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Geht es um die Ernährung bei Hyperurikämie und Gicht, so geistern immer wieder die Schlagworte Diät, Alkohol, Kaffee und Fleisch durch die Laienpresse. Was schadet wirklich und was ist günstig?
Eine purinarme Ernährung soll bei der Vorbeugung helfen. Den Großteil an Purinen nehmen die Menschen in Deutschland mit Fleisch auf. Bier, Gemüse und Fisch sind mit je rund 10 Prozent weitere wichtige Purinquellen. Milchprodukte sind günstig zu bewerten, denn sie enthalten kaum Purine, und Proteine an sich fördern die Harnsäure-Ausscheidung.
Auf Kaffee und Schwarztee muss der Patient nicht verzichten, denn das Xanthin Coffein wird im Körper nicht zu Harnsäure, sondern zu Di- und Monomethylxanthin und den entsprechenden Harnsäure-Derivaten abgebaut. Eine Studie von der Harvard Universität wies nach, dass Coffein den Harnsäurewert sogar leicht senken kann (3). Reichliches Trinken (Wasser, Tees) erleichtert die Harnsäureexkretion.
Alkohol in größeren Mengen steigert die Harnsäureproduktion in der Leber und hemmt deren renale Ausscheidung. Eine Langzeitstudie zeigte, dass alkoholische Getränke das Gichtrisiko erhöhen können – ausgenommen Wein! Auch bei mehr als zwei Gläsern Wein pro Tag war keine Risikoerhöhung feststellbar. Wer mehr als 50 g Alkohol in Form von Bier pro Tag konsumierte, hatte im Vergleich zu abstinent lebenden Männern ein 2,5-fach erhöhtes Risiko für einen Gichtanfall.
Warnen sollte man den Patienten unbedingt vor fruchtzuckerhaltigen Diätdrinks. Beim Abbau von Fructose, versteckt auch als HFCS (High-fructose-corn-syrup), wird ATP verbraucht und zu AMP degradiert, das ein Vorläufer der Harnsäure ist. Studien bewiesen, dass solche Süßgetränke das Risiko, Gicht zu bekommen, um 45 Prozent steigern (4, 5). Fructose ist der einzige Zucker, der nach seinem Abbau den Harnsäurespiegel steigen lassen kann.
Langsam abnehmen
Ein hoher Harnsäurespiegel lässt die Konzentration des gasförmigen Transmitters Stickstoffmonoxid (NO) sinken. Die Muskulatur wird schlechter durchblutet und die Glucoseaufnahme erschwert. Der Körper versucht nun, die erworbene Insulinresistenz durch vermehrte Freisetzung von Insulin zu kompensieren (6). Hohe Serumharnsäurespiegel sind häufig vergesellschaftet mit Übergewicht, Hypertonie und Insulinresistenz oder Diabetes mellitus. Eine Hyperurikämie ist nicht nur ein Warnzeichen für eine Nierenerkrankung, sondern ist ein unabhängiger Risikofaktor dafür.
Eine Niereninsuffizienz wiederum triggert Gicht (7).
Übergewichtige Menschen mit Hyper*urikämie oder Gicht sollten Normalgewicht anstreben. Allerdings nicht mit einer Crashdiät. Beim Fasten entstehen Ketonkörper, die im proximalen Tubulus der Niere die gleichen Carrier brauchen wie die Harnsäure, um ins Lumen sezerniert und letztlich ausgeschieden zu werden. Daher kann radikales Fasten einen Gichtanfall auslösen.
Sinnvoll ist in jedem Fall, den Konsum von Fleisch, Wurst und Geflügel deutlich einzuschränken. Rotes und helles Fleisch unterscheiden sich nicht im Puringehalt. Wahre Purinbomben sind Innereien, Geflügelhaut, vegetarische Hefepasten, Fleischextrakte, Hering, Ölsardine, Sardellen, Forelle, Hummer, Schwarzwurzeln, Pilze und Rosenkohl. Besonders fettreiche Mahlzeiten hemmen die Harnsäureausscheidung über die Nieren. Günstiger ist es, Nahrungsmittel zu kochen als zu braten, da dann ein Teil der Purine ins Kochwasser übergeht, das verworfen werden sollte.
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Einige Analgetika sind ungeeignet oder kontraindiziert in der Gichttherapie. Paracetamol und Metamizol wirken zentral und lagern sich nicht im entzündeten sauren Gewebe ab, ihnen fehlt somit die antiphlogistische Wirkung.
Diese besitzt zwar Acetylsalicylsäure, die aber die Ausscheidung von Harnsäure hemmen und einen Gichtanfall auslösen kann. Die gleichzeitige Gabe von Diuretika verstärkt diesen Effekt. Von den COX-Inhibitoren ist nur Etoricoxib zur Therapie des Gichtanfalls zugelassen (9, 10). Bei Asthma, Nierenerkrankungen und Diabetes scheinen eher COX-Hemmer und bei kardialen Begleiterkrankungen eher NSAR geeignet zu sein. Eine Ausnahme ist Naproxen, das vermutlich die Gefahr kardialer Komplikationen steigert. Bei Magen-Darm-Ulcera ist eine Nutzen-Risiko-Abwägung nötig, denn sowohl Analgetika, COX-Hemmer als auch Corticosteroide haben (relative) Kontraindikationen.
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