Hallo,
hier ein Bericht von Reuters, der die Situation der Arbeiter schildert:
Special Report: Help wanted in Fukushima: Low pay, high risks and gangsters | Reuters
Tepco braucht um 25% mehr Arbeitskräfte als bereit sind in Fukushima zu arbeiten. Inzwischen hat sich ein Netzwerk von über 800 Subunternehmern, teils von mafiaähnlichen Firmen betrieben, gebildet. Etwa 50 Gangs mit 1.050 Mitgliedern beherrschen das Feld. Aufgrund guter Beziehungen zu höheren Stellen ist die Polizei hier machtlos. Die Arbeiter werden mit falschen Versprechungen angelockt - Einsatz in ungefährlichen Bereichen und sollen dann in Hochradioaktiven arbeiten, wo nach einer Stunde bereits die maximale Belastung erreicht ist; die versprochenen Löhne werden entweder nicht oder erheblich gekürzt ausgezahlt, oft erhalten sie nur die Hälfte dessen, was vereinbart war. Vertrags- und Arbeitseinsatzunterlagen werden gefälscht. Die Auswirkungen der radioaktiven Strahlung falsch dargestellt und verharmlost. Die Arbeiter, die außerhalb die Umgebung reinigen, unterliegen den gleichen haarsträubenden Bedingungen.
Beschwerden führen fast immer zur Entlassung und an höherer Stelle fruchten sie nichts, da die Hierarchie einer Pyramide gleicht, die mit über 7 übergeordneten Stellen, chaotisch ist und sich niemand für die Beschwerden zuständig hält. Reuters sprach mit 80 Arbeitern vor Ort. Tepco schließt Verträge mit den Subunternehmen ab, ist aber nicht in der Lage die Verträge zu überwachen, die diese mit den Arbeitern abschließen. Die Gehälter sind niedrig, die Bereitschaft in Fukushima zu arbeiten nicht vorhanden, daher greift man auf Personen zurück, die quasi nichts mehr zu erwarten haben und anderswo keine Anstellung finden können.
Allein für die Arbeiten an Block 4 werden bis 2015 12.000 Arbeitskräfte benötigt, doch bisher stehen nur 8.000 zur Verfügung, von denen 6.000 allein im Innenbereich von Reaktor 4 arbeiten. Diese Zahlen berücksichtigen nicht die Arbeitnehmer, die für den Bau der Eiswand benötigt werden, die verhindern soll, daß weiteres radioaktiv versuchtes Wasser in den Pazifik gelangt.
Bisher wurden etwa 50.000 Arbeiter eingesetzt und viele weitere Tausende werden benötigt bis allein Block 4 abgebaut ist. Die geschätzten Kosten für den Abbau aller vier Reaktoren und die Reinigung der umliegenden Gebiete werden auf $ 150 Milliarden geschätzt. Die Arbeiten werden über geschätzte 30 Jahre in Anspruch nehmen.
Seit Beginn des Atomprogramms in den 1970ern hat sich Japans Atomindustrie auf billige Arbeitskräfte gestützt, überwiegend Obdachlose, die sog. "Nuklear-Zigeuner". Probleme mit Geld, ausgelagerten Jobcentern, fehlende Krankenversicherung bestehen schon seit Jahrzehnten.
(Einschub: Vor einigen Jahren wurde bekannt, daß die deutsche Atomindustrie ebenfalls auf Wanderarbeiter zurückgreift. Dabei besteht keine Kontrolle mehr, wie hoch diese mit radioaktiven Strahlen belastet wurden, da die Daten von einem Unternehmen nicht an das nächste weitergegeben werden!!!)
Ein weiterer Bericht von Reuters:
Insight: After disaster, the deadliest part of Japan's nuclear clean-up | Reuters
Im wesentlichen steht darin, was hier schon ausgeführt wurde. Ein Hinweis ist jedoch neu: beim Austausch von Brennelementen in den Reaktor und heraus ins Abklingbecken, wurden bisher immer computergesteuerte Anlagen verwendet, die auf den Millimeter genau die Lage und den Transfer der Elemente regelten. Bei der jetzt anstehenden Entfernung aus dem Abklinbecken muß dies manuell erfolgen und ist somit eine höchst schwierige Aufgabe für die Menschen, die das machen müssen.
Normalerweise, mit Computerhilfe, würde die Operation etwa 100 Tage dauern. Tepco veranschlagte dafür ursprünglich 2 Jahre, was dann auf 1 Jahr reduziert wurde. Hoffentlich setzt man die Bedienungsmannschaft nicht unter Zeitdruck, denn das könnte katastrophale Folgen haben.
Gruß,
Clematis