Lieber benje
Wie seine geistige Gesundheit wiederfinden, wenn man der Wahrheit beraubt ist?
Die wahrheit der eigenen vergangenheit und der tatsache, opfer gewesen zu sein. allerortens wird nur vermittelt, du darfst nicht opfer sein, du stellst dich selbst in die rolle des opfers, du bist selbst an deinem leiden schuld.
das unrecht wird nicht benannt, darf nicht benannt werden. Warum nicht? für wen ist es wirklich gefährlich? Für die opfer oder für die täter? wer darf das unrecht benennen, wenn es die opfer selber nicht dürfen, da sie dadurch in ihrer opferrolle verharren?
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Zu deiner Frage, wie man die geistige Gesundheit finden kann, wenn man der Wahrheit beraubt ist und die Taten, die dazu geführt haben, dass man - ich nehme an - "geistig" - krank ist, nicht benennen darf, habe ich ein paar Fragen, damit ich dich und das was du möchtest verstehen kann.
Geht es um dich selbst oder um jemanden anders?
Wenn es um dich selbst geht, wo und wem gegenüber hast du dich geäussert?
Waren es Freunde, therapeutisch Tätige oder Familienangehörige, die allenfalls in das Muster involviert sind, an dem du leidest?
Was von all dem, was dir gesagt wurde, hast du ausprobiert? Was hat ein wenig geholfen?
Wenn ich dich lese, und mir vorstelle, ich wäre das, von dem du schreibst, würde ich Wut fühlen - grosse Wut sogar.
Falls du die betroffene Person bist, bist du tatsächlich wütend? Und kannst du selber deine Wut anerkennen? - Was hättest du gerne anstelle dessen, was du erlebst?
Möchtest du jemanden, der dich anhört und anerkennt, was du erlebt hast? oder möchtest du etwas anderes? Was?
Selber bin ich ehemaliges Opfer einer ganz schlimmen Kindheit mit Missbrauch und vielem anderem. Die Erfahrung, dass Leute mich nicht anhören können, kenne ich auch. - Sehr sogar! - Ich habe lernen müssen, genau zu prüfen und vorsichtig zu sein, wem ich mich anvertraue - und wem ganz sicher nicht. - Das hat sich bei mir bewährt. Mittlerweile habe ich 2 Menschen gefunden, die mich mit meinen Erfahrungen ernst nehmen. - Das hat mir sehr geholfen, auch in Anwesenheit von anderen, die das nicht können, an mich zu glauben. - Dank diesen beiden Beziehungen bin ich aus der grauenhaften Symptomatik einer komplexen, chronisch verlaufenden PTBS rausgekommen. - Es ist für mich die beste Erfahrung, die ich habe machen können in meinem Leben. Es ist für mich wie eine psychische Geburt in fortgeschrittenem Alter.
Eine Beziehung ist mein Partner, die andere ein menschlich und fachlich versierter Therapeut. Vor dieser Therapie machte ich schon mehrere Versuche und in denen auch die Erfahrung, dass auch Fachpersonen im Therapie-Bereich Erfahrungen verunglimpfen. - Das war sehr schwierig. Aber jetzt, in dieser therapeutischen Beziehung bin ich vorwärts gekommen und konnte ich mich Schritt für Schritt entscheiden, Vertrauen aufzubauen zu einer Fachperson, die verlässlich war.
Wie immer das auch bei dir ist, ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du auch eine solch Erfahrung machen darfst. (Wobei ich ergänzen muss, dass ich in dieser aktuellen Therapie durch absolute innere Abgründe gehen musste und mich enormem innerem Schmerz stellen musste. - Doch die Beziehung war so sicher, dass es klappte. Und es brauchte immer wieder enormen Mut, Konsequenz und Ausdauer.)
Liebe Grüsse, fauna