Liebe dedizione
Ich vermute, dass wir doch dasselbe meinen, ziemlich sicher sehr Ähnliches.
bei mir ist es so, dass ich eben sehr lange Zeit brauche, um überhaupt zu erkennen, was ich da wahrnehme, ob das von mir ist (also ein eigenes GEfühl) oder ein Gefühl von jemandem anderen.
Das ist für mich das größte Hindernis bei der Angelegenheit. Dieser Wirrwarr, und nicht zu wissen: Kommt das jetzt von mir, aus mir, oder handelt es sich um ein Gefühl von jemandem anderen.
Bei mir war es oft genau so, wie du es beschreibst. Das heisst, ich war in miesen Gefühlen, hatte keine Ahnung isses meins, isses nicht meins. - Und ich hätte meine Art der Wahrnehmung auf den Mond schiessen können.
Einmal war ich im Zug plötzlich tieftraurig. - Es war ein AHA-Erlebnis. - Ich spürte, dass ich tieftraurig war, urplötzlich, obwohl ich vorher ziemlich glücklich und zufrieden war - und ich wusste nicht weshalb ich plötzlich traurig war. Da sah ich in einem Abteil schräg hinter mir eine Frau, die offensichtlich tieftraurig war. - Und plitsch, wusste ich, dass das ihr Gefühl war. ... Das war eine Schlüsselerfahrung für mich. Ich weiss nicht, was da in mir passierte, aber ich habe da irgendwie unbewusst einen Unterschied rausgekriegt.
Ab da wusste ich DEFINITV, dass nicht alle Gefühle meine sind, die ich fühle. Ganz sicher traute ich mir da noch nicht, obwohl ich es doch spürte. (Wirrwarr eben...) Sicher zum Teil wusste ich es schon vorher, weil ich oft wusste, wie sich andere Menschen fühlen, bevor sie es selber wussten. Damit brachte ich einige meiner Mitmenschen fast an den Rand, weil ich oft "ihre Gedanken und Gefühle lesen konnte". Aber das ist ein anderes Thema.
Ab dieser Situation im Zug war ich sehr achtsam darauf, zu lernen, ob ein Gefühl meins ist oder nicht. - Mit der Zeit lernte ich sie besser zu unterscheiden. Das war mal ein riesiger Schritt aus dem Gefühlewirrwar heraus.
Dann war ich aber überfordert, erstens vom Umgang mit den eigenen Gefühlen. Die lernte ich über Jahre immer besser zu fühlen. - Dann war ich natürlich auch überfordert von den Gefühlen der anderen Menschen, und auch von der Wahrnehmung ihrer Bedürfnisse (auch hier hatte ich einen brutalen Wirrwarr. Hier bin ich im Moment sehr am Lernen.) Da hab ich sowas Ähnliches wie du mit dem "Fremdgesteuertsein".
Irgendwann lernte ich, dass ich IMMER am besten fühle - und nicht versuche wegzudrücken, was ich da spüre, mich aber auch nicht reinflutschen zu lassen. Sozusagen einen inneren Balancepunkt zu finden, wo ich fühle, aber nicht überflutet werde.
Das konnte ich zuerst immer mehr bei eigenen Gefühlen. Irgendwann einmal, als ich nachts nichts schlafen konnte, weil mich Gefühle bedrängten, merkte ich wieder, dass es sich um eine Gefühl von einem anderen Menschen handelte. Aber es bedrängte mich immer noch. - Da liess ich es intuitiv zu, wie ich es gelernt hatte, mehr und mehr mit den eigenen zu tun. - Und... als ich es fühlte, "ging es wie von allein gefühlsmässig wieder zu diesem Menschen zurück". - Mir ist es echt egal, ob das stimmt, wenn es mir wohler wird damit. Auf jeden Fall hat bei mir das Unterscheiden von fremden und eigenen Gefühlen sehr gebessert, je besser ich Gefühle überhaupt fühlen kann, resp. zulassen, dass ich sie fühle. Ich hatte riesige Ängste vor dem Fühlen, weil ich ja meistens wenn ich was fühlte, die Bedürfnisse von anderen erfüllen musste...
Aber ganz sicher, ich war jahrzehntelang in einem Gefühlswirrwarr, den ich ähnlich beschreiben würde, wie du den deinen beschreibst. Und ich fühlte mich dem sehr, sehr lange ausgeliefert. Zum Glück habe ich eine weitere Veranlagung: Ich habe eine gute und differenzierte Selbstwahrnehmung, auch körperlich. - Und Gefühle und Emotionen fühlt man/frau ja im Körper. Das hat mit den Neuropeptiden zu tun...
Mir ist es auch so gegangen, dass ich erst später merkte, das ist nicht mein eigenes Gefühl. Aber damals, als ich nachts im Bett lag und das merkte mit dem Gefühl dieses anderen Menschen, merkte ich auch, dass ich weniger Angst vor dem Fühlen der Gefühle der anderen Menschen haben kann, wenn ich weiss, wie ich damit umgehen kann. Das erleichterte mich sehr. - Aber ich habe immer noch, wenn auch weniger oft, einen Gefühlewirrwarr. - Nur geht es immer schneller mit dem Merken, isses meins oder nicht. - Manchmal habe ich immer noch ein paar Tage... - Aber je "schneller ich die Gefühle fühle", desto schneller weiss ich, isses meins oder nicht.
Und das macht mich relativ handlungsunfähig. Denn ich muss immer erst warten, sozusagen über etwas tagelang "drüber schlafen", und wenn sich dann meine Gefühle nicht verändert haben, dann kann ich mir sicher sein: Ja, das, was ich fühle, ist von mir.
Hmmm... mittlerweile weiss ich oft intuitiv, ob es meins ist oder nicht - auch einfach aus der Situation heraus... Manchmal ist es meins als erwachsene Frau, manchmal ein "Innerkindanteil" (die kann ich besser unterscheiden) und manchmal eben ein Gefühl eines Mitmenschen. - Ich würde dir gerne rüberbeamen, dass es dir auch einfacher geht. Bei mir hat es aber wirklich sehr lange gedauert - und ich bin immer noch dran.
Mir hilft auch EFT. Da kann ich das Gefühl klopfen und sagen dieses Gefühl, von dem ich nicht weiss, ob es meins ist oder nicht... - Das funktioniert recht gut, nicht immer, aber wenigstens ab und zu.
es ging mir um diesen ganz speziellen "Inneren-Kind-Anteil" der Gefühlswahrnehumg und weitergehend, Anpassung, an andere Personen.
Das habe ich ziemlich genau so verstanden.
Noch weitergehend, Unterordnung unter andere Person, Ausführen des Willens der anderen Personen, das Fremdgesteuert-Sein, was sich ja daraus automatisch ergibt, wenn man sich selbst nicht so spürt, aber immer die anderen, und deren Gefühle auch schnell übernimmt, ohne es zu merken. Das ist mehr als unschön, das ist schädlich.
Ich habe wie du sehr schlimmen emotionalen und körperlichen (sexuellen) Missbrauch erlebt - und vermute (selbstverständlich bin ich nicht 100% sicher, dass kann ich nicht sein...), dass wir als Kind, wie viele andere Missbrauchsopfer ähnliche Bewältigungsstrategien und Verhaltensmuster aufgebaut haben. - Mittlerweile weiss ich, dass ich ein Opfer WAR, jetzt bin ich keins mehr - oder ich merke und kann handeln - Manchmal wie du erst Tage später... - und es ist kein Handeln in dieser Situation mehr möglich. Dann geht es mir sehr schlecht. - Aber ich kann immer achtsamer werden auf die Anzeichen, auf die ganz subtilen. Da habe ich ja zum Glück meine sehr hoch Körperselbstwahrnehmung. Diese Muster gehen wirklich unglaublich schnell, innerhalb von Bruchteilen von Sekunden, völlig ausserhalb des Bewusstsein. - Auf jeden Fall in meiner Wahrnehmung. Wie's für dich ist, weiss ich nicht.
Für mich hat es auch viel gebracht, zu akzeptieren, dass ich so bin, dass ich so wahrnehme. Die Schwierigkeiten, die ich damit habe (vor allem hatte) genügen. Ich muss mich nicht noch fertig machen deswegen. - Und es ist tatsächlich auch eine Ressource.
Liebe Grüsse, fauna