Die ketogene Diät, Atkins-Diät und Fett-Eiweiß-Kost
Bei der Ernährung sind es immer die Übertreibungen, die schaden und den Stoffwechsel überlasten. So lieben Tumorzellen zwar Zucker, können aber auch ohne direkte Glucosezufuhr durchaus glücklich weiterleben. Denn Krebszellen vergären nicht nur Glucose zu Laktat, sondern bauen auch im hohem Umfang Glutamin zu Ammoniak und Milchsäure (Glutaminolyse) ab, um die Aminosäure als Kohlenstoffquelle zu nutzen.
Zudem werden überschüssige Proteine im Stoffwechsel unter Energieaufwand und Ammoniakbelastung zu Glucose umgebaut. Die hohe Laktatbelastung wird um die noch gefährlichere Ammoniakbelastung erweitert (40). Eine Vielzahl von Daten belegt, dass Tumorzellen Glukosetransporter überexprimieren, die ihre halbmaximale Aktivität bereits im niedrigen Glukosebereich um und unter 2mM (18 mg/dl) erreichen (GLUT1, GLUT3). Es ist deshalb gut möglich, dass eine Glukoseabsenkung unter physiologischen Bedingungen nicht ausreicht, um die Glukoseversorgung maligner Zellen zu gefährden (41)(42)(43)(44)(45).
Es wäre naiv zu denken, man könne mit Antibiotika alle pathogenen Bakterien ausrotten oder mit Chemotherapie Krebsstammzellen abtöten. Tatsächlich werden durch beide Maßnahmen gerade die Widerstandsfähigsten selektiert. Ähnliches gilt für jede einseitige Ernährungsmaßnahme. Denn jede Abweichung vom gesunden Gleichgewicht des Stoffwechsels schafft nicht Gesundheit, sondern neue Imbalance.
In zahlreichen epidemiologischen Studie hat sich eine ausgewogene, vollwertige Ernährung mit reichlich Gemüse, Obst, Ballaststoffen und komplexen, langsam verwertbaren Kohlenhydraten als Basis sowie gesunden Fetten und Proteinen (insbesondere Eiweiß-Leinöl-Komplex nach Budwig oder Hochseefisch) als gesund erwiesen. Dies wundert auch nicht, denn die „
artgemäße Ernährung des Menschen“ ist nach allgemeiner ernährungswissenschaftlicher Ansicht (vgl. Elmadfa/Leitzmann, Ernährung des Menschen) „
eine gemischte, jedoch stark überwiegend pflanzliche Kost“. Dies zeigt sich u. a. an der Anatomie des Gebisses, der Enzymausstattung (z. B. keine eigene Vitamin-C-Synthese wie bei Pflanzenfressern, schlechter Harnsäureabbau), der Darmlänge und der Entwicklungsgeschichte.
Eine radikale Ernährungsumstellung auf Eiweiß und Fett hungert auf Dauer weniger den Tumor als den Patienten aus, senkt die Lebensqualität und Stimmung (verminderte Serotoninproduktion) und führt nur zu neuen Problemen im Stoffwechsel. Denn der Kohlenhydratentzug führt häufig zu Heißhunger- und unkontrollierten Essattacken, bei denen wahllos besonders einfache Kohlenhydrate konsumiert werden, die zu hohen Blutzuckerspitzen führen und damit eine regelrechte Tumormast darstellen. Diese maßlose Kompensation und nicht die bewusst genossene Praline füttert den Tumor!
Die ketogene Diät, wie sie ursprünglich zu Beginn der 20-er Jahre zur Therapie medikamentös schwer einstellbarer Epilepsie in der Pädiatrie entwickelt wurde, ist per Definitionem eine fettreiche, kohlenhydrat- und relativ proteinarme, isokalorische Ernährungsform, die nur unter erfahrener Aufsicht erfolgen sollte (45)(46). Bei dieser Diät wird bewusst eine Ketose, bei der die Energiegewinnung über Ketonkörper erfolgt, angestrebt.
Dies gelingt nur unter strenger Kohlenhydrat- und auch Eiweißrestriktion, denn die meisten Aminosäuren sind glucogen und können nach Transaminierung zu den entsprechenden Ketosäuren zur Gluconeogenese genutzt werden.
Ob eine solche Diät einen hemmenden Einfluß auf die Tumorprogression hat, ist weder erwiesen noch von der Hand zu weisen. Wenn jedoch unter einer ketogenen Diät falscherweise verstanden wird, ballaststoffreiche oder vitalstoffreiche Kohlenhyrate zu meiden und sich durch Fett und Fleisch zu ersetzen, erfolgt mehr Schaden als Nutzen. Bei einer eiweißreichen Diät oder als „Low-Carb“-Diät zum Abnehmen liegt in Wirklichkeit keine ketogene Stoffwechsellage vor. Vielmehr entsteht bei der Verstoffwechselung von großen Mengen glucogener Aminosäuren zu Glucose eine beachtlichen Ammoniak-Belastung von Leberstoffwechsel und Nieren.
Die Ammoniakfixierung und -entgiftung ist in hohem Maße energieaufwändig: So werden bei der Aminierung von -Ketoglutarat zu Glutamat 1 Reduktionsäquivalent NADH und bei der Reaktion zu Glutamin, wie auch bei der Transaminierung von Aspartat zu Asparagin, jeweils 1 Mol ATP benötigt. Der Harnstoffzyklus verbraucht pro Mol Ammoniak 3 Mol ATP.
Dies mag die anfänglich rasche Gewichtsabnahme bei proteinreichen Diäten wie der Atkins-Diät erklären – ein kurzfristiger Erfolg, der mittel- und vor allem langfristig mit Störungen des Energie- und Säure-Basen-Haushaltes, Nieren- und Leberbelastung, Nierensteinen, Gelenkbeschwerden, proentzündlicher Stoffwechsellage, mangelnder Belastbarkeit, metabolischem Syndrom und einem erhöhten Risiko für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkauft wird. Denn die Lähmung der mitochondrialen Energiegewinnung durch andauernde Ammoniaküberlastung führt nach einer initialen Überhitzung des Stoffwechsels auf Dauer zum mitochondrialen Burnout.
Diese Zusammenhänge, die z. B. im Ayurveda seit Jahrtausenden bekannt sind, erklären auch die scheinbar widersprüchlichen Studienergebnisse. Studien mit kurzer Laufzeit bescheinigen der proteinreichen Diät Abnehmerfolge und wenig Nebenwirkungen, denn kurzfristig kann auch eine sehr proteinreiche Diät vom gesunden Organismus kompensiert werden.
Quelle:
Dr Jacobs Institut - RegEnergetik/Säure-Basen