Leben oder Tod?

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03.06.10
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Ich bin mir im Moment völlig unsicher, ob ich euch mein Problem anvertrauen soll oder nicht..

"Leben oder Tod?

Eigentlich geht es überhaupt nicht um mich, sondern um meine beste Freundin! Zwischen uns ist ein Band entstanden, dass ich noch nie bei einer Kollegin verspürt habe, nicht etwa auf sexueller Ebene, nein, eher im Bereich des Vertrauens und des Zusammenhalts. Sie ist nebst meinem Freund die einzige, bei der ich all meine Sorgen und Probleme sagen kann und auf Verständnis und Hilfe stosse. Wir gehen zusammen in dieselbe Schule, haben denselben Freundeskreis und dieselben Interessen.

Wenn man diese Zeilen liest, sollte man doch eigentlich denken, dass alles super läuft oder?!?

Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob es das richtige ist hier mein Problem zu schildern, da es ja nicht um mich selbst geht, aber ich weiss halt einfach nicht wie weiter. Ja selbst meine Psychologin kann mir nicht wirklich helfen...

Vor etwa drei Wochen gingen wir mit unseren Kollegen nach Bern feiern. Am Anfang war die Stimmung wirklich super. Die Stimmung war ausgelassen, natürlich floss der Alkohol und wir wurden allmählich zu einer "lustigen" Truppe! Plötzlich war meine beste Freunden und ihr Freund verschwunden. Am Anfang fand ich die Vorstellung, dass sich die zwei für ein Schäferstündchen zurückgezogen hatten auch noch lustig, und scherzte mit.
Doch als die Beiden nach einer Stunde noch immer nicht zurück waren, machte ich mir langsam Sorgen. Vor allem weil ihre Tasche noch bei mir war und wir langsam weiterziehen wollten. Ich versuchte sie ohne Erfolg zu erreichen. Nach edlichen Versuchen erreichte ich dann endlich ihren Freund, welcher verzweifelt und in einem Alkoholrausch abnahm.
Sofort war mir klar, dass etwas nicht in Ordnung war. Schnell eilte ich zu ihnen ohne zu wissen was los ist. Schon von weitem erkannte ich meine beste Freundin beim "Marzilibähnli" stehen. Den Anblick der mich erwartete war alles andere als Schön!

Sie stütz sich mit ihren Händen auf der niedrigen Mauer ab, welche Metertief hinunter geht. Sie starrt. Ohne Gefühl. Gefühllos starrt sie in den tiefen Abgrund. Tränen rollen ihr über die Wangen. Kein Gefühl im Gesicht. Nur eine stille Leere, kein Ton. Neben ihr kniend ihr Freund. Die Hände vors Gesicht geschlagen. Die Stille - Die Todesstille.

Diese Bild werde ich wohl nie vergessen. Ohne zu überlegen reisse ich meine beste Freundin von der Mauer weg. Ich sehe ihr in die Augen und frage sie WIESO? Keine Antwort. Sie schaut mir in die Augen, doch ich sehe die Leere die darin liegt. Diese Leere macht mir Angst. Ich nehme sie in den Arm und sage ihr, dass ich sie Liebe. Sie bricht in Tränen aus und muss sich an mir festhalten um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Wir setzen uns. Ihr Freund läuft weg, da er es nicht ertragen kann seine Freundin so zu sehen. Ich bin auf mich alleine gestellt. Ich weiss nicht was ich machen soll. Weiss aber dass ich stark bleiben muss und nicht weinen darf. Natürlich zerreisst es auch mir das Herz meine beste Freundin so zu sehen. Ein richtiges Gespräch könne wir nicht führen. Ich versuche sie einfach festzuhalten und ihr immer und immer zu sagen, wie sehr ich und ihr Freund sie lieb haben! Langsam wird sie ruhig. Wir sprechen, doch ich merke, dass sie mit ihren Gedanken irgendwo anders sein muss. Wir machen uns zu dritt auf den Weg nach Hause. Ich bin froh, dass meine beste Freundin mit ihrem Freund nach Hause geht. Die Verabschiedung fällt eher kühl aus. Hand-in-Hand gehen die beiden die Strasse hinunter. Ich schaue ihnen nach und die Tränen kullern nun auch endlich bei mir die Wangen hinunter...

Ich habe Angst!

Ich versuchte euch die Situation von diesem Abend so wirklich wie möglich zu beschreiben. Ich hoffe ich konnte euch den Ernst der Lage näher bringen. Zudem muss ich euch sagen, dass dies nur eine von vielen solchen Situationen ist. Natürlich frage ich mich immer wieder, ob ich vielleicht alles zu eng sehe. Es gibt viele Menschen, welche probieren Aufmerksamkeit oder Mitleid zu erlangen, indem sie solche Aktionen bringen. Ich habe mich schon oft gefragt, ob meine beste Freundin an einem Aufmerksamkeitssyndrom leiden könnte. Dies kann ich aber ausschliessen, da niemand ihre wahren Gefühle weiss ausser mir und mein Freund. Es ist nicht mehr lustig und auch nicht zu unterschätzen. Ich bin verzweifelt. Und nun nimmt sie auch noch Nerventabletten, welche sie von ihrer Mutter erhalten hat. "Aus der Apotheke" Ihr Freund sagte mir aber, dass diese Tabletten nur mit einem Rezept erhältlich seien. Leider konnte ich noch nicht herausfinden wie sie heissen. Auf jeden Fall haben sie meine beste Freundin total verändert, sie ist total anders geworden, seit dem sie diese Tabletten schluckt. Besonders launisch und aggressiv. Sie wird müde, wenn es wieder Zeit ist eine Tablette zu nehmen. Bisher haben sie eher das Gegenteil bewirkt, aber dies liege ja nur daran, dass die Wirkung der Tabletten erst in drei Monaten einsetzt.

Es ist nicht so, dass es einfach nur eine "Phase" ist. Nein, sie leidet schon seit vier Jahren an Suizidgedanken. Doch niemand weiss was wirklich los ist, nur ich und ihr Freund. Was kann ich tun?

Ihr Freund ist total gegen irgendwelche fremde Hilfe: "Nur sie kann sich selbst helfen, fremde Hilfe macht alles nur noch schlimmer, die Zeit überwächst die Wunden"

Ja vielleicht heilt die Zeit die Wunden. Aber was wenn nicht? Ich denke ich muss Hilfe holen, weiss aber nicht wie und ich will auch nichts gegen den Willen meiner besten Freundin tun.

Doch ich will mir nicht einmal einen Vorwurf machen müssen...
 
Hallo anny,

ich kann deine Verzweiflung und Angst um deine Freundin gut verstehen. Vorallem, weil du zuasmmen mit ihrem Freund die einzige bist, die von den Suizidgedanken weiß. Deshalb fühlst du dich verantwortlich.

Ich sehe es allerdings nicht, wie ihr Freund. Wenn diese Gedanken schon so lange bestehen und es immer wieder zu solchen extremen Situationen kommt, kann es tiefliegende Gründe geben.

Ich denke, es wäre gut, wenn deine Freundin sich irgendwie Hilfe nehmen würde. Hast du denn mal versucht, mit ihr über die Ursache ihrer Suizidgedanken zu sprechen?

Die "Nerventabletten" könnten Antidepressiva sein. Aber auch diese haben Nebenwirkungen und werden nicht immer unbedingt vertragen. Ich denke nicht, dass das alleine eine Lösung ist.


Viele Grüße und "Kopf hoch",
Kerstin
 
Natürlich habe ich schon oft mit ihr darüber geredet. Das schlimmste ist ja, dass sie selbst nicht weiss, wieso sie solche Gedanken hat... Ich kann ihr nicht helfen, sie ist hilflos, liebt sich selbst nicht, sagt sie wisse nicht wer sie sei und von wo diese Gedanken kämen. Sie schriebt viele Lieder oder Texte in denen sie ihre Gefühle schildert und mich oft selbst nachdenklich stimmen.

Ich kann ihren Freund schon verstehen, da er es selbst auch nicht leicht hat. Und selbst auch schon gesehen hat, wie es ist, wenn ein Mensch vor der Entscheidung steht "Leben oder Tod?". Dieser Mensch ist auch ein Kollege von uns, er war in der geschlossenen Psychiatrie und ja, man kann sagen, es ging um "Leben oder Tod". Er hat sich dort selbst gerettet, ist aber immer noch abhängig von den Medikamenten.

Wenn meine beste Freundin also sagt, sie brauche Hilfe, was sie schon oft getan hat, weiss ich genau, dass ihr Freund sie dazu überreden wird nichts zu tun. Aber wenn ich von Hilfe spreche, meine ich doch nicht die geschlossenen Psychiatrie!

Mir sind die Hände gebunden.
 
Aber da ist ja vielleicht genau der Knackpunkt. Deine Freundin will Hilfe und darf sie nicht annehmen wegen ihres Freundes! Ich kann mir vorstellen, dass ihre Verzweiflung dadurch nur größer wird.
Es gibt ja noch andere Möglichkeiten als die geschlossene Psychiatrie, wie du auch schon schreibst.

Es wäre wichtig ihr klar zu machen, dass es für alle besser ist, wenn sie Hilfe annimmt. Letztendlich auch für ihren Freund.

So ganz kann ich seine Angst nicht nachvollziehen. Was befürchtet er, wenn sie z.B. eine Gesprächs-Therapie macht?
 
Ja dies wäre sicherlich für uns alle das beste. Ich denke, ich selbst bin das beste Beispiel um ihm klar zu machen, dass eine Psychotherapie nichts schlimmes ist! Ich gehe auch hin, wegen eigener Probleme, deswegen muss ich aber doch nicht gerade in die geschlossene Psychiatrie!?! Klar kann ich mich nicht mit ihr vergleichen, doch dies sollte ihm doch zeigen, wie es mir dadurch nur besser geht..

Ja so wirklich kann ich seine Bedenken auch nicht nachvoll ziehen. Er hat einfach Angst um seine Freundin und lebt in der Vorstellung, dass sie auch in der psychiatrischen Anstalt landen könnte... Vielleicht gerade deshalb, weil sie einfach wirklich nicht in eine guten Zustand ist und selbst auch schon überlegt hat dorthin zu gehen..

Er denkt sie könnte sich verändern oder sich von ihm entfernen. Er liebt sie halt. Sie hat nur mich und ihn. Eltern, die ihr irgendwelche Medikamente geben, von denen sie selbst nicht weiss was es genau ist. Sie hören ihr nicht zu, sehen nur, dass sie am Boden ist. Schauen aber nicht nach den Gründen und pumpen sie deswegen mit Tabletten zu. Das erschreckende finde ich, dass sie die Tabletten einfach schluckt, trotz der starken Nebenwirkungen!

Zum Glück stimmt mir ihr Freund in dieser Angelegenheit zu und ist total empört vom verhalten der Eltern. Ich meine sie ist schon Volljährig und kann selbst bestimmen über sich und ihren Körper.

Natürlich habe ich schon mit über seine Ängste gesprochen. Wahrscheinlich hat er selbst schlechte Erfahrungen mit Psychotherapien gehabt und eben miterleben müssen wie es unserem Kollege in der Geschlossenen ergangen ist.

Er hat Angst, so wie ich auch, sie zu verlieren. Ihr etwas "anzutun" was sie verändern könnte oder sie von uns entfernen könnte.
 
Ich fürchte aber, eure Ängste projeziert ihr auch noch auf sie. Was natürlich einerseits verständlich ist, andererseits keinen Raum für "vernünftiges" Denken zuläßt. Ich denke, es ist weniger wahrscheinlich, dass sie in eine Geschlossene kommt, wenn sie (so wie du) erstmal unverbindlich ein paar Gespräche in Anspruch nimmt, als wenn es wieder zum Zusammenbruch kommt.

Vielleicht geht es ihr ja schon schnell viel besser, weil der Knoten platzt und sie kompetente Hilfe und Gespräche bekommt.

Ich finde, gerade weil ihr Freund sie liebt, sollte er sie in dieser Entscheidung unterstützen!
 
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