3. Oktober - Tag der Deutschen Einheit

Horaz

in memoriam
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05.10.06
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4.009
Heute ist 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Ich bin zwar kein Deutscher, habe aber die deutsche Teilung immer als sehr schmerzhaft empfunden. Nie werde ich Autofahrten von Hamburg nach Berlin durch die DDR vergessen, die durch die martialischen Grenzpassagen immer einen Gruselfilm im Kopf in Bewegung setzten. Oder Spaziergänge in Berlin, die manchmal abrupt an der Mauer endeten und mit einem Schlag die reale Situation ins Bewußtsein rückten. Oder Zugfahrten von München nach Hamburg, die kurz vor Göttingen knapp an der Grenze vorbeiführten und weite Blicke über Grenzanlagen offenbarte, die sich endlos über Hügel dahinzogen.

Ja, man kann das alles auch schnell vergessen. Ich glaube aber nicht, dass man das sollte. Hier im Forum sind zahlreiche Mitglieder aus der ehemaligen DDR, mit denen wir heute so einfach komunizieren, wie mit Menschen in Wien oder Zürich. Ich freue mich immer noch, wenn ich als Adresse Leipzig, Halle oder Dresden lese, denn für eine sehr lange Zeit waren diese Städte so weit entfernt wie Timbuktu oder Isfahan.
Deshalb heute ein ganz besonders herzlicher Gruß an alle im östlichen Deutschland, Horaz
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin in unmittelbarer Nähe der Grenze aufgewachsen und meine Generation hatte die Existenz zweier deutscher Staaten mehr oder weniger akzeptiert.
Schließlich darf man ja auch die zeitgeschichtlichen Gründe, die zur Teilung Deutschlands geführt haben, nicht außer Acht lassen!

Dennoch spielte die Grenze im Bewusstsein immer eine Rolle. So fuhren wir fast immer, wenn wir Besuch von Verwandten aus einer anderen Gegend hatten, mindestens ein Mal zu einem der offiziellen Grenzübersichtspunkte oder einfach so an die Grenze.

Meist fuhren wir zum Grenzübersichtspunkt Tettenborn, dort besteht heute ein „Grenzlandmuseum“. Das Grenzlandmuseum in Tettenborn bei Bad Sachsa im Harz

Fotos Grenzlandmuseum Tettenborn - Bad Sachsa Region Südharz / innerdeutsche Grenze / deutsch-deutsche Grenze

Nachdem ich weggezogen war, besuchte ich fast immer die Grenze, wenn ich im Harz bei meiner Mutter zu Besuch war.

Am Montag vorm 9. November war ich zum letzten Mal im Harz gewesen und wir hatten noch die Grenze besucht. Zu dem Zeitpunkt dachte bei uns im Westen wohl keiner an eine baldige Grenzöffnung.
Um so überraschter war ich, ein paar Tage später, als die Berichte von der Grenzöffnung durch das Fernsehen und die übrigen Medien gingen!



Naja und als dann die Grenze beidseitig geöffnet wurde (Januar 1990) habe ich mir erst mal eine Woche Urlaub genommen und den Ostharz erkundet.


Quedlinburg, Schloss

Das war klasse: Thale, Tanne, Wernigerode, Quedlinburg, Ilsenburg, Halberstadt. Und dann ab nach Thüringen, Erfurt, die Wartburg. Später ging es dann nach Magdeburg und so weiter.
Von 1991 bis 1992 habe ich in Leipzig gelebt und gearbeitet. Nach dieser Stadt habe ich heute noch „Heimweh“.



Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hier von meiner Seite ein herzlicher Gruß aus dem westlichen Teil Deutschland :) :) :)

Ich war noch klein, als die Wende kam, aber kann mich noch an die vielen Freudetränen aus dem Fernsehen erinnern. Das, was zusammengehörte, ist schließlich zusammengekommen.

Die Wiedervereinigung hat endlich einen Schlußstrich unter viele menschliche Einzelschicksale gezogen, hat viele tragische Familien-, Verwandten- und Freunde-Trennungen endgültig überwunden!

Eine solche Wiedervereinigung ist einmalig in der Welt und nimmt daher einen Beispieleffekt ein. Viele Koreaner nehmen sich die deutsche Wiedervereinigung zum Vorbild, als ein erstrebensweres Ziel.

Irgendwann wird auch die Zeit kommen, in der die noch existierende wirtschaftliche Teilung überwunden sein wird. Einige Städte wie Dresden haben diese schon erreicht. Sie haben sich zu gefragten Wirtschaftsstandorten entwickelt. Darüberhinaus ist das Stadtbild auch ein wunderschönes :)

Schöne Grüße,
Notoo.
 
3. Oktober - Tag der Offenen Moschee 2007

Hallo!

den grüßen an die bürger der ehemaligen DDR schließe ich mich gerne an.

und ich erinnere mich noch, als ich letztes jahr am jahrestag mit meiner tochter eine doku über die mauer sah.
bei uns in österreich ist der mauerfall und der ehemalige kommunismus eher nur ein randthema in der schule.

ziemlich verwirrt regierte meine tochter, als in der doku berichtet wurde, daß sehr viele menschen an der mauer bei einem fluchtversuch erschossen wurden.
sie konnte überhaupt nicht verstehen warum dies geschah und meinte: "nur weil jemand wo nicht leben möchte, wird er erschossen? das ist ja so, wie wenn es mir in unserem haus nicht mehr gefällt, ich ausziehen möchte und deswegen werde ich erschossen!"

es klingt zwar ziemlich infantil, aber im grunde genommen trifft es den nagel auf den kopf. wenn man politisch (zum glück) solche zustände nicht erlebt hat, kann man anhand dieses beispiel´s eventuell einen hauch von einer ahnung bekommen, wie sehr viele menschen sich damals gefühlt haben müssen.


zu den grüßen schließe ich auch meine gedanken an. für jene (sinnlosen) getöteten an der mauer oder wo auch sonst noch menschen ermordet wurden, weil sie woanders leben wollten.


grüße
richter
 
3. Oktober - Tag der Offenen Moschee 2007

noch ein kleiner nachtrag zu meinem obigen beitrag.

als im tv die ersten bilder der öffnung der grenze gezeigt wurden, saß ich stundenlang wie gebannt vor dem fernsehgerät, und hatte für stunden ein unbeschreiblich gutes gefühl in mir. eine wunderschöne erinnerung.


leider mußte ich jahre später etwas anderes stundenlang wie gebannt live im tv miterleben, daß bei mir die genau umgekehrten gefühle auslöste. schade das sich scheinbar immer alles ausgleichen muß, zumindest in diesem fall.




grüße
richter
 
Eine solche Wiedervereinigung ist einmalig in der Welt und nimmt daher einen Beispieleffekt ein. Viele Koreaner nehmen sich die deutsche Wiedervereinigung zum Vorbild, als ein erstrebensweres Ziel.

Da habe ich vor längerer Zeit mal anderes gelesen... nämlich dass die Koreaner eher durch das Negativbeispiel Deutschlands Ängste vor einer solchen Vereinigung hätten. Aber gut. Negativbeispiel jetzt von der Tatsache abgesehen, dass die Wiederereinigung Deutschlands an sich etwas sehr positives ist / hätte sein können.

Das Problem ist das "wie". M.E. wurde die Wiedervereinigung von Politikern durchgeführt, die sich damit in erster Linie selber ein Denkmal setzen wollten, und sich wenig Gedanken über die finanziellen Auswirkungen für Gesamtdeutschland gemacht haben. Was mich in Zusammenhang mit der Wiedervereinigung immer wieder ärgert, ist die "Korrumpierung" der sozialen Sicherungssysteme: Beispiel besonders auch die Rentenversicherung!

Also, ich wollte an dieser Stelle nicht die Freude über den heutigen Tag trüben, sondern lediglich meinen Einwand bringen, dass die Art und Weise der Wiedervereinigung nicht besonders gut durchdacht war, von Politikern wie Kohl, Weigel und Co.!

Viele Grüße
Sabine
 
Heute denke ich an die mutigen Bürger der Ex-DDR, die ohne zu wissen, ob auf
sie geschossen wird auf die Straße gingen und mit ihren Montagsdemos diesen
feigen Unterdrückerstaat in die Knie zwangen.

Ich denke an die vielen Inhaftierten, an die zerstörten Biographien, an die
auseinander gerissenen Familien, an das Misstrauen der Menschen untereinander,
an die Mauertoten.

Und ich denke an Michael Gorbatschow, ohne den dies Alles nicht möglich gewesen wäre.

Bei einem ihrer letzten Treffen auf ostdeutschem Boden strahlte Erich Honecker
und verkündete:

"Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf."

Worauf Gorbatschow antwortete:

"Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."

Es ist ein leises, demütiges Gefühl der Dankbarkeit, kein nationalistisch aufgeblähtes Pathos.


Bodo
 
Jooo 3. Oktober - Tag des Anschlusses ...

Ein Anschluß ist keine (Wieder)Vereinigung - ein Anschluß erfolgt in der Regel wenn man den Krieg verloren hat, oder schon aufgibt bevor er beginnt ... ;)

Und so wurde der Osten erst von den „Kommunisten“ regiert - plötzlich von den neuen Herrschern ... die man massenhaft eingeflogen hat.
Von der „Freiheit“ - die man den naiven Zonis versprochen hat - kann leider nicht die Rede sein. Es war eher eine neue Vergewaltigung - diesmal ohne Zaun ... dafür aber mit hinterhältigen Methoden.
Aber da sich offenbar viele Leute für Kohle alles in den Arsc... stecken lassen ... spielt das wohl heute für die Masse der Menschen keine Rolle mehr.

Trotz all dieser armseligen Tatsachen freue ich mich natürlich über jede Mauer die fällt! Vor allem wenn dies auch noch in den Köpfen der Menschen geschehen würde ... :fans:

Lieben Gruß

PS: Mittlerweile gibt es viele "Russlanddeutsche" die wieder zurückkehren. (hab ich gestern gerade im Radion gehört)
Als Grund gaben sie an, dass sie die menschliche Isolation in der Bundesrepublik nicht ertragen können ... Soviel vielleicht noch mal zu Mauern :wave:

PPS: Bodo, Du solltest Dir vielleicht mal die Protokolle der Geheimdienste anschauen - da wirst Du feststellen wie lange vorher „die Wende“ bzw. der Anschluß geplant war ...
(sowas sieht man sogar beim Staatsfernsehen - also ARD, ZDF usw.)

PPPS: Dachte früher immer: Nur die Zonis leben hinter dem Mond ... :eek:)
 
Hallo Xie.

Du kannst den von Dir gemeinten Leuten nicht ernsthaft vorwerfen wollen,
dass sie sich neben der Befreiung von Gängelung und Bevormundung auch
nach einer Verbesserung ihrer materiellen Lebensverhältnisse sehnten.

Und zu den "Russlanddeutschen":

Diese schotten sich bewusst ab und kommen deshalb nicht in dieser Gesellschaft an.

Der prozentuale Anteil an kriminellen Jugendlichen ist bei Ihnen mit Abstand der größte.
Viele Ältere leiden sehr unter diesem Zustand und schämen sich für Ihre Kinder.

Das liegt aber nur an unserer kalten, rein materialistisch ausgelegten Gesellschaft.

Alles klar.

Grüße, Bodo
 
Ich sehe das ein bisschen ähnlich wie MisterX. Manche "Konzepte" von "drüben" hätte man vielleicht auch eher mal überdenken sollen und vielleicht für hier übernehmen.

Statt dessen wurde dem Osten einfach unser "Konzept" übergestülpt. Bei "Wiedervereinigung" kommen mir immer wieder auch Worte wie "Abbau Ost" in den Sinn und unseriöse Immobiliengeschäfte. Mir ist das ganze manchmal eher wie der "Ausverkauf" Ostdeutschlands vorgekommen.

Bei unserer Deutschlandreise ist uns halt auch aufgefallen, dass bestimmte Regionen (besonders auch Mecklemburg Vorpommern) nach wie vor noch sehr rückständig sind und die Leute deswegen nach wie vor in den Westen fliehen. Diese Gegenden sind dann richtiggehend verwaist, weil die jungen Leute alle fliehen, um Arbeit zu finden.

Viele Grüße
Sabine
 
Bei unserer Deutschlandreise ist uns halt auch aufgefallen, dass bestimmte Regionen (besonders auch Mecklemburg Vorpommern) nach wie vor noch sehr rückständig sind und die Leute deswegen nach wie vor in den Westen fliehen. Diese Gegenden sind dann richtiggehend verwaist, weil die jungen Leute alle fliehen, um Arbeit zu finden.

rückständig - fliehen - verwaist - Arbeit finden

Die Ideologen haben bzw. die westliche Ideologie hat ganze Arbeit geleistet ... :klatschen

-> rückständig ist relativ - ist es ein Fortschritt in einen kargen Wohnblock zu sitzen ... und dafür die schönste und natürlichste Gegend die DE zu bieten hat aufzugeben?

-> ist es fliehen wenn ich meine Heimat verlasse, ohne das ich verfolgt werde? Sind es nicht eher irgendwelche Spinnereien die mich dazu treiben?
Jeder kämpft ja (oft absurder Weise) für das was er nicht hat ...

-> sind Landstriche verwaist - nur weil dort wenige Menschen wohnen?
verwaist sein ist in der Regel schlimm - wenige Menschen auf einen bestimmten Raum ist doch aber schön! Was schöneres gibt es nicht!

-> "Arbeit finden" - absurd. Arbeit gibt es immer und überall! Gerade in einem Gebiet in dem "alles leersteht" habe ich doch alle Möglichkeiten ... wenn ich denn Interesse daran habe.

Lieben Gruß
 
Hallo MisterX,

so kann man es natürlich auch sehen! Allerdings stellt es schon ein gewisses strukturelles Problem dar, wenn die Leute sich in manchen Gegenden fast zu Tode treten und in anderen dafür gar nichts los ist, finde ich zumindest. Und ich denke wenn man in diesen Gegenden andere Anreize schaffen würde, dass dann auch mehr junge Leute dort bleiben könnten und wollten. Aber ich gebe zu, dass der Ausdruck "rückständig" von mir "etwas" unreflektiert übernommen worden ist und ich entschuldige mich ausdrücklich dafür!

Viele Grüße
Sabine
 
Du kannst den von Dir gemeinten Leuten nicht ernsthaft vorwerfen wollen,
dass sie sich neben der Befreiung von Gängelung und Bevormundung auch
nach einer Verbesserung ihrer materiellen Lebensverhältnisse sehnten.

Nach der Befreiung von Gängelung und Bevormundung sehne ich mich heute noch ... :rolleyes:
Im Vergleich zu dem was jetzt getrieben wird war die DDR ja in vielen Bereichen wildwest!
Wobei in diesem System wiederum die deutsche Gerichtsbarkeit wildwest spielt - sie kommt ihren Aufgaben überhaupt nicht nach, sondern hält Menschen Jahre oder gar Jahrzehnte hin.
Wenn es doch mal soweit sein sollte jongliert sie mit Paragraphen und Gesetzen wie es ihr beliebt ... hat die Regeln schon von vorneherein so aufgestellt, dass man als Untertan überhaupt nicht gewinnen kann ... :chat:

Lieben Gruß
 
Mir gefällt diese veilfälltigen Sichten hier als nicht direktbetroffener aber mitverfolger (CH) sehr.
Vorallem BODO's beide Aussagen haben mich sehr berührt, bzw kann ich gut verstehen und zustimmen.
 
Hallo MisterX,

so kann man es natürlich auch sehen! Allerdings stellt es schon ein gewisses strukturelles Problem dar, wenn die Leute sich in manchen Gegenden fast zu Tode treten und in anderen dafür gar nichts los ist, finde ich zumindest. Und ich denke wenn man in diesen Gegenden andere Anreize schaffen würde, dass dann auch mehr junge Leute dort bleiben könnten und wollten. Aber ich gebe zu, dass der Ausdruck "rückständig" von mir "etwas" unreflektiert übernommen worden ist und ich entschuldige mich ausdrücklich dafür!

Viele Grüße
Sabine

Joo joo - danke!
Ich fühlte mich aber auch nicht angesprochen oder gar beleidigt! Mir ging es nur mal darum darzustellen, in welcher "Denkfalle" sich momentan viele Leute befinden ...
Wie soll man "es schaffen" wenn ein System etwas völlig anders propagiert bzw. völlig andere "Wege zum Glück" aufzeichnet ... :idee:
Die für viele Menschen allerdings gar nicht dort enden!

Ist wohl so ähnlich wie mit dem Goldrausch früherer Zeiten - die Hoffnung auf den großen Klumpen ist immer noch stärker als der nüchterne Verstand ... ;)
 
Mir gefällt diese veilfälltigen Sichten hier als nicht direktbetroffener aber mitverfolger (CH) sehr.
Vorallem BODO's beide Aussagen haben mich sehr berührt, bzw kann ich gut verstehen und zustimmen.

Joo - was Bodo schreibt hört sich gut an! Keine Frage!

Deshalb wird es auch öfter verbreitet ... und eher geglaubt ;)

Märchen haben auch immer ein gutes Ende bekommen ... wenn man sie nur lange genug erzählt hat ... :bang:

Lieben Gruß
 
Xie.

Dein Statement ist zynisch wie kalt und lässt Schlüsse auf die Denke insgesamt zu.

Beat bezieht sich auf meine ersten beiden Postings - in erster Linie auf dieses: https://www.symptome.ch/threads/3-oktober-tag-der-deutschen-einheit.11350/#post-103992

Hier geht es nicht ums Glauben und ein mir indirekt unterstelltes Verbreiten von Halbwahrheiten
sondern um die Beschreibung und Wertung eines geschichtlichen Vorgangs und die davon betroffenen Menschen.

Man könnte auch sagen, dass Dir die Opfer am Arsch vorbei gehen und Du tatsächlich in rechthaberischer Manier
nur daran interessiert bist, Deine verquer-anarchistischen Gedanken als etwas Substantielles darzustellen.

Meine Zeit ist zu wertvoll, als sie weiterhin auf diese unerquickliche Art und Weise zu vertrödeln.

Was zu diesem Tag aus meiner Sicht zu sagen ist, habe ich geschrieben.

Gerne überlasse ich Dir das letzte Wort, damit Du ruhig schlafen kannst.

Im übrigen sprechen die einzelnen Beiträge ja für sich, was mich wiederum ruhig schlafen lässt. :sleep:

Grüße, Bodo
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Msiter X

Ich meinet sopeziell des erste Posting hier, aber stimme auch dem 2. zu. Weiss nicht was daran ein Märchen sein soll. Bitte werde konkret
 
Lieber Horaz,

hab ganz vielen Dank, dass du den Thread zur Teilung Deutschlands mit dem besonderen Gruß in Richtung Osten Deutschlands begonnen hast.

Stellvertretend für alle anderen Ossis außerdem einen besonderen Dank besonders an Leon, Notoo und Bodo für die freundlichen Beiträge.

Natürlich wird es Zeit, dass sich nun auf Seite 2 endlich jemand aus der ehemaligen DDR äußert. Ich bin nun aber am Überlegen, was ich da schreibe, weil selbst hier die Menschen sehr verschieden empfinden.

Als erstes stelle ich fest, dass der 3. Oktober eigentlich für mich gar nicht so wichtig ist. Sehr viel mehr berührt mich der 9. November. Vielleicht werde ich mal demnächst in einem Extrabeitrag schreiben, wie ich diesen Tag erlebt habe (ist doch eine gute Idee, stimmts Leon ;) ). Der 9. November war befreiend. Ja so muss ich es wirklich sagen. Ich gebe zu , dass ich bei den so nett dargestellten Montagsdemos, die es in ähnlicher Weise auch in Jena gab, bis zum letzten Mal immer Angst hatte. Ich wusste, dass paar Häuserzüge weiter im Hof eines großen Betriebes genug schwere Fahrzeuge standen, für die es ein Leichtes gewesen wäre, die ganze Demo mit Gewalt niederzumetzeln. Es hätte ein Kurzschluss von einer Person gereicht. Nach dem denkwürdigen 9. November war klar, dass das nicht passieren würde. Es war auch das Ende einer sehr ängstigenden Zeit, als zeitweilig sogar noch die Grenze zur CSSR verschlossen wurde (nach Polen kam man ohnehin nicht so leicht). Im Moment der Grenzschließung zur CSSR kam erstmalig wirklich ernsthaft die Sorge auf, dass die Entscheidung falsch gewesen sein könnte, nie über eine Flucht in den Westen nachgedacht zu haben. Der Fakt des Wegfallens der Mauer war für mich so sehr viel wichtiger, als endlich tatsächlich das erste Mal im Leben westdeutschen Boden zu betreten. Es war eine zentnerschwere Last, die man wirklich gerade in den letzten Monaten extrem gespürt hatte.

Zu der anderen Seite (materiellen) der ganzen Sache, die nun andiskutiert wurde. Gewiss, auch Ossis sind extrem verschieden. Meine persönliche Empfindung ist folgende: Ich gebe zu, dass ich froh und dankbar bin, dass die Zeiten, wo man im Winter kaum durch die Straßen laufen konnte, weil der Gestank und Schmutz der Kohlenheizungen einen die Tränen in die Augen trieb, vorbei ist. Ich bin froh, dass so nach und nach sehr viele Abwasserkanäle erneuert wurden, die schon seit Jahrzehnten leckten. Ich bin froh, dass einkaufen so sehr einfach ist. Wenn ich einen Joghurt brauche, geh ich in ein Geschäft und kaufe einen. 20 Sorten müsste ich da allerdings nicht vorfinden. Mir würden auch 2 Sorten Butter reichen oder 2 Sorten Haferflocken. Ich bin dankbar, dass ich für meinen Sohn jederzeit genug Obst und Gemüse vorfinde in den Geschäften und das noch dazu ohne anzustehen. Ich nehme das auch jetzt noch nicht als völlige Selbstverständlichkeit wahr sondern als extreme Erleichterung im Vergleich zur der Zeit vor der Wende. Bitte verdenkt mir das nicht, dass ich mich tatsächlich über den Wohlstand in der Form freue, weil das Leben vorher zum Teil auch extrem hart war. Ich erinnere durchaus auch jetzt immer mal noch die eine oder andere Kollegin daran, wenn sie Grund zum jammern finden, dass das Leben in einer Art angenehm ist, wie es das früher nicht war. Manche Probleme hatten wir natürlich nicht: z.B. diesen oder jenen Joghurt..? Entweder gabs eine Sorte oder gar keinen. So einfach war das.

Hallo Notoo, ja ich freue mich auch daran, dass inzwischen z.B. auch Jena ansehnlich ist, die Zeit bröckelnder Fassaden ist vorbei und man stellt fest, dass das was darunter verborgen war, durchaus ansehnlich ist. Schön, dass du ein solches Beispiel hattest.

Mister X, ich gebe dir nur insofern Recht, dass ich auch etwas erschüttert war, wie sehr viele so sehr schnell nur noch im Konsumrausch versanken und die Ziele für die sie eigentlich gekämpft hatten aus dem Blick verloren. Nur so konnte es dann auch zu dem Ausverkauf der DDR kommen, in dem im Westen auf diese Weise ordentlich verdient wurde und im Osten Betriebe massenhaft starben, weil sie ausstattungsmäßig dem Druck aus dem Westen zunächst nicht gewachsen waren.
Über die politische Lösung, die entstand, war ich auch nicht gerade glücklich, aber sie war auf jeden Fall erstmal besser als die alte. Ob man die Währungsunion so schnell übers Knie hätte brechen müssen, ist eine andere Frage, die aber nun keine Rolle mehr spielt.

Hallo Binnie, ja manche Konzepte waren wirklich ganz gut. Inzwischen entstehen hier z.B. auch wieder Ärztehäuser, wo sich Praxen in Labors teilen und es gäbe durchaus einige Beispiele, wo man erst Oststrukturen abgeschafft und dann neu erfunden wurden.

Nochmal an Mister X zu Mecklenburg Vorpommern. Dort kann man wirklich auf besondere Weise gut leben, aber als junge Familie überlegst du dir schon, ob du es deinen Kindern antun willst, täglich je 2 Stunden Schulweg in Kauf zu nehmen. Für einen Rentner, der auch keine riesigen Arbeitswege in Kauf nehmen muss und sein Gemüse selber züchten will, ist es perfekt.
Zum Arbeit finden: Du bist ganz schön blauäugig: Mein Bruder ist als Elektriker eigentlich schon seit der Wende auf immer wechselnden Baustellen extrem viel im Westen beschäftigt gewesen(verliehen von Arbeitskräfteverleihfirmen wegen mangelnder Aufträge im Osten), obwohl er nach wie vor seine Familie im Osten hat und eben pendeln muss. So ein Leben ist extrem belastend aber es bleibt ihm nicht anderes übrig, weil die Frau nicht arbeiten kann und irgendwo das Geld herkommen muss. Es geht wirklich nicht um Luxus sondern nur um bescheidene Grundausstattung.Ab und zu gabs auch mal paar Baustellen im Osten, leider aber eben nicht genug. Lustig und auch freiwillig ist das aber nicht. Das ist leider die andere Seite der Medaille.

Oh das ist jetzt aber ganz schön viel geworden. Liest hier überhaupt noch jemand? Wo ging es eigentlich los...Ja, der Tag der Deutschen Einheit, der vom Datum her eigentlich in der Luft hängt. Ich hätte mir den 9. November gewünscht. Nun ist es der 3. Oktober und ich grüße hiermit deshalb gerade heute auch alle im Westen Deutschlands, die aus dem Osten gegrüßt werden wollen.
 
Heute ist 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Ich bin zwar kein Deutscher, habe aber die deutsche Teilung immer als sehr schmerzhaft empfunden. Nie werde ich Autofahrten von Hamburg nach Berlin durch die DDR vergessen, die durch die martialischen Grenzpassagen immer einen Gruselfilm im Kopf in Bewegung setzten. Oder Spaziergänge in Berlin, die manchmal abrupt an der Mauer endeten und mit einem Schlag die reale Situation ins Bewußtsein rückten. Oder Zugfahrten von München nach Hamburg, die kurz vor Göttingen knapp an der Grenze vorbeiführten und weite Blicke über Grenzanlagen offenbarte, die sich endlos über Hügel dahinzogen.

Ja, man kann das alles auch schnell vergessen. Ich glaube aber nicht, dass man das sollte. Hier im Forum sind zahlreiche Mitglieder aus der ehemaligen DDR, mit denen wir heute so einfach komunizieren, wie mit Menschen in Wien oder Zürich. Ich freue mich immer noch, wenn ich als Adresse Leipzig, Halle oder Dresden lese, denn für eine sehr lange Zeit waren diese Städte so weit entfernt wie Timbuktu oder Isfahan.
Deshalb heute ein ganz besonders herzlicher Gruß an alle im östlichen Deutschland, Horaz

Lieber Horaz, erstaunlich ist vielleicht, dass du die Mauer als solche möglicherweise erschreckender empfandest als ich. Da wir im Osten ja nicht mal bis ins Grenzgebiet vordringen konnten, sondern man schon viele Kilometer vorher abgefangen wurde, kannte ich die Grenzanlagen nur aus Erzählungen meiner Oma, die ab und zu mal ihren Bruder im Westen besuchen durfte. Lediglich die Berliner Mauer hatte ich zu sehen bekommen. Dort war es ja nicht möglich, die Leute so fern zu halten. Irgendwie hatte man es akzeptiert, dass der Westen Deutschland so etwa so entfernt ist wie Amerika. Ist schon seltsam, wenn man jetzt darüber nachdenkt.
 

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