Hallo Evaluna,
es ist jetzt schon eine Weile her, dass Du nicht mehr geschrieben hast. Ich hoffe, es geht Dir gut und Du hast einen Weg für Dich gefunden.
Ich habe vor vier Jahren bei einem Non Hodgkin Lymphom-Rezidiv die Hochdosis-Chemotherapie abgelehnt. Die mich behandelnden Ärzte prophezeiten mir damals, dass ich wahrscheinlich in ein paar Wochen wieder bei ihnen vor der Tür stehen würde und meine Chancen dann schlechter stünden. Das hat sich zum Glück nicht erfüllt. Mir geht es sehr gut (auch wenn ich mich offziell noch nicht als geheilt bezeichnen darf).
Ich habe damals allerhand Alternativen gemacht. Und wenn ich ehrlich bin: Was mir letzten Endes geholfen hat, weiß ich selbst nicht genau. Auch wenn ich persönlich davon überzeugt bin, kann ich nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, dass es die Alternativen waren, die mir seither ein krebsfreies Leben beschert haben. Theoretisch können es auch die zwei (Vor-)Phasen der Chemotherapie gewesen sein, die ich damals im Krankenhaus bekam.
Ich bin mittlerweile trotz der guten Erfahrungen ein Skeptiker vieler Alternativen geworden. Ich finde, da wird viel zu viel geschluckt und erzählt ohne zu hinterfragen (für manche Menschen sind alternative Therapien wie eine Religion). Außerdem darf und kann ich keine Empfehlungen aussprechen. Ich kann nur berichten, was ich selbst damals unternommen habe. Die verschiedenen Bestandteile der Behandlung waren mit mehreren Ärzten/Therapeuten abgesprochen und auf meinen speziellen Fall zugeschnitten. Ich möchte also vorab meine Meinung betonen, dass jede Form von Therapie - auch die so genannten alternativen - medizinisch begleitet und abgesprochen werden sollten. Sowas auf eigene Faust zu machen, kann auch nach hinten losgehen. Es gibt genug Ärzte, auch Onkologen, die für Alternativen offen sind. Eine medizinische Begleitung zu finden, die den eigenen Vorstellungen entspricht, sollte da kein Problem sein.
Nun zu dem, was ich damals unternommen habe:
* Hochdosierte Vitamin C-Therapie. Das Behandlungskonzept hab ich mit einem Arzt/Professor durchgesprochen, der sich sehr gut damit auskennt. Die Infusionen hab ich mir dann vor Ort bei einem Arzt/Heilpraktiker geben lassen.
* Ebenfalls intravenös wurden mir verabreicht: Zink, Selen und ACC (hab alle drei auch in Tablettenform über die intravenöse Therapie hinaus eingenommen). Unter gleichzeitiger Kontrolle eines Tumormarkers habe ich diese Injektionen (inkl. Vitamin C) über die Wochen/Monate in Dosis und Häufigkeit reduziert. Immer mit Rücksprache mit den behandelnden Ärzten/Therapeuten.
Ich bin ziemlich davon überzeugt, dass die Seleneinnahme irgendwie negativ mit dem Tumormarker korrelierte. Sobald ich das Selen einige Wochen vergessen hatte, schnellte der Marker nach oben. Ein anderer Grund dafür ist aber nicht 100%ig auszuschließen.
Zum Selen siehe auch folgende Stellungnahme des Arztes, den ich damals konsultierte: www.krebstherapien.de/forum/showthread.php?t=20
* Ernährungsumstellung auf die Budwig- bzw. Öl-Eiweiß-Kost inkl. Papayasaft, ELDI-Öl-Einreibung und milchsauer vergorene Säfte. Ich habe die Ernährungsumstellung auch als sehr wichtig empfunden, weil damit ein sehr strikter und strukturierter Tagesablauf verbunden war. Das wiederum gab mir das Gefühl, aktiv zu sein und an meiner Gesundheit zu arbeiten.
* Tägliche Spaziergänge. Die hatte ich mir schon während meiner ersten Chemotherapie angewöhnt. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass sie mir psychisch und physisch sehr geholfen haben.
* Später, als es mir körperlich wieder besser ging: 2-3 mal wöchentlich Sport. Ich glaube Muskeln sind eine sehr, sehr gute Medizin.
* Anfangs ein- bis zweimal täglich warme Natronbäder. Hab die nach einigen Wochen weggelassen und mache die jetzt nur noch sporadisch.
* Psychotherapie, Visualisierungen, Meditation.
* Zeitweise hab ich auch folgende Dinge gemacht: Finnische Bio-Immuntherapie, Homöopathie, Kaffeeeinläufe, Ozon-Eigenbluttherapie, Narbenbehandlungen, Persönlichkeitsinformatik, Hyperthermie. Bin aber skeptisch, ob und inwiefern diese Dinge zu meiner Genesung beigetragen haben. Teils, weil die Anwendungsdauer zu kurz war und teils, weil ich schlicht bisher nicht vom jeweiligen Behandlungskonzept überzeugt bin.
Heute ernähre ich mich hauptsächlich nach der Paleo Diet bzw. Arthur De Vanys New Evolution Diet. Diese Ernährungsumstellung hat mir einen mords Energieschub beschert. Ob diese Ernährungsweise allerdings bei Krebs zu empfehlen ist (viel tierisches Eiweiß), kann ich nicht sagen. Bei einer erneuten Diagnose würde ich vermutlich wieder eher zu einer vegetarischen, vielleicht sogar veganen Kost à la Konz tendieren.
Zur Deiner Frage: Meine Erfahrungen mit alternativen Krebstherapien sind positiv. Aber es ist nicht mehr und nicht weniger als meine persönliche Erfahrung und Interpretation. Was mir letztendlich geholfen hat und was davon vielleicht auch anderen Menschen helfen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Vermutlich würde die Behandlung in jedem speziellen Fall anders aussehen. Bei mir war letztlich auch viel auf die Laborergebnisse (Blut- und Stuhluntersuchungen) abgestimmt. Ohne kompetente Ärzte, Therapeuten und Berater hätte ich das so nicht umsetzen können.
Zuletzt möchte ich noch jemanden erwähnen, der mir sehr geholfen hat : Vor meiner Entscheidung, alternative Therapien zu machen, habe ich Lothar Hirneises Buch Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe gelesen. Anschließend war ich im 3E-Zentrum und habe mich von ihm und seinem Team beraten lassen. Ich weiß, wie brisant das Thema und wie beliebt das Hirneise-Bashing im Internet ist (hier unterscheiden sich viele Skeptiker in ihrer Verschwörungsgeilheit ausnahmsweise mal nicht von vielen Esoterikern). Aber mein ganz persönlicher, wenn auch oberflächlicher Eindruck von ihm ist folgender: Eine integere Persönlichkeit, die ernsthaft daran interessiert war mir zu helfen. Ich bin sicher nicht in allem seiner Meinung, aber ich glaube, wer sich für alternative Krebstherapien interessiert, kommt an seinem Buch nicht vorbei. Außerdem empfinde ich ihn als einen Menschen, der seine Empfehlungen gründlich abwägt.
Ja: ich bin seither Mitglied in seinem Verein und ich erwähne Hirneise immer, wenn mich jemand fragt, was ich bzgl. alternative Therapien unternommen habe. Aber nein: ich möchte keine Werbung für den Verein, das Buch oder die Person machen. Nur in dem Sinne, dass mir der Schund, der teilweise darüber im Internet verfasst wird, zum Halse raushängt, ich daher meinen Beitrag und meine persönliche Erfahrungsschilderung als Gegengewicht dazu betrachte und ich nicht zuletzt sehr von seinen Ratschlägen profitiert habe.
Zu den Scharlatanbehauptungen bzgl alternative Krebstherapie außerdem noch folgendes: Im alternativen Bereich gibt es in der Tat viel Schrott und sicher auch Erstunken- und Erlogenes. Ich habe eine Menge kennengelernt, viele Bücher gewälzt, Kurse und Workshops besucht (auch solche, die mir heute eher peinlich wären) und so manch illustren Vertreter alternativer Konzepte persönlich kennengelernt. Auch hier wieder mein persönlicher Eindruck: Es gibt sicher Scharlatane, aber ein großer Teil sind Menschen, die ernsthaftes Interesse daran haben, anderen zu helfen, Gutes zu tun, und ja, damit auch Geld zu verdienen (seit wann ist das eigentlich verwerflich?). Leider sind darunter aber auch viele, die Ihre Behandlungskonzepte auf tönerne Füße und unbewiesene Behauptungen stellen und sich jeglicher Diskussion verweigern. Anders gesagt: Unter den alternativen Gurus gibt es mMn viele gutherzige Menschen, die aber einfach in ihrem eigenen Saft schmoren und vermutlich keine Ahnung haben, wovon sie eigentlich sprechen Das macht sie im Sinne der Gesundheit vermutlich leider nicht weniger gefährlich als so manchen profitgierigen Scharlatan.
Und noch etwas, was mir wichtig ist: Oft neigen wir dazu, anderen Menschen unseren persönlichen Stempel aufzudrücken - je bedrohlicher die Situation, umso mehr versuchen wir dies. Wenn jemand eine Chemotherapie oder Bestrahlung machen will und davon überzeugt ist,dass das der richtige Weg ist - Herrschaftszeiten! - dann sollten wir dieser Person ihren Weg und ihre Entscheidungsfindung zugestehen. Wir sind doch auch sonst nicht so schnell dabei, jemandem seine Mündigkeit und seinen Menschenverstand abzusprechen. Nur weil man mal irgendein überzeugendes Buch gelesen, gute Erfahrung mit einer alternativen Behandlung gemacht hat oder einen Bekannten kennt, der einen Bekannten kennt, der einen Bekannten kennt, der einen Bekannten kennt, der mit einer alternativen Therapie gesund geworden ist, haben wir nicht das recht, einem anderen Menschen unsere Meinung zu diktieren, solange dieser Mensch im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte ist. Ich spreche aus leidiger Erfahrung: Meine Familie ist heute froh, dass sie mich von meinem (alternativen) Weg nicht abbringen konnte, so sehr sie es auch versucht hat. Und es gibt sicher ebenso viele Familien, die froh sind, ihre Liebsten nicht von Alternativen überzeugt zu haben, weil es eben auch unter schulmedizinischer Behandlung "geklappt" hat.
Wir sollten stets skeptisch sein, auch und gerade unserer eigenen Einstellung gegenüber. Das wollte ich noch loswerden.