Verdacht auf Morbus Wilson
Hallo Stefan,
Er meinte es wäre eher unwahrscheinlich, dass ich MW habe, da in meinem Alter normalerweise schon deutlichere Symptome/Schädigungen auftreten.
Das ist nicht richtig.
Ich hatte in Deinem Alter, Du bist doch erst 29 Jahre, noch absolut keine wilsontypischen Beschwerden. Ich hatte damals noch nie einen Neurologen aufgesucht und ich hatte damals noch fast nie Blutwerte bestimmt bekommen. Meine Leberwerte waren damals super normal (es waren nur ab und an mal GGT und GPT bestimmt worden). Als ich in Deinem Alter war, wäre also kein Mensch auf die Idee gekommen, bei mir MW zu suchen oder eine andere schwerwiegende Krankheit.
Ich weiß von einem anderen MW-Fall, der im Alter von 42 Jahren erst diagnostiziert wurde und der auch nur mäßige diffuse Beschwerden hat, aber ein Leberkupfer von über 400µg.
Das mit dem Alter ist immer das Argument der weniger erfahrenen Ärzte, meine ich, wobei Du ja erst 29 Jahre bist und damit durchaus noch in einem Alter bist, wo MW erst richtig massiv werden kann.
Es gibt einige Abhandlungen, wo auch darauf hingewiesen wird, dass MW auch mal erst später richtig "ausbricht" und ich halte bei MW vieles für möglich, weil ich einfach schon so viel gehört habe, was nicht in das typische Bild passt.
Auf einer Veranstaltung des dt. Wilson-Vereins wies ein Experte darauf hin, dass es Fälle gibt, in denen erst im Alter von 60 Jahren die Diagnose gestellt wird und solche, wo erst mit 80 Jahren MW diagnostiziert wurde.
Auch in dieser Veröffentlichung (ich kann den vollen Wortlaut Dir zumailen wenn ich eine Mail-Adresse von Dir bekomme) geht es um Fälle, in denen die Patienten schon älter sind (Fälle mit Symptomen im Alter von über 40 Jahren):
Unbound MEDLINE | Late-onset Wilson's disease. Journal article_
Late-onset Wilson's disease. [Gastroenterology. 2007] - PubMed Result
2 der Verfasser (Merle und Stremmel) sind von der Uniklinik Heidelberg und federführend ist Prof. Ferenci, Wien, der wohl beste Experte Europas.
So, den Kupfer-Wert im 24h-Urin habe ich nun auch: 29 mikrogramm.
D.h. doch, dass ich MW ausschliessen kann?
Auch dies würde ich nicht bejahen.
Du hast nun 2 Werte, einen deutlich erhöhten und einen hochnormalen.
Zu Deinem neuen 24h-Urinkupfer-Wert:
1. 29 µg ist zwar nicht erhöht, es liegt aber tendenziell hoch. Ab 40µg sagen die Wilson-Ärzte ist ein Wert mw-verdächtig (Der Internist 2005, Seitenzahl weiß ich nicht auswendig, Verfasser bekannte dt. Wilson-Experten und siehe auch hier:
MorbusWilsonEV ).
Es wird immer darauf hingewiesen, dass die Werte stark schwanken können, d. h. wenn der Wert über 40 µg wäre, wäre er schon verdächtig und über 100µg ist man eigentlich ziemlich sicher, dass es MW sein kann (und Dein erster Wert war ja über 100mg)
2. Die Fehlerquote der Labore ist sehr hoch beim Urinkupfer, d. h. es gibt Labore, die können kein Urinkupfer bestimmen.
Waren es bei beiden Werten die gleichen Labore, die die Werte bestimmt haben?
Ich würde sagen, ohne es zu wissen, nein.
Ich ließ vor einigen Monaten einige Tests machen:
Ich sandte aus ein und demselben Sammelurin Proben an mehrere Labore. Die Werte waren bis zum ca. 2,5-fachen unterschiedlich.
Ein weiteres Mal sandte ich einen Sammelurin an 2 Labore, das eine Labor (ein umweltmedizinisches noch dazu) ermittelte
10mal weniger als das andere, von dem ich weiß, dass es korrekte Werte liefert. Also das eine Labor hatte z. B. einen Wert von 300 und das andere einen von 30.
Eines der Labore, die ich testete, schickte mir Ergebnisse von den "Ringversuchen", an denen die Labore zur Qualitätskontrolle teilnahmen. Daraus war zu entnehmen, dass 25 % der teilnehmenden Labore den Test nicht bestanden und das ist ein sehr hoher Prozentsatz.
3. Vor meiner Diagnose hatte ich als Höchstwert knapp 50 µg/24h Urinkupfer. Ich hatte auch einen oder 2 Werte, die unter 30 µg /24 h lagen. Möglicherweise waren die Werte so niedrig, weil die damaligen Labore auch das Urinkupfer falsch ermittelten, schwer zu sagen im nachhinein und ich nahm damals noch in geringer Dosierung Zink ein, weil ich nicht wußte, dass Zink monatelang nachwirkt. Also habe ich auch damit noch das Ergebnis nach unten verfälscht.
Also ich würde mit nur einer Gegenkontrolle bei Dir nicht sagen, dass man Entwarnung geben darf, zumal der erste Wert doch so viel höher war und man nicht weiß, ob das Labor, das bei Dir den 2. Wert ermittelte, dies auch sicher beherrscht.
Ich will Dich nun sicher nicht beeinflussen, aber ich würde, wenn es um mich ginge, noch einige Male die Werte (auch die Blutwerte) kontrollieren lassen, weil es um eine wichtige Entscheidung geht.
Aber das musst Du entscheiden, inwieweit Du noch weitere Werte bestimmen willst.
Gruß
margie
Nachtrag:
Du nahmst noch am 2. 8. 08. Rocephin (Antibiotikum) und ich hatte Dich darauf hingewiesen, dass Rocephin die AP (Alk.Phosphatase) erhöhen kann. Steigt die AP, steigt auch das Zink und Dein unter Rocephin gemessener Zinkwert war erhöht. Ich schrieb Dir, dass ich erwarten würde, dass dann ein neuer Urinkupferwert sicher deutlich niedriger ausfallen wird, als Dein erster deutlich erhöhter Wert. Und so ist es nun auch. Ob dies nun Zufall ist, ob es ein Laborfehler sein kann oder ob es der Einfluss von Rocephin sein kann, keiner wird es genau sagen können.
D. h. ich würde versuchen, die Werte unbeeinflusst nochmals machen.
Wenn es um mich ginge, würde ich die Werte im Abstand von ein paar Wochen noch ein paar Mal sogar machen.
Und selbst wenn man derzeit nichts genaues wird sagen können, so könnte es durchaus sein, dass in einem oder 2 Jahren Du doch auf M Wilson deutlicher zusteuerst, siehe die Literaturangaben oben ...late-onset Wilsons disease.
Evtl. käme man mit einer Leberbiopsie oder dem Gentest weiter....