situation wurde nicht akzeptiert. Du bist wieder zurück in die Prägung gefallen, Angst etwas falsch gemacht zu haben, nicht gut genug zu sein... Das lernen wir schon früh.

Warum bewerfen die mich mit Dreck? Ein Kind kann das nicht verstehen.

Ein bewusstes Kind (Buddha) würde wohl nur Liebe und Mitgefühl empfinden.


Liebe Grüße

akim
 
Hallo Akim,

kurz nach dem Aufstehen habe ich noch einmal über diese damalige Situation nachgedacht.

Du hast sicher recht damit, dass ich in meine damalige Prägung wieder hineingerutscht bin, damals und viele male danach wohl auch, immer mal wieder. Aber eines habe ich tatsächlich verloren: die Angst vor dem Ball und die Angst vor dem "Mob". Jedenfalls meistens. So gesehen begleitet mich mein "Peter Pan" immer noch oder immer wieder, auch wenn ich ihn damals verlor - es war eben auch das Ende der Kindheit, der unschuldigen Begegnung zwischen den Geschlechtern in der Kindheit, ich hatte es einfach noch nicht wahrhaben wollen, das dies irgendwann zu Ende geht.

Ich habe mich an eine andere Situation erinnert, Jahre später auf einer spontanen Demonstration einiger Sponties, es kam zur Eskalation mit der Polizei...der Grund, ein paar rohe Eier aus den Reihen der Hippies, auf der anderen Seite die befehlsgehorsamen Staatsdiener, als Individuen nicht erkennbar in ihrer "Vermummung" (Lederkleidung, Helm, Schild....Knüppel, man kennt das...es hat sich nicht viel geändert).

Ich, die schüchterne, immer eher in der zweiten Reihe Stehende...hatte nicht nur keine Angst, ich bin über mich selbst hinausgewachsen...gegen diese Gewalt.

Ich habe den Polizisten, der mir gegenüber stand, wie gesagt, nicht erkennbar als Person, angeschrieen, nicht aus Wut, sondern aus Entsetzen und weil es so laut war, ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er mit mir in eine Klasse gegangen ist..., dass er mich kennt und wie er es schaffen kann, seinen erhobenen Knüppel gegen mich einzusetzen...ich weiss garnicht, ob ich ihn, oder er mich wirklich kannte, aber er hat nicht zugeschlagen, er wurde zur Person, ich habe alles eingesetzt, um die Schläger vom Schlagen (und es war unglaubliche, nicht zu rechtfertigende Brutalität im Spiel) abzuhalten.

Ich selber war völlig ausgeschaltet...ohne Denken.

Danach setzte es wieder ein, als das Trümmerfeld übrigblieb, Verwundetet, Geschlagene, viele Verhaftungen... Alle waren fassungslos, ohnmächtig und wollten nach Hause gehen, da ist diese schüchterne, tollpatschige Person auf ein Bank gestiegen und hat eine Rede geschwungen und hat es geschafft, dieses Häuflein Unglück zu motivieren, zur Polizeistation zu gehen und den Verhafteten beizustehen, die wurden da nämlich weiter gequält...Anwälte anrufen, solidarisch sein, nicht nachlassen, nicht sich beugen. Und ein Flugblatt wurde am gleichen Abend erstellt, damals noch mit einfachsten Mitteln und am nächsten Morgen stand vor jedem wichtigen Betrieb, in dem es viele Azubis gab und vor jeder Schule jemand, der verteilte.

Diese tollpatschige, schüchterne Person hatte einen Stein ins Wasser geworfen und die Wellen erreichten, dass eine Bewegung für Selbstverwaltung, Demokratie und gegen Gewalt noch wochenlang die Stadt erschütterte. Eltern gingen mit auf die Demonstrationen, der Polizeichef wurde zur Rechenschaft gezogen...die horrenden Anklagen teilweise fallengelassen, die Strafen fielen erstaunlich milde aus...

Da habe ich mich in keinster Weise als Opfer gefühlt...

Das allererstaunlichste aber war, ich hatte nicht einen Kratzer abbekommen.

Ich hatte keine Angst vor der Gewalt...und heute ist mir klar, ich verabscheue sie nicht nur, ich weiß heute, nur friedliche Aktionen sind nachhaltige Aktionen, sonst wird der Hass auf beiden Seiten weiter geschürt.

Du hast recht, es ist die Prägung, die uns immer wieder in die Opfer- oder Täterrolle bringt, es ist der Mut und das Bewusstsein um die eigene Kraft, der uns über uns hinauswachsen lässt, nicht die Ohnmacht, nicht der Hass. Vielleicht ist es auch die Überzeugung, für die Menschlichkeit, für die menschlichen Rechte einzutreten...ich weiss es nicht, so hat dieses Kindheitserlebnis nachhaltig gewirkt, wenn auch nicht damals sofort.

Übrigens Mitgefühl habe ich schon damals empfunden, aber eben auch diese Arroganz, dieses mich besser zu fühlen, als diese Kinder.

Vielleicht habe ich aus diesem Thread gelernt, bzw. mich wieder erinnert, an die Kraft, die in mir steckt und dass ich mich überhaupt nicht ohnmächtig und klein fühlen muss. Die Kraft, die ja in uns allen steckt, etwas Gutes bewirken zu können, über uns hinauswachsen zu können, mehr zu sein, als Angst und Kleinmut.

Danke!

Liebe Grüsse
Kassandra
 
hallo,
chiron schrieb:
Wenn ich mir aber bewusst bin, dass ich mir selbst helfe, wenn ich dem anderen helfe, ist alles in Butter und das Leben leicht - federleicht.
Es hört sich ein wenig egoistisch an, dennoch aber auch genau gegenteilig, es anerkennt, dass es uns im Leben in erster Linie um uns selbst geht. Auch in Ordnung, denn wie können wir andere lieben, wenn wir uns selbst schlecht behandeln. Schauen wir unseren Schatten ins Auge, verzeihen wir uns, können wir auch die Schatten der scheinbar von uns Getrennten mit Mitgefühl anschauen und verzeihen.
Akim schrieb:
Ich meine eine bedingungslose Kapitulation, die Beendigung des Kampfes, das völlige Annehmen dessen was ist. Es ist im Grunde ein Loslassen von allem. Ich meine nicht unbedingt sich als Opfer einem Täter auszuliefern, aber den Zustand und die Situation vollkommen zu akzeptieren, ohne Wenn und Aber. Das kann sehr vielfältige Gesichter haben und lässt sich auf fast alle Lebensbereiche anwenden, nicht nur auf eine Krankheit z.B. Es kann auch heißen, eine Ablehnung nicht zu unterdrücken, sie zuzulassen und anzunehmen.
Ich versuche, mir Situationen vorzustellen, in denen etwas abgelehnt wird, dies zugelassen wird und auch diese Ablehnung angenommen wird und den Effekt. Mal ganz praktisch, ich lehne das Sortieren von Papierkram ab - lehne überhaupt diese ganze Bürokratie, die ja damit verbunden ist ab, wenn ich also diese Ablehnung neutral betrachte, ok, das kann ich mir vorstellen. Sie annehmen, was könnte das bedeuten? Meine Einstellung gegenüber jeder Form der Bürokratie annehmen?

Interessanterweise geht mir gerade im Moment ein Spruch aus der Bibel durch den Kopf (und ich bin da nicht besonders bewandert...) Er heißt ungefähr: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist. Könnte also die Annahme meiner Ablehnung dazu führen, dass ich sowohl den Papierkram für unbedeutend halten kann, ihn aber gerade deshalb zu erledigen in der Lage bin, weil nicht er mein Leben bestimmt, sondern nur eine von vielen Tätigkeiten, die eben nun mal getan werden müsssen - nicht um sich dem Irrsinn zu beugen, aber aus einer gewissen Nachsicht heraus mit den "Korinthenkackern", so nach dem Motto: ok, ich tu Euch den Gefallen, mir bricht kein Zacken aus der Krone. Es ist nichts weiter als Peanuts, was ich nebenher erledigen kann - bis auf den Zeitfaktor, der ist ärgerlich.
Akim schrieb:
Dadurch können wir sie beobachten, ohne gegen irgendetwas anzukämpfen oder irgendein Ergebnis zu erwarten. Dann kann Klarheit entstehen, daraus entsteht Entspannung und Vertrauen. Wir können nie tiefer fallen als in die Arme Gottes, ist es nicht so? Diese Erkenntnis ist ein Sprungbrett in die Freiheit und gibt uns die Möglichkeit für ein Leben frei von Angst. Tatsächlich können dann ganz wunderbare Dinge geschehen, weil wir im Einklang mit dem Leben, dem Göttlichen sind.
Es hört sich gut an, aber auch ein bißchen nach Patentrezept. Gebe ein paar Beispiele, wenn es Dir möglich ist, dann ist es besser nachzuvollziehen.
Akim schrieb:
Gut, jedoch kannst du auch als Individuum keine Handlung oder Entwicklung vollziehen, sei sie innerlich oder äußerlich, ohne Auswirkung auf das Ganze. ;)
Es erinnert mich an systemisches Denken.
Akim schrieb:
Das hängt doch in erster Linie von der Klarheit unseres Bewusstseins ab. Was ist denn ein Mensch? Was ist unser wahres Selbst? Wenn ein Mensch all seine "Masken" ablegt, was mag am Ende noch übrig bleiben? Vielleicht nichts? Wenn wir ohne Identifikation sind, dann können wir auch in Seligkeit sein.
Was meinst Du konkret mit "Seligkeit". Das hört sich ein wenig abgehoben an. Als schwebst Du über den Dingen.

Dazu blitzt gerade noch ein Gedanke auf: Wenn nichts ist, ist das Blatt völlig unbeschrieben, Du hast alle Chancen, es zu füllen...

Kassandra schrieb:
Ich, die schüchterne, immer eher in der zweiten Reihe Stehende...hatte nicht nur keine Angst, ich bin über mich selbst hinausgewachsen...gegen diese Gewalt.
...
Du hast recht, es ist die Prägung, die uns immer wieder in die Opfer- oder Täterrolle bringt, es ist der Mut und das Bewusstsein um die eigene Kraft, der uns über uns hinauswachsen lässt, nicht die Ohnmacht, nicht der Hass. Vielleicht ist es auch die Überzeugung, für die Menschlichkeit, für die menschlichen Rechte einzutreten...ich weiss es nicht, so hat dieses Kindheitserlebnis nachhaltig gewirkt, wenn auch nicht damals sofort.
...
Vielleicht habe ich aus diesem Thread gelernt, bzw. mich wieder erinnert, an die Kraft, die in mir steckt und dass ich mich überhaupt nicht ohnmächtig und klein fühlen muss. Die Kraft, die ja in uns allen steckt, etwas Gutes bewirken zu können, über uns hinauswachsen zu können, mehr zu sein, als Angst und Kleinmut.
Wenn wir an uns selbst glauben und es scheint eine bewusste Anstrenung zu sein, sich dessen wieder und wieder zu erinnern - interessanterweise in der Auseinandersetzung oder durch die Auseinandersetzung, den Dialog, inspiriert - wachsen wir über unsere Prägung hinaus und erkennen unsere wahren Fähigkeiten?

Lieben Gruß vom
liebenTee;)
 
Interessanterweise geht mir gerade im Moment ein Spruch aus der Bibel durch den Kopf (und ich bin da nicht besonders bewandert...) Er heißt ungefähr: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist. Könnte also die Annahme meiner Ablehnung dazu führen, dass ich sowohl den Papierkram für unbedeutend halten kann, ihn aber gerade deshalb zu erledigen in der Lage bin, weil nicht er mein Leben bestimmt, sondern nur eine von vielen Tätigkeiten, die eben nun mal getan werden müsssen - nicht um sich dem Irrsinn zu beugen, aber aus einer gewissen Nachsicht heraus mit den "Korinthenkackern", so nach dem Motto: ok, ich tu Euch den Gefallen, mir bricht kein Zacken aus der Krone. Es ist nichts weiter als Peanuts, was ich nebenher erledigen kann - bis auf den Zeitfaktor, der ist ärgerlich.

Ja das ist ein Annehmen und eine gute Veränderung der Betrachtungsweise. Es kann sogar noch weit darüber hinausgehen. Das Annehmen, das JA zum Leben, setzt eine Transformation in Gange, ALLES kann sich verändern, Gutes geschieht. Du kannst auch schauen, wo die Ablehnung herkommt. Kommt sie aus dem Inneren, oder vom Ego? Du wirst Klarheit finden. Dann vielleicht, love it - change it - or leave it? Die Antworten kommen zur rechten Zeit. Man muss nur gut hinhören.

LieberTee schrieb:
Es hört sich gut an, aber auch ein bißchen nach Patentrezept. Gebe ein paar Beispiele, wenn es Dir möglich ist, dann ist es besser nachzuvollziehen.

Ich möchte hier keine Patentrezepte geben oder irgendwelche "tollen Erkenntnisse" vermitteln. So etwas muss selbst erkannt bzw. erfahren werden. Wir wissen alle um diese Dinge, es geht nur darum sich wieder zu erinnern. Wenn wir im Einklang mit dem Leben sind, verändert sich alles, wie gesagt. Niemand zwingt uns mit der Liebe zu schwingen, doch wenn wir es tun, dann sind wir "beschützt". "Engel" stellen sich ein. Das kann z.B. so aussehen, dass Du einfach immer zur rechten Zeit am rechten Ort bist. Alles um dich herum beginnt sich zu verändern, du beginnst dich zu verändern. Alles ist eins und du bist nur ein Teil davon.

LieberTee schrieb:
Was meinst Du konkret mit "Seligkeit". Das hört sich ein wenig abgehoben an. Als schwebst Du über den Dingen.

Ich sehe viele Dinge anders als die meisten, dass glaube ich schon. Als ich damit angefangen habe, diese Dinge zu entdecken, war ich lange in Glückseligkeit. Aber auch das Glück wird immer mehr wie unbeteiligt betrachtet, so das eine Art Seligkeit übrig bleibt.

Da ist kein Ego, welches verletzt werden könnte. Bei mir jedenfalls sehr überwiegend. Ich habe durchaus noch meine kleinen Baustellen, die sind mir bewusst. Auch die Entfernung zum Ursprung ist nicht immer ganz dieselbe. Aber unser Leidenspunkt verschiebt sich, je weiter wir voranschreiten. Das Leiden verändert sich. Ja, das Leben ist leicht - federleicht.

LieberTee schrieb:
Dazu blitzt gerade noch ein Gedanke auf: Wenn nichts ist, ist das Blatt völlig unbeschrieben, Du hast alle Chancen, es zu füllen...

Jaa! Genau das ist es! Eine radikale (vorsicht!) Kapitulation wäre es z.B., zu sterben. Natürlich bitte nicht physisch! Aber was wäre, wenn ich jetzt sterben würde? Ist da Angst? Ist da irgendetwas an das ich mich klammere? Ok, dann lasse ich alles los… Was wenn ich jetzt wirklich sterbe? Ok, dann sterbe ich. Ich bin bereit, alles ist ok. Wenn diese Meditation beendet ist (und weiter geht) kannst du sein, wie neugeboren! Es gibt auch einen Satz der sagt; sterbe jeden Augenblick und erschaffe dich selbst neu!

Entschuldigung, ich wollte mich hier gar nicht so ausbreiten. Bei diesen Themen kommt man ja schnell vom Hundertsten ins Tausendste. Ich hoffe ich habe den Rahmen dieses Threads nicht zu sehr gesprengt. Aber für mich gehört das irgendwie alles zusammen. ;)

Liebe Grüße!
 
Wenn wir an uns selbst glauben und es scheint eine bewusste Anstrenung zu sein, sich dessen wieder und wieder zu erinnern - interessanterweise in der Auseinandersetzung oder durch die Auseinandersetzung, den Dialog, inspiriert - wachsen wir über unsere Prägung hinaus und erkennen unsere wahren Fähigkeiten?

Das ist so eine Sache mit den wahren Fähigkeiten, ob sie wahr sind, erweist sich immer erst im Tun...Aus einer Idee und/oder einem Impuls tatsächlich eine Handlung werden zu lassen - ohne Willen für mich (bis auf oben genannte Ereignisse) fast nicht denkbar. Ja, nicht denkbar, aber machbar anscheinend schon ...

Liebe Grüße
Kassandra
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich habe nochmal über das Thema Konfrontation im Allgemeinen nachgedacht, dass wollte ich noch kurz hier schreiben …

Also ja, ein Aufmerksam machen sollte wohl wirklich reichen, viel schöner! Was wenn es nicht reicht? Auch kein Problem! Es ist ja tatsächlich so, dass wenn ich dadurch verletzte, ich mir diese Verletzung gleichermaßen selbst zufüge. Ganz real, nicht nur spirituell betrachtet. Da kann man sagen, an jeder Form der vermeidbaren Verletzung, möchte ich nicht beteiligt sein! Fühlt sich richtig an. Andererseits benutz das Leben selbst oft den Schmerz als notwendige "Medizin". Und wenn das Gegenüber doch (vielleicht auch unbewusst) signalisiert, nach Antworten zu suchen, es vielleicht eine nahestehende Person ist, Mitgefühl da ist, was tun? Letztlich halte ich es für das Wichtigste, möglichst im Einklang mit dem Leben zu handeln. Und wenn das Leben will, dass etwas gesagt wird, dann ist es vielleicht einfach so. Nicht immer leicht einzuschätzen. Manchmal verletzt man vielleicht auch nicht. Es scheint ein höchstes Maß an Sensibilität nötig zu sein. Eigentlich ist die Wahrheit sehr heilsam, auch wenn sie im ersten Moment oft schmerzhaft ist.

Herzliche Grüße
 
Hallo Akim,

es kommt auf die Art der Konfrontation an und auf den jeweiligen Hintergrund.

Wenn eine Person z.B. eigentlich selbst verletzt ist an einer ähnlichen Stelle, dies aber eine nicht verheilte Verletzung ist, dann schlägt sie sich selbst mit Worten oder Taten, weiß es aber nicht. Das Gegenüber erlebt nur das verletzt werden durch die andere Person und die Heftigkeit der dadurch ausgelösten Empfindung hat vielleicht sogar mit der eigentlichen Heftigkeit der Empfindung zu tun, die das Gegenüber (in bester Absicht) erfolgreich verdrängt hat.

So geben wir die selbst (früher) erhaltenen Schläge unbewusst weiter. Wessen Wahrheit ist es sodann, die ausgedrückt werden wollte?

Verzeihen ist ein Prozess, ein Bewusstwerden, vermute ich. Unsere blinden Flecken aber, können wir die tatsächlich allein für uns im stillen Kämmerlein in uns selbst entdecken ohne die Spiegelung durch ein Gegenüber? Wenn sich keiner der Beteiligten der Spiegelung bewusst ist, besteht das Risiko der oben genannten Verletzung.

Wenn sich nur einer bewusst ist, ist das Verhältnis ungleich, es gibt ein Oben und Unten, eine Hierarchie. Einer, der Recht hat und der andere, der dadurch in Unrecht gesetzt wird. Einer, der sich über den Anderen erhebt. Einer, der zum Anderen aufschaut, im besten Fall; im weniger guten Fall, sich der Autorität fraglos unterwirft.

Man kann in jeder Begegnung wachsen, an jeder Aussage, ob sie wahr ist oder nicht. Wir nehmen immer subjektiv wahr. Es gibt keine Objektivität. Und deshalb auch keine feststehende, alleingültige Wahrheit. Alles ist doch immer im Fluss...

Eine Möglichkeit wäre, eine bewusste Konfrontation auch als solche zu kennzeichnen. Dann hat das Gegenüber eine Chance, selber aus einer Distanz sich diese "Wahrheit" zu betrachten. In einigen Fällen hilft möglicherweise nur der "Hammerschlag". Auch das ist mit Risiko verbunden. Hast Du bewusst in eine Achillesferse getroffen (als gerade einzige ungeschützte Stelle), so kann dies nicht nur tödlich wirken, es kann ebenso dazu führen, dass der Panzer verdoppelt wird, so dass Du diesen Menschen gar nicht mehr erreichen kannst. Was aber soll dieser Mensch verzeihen, das er nicht mehr sehen kann, weil er niemandem mehr erlaubt, seine individuellen (geprägten) Wahrheiten zu sehen?

Was lernen wir hier? Rollen spielen, gut dastehen, sich selbst gut darstellen...Das lernen wir seid Kindesbeinen. Ehrlichkeit und auch Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, lernen wir nicht. Nicht im Elternhaus, nicht in der Schule und schon garnicht in der Ausbildung und im Berufsleben. Hier lernst Du lügen und dich zu schützen.

Ich sehe es auch so wie Du, es gehört sehr viel Sensibilität und Aufmerksamkeit dazu, jemanden zu konfrontieren mit seinen blinden Flecken, Taten und für ihn schädlichen Ideen. Aber auch Aufmerksamkeit für sich selbst gehört dazu. Ich frage inzwischen durchaus auch, ob jemand meine Sicht der Dinge hören will, ob er dazu bereit ist. Dann ist es zumindest kein Überfall.

Ohne Transparenz kann jede Konfrontation willkürlich wirken, bzw. auch sein, wenn z.B. der eigene blinde Fleck dem Konfrontierenden nicht sichtbar ist und ihm daher auch gar nicht bewusst sein kann. Er kann dann auch nichts dafür, aber er wird instinktiv in einer Art unbewusster Notwehr zurückschlagen, wenn er (möglicherweise ebenso unbewusst) getroffen wird. Das spielt sich auf einer Ebene ab, die man das Unbewusste nennt. Wir alle tragen es mit uns mit, die eigene uns nur unzureichend bekannte "Hölle".

Danke für Deine Gedanken!
LieberTee
 
Der einzige, der mich verletzten kann, bin ich selbst.

Es ist nicht so, dass mich jemand anders verletzen könnte. Die Verletzung geschieht immer erst durch meine Interpretation dessen, was gesagt wurde oder geschehen ist.

Verletzt sein heisst Opfer sein und Opfer sein bedingt einen Schuldigen. Das ist meine Erfahrung. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals verletzt gewesen war OHNE dass ich jemandem die Schuld zugewiesen hätte.

Deshalb heisst mein Buch ja auch "Bist du noch Opfer oder vergibst du schon?".

Es ist das Ende des "Verletzt seins" oder genauer formuliert, das "Verletzt sein dauert nur noch solange an, bis man realisiert, dass die eigenen Gedanken diese Gefühle hervor rufen und nicht das, was geschehen ist oder gesagt wurde.

Gedanken erschaffen Realität - die gefühlte Realität - und darum dreht sich letztlich doch alles.

Liebe Grüsse

chiron
 
Hallo chiron,

Ja, es ist immer unsere Interpretation - vor dem Hintergrund ... Aber auch unsere Aktion geschieht vor dem Hintergrund...

Nun ja, es wird wohl nicht Dein letztes Buch zu dem Thema sein. Ich bin auf das nächste schon gespannt.

Eine Frage beschäftigt mich noch, warum hast Du als Untertitel gewählt: "Verstehen heißt verzeihen"?

Das würde mich sehr interessieren, denn wer versteht denn da?

Lieben Gruß
LieberTee
 
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Hallo Chiron

Bist du sicher, dass du nicht verletzt wärst, wenn dir jemand ein Messer in den Bauch rammen würde?
Und wenn eine Frau vergewaltigt oder ein Mensch gefoltert wird, meinst du wirklich, dass Verletztfühlen nur von der Interpretation abhängt?

Also weh tun würde es ganz sicher.

Liebe Grüsse, fauna
 
Eine Frage beschäftigt mich noch, warum hast Du als Untertitel gewählt: "Verstehen heißt verzeihen"?

Manche Dinge sind schwer mit Worten auszudrücken. Ich versuchs einfach mal.

Die Handlungen eines Menschen haben nichts mit Schuld zu tun. Niemand ist schuldig. Jeder handelt einfach aufgrund seiner Geschichte, seiner Herkunft, seiner Sozialisation usw.

Das Paradoxe daran ist, dass nur jemand der an Schuld glaubt zum Täter wird, weil einem Unschuldigen der an die Unschuld glaubt jegliches Motiv zu einer Tat fehlen würde. Der Unschuldige kennt keine Trennung zwischen Ich und Du.


Das würde mich sehr interessieren, denn wer versteht denn da?

Verstehen kann nur der Schuldige und wenn er alles Verstanden hat, gibt es ihn nicht mehr resp. die Identifikation mit seinem körperlichen Sein löst sich auf. So sehe ich das.

Liebe Grüsse

chiron
 
Hallo Chiron

Bist du sicher, dass du nicht verletzt wärst, wenn dir jemand ein Messer in den Bauch rammen würde?
Und wenn eine Frau vergewaltigt oder ein Mensch gefoltert wird, meinst du wirklich, dass Verletztfühlen nur von der Interpretation abhängt?

Also weh tun würde es ganz sicher.

Liebe Grüsse, fauna

Frag dich selbst Fauna. Ist eine Vergewaltigung körperlich schmerzhaft oder geistig/seelisch? Und wenn zweiteres stimmt, woher kommt dann der Schmerz? Von der Tat selbst oder von der Interpretation der Tat "ich wurde missbraucht!"?

Im Zusammenhang mit Folteropfern kann ich mich an eine Aussage eines amerikanischen Gefängnisinsassen erinnern, der gesagt hatte, die schlimmste Folter sei jeweils die Isolationshaft gewesen. Das heisst, mit sich selbst allein zu sein - in absoluter Sicherheit aber ohne Ablenkungsmöglichkeiten - war schlimmer als irgend eine Folter wie sie in Gefängnissen vorallem zwischen den Gefangenen oft vorkommen.

Anzufügen wäre hier auch noch die Placeboforschung. Es gibt zahlreiche Beispiele die beweisen, dass allein der Glaube man habe ein Schmerzmittel bekommen - auch wenn es nur eine Zuckerpille war - die Schmerzen zum Verschwinden bringen kann.

Wenn man sich all dies durch den Kopf gehen lässt, kann es zuerst sehr schockierend sein, aber letztlich ist es sehr befreiend.

Liebe Grüsse

chiron
 
letztlich ist es sehr befreiend.

Hallo chiron,

ich kenne Deine Gedankengänge, aber gerade am Beispiel Vergewaltigung, Mißbrauch gelingt es mir nach Jahren immer noch nicht, sie nachzuvollziehen.

Wenn ein Vergewaltigungsopfer und ein mißbrauchtes Kind Deinen Gedankenhintergrund hat: dann mag es ihm gelingen, weder körperlich noch seelisch verletzt zu sein.
Was aber, wenn dem nicht so ist? Viele Menschen schaffen es ja ein ganzes Leben lang nicht, ihre Erfahrungen zu verarbeiten.

Gruss,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Handlungen eines Menschen haben nichts mit Schuld zu tun. Niemand ist schuldig. Jeder handelt einfach aufgrund seiner Geschichte, seiner Herkunft, seiner Sozialisation usw.

da wird mir richtig schlecht Sowas zu lesen;) sorry
wo ist es gegeben das ich handel aus meiner Geschichte, Herkunft, Sozialisation, das hast du dir schön zurechtgezimmert..glaubst du selbst daran???

Das Paradoxe daran ist, dass nur jemand der an Schuld glaubt zum Täter wird, weil einem Unschuldigen der an die Unschuld glaubt jegliches Motiv zu einer Tat fehlen würde. Der Unschuldige kennt keine Trennung zwischen Ich und Du.

ist es so???



Verstehen kann nur der Schuldige und wenn er alles Verstanden hat, gibt es ihn nicht mehr resp. die Identifikation mit seinem körperlichen Sein löst sich auf. So sehe ich das.

ohmmmmmmmmmmmmmm :rolleyes:


Frag dich selbst Fauna. Ist eine Vergewaltigung körperlich schmerzhaft oder geistig/seelisch? Und wenn zweiteres stimmt, woher kommt dann der Schmerz? Von der Tat selbst oder von der Interpretation der Tat "ich wurde missbraucht!"?

Also weißt du , wie würdest du denn so eine Tat interpretieren??
das ist dermaßenes Geschwätz..und ein Schlag ins Gesicht für jeden geschundenen Menschen;).. eine solche Tat muss nicht interpretiert werden ;)
Die Erniedrigung die ein Mensch widerfährt, nebst körperlichen Qualen, nebst Beraubung des Urvertrauens, braucht es keiner Lamentiererei, sondern Aufarbeitung und Unterstützung und nicht der Psycholgischen Auseinanderklabüserei.;) wer denn die Schuldfrage oder Unschuldfrage strägt,.
Im Zusammenhang mit Folteropfern kann ich mich an eine Aussage eines amerikanischen Gefängnisinsassen erinnern, der gesagt hatte, die schlimmste Folter sei jeweils die Isolationshaft gewesen. Das heisst, mit sich selbst allein zu sein - in absoluter Sicherheit aber ohne Ablenkungsmöglichkeiten - war schlimmer als irgend eine Folter wie sie in Gefängnissen vorallem zwischen den Gefangenen oft vorkommen.

das ist eine Falschinterpretation, der Mensch denkt er wäre ein Rudeltier, ist er aber nicht, deswegen wird das Alleinsein als * Folter* oder höchst unangenehm empfunden...wenn der Mensch sich darauf konzetrieren würde auf sich selbst, bzw. sich einlassen würde,( und nicht auf gedachte Abhängigkeit zu Anderen)) wäre die Empfindung eine Andere..;)
Anzufügen wäre hier auch noch die Placeboforschung. Es gibt zahlreiche Beispiele die beweisen, dass allein der Glaube man habe ein Schmerzmittel bekommen - auch wenn es nur eine Zuckerpille war - die Schmerzen zum Verschwinden bringen kann.

Wenn man sich all dies durch den Kopf gehen lässt, kann es zuerst sehr schockierend sein, aber letztlich ist es sehr befreiend.

Dieser Vergleich hinkt extrem und ist mit deiner Thematik in gar keinen Einklang zu bringen..

verzeih mir das gerade Wort, das du wahrscheinlich als zu heftig empfinden wirst, aber hey, du hast doch den Schlüssel dazu, damit umzugehen , stimmts??;)

liebe grüße darleen:wave:
 
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