Verfassungsklage gegen verkaufsoffenen Sonntag

Themenstarter
Beitritt
19.03.06
Beiträge
9.021
(Berlin) Das Erzbistum Berlin hat gemeinsam mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Verfassungsbeschwerde gegen das vor einem Jahr eingeführte Ladenöffnungsgesetz des Landes Berlin beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

„Mit der Aushöhlung des Sonntagsschutzes, der im Grundgesetz durch Artikel 140 in Aufnahme von Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung verfassungsrechtlich verbürgt ist, verstößt der Berliner Gesetzgeber nach der Überzeugung der Kirchen gegen das Grundgesetz. Da Sonn- und Feiertage durch die Verfassung geschützt sind, kann die Aufhebung des Sonntagsschutzes an bis zu zehn Sonntagen im Jahr durch das Abgeordnetenhaus von Berlin keinen Bestand haben. Besonders eklatant zeigt sich der Verfassungsverstoß daran, daß alle Adventssonntage für die Ladenöffnung frei gegeben werden; daraus ergibt sich, daß im Dezember die Freigabe des Sonntags für den Handel die Regel, sein Schutz dagegen die Ausnahme ist“, heißt es in einer heute veröffentlichen gemeinsamen Erklärung.

Die Absicht, den Schutz der Sonn- und Feiertage wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen, kann für die Kirchen nicht hingenommen werden. Die Verfassung sieht dies ausdrücklich nicht vor.

Ich weiß nicht, wie es Euch geht. Ich jedenfalls wünsche den Kirchen viel Erfolg!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Ich weiss nicht was die Aufregung soll. Der Sonntag ist doch der Tag des Herrn, und ihm wird Sonntags bekanntlich gehuldigt, zumindest von den Gläubigen. Die paar Konsumverweigerer lass'mer mal aussen vor.

Nun, es wird wohl kaum jemanden verwundern, dass der Herr des Kauftempels vielen näher ist als der Herr der Himmel. Also wird im Einkaufstempel kompensiert, wenn im anderen nix mehr geboten wird, das die Seele nährt.

Somit ändert sich nix daran, dass der Sonntag der Tag des Herrn ist.
:hexe:
 
Also mir persönlich ist es absolut egal ob die Geschäfte Sonntags offen sind oder nicht, heutzutage sind viele Supermärkte so lange offen, dass sich wirklich für jeden einen passenden Zeitpunkt zum einkaufen finden sollte.
Auf der anderen Seite, von wegen "Tag des Herrn" - wer fragt denn z.B. einen Koch ober er sonntags arbeiten möchte, oder einen Arzt, Krankenschwester oder die Lokführer??? Glaubt jemand wirklich ein Kirchenmann geht deshalb Sonntags nie Essen, nie zum Arzt oder fährt nie Zug???
Und wie sieht es aus mit den Menschen die konfessionslos sind? Dürfen die einkaufen gehen ohne, dass die Kirche es falsch findet?

Fragen über Fragen! Meiner Meinung nach sollte jeder Geschäftsinhaber selbst entscheiden dürfen wann und wie lange er seinen Laden öffnet. Für manche könnte es sich durchaus lohnen rund um die Uhr zu öffnen, und was ist daran bitte falsch?


LG

Heather
 
Hallo Phil

Nun, es wird wohl kaum jemanden verwundern, dass der Herr des Kauftempels vielen näher ist als der Herr der Himmel. Also wird im Einkaufstempel kompensiert, wenn im anderen nix mehr geboten wird, das die Seele nährt.

Somit ändert sich nix daran, dass der Sonntag der Tag des Herrn ist.

Feine messerscharfe Analyse die ins schwarze trifft, mit einer hübschen Prise humor/ironie
 
Hallo Heather

Für manche könnte es sich durchaus lohnen rund um die Uhr zu öffnen, und was ist daran bitte falsch?Weil duiejenigen die Arbeiten Menschen sind, Mütter und Väter zB, deren Kinder Sonntags zu hause sind, entweder mit den Eltern, oder eben alleine weil sie arbeiten müssen. Ausserdem weil dann Angestellte die nicht Sonntags arbeiten möchten, aus obigen Gründen oder weil sie "den tag des Herrn" halten möchten, gezwungen sind es trotrzdem zu tun.
Natürlich gibt es wichtigers wie zB das Leben, weshalb eine Krankenschwester u.a. halt auch Sonntags arbeiten müssen. Aber es ist nicht lebenswichtig das man Sonntags einkaufen muss.
 
Hi Beat!

Ich verstehe Deine Beweggründe durchaus und habe auch volles Verständnis für die Allgemeinheit. Und das mit den Ärzten kann ich durchaus noch verstehen, aber muss es z.B. sein, dass man Sonntags essen geht, wer fragt denn nach den Mitarbeitern in der Gastronomie? Mein Mann arbeitet auch mindestens jedes zweites Wochenende. Und auch unsere Kinder sind dann zuhause und hätten gerne ihren Paps bei sich. Unser "Großer" hat ihn am Montag zum letzten Mal gesehen und sieht ihn wegen der Arbeitszeiten erst wieder am Samstag! Und letzte Woche war es kaum anders. Aber für uns gehört das einfach zum Alltag, und glaube mir, man gewöhnt sich an alles.
Ich muss Sonntags auch nicht einkaufen können, keine Frage. Aber von meinen genannten Berufsgruppen, die selbst teilweise rund um die Uhr arbeiten wäre das vielleicht doch interessant. Und man kann sie kaum verurteilen, wenn sie schon so seltsam arbeiten müssen - oder?


LG

Heather
 
Hallo Heather

aber muss es z.B. sein, dass man Sonntags essen geht, wer fragt denn nach den Mitarbeitern in der Gastronomie?
Denke Deine frage ist mehr als berechtigt. Zumindest wussten das Gastronomiepersonal als sie diesen Beruf einschlugen, das dies da üblich ist. Beim Verkaufspersonal war es aber meist nicht so.

Und auch unsere Kinder sind dann zuhause und hätten gerne ihren Paps bei sich. Unser "Großer" hat ihn am Montag zum letzten Mal gesehen und sieht ihn wegen der Arbeitszeiten erst wieder am Samstag! Und letzte Woche war es kaum anders. Aber für uns gehört das einfach zum Alltag, und glaube mir, man gewöhnt sich an alles.
Da kennst du ja die Problematik in der Praxis besser als ich. Ja, man gewöhnt sich daran, aber daran gewöhnen heisst ja nicht das es gut ist.

Aber von meinen genannten Berufsgruppen, die selbst teilweise rund um die Uhr arbeiten wäre das vielleicht doch interessant.
Klar, das wäre es. Aber damit würde man ein Problem mit einem anderen Problem lösen.
Abendverkäufe würden dieses Problem lösen, ohne ein neues zu schaffen.

Und man kann sie kaum verurteilen, wenn sie schon so seltsam arbeiten müssen - oder?
Das wäre wirklich der Gipfel, diese Leute noch zu verurteilen. Diejenigen leute tragen ja viele Nachteile, damit wir sicher am Leben etc bleiben (wie Spitalpersonal) oder nur damit wir es einfacher haben unorganisiert zu sein und so zB einfach einkaufen können, wenn es gerade so passt.
 
Auf ein Wort
Endlich - einkaufen an Adventssonntagen

Es wurde Zeit. So konnte es einfach nicht weitergehen. Diese unerträglich langweiligen, diese furchtbar ruhigen Sonntage, an denen nichts passiert. Lähmende Ruhe überall. Gerade im Dezember, in dieser ohnehin bedrückenden Zeit, in der alle Menschen auf Adventskränze mit brennenden Kerzen starren, in der man niemanden besuchen kann, ohne irgendwelches vorweihnachtliches Gebäck essen zu müssen. Diese Sonntage im Dezember - diese Stimmungskiller, diese endlosen Stunden, die man zu Hause herumsitzt, weil man nicht weiß, was man bei diesem grauen Wetter tun soll. Für Spaziergänge ist es zu kalt und zu nass, Treffen mit Freunden sind auch nicht möglich, da alle in Familie machen. Und doch nur über Weihnachten, seine Rituale und Geschenke reden.
Doch damit ist nun Schluss. Jetzt kann ich endlich in die Stadt rasen und mich vom Kaufrausch mitreißen lassen. Es ist ja auch unlogisch, dass gerade dann, wenn man Geschenke kaufen will, die Läden geschlossen sind. Bislang war das einfach ein Riesenstress. Es reicht eben nicht, wenn die Läden wochentags bis acht und am Sonnabend gar nur bis vier oder allenfalls sechs Uhr geöffnet sind. Das wird doch wohl jeder einsehen.

In anderen Ländern ist man da schon viel weiter. Die Japaner zum Beispiel, die haben den Sonntag zum Haupteinkaufstag gemacht. Nicht nur vor Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. Da geht die Familie in die Stadt, in die wirklich großen Konsumtempel und kauft, kauft ein, dass die Warenhäuser aus allen Nähten platzen und die Konjunktur brummt. Da ist richtig was los in den Innenstädten und Einkaufszentren. Und abends kommen alle erschöpft mit vollen Tüten nach Hause.
Das ist ja wohl der Sinn des Sonntags, oder? ODER?

Können wir noch etwas damit anfangen, dass Kaiser Konstantin der Große im vierten Jahrhundert nach Christi die 'Sonntagsruhe' eingeführt hat? Die Menschen sollten Gelegenheit haben, den Gottesdienst zu besuchen und darüber hinaus Zeit für Gebet und religiöse Besinnung. Wäre es denn vorstellbar, dass wir auch mal nicht in den Kategorien Konsum, Ablenkung, Wirtschaftsankurbelung denken, sondern daran, wozu ein Sonntag auch gut sein könnte? Nicht zum kaufen-kaufen-kaufen, sondern für Ruhe, Muße, für Nachdenklichkeit, ein Gespräch, ein Treffen mit Freunden. Ein Tag, der anders ist als all die anderen, was man schon an der größeren Ruhe auf den Straßen merkt. Ein Tag, der der Verlangsamung des sonst so hohen Tempos dient, der gestaltet werden muss, an dem der Lebensüberdruss nicht in Konsum ertränkt wird - einen solchen Tag sollten wir uns gönnen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass die Kirchen Erfolg haben mit ihrer Klage. Der Einzelhandel in Berlin und anderswo wird es verkraften können. Und übrigens: Weihnachtsgeschenke gibt es bis zum 24. Dezember an sechs Tagen in der Woche.

Autor: Torsten Huhn

Stand: 13.11.2007 00:00 Uhr

NDR Info - Programm - Sendungen
 
Oben