Sigmund Freud war ein "Workaholic mit einem Minimum an Privatleben". Frauen waren für ihn ein "dunkler Kontinent", wie Linde Salber in ihrem gleichnamigen Buch beschreibt. Sein Liebesleben hob er sich für die Ehe auf. Andere Frauen waren für Freud zunächst Forschungsgegenstand, später auch Kolleginnen, die ihm halfen, sein Werk fort zu entwickeln. Mit heutigen Kategorien ist Freud nicht beizukommen. Man dürfe ihn sich weder als Macho noch als Frauenversteher vorstellen, meint Salber. "Der Mann Sigmund Freud verbirgt sich hinter seinem Geisteswerk."
Bis ins hohe Alter machte Freud seiner Mutter jeden Sonntag seine Aufwartung
Die Frauen, die ihm in seiner Wissenschaft beiseite stehen, werden in die Gemeinschaft der Gleichgesinnten aufgenommen, die wie eine Großfamilie funktioniert. Sie selbst sehen in ihm eine Vaterfigur, die ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Was im Rahmen der Psychoanalyse als Emotion entsteht, ist zumeist "Übertragungsliebe".
Im familiären Bereich spielten neben seiner Mutter Amalia seine Ehefrau Martha Bernays, seine Schwägerin Minna Bernays und seine jüngste Tochter Anna eine entscheidende Rolle. Die Mutter überträgt ihren unbefriedigten Ehrgeiz auf ihren Erstgeborenen, der ihre Erwartungen in beruflicher und sozialer Hinsicht mehr als erfüllt. Bis ins hohe Alter machte er ihr jeden Sonntagvormittag mit Magendrücken seine Aufwartung. Als Amalia Freud im September 1930 im Alter von 95 Jahren stirbt, fühlt der 74-jährige, an Kieferkrebs leidende Sigmund, eine Art Befreiung: "Ich durfte ja nicht sterben, solange sie am Leben war, und jetzt darf ich", schreibt er.
Seine Ehefrau war der Fixpunkt seines Lebens
Mit 26 verliebt sich Freud in die 21-jährige Martha Bernays, die er rasch heiraten will. Da er jedoch beruflich noch nicht fest im Sattel saß, entzog ihm die Schwiegermutter in spe seine Braut. Vier Jahre und 1.500 Briefe später kann er Martha endlich heiraten. Er macht sie zum Fixpunkt seines Lebens und Muse seines Werkes, schreibt Salber. Mit sexueller Intimität hatte das Paar bis zur Eheschließung gewartet. Zusammen bekommen sie sechs Kinder, und abgesehen von kurzen Reisen trennen sie sich nie wieder.