Hallo ach87,
wenn Du bei Prof. Ferenci bist, hast Du Glück. Ich gehe davon aus, dass er in Österreich der beste Mann ist, was M. Wilson angeht. Ich glaube nicht, dass die deutschen Wilson-Ärzte besser sind oder sein müssen bzw. mind. ein Wilson-Arzt, den ich kenne, würde ich für schlechter halten (ich schreibe bewußt "mind.", d. h. es könnten auch mehr sein).
Ich hatte Prof. Ferenci noch vor meiner Leberbiopsie angeschrieben, weil ich gehört hatte, dass er den Gentest macht. Er hat schon damals die Vermutung geäußert, dass ich M. Wilson haben könnte und das hat mich bestärkt, die Leberbiopsie machen zu lassen. Er hatte mir angeboten, den Gentest im Rahmen seiner Studie über M. Wilson zu machen und natürlich habe ich dies dort machen lassen.
Also mein Eindruck ist, dass er sehr kompetent.
Wenn Wien nicht so weit von meinem Wohnort entfernt wäre (über 800 km einfach) dann wäre ich auch schon dorthin gefahren.
G. Brewer schreibt zwar, dass das Kupfer über 50µg liegen muss, aber auch G. Brewer hat in einer seiner Veröffentlichung geschrieben, dass man, wenn die anderen Laborwerte den Wilson-Verdacht nicht ausräumen, auf jeden Fall die Leberbiopsie machen soll. Also bei Dir sind das Kupfer und das Coeruloplasmin so auffällig, dass ich das nur einmal bestimmte Urinkupfer noch nicht als Entwarnung sehen würde.
Wenn Du dazu noch Bluthochdruck hast, könnte es sein, dass bei Dir auch der Wasserhaushalt nicht richtig funktioniert. Also wenn ich schon mal hohen Blutdruck hatte, konnte ich viel weniger Wasser lassen und wenn das Wasser im Körper verbleibt, dann ist natürlich das Urinkupfer an diesem Tag niedriger.
Ich machte mal an 2 auffeinanderfolgenden Tagen einen Sammelurin und ließ das Kupfer bestimmen. Der Wert am 2. Tag war über doppelt so hoch wie der Wert am ersten Tag hinsichtlich des Urinkupfers. Und bei mir habe ich beobachtet, dass an heißen Tagen ich weniger Urin ausscheide als an kühleren Tagen. Damit schwankt natürlich auch die Kupferausscheidung.
Auch jetzt unter Trientine/Zink habe ich Kupferausscheidungen, die sind zum Teil doppelt so hoch wie die vorangegangen Urinkupferwerte.
Ich weiß von einem Fall im dt. Wilson-Forum, da hatte ein Wilson-Patient auch geschrieben, dass er beim Urinkupfer ohne Chelatbildner auch keine erhöhten Werte hatte und als er dann den Penicillamin-Test machte, da hatte er eine sehr sehr hohe Kupferausscheidung und deshalb wurde bei ihm dennoch der Wilson diagnostiziert.
Also nochmals zum Urinsammeln:
Wenn Du einen 24h- Urin machst, musst Du am ersten Tag den Morgenurin in die Toilette geben, Dir diese Zeit merken/notieren und ab dann musst Du jeden Urin der nächsten 24 h in das Sammelgefäß geben. Und am nächsten Morgen zur gleichen Zeit wie am Vortag den Morgenurin mit in das Gefäß geben. Und ganz wichtig ist, dass man die Sammelmenge von den 24 h notiert.
Dies gilt für alle 24h-Sammlungen, egal ob Calcium, Kupfer, Zink, etc. Die Labore haben für wohl alle Stoffe, die man mit dem Urin ausscheidet, Normwerte für 24 h. Wenn man nur einmal in den 24 h vergißt, den Urin aufzufangen, dann sollte man am besten die Sammlung abbrechen und am nächsten Tag nochmals beginnen, denn die Ausscheidung von Kupfer, etc. schwankt natürlich auch innerhalb von 24h und man kann dann nicht einfach etwas dazu schätzen.
Ja, dass Dir Dein Hausarzt Kupfertabletten gegeben hat, das zeigt, wie wenig Ahnung er vom Kupferstoffwechsel hat. Ich habe früher auch mal die sog. Biometalle mit Kupfer eingenommen, nachdem bei mir der Kupferwert damals auch so niedrig war. Ja und ich bin sicher, dass dies sehr oft vorkommt, weil kaum ein Mensch ahnt, dass ein niedriges Serumkupfer keinen Kupfermangel darstellen muss.
Auch bei mir wurde die Sehnerventzündung anhand der schlechten VEP-Ergebnisse diagnostiziert.
Wenn das Ferritin höher ist als sonst, würde dies auch zu einer Infektion passen. Ferritin ist wie Coeruloplasmin und wie CRP ein sog. akute-Phase-Protein und es steigt an, wenn man einen Infekt hat.
Du schreibst, dass Bili erhöht ist. Ist auch die LDH erhöht? Und sind die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) niedrig oder ist das Hb niedrig?
Wurde evtl. auch Haptoglobin bestimmt?
Wenn das Haptoglobin erniedrigt ist oder niedrig und noch dazu gleichzeitig das Bili erhöht ist, könnte dies auf eine chronische Hämolyse hindeuten. Allerdings ist auch Haptoglobin ein akute-Phase-Protein und es kann daher bei Infekten höher als ohne Infekt sein.
Zu den MRT-Bildern des Gehirns:
"Normale" Radiologen, also Radiologen, die auf Wilson nicht spezialisiert sind, erkennen die wilsontypischen Veränderungen nicht unbedingt. So war es bei mir. Ich hatte seit 1999 mind. 5 MRT des Gehirns und kein Radiologe hat einen Wilson-Verdacht geäußert. Es wurde zwar geschrieben, dass die Weite meiner Seitenventrikel an der oberen Normgrenze liegen würde (und heute weiß ich, dass man beim Wilson eine Aufweitung des Ventrikelsystems haben kann).
Erst Neurologen haben dann in diesen MRT-Bildern wilsontypische Veränderungen gefunden. Zwei Neurologen waren Wilson-Experten und ein Dritter kannte sich sehr gut mit MRT-Aufnahmen aus, ohne Wilson-Experte zu sein. Aber alle 3 sahen wilsontypische Veränderungen, wenngleich der eine meinte, dass er schon schlimmere MRT-Veränderungen gesehen habe.
Ach, was mir noch einfällt:
Wurde bei Dir der sog. Kayser-Fleischer-Ring schon im Auge gesucht? Du weißt sicher, dass dieser Ring auf Wilson stark hindeutet. Aber nur ein guter Augenarzt kann so etwas feststellen.
Ich habe den Eindruck, dass nicht alle Augenärzte wissen, wie er aussieht. Ich war da bei einer Augenärztin, die hat den Ring in der Augenmitte gesucht, also nicht da, wo er sein müßte.
Die AP ist mit 98 bei Dir relativ hoch. Aber auch dieser Wert kann schwanken und solange die AP im Normbereich liegt, dürfte eine Cholestase ausgeschlossen sein.
Prof. Ferenci kennt sich da aber gut aus und wird sicher auch in diese Richtung bei Dir denken, wenn er Anhaltspunkte dafür haben sollte.
Ja, ob die Leberbiopsie ein eindeutiges Ergebnis bringen wird, weiß man vorher nie. Mein Ergebnis war beim Kupfer 270µg/g Trockengewicht der Leber, das war auch nicht extrem hoch (andererseits ist man ja auch froh, wenn der Wert nicht gar zu hoch ist). Prof. Ferenci schrieb mir damals, dass er bei 270µg von einem Wilson ausgehen würde. Ich weiß von Patienten, deren Leberkupfer war nur bei ca. 150 µg und die werden auch auf M. Wilson behandelt, weil sie offenbar einen eindeutigen neurologischen Wilson haben. Aus heutiger Sicht würde ich vor der Therapie bei nicht eindeutigen Werten noch eine 2. Leberbiopsie machen lassen, denn das Kupfer in der Leber ist nicht an allen Stellen gleich hoch und man hätte bei 2 Biopsien einfach mehr Sicherheit.
Ja, es würde mich freuen, wenn ich erfahren könnte, wie es bei Dir weitergeht. Ich sehe durchaus ein paar Parallelen zwischen Deinem und meinem Fall.
Übrigens: Meine Vorfahren väterlicherseits stammen aus der Gegend von Wien. Es soll ja Gendefekte beim M. Wilson geben, die in bestimmten Regionen besonders verbreitet sind, so dass evtl. einer meiner Gendefekte von dem Vorfahr aus dem Raum Wien stammt (jedenfalls bin ich mir sicher, dass in der Linie meines Vaters und dessen Vaters ein Gendefekt auf Wilson vorhanden sein muss, denn 2 (schwer nervenkranke) Cousinen meines Vaters scheinen auch den Wilson zu haben, werden aber darauf nicht behandelt - habe den Angehörigen meine Vermutung schon gesagt, bezweifle aber, dass die etwas unternehmen und ebenso könnte ein Onkel meines Vater einen Wilson gehabt haben).
Wünsche Dir alles Gute und versuche, Dich nicht aufzuregen. Denke, dass es viel viel schlimmere Krankheiten gibt, als einen M. Wilson und ein gut behandelter Wilson führt nicht zu einer Einschränkung der Lebensweise (vom pünktlichen Tabletteneinnehmen mal abgesehen, aber an das kann man sich gewöhnen).
Gruß
margie