Glaube erübrigt sich immer dann völlig, wenn man weiß.
Das bedeutet dann aber, jeder muß glauben, weil heute niemand genug weiß.
Wie ich schon sagte, alle glauben an etwas, der eine das, der andere das. Und wer vorgibt, an nichts zu glauben, leugnet automatisch immer irgendwelche Tatsachen und Sachverhalte, und belügt sich so selber hier und dort.
Wissen bildet. Daher ist die Suche nach Wahrheit so wichtig für die Persönlichkeitsentfaltung. Und Glaube ist der Motor, der zum Suchen antreibt (wer gar nicht glaubt etwas finden zu können, sucht auch nicht).
Natürlich versucht man am besten alles Geglaubte möglichst bald mit Wissen zu untermauern. Schon aus Neugier und Eigeninteresse. Jeder will sich absichern. Wenn man ehrlich ist und voran kommen möchte, sucht man stets mehr Wissen. Das ist auch richtig so und sorgt für Entwicklung und Wachstum.
Daraus kann man schlußfolgern, daß Glaube keineswegs nur blind ist. Dem Glauben eilt lediglich das visionäre Moment voraus. Vielleicht ein paar Prozent Fantasie, Eingebung oder Wunschdenken etc.
So kam es auch unter Naturwissenschaftlern zu bedeutenden Entdeckungen. Ein Beispiel: Kolumbus wagte eine lange, schwierige Schiffsreise und glaubte zunächst mehr, als ihm lieb war. Obwohl er nicht Indien fand, hatte er Erfolg, fand Neues und ging in die Geschichte ein.
Mit dem Glauben ist es ähnlich. Es ist zum Teil ein Wagnis, jedoch immer nach bestem Wissen und Gewissen. Eine Reise, manchmal voller Entbehrungen und Beschwernisse. Doch das Ziel ist es wert - so die innere Stimme. Der Glaube treibt an. Hält am Leben. Gibt Hoffnung in der finstersten Stunde. Natürlich ist er damit auch "Opium" für die Seele. Deshalb aber noch lange nicht unwahr.
Speziell auf den Glauben an Gott bezogen, ist es einfach Wissen auf verschiedenen Ebenen. Zunehmendes Teilwissen zwar, aber auch das ist Wissen. Und Glaube ist die Suche nach einem Gesamtbild, Zusammenführung von zunächst zusammenhanglos erscheinenden Fakten. Glaube ist damit keineswegs nur Unwissen oder nur eine Droge für die Seele (beliebte Unterstellung der Atheisten).
Jeder Mensch hat natürlich Grenzen und eine ganz eigene Erfahrungswelt. Nicht jeder hat die selbe Tiefe und verfügt über den selben Wissensschatz. Viele Details sind unscharf oder auch mal falsch. Meinungen ändern sich manchmal. Jeder entwickelt sich. Jeder Gläubige hat seine eigene Zusammenstellung an Beweisen, warum er glaubt.
Langfristig kommt es dann darauf an, daß Gott rechtzeitig für neues Wissen sorgt. Gott wird neue Fakten schaffen, für zusätzliche Gewissheit sorgen, damit der Glaube nie stirbt. Ewiges Leben ist der Plan.
Damit so etwas Großes gelingen kann, muß auch für die nötige Gewissheit gesorgt sein. Das, was die Menschen dann wissen müssen, werden sie erfahren. Anders als heute, wird es keine nagenden Zweifel mehr geben. Das Gesamtbild wird stimmig und schön sein.
Aber auch dann wird es für Menschen kein völlig umfassendes Wissen geben. Das muß auch nicht sein.
Die höchste Gewissheit kommt auch gar nicht aus dem Kopfwissen. Heute streben so viele Akademiker in allen Disziplinen nach Wissen. Doch Weisheit ist das noch lange nicht. Und Glück ist auch mehr als Weisheit, vielleicht das Resultat daraus.
Auf was kommt es also an?
Vielleicht "Verstehen ohne alles Wissen" !?
Oder "Fühlen ohne alles Verstehen" !?
Es sind immer die Gefühle, die am meisten überzeugen, nicht die Fakten.
Das Ziel kann also nicht sein, eines Tages überhaupt nichts mehr glauben zu müssen, weil man dann alles weiß.
Das Ziel ist doch vielmehr, zur entsprechenden Gefühlswelt zu finden. Eine anhaltende ganzheitliche, emotionelle Erfahrung, in der das Individuum fortan aufgehen kann und möchte. Und dazu muß man nicht alles wissen, nur genug.
Es sind die Emotionen, die schließlich Gewissheit schenken. Wissen ohne Emotion ist wertlos.