Die Bibel
Die Einzigartigkeit ihrer Entstehung
Wir werden sieben einmalige Kennzeichen der Bibel aufzeigen, und dann dürfen Sie selbst Ihre Schlussfolgerungen daraus ziehen. Erstens: niemand kann leugnen, dass die Bibel einzigartig ist in ihrer Entstehungsweise. Nehmen Sie irgendein Buch und prüfen Sie, wie es entstanden ist. Normalerweise entschließt sich jemand, ein Buch zu schreiben: er sammelt Material, entwirft ein Schema für das Buch, schreibt oder diktiert den Inhalt und lässt das Ganze vervielfältigen oder drucken. Handelt es sich jedoch um ein Buch, das von mehreren Autoren geschrieben wird, müssen sie sich erst zusammensetzen und einen Plan entwerfen, der zeigt wie das Buch aussehen soll. Sie müssen absprechen, wer welchen Beitrag zu dem Buch liefern soll, und meistens gibt es noch einen oder mehrere Redakteure, die von allen Beiträgen ein zusammenhängendes Ganzes machen. Aber die Bibel ist in dieser Hinsicht vollkommen einzigartig. Sie wurde von mehr als vierzig Schreibern verfasst, die sich gegenseitig nicht kannten. Das war auch kaum möglich, denn sie schrieben das Buch in einem Zeitraum von mindestens 1500 Jahren, vielleicht noch viel mehr, wie wir später zeigen werden. Es ist ein großes Wunder, wie die Bibel langsam, über mehr als fünfzig Generationen, zu dem Buch wurde, das wir heute haben. Ohne irgendeinen Plan oder Entwurf fügte sich von Jahrhundert zu Jahrhundert ein Teil zum anderen, bis die Bibel komplett war. Die Schreiber der Bibel kamen aus sehr unterschiedlichen Milieus und Kulturen. Da gab es zum Beispiel Mose, den Politiker (unterrichtet in den Weisheiten Ägyptens); Josua, den General; Salomo, den König; Amos, den Hirten; Nehemia, der am Königshof lebte; Daniel, den Staatsmann; Petrus, den Fischer; Lukas, den Arzt; Matthäus, den Zöllner und Paulus, den Rabbiner. Sie haben an ganz verschiedenen Orten und unter ganz unterschiedlichen Umständen geschrieben. Mose schrieb in der Wüste, Jeremia in einem Kerker, David auf den Bergen und in seinem Palast, Paulus im Gefängnis, Lukas während der Reise, Johannes, als er im Exil auf der Insel Patmos lebte, andere während der Spannungen eines militärischen Feldzugs.
Sie schrieben in verschiedenen Gemütsverfassungen: der eine in großer Freude, der andere in Trauer und Verzweiflung. Sie verfassten ihre Bücher in drei verschiedenen Weltteilen: Asien, Afrika und Europa. Sie schrieben in drei Sprachen: das Alte Testament größtenteils in der hebräischen - und kleine Teile in der (verwandten) aramäischen Sprache, das Neue Testament war griechisch abgefasst. Und aus allen diesen verschiedenen Quellen und Zeiten entstand ein Buch. Mose verfasste fünf Bücher. Als David regierte, waren wieder ein paar dazugekommen. Kurz nach der babylonischen Gefangenschaft, zur Zeit des Schriftgelehrten Esra, war das Alte Testament, Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, Satz für Satz, nahezu fertig. Vierhundert Jahre vor Christi Geburt war das Buch fertiggestellt, das wir heute unverändert vor uns haben. Wie es uns der Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet, respektierte man das sogenannte Alte Testament so sehr, dass niemand es gewagt hätte, im Laufe der Jahrhunderte etwas hinzuzufügen oder hinwegzutun.
Die Entstehung des Neuen Testaments ist fast noch wunderbarer als die Entstehung des Alten Testaments. Soweit wir wissen, hat Christus selbst nie auch nur einen Satz als göttliche Offenbarung geschrieben! Und seine Jünger, die ja Juden waren, hätten niemals gewagt, dem Alten Testament auch nur einen Satz hinzuzufügen. Sogar 50 Jahre nach der Geburt Christi hatte man aller Wahrscheinlichkeit nach noch keinen Buchstaben des Neuen Testaments geschrieben. Aber dann geschah das Wunder. Ohne dass vorher ein Plan verfasst wurde, entstehen die Bücher des Neuen Testaments. Sie werden geschrieben von ganz unterschiedlichen Menschen, die oft weit voneinander entfernt leben. Hier entsteht eine Lebensbeschreibung von Jesus Christus, dort entsteht ein Brief, etwas weiter wird ein wundervoller Aufsatz geschrieben (wie z.B. der Hebräerbrief). Wieder irgendwo anders entsteht ein neutestamentarisches Werk mit prophetischer Bedeutung. Diese Schriften kursieren und werden gesammelt von Christengemeinden, die wohl kaum Schwierigkeiten haben mit der Frage, welche Bücher nun zu dieser Kollektion gehören und welche nicht. Ihre Ehrfurcht vor diesen Schriften ist so groß, dass das Neue Testament sofort von nahezu allen Christen anerkannt wird und fast niemand die Dreistigkeit hat, irgend etwas hinzuzufügen oder hinwegzutun. Man beachte: Die Verfasser der vier Evangelien setzten sich nicht erst zusammen und kamen nach ernstem Gebet und vielen Überlegungen zu der Überzeugung, dass Matthäus über Christus als den König schreiben würde, Markus ihn als Diener zeigen sollte, Lukas ihn als wahren Menschen und Johannes ihn als Gottes Sohn darstellen würde. Nichts dergleichen. Auch die anderen Schreiber kamen nicht zusammen, um festzulegen, dass beispielsweise Paulus und Johannes mehr über die christliche Lehre (und das jeder von einem anderen Gesichtspunkt aus) und Jakobus und Petrus mehr über das praktische Christsein schreiben sollten. Davon kann keine Rede sein. Aus einem tiefbewegten Bedürfnis heraus versuchte jeder, einen bestimmten Aspekt zu beleuchten - aber als alle Werke fertiggestellt waren, war eine wunderbare Einheit entstanden.
Die Bibel
Die Einzigartigkeit ihrer Einheit
Dieser Punkt entspringt direkt der Einzigartigkeit der Entstehung der Bibel. Wie konnten so viele Verfasser aus so vielen Generationen von solch total verschiedenen Hintergründen und Umgebungen ohne jede Absprache ein Werk schreiben, das so vollkommen in seiner Einheit ist? Betrachten wir es von einer anderen Seite: Stellen wir uns vor, dass zehn der berühmtesten Schriftsteller der Erde, die dieselbe Lebensweise haben, derselben Generation angehören, dieselbe Kultur haben, dieselben Auffassungen vertreten, am selben Ort wohnen, sich in der gleichen Gemütsverfassung befinden und dieselbe Sprache sprechen, dass diese also etwas schreiben wollen über ein umstrittenes Thema - würde das Geschriebene dann miteinander übereinstimmen? Das ist unmöglich. Aber wie kommt es dann, dass das in der Bibel wohl der Fall ist?
Beachten wir, dass die Bibel über Hunderte von umstrittenen Themen spricht (Themen, über die sehr unterschiedliche Meinungen bestehen). Die Autoren der Bibel schreiben über Geschichte, Theologie, Philosophie, über den Kosmos, die Natur und über den Menschen; sie schreiben „gewagte" Prophetien, Lebens- und Reisebeschreibungen. Sie scheuen sich nicht, die schwierigsten und tiefsinnigsten Themen anzuschneiden. Darüber konnten sie unmöglich miteinander beraten. Aber woher kommt dann diese Harmonie und Einheit in der Bibel? Oft haben Menschen gemeint, Unterschiede und Widersprüche gefunden zu haben (wir werden noch einigen begegnen). Aber es scheint, dass sie dann nicht gewissenhaft genug gelesen oder den Kontext (d.h. den Textzusammenhang) und den Hintergrund des Geschriebenen außer acht gelassen haben. Wo sie (oft sehr naiv) Wider-Sprüche zu sehen glaubten, stellten sich diese oft nur als verschiedene Aspekte ein und desselben Themas heraus, die einander wunderbar ergänzen. Alle Streitigkeiten über die Bibel haben nur dazu geführt, dass ihre perfekte Harmonie sich noch deutlicher abzeichnete.
Natürlich behaupten wir hier Dinge, die im Grunde noch bewiesen werden müssen. Aber wir müssen einmal irgendwo anfangen, und die Harmonie der Bibel kann sich erst als echt erweisen nach ihrem gründlichen Studium. Der Leser muss hier selbst auf Entdeckungsreise gehen. Er wird dabei feststellen, was Millionen vor ihm entdeckten: Die Bibel ist eine wunderbare Einheit. Sie besteht nicht aus wahllos zusammengewürfelten verschiedenen Werken, sondern da ist eine Einheit, die das Ganze miteinander verbindet. Das ist auch wichtig für die Bibelauslegung. Genau wie jeder Teil des menschlichen Körpers nur richtig erklärt werden kann im Zusammenhang mit dem Rest des Körpers, so kann auch der einzelne Teil der Bibel nur im Zusammenhang mit dem Rest der Bibel richtig ausgelegt werden. Es gibt wohl kaum eine Regel in der Exegese (Bibelauslegung), die so oft übertreten wird wie diese (und das völlig achtlos).
Der „rote Faden", der sich durch die ganze Bibel zieht, verdeutlicht ihre Einheit. Von der Genesis bis zur Offenbarung geht es um die großen Fragen: „Wer ist Gott?" und „Wer ist der Mensch?". Darauf folgt die wichtige Frage-. „Gibt es die Möglichkeit einer Verbindung zwischen Gott und dem Menschen, und wenn ja, wie?" Die Einzigartigkeit der Bibel besteht darin, dass sie in der Beantwortung dieser Fragen nicht auf ein liturgisches Programm oder eine Reihe religiöser Verpflichtungen hinweist - ein Mensch kann den Forderungen Gottes sowieso nie ganz gerecht werden -, sondern auf eine Person: Jesus Christus - er ist der einzig wahre Weg für den Menschen zu Gott. Das ganze Alte Testament weist im Grunde, sei es durch Bilder, sei es durch direkte Verheißungen, auf diese Person hin, und das Neue Testament zeigt uns die Erfüllung der Verheißungen und die Bedeutung und Folgen des Kommens Christi. In dieser Einheit ihrer Thematik ist die Bibel einzigartig. Nur dadurch ist es auch möglich geworden, aus der Bibel eine zusammenhängende und konsequente christliche Lehre aufzubauen.