Auf ein Wort
Endlich - einkaufen an Adventssonntagen
Es wurde Zeit. So konnte es einfach nicht weitergehen. Diese unerträglich langweiligen, diese furchtbar ruhigen Sonntage, an denen nichts passiert. Lähmende Ruhe überall. Gerade im Dezember, in dieser ohnehin bedrückenden Zeit, in der alle Menschen auf Adventskränze mit brennenden Kerzen starren, in der man niemanden besuchen kann, ohne irgendwelches vorweihnachtliches Gebäck essen zu müssen. Diese Sonntage im Dezember - diese Stimmungskiller, diese endlosen Stunden, die man zu Hause herumsitzt, weil man nicht weiß, was man bei diesem grauen Wetter tun soll. Für Spaziergänge ist es zu kalt und zu nass, Treffen mit Freunden sind auch nicht möglich, da alle in Familie machen. Und doch nur über Weihnachten, seine Rituale und Geschenke reden.
Doch damit ist nun Schluss. Jetzt kann ich endlich in die Stadt rasen und mich vom Kaufrausch mitreißen lassen. Es ist ja auch unlogisch, dass gerade dann, wenn man Geschenke kaufen will, die Läden geschlossen sind. Bislang war das einfach ein Riesenstress. Es reicht eben nicht, wenn die Läden wochentags bis acht und am Sonnabend gar nur bis vier oder allenfalls sechs Uhr geöffnet sind. Das wird doch wohl jeder einsehen.
In anderen Ländern ist man da schon viel weiter. Die Japaner zum Beispiel, die haben den Sonntag zum Haupteinkaufstag gemacht. Nicht nur vor Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. Da geht die Familie in die Stadt, in die wirklich großen Konsumtempel und kauft, kauft ein, dass die Warenhäuser aus allen Nähten platzen und die Konjunktur brummt. Da ist richtig was los in den Innenstädten und Einkaufszentren. Und abends kommen alle erschöpft mit vollen Tüten nach Hause.
Das ist ja wohl der Sinn des Sonntags, oder? ODER?
Können wir noch etwas damit anfangen, dass Kaiser Konstantin der Große im vierten Jahrhundert nach Christi die 'Sonntagsruhe' eingeführt hat? Die Menschen sollten Gelegenheit haben, den Gottesdienst zu besuchen und darüber hinaus Zeit für Gebet und religiöse Besinnung. Wäre es denn vorstellbar, dass wir auch mal nicht in den Kategorien Konsum, Ablenkung, Wirtschaftsankurbelung denken, sondern daran, wozu ein Sonntag auch gut sein könnte? Nicht zum kaufen-kaufen-kaufen, sondern für Ruhe, Muße, für Nachdenklichkeit, ein Gespräch, ein Treffen mit Freunden. Ein Tag, der anders ist als all die anderen, was man schon an der größeren Ruhe auf den Straßen merkt. Ein Tag, der der Verlangsamung des sonst so hohen Tempos dient, der gestaltet werden muss, an dem der Lebensüberdruss nicht in Konsum ertränkt wird - einen solchen Tag sollten wir uns gönnen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass die Kirchen Erfolg haben mit ihrer Klage. Der Einzelhandel in Berlin und anderswo wird es verkraften können. Und übrigens: Weihnachtsgeschenke gibt es bis zum 24. Dezember an sechs Tagen in der Woche.
Autor: Torsten Huhn
Stand: 13.11.2007 00:00 Uhr
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