Grenzwert - Problematik

  • Themenstarter Clematis
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Wie zuverlässig sind für Dich Grenzwerte?

  • Medizinische Laborwerte: sehr zuverlässig

    Stimmen: 0 0.0%
  • Medizinische Laborwerte: wenig zuverlässig

    Stimmen: 1 25.0%
  • Medizinische Laborwerte: sind mit Vorsicht zu betrachten

    Stimmen: 4 100.0%
  • Ich richte mich danach

    Stimmen: 0 0.0%
  • Ich richte mich nicht danach

    Stimmen: 1 25.0%
  • Ich suche nach ergänzenden Informationen

    Stimmen: 4 100.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: zuverlässig

    Stimmen: 0 0.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: bin skeptisch

    Stimmen: 2 50.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: sind unzuverlässig

    Stimmen: 1 25.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: Synergien müssen bekannt sein

    Stimmen: 1 25.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: Synergien sind wichtig

    Stimmen: 0 0.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: Synergien sind unwichtig

    Stimmen: 0 0.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: Synergien - was ist das?

    Stimmen: 0 0.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: informiere mich umfassend

    Stimmen: 3 75.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: informiere mich gelegentlich

    Stimmen: 0 0.0%
  • Chemie in Lebensmitteln: informiere mich nicht

    Stimmen: 0 0.0%

  • Anzahl der Umfrageteilnehmer
    4

Clematis

Hallo,

hier ein Video von Report München, mit Kommentaren von Dr. Sawicki, zu Grenzwerten wie Cholesterin, Blutzucker, Blutdruck usw., die die Menschen immer mehr verunsichern.

https://www.br-online.de/das-erste/...ssystem-ID1278567498335.xml?_requestid=136915

Sollte sich jeder ansehen, auch Gesunde, um nicht wegen der Grenzwerte plötzlich als krank und behandlungsbedürftig eingestuft zu werden, obwohl sie sich top-fit fühlen!

Grüße,
Clematis23
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Clematis,

das ist ein Thema, auf das nicht genug hingewiesen werden kann, finde ich!
Es ist erschreckend, wieviele Menschen Medikamente verschrieben bekommen und auch nehmen, obwohl sie ohne Medikamente nicht schlechter dran wären oder sogar besser.
Und wenn dann ein Mensch sich gegen Medikamente wehrt, wird oft mit Angst gearbeitet: wenn Sie das Medikament nicht nehmen, kann es sein, daß .....

...gefährliche Überbehandlung. Vor allem Betablocker, Cholesterinsenker, Antidepressiva, Angstlöser und bestimmte Diabetesmittel würden häufig unbegründet verschrieben.
Am Beispiel der Cholesterinsenker verdeutlicht der Wittener Lehrstuhlinhaber das Problem: " Vielen Menschen wird ein Lipidsenker verschrieben, um das Risiko für einen Herzinfarkt zu senken. Bei 100 Patienten verhindert man dadurch innerhalb von zehn Jahren fünf Herzinfarkte. 75 von ihnen hätten statistisch bewertet ohnehin keinen bekommen und 20 von ihnen bekommen ihn trotz der Behandlung mit dem Medikament." Während also einen Hand voll Menschen vor dem Herzinfarkt bewahrt wurde, haben aber der Großteil der Patienten das Medikament mit allen seinen Nebenwirkungen und negativen Folgen eingenommen.

Das liegt daran, dass in Deutschland prognosehemmend verschrieben wird. Erhöht sich durch einen Laborwert die Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung, zücken die meisten Ärzte den Rezeptblock. Das mag so lange Sinn machen, solange nicht fünf und mehr Medikamente unkontrolliert im Patienten gegeneinander wirken und ganz andere Erkrankungen auslösen als die, vor denen man sie bewahren wollte.

Internetbasiertes Programm soll in Zukunft helfen
"Die Hausärzte der betroffenen Patienten fühlen sich überfordert. Wie sollen sie die langen Medikamentenlisten kritisch durchforsten?", fragt sich der Wissenschaftler, der selbst Allgemeinmediziner und Internist ist.
Mit einer weiteren durch EU-Mittel geförderten Studie, wird er in den nächsten zwei Jahren ein internetgestütztes Programm für Ärzte entwickeln, das vor allem bei der Behandlung chronisch Kranker und älterer Patienten Einsatz finden soll. Es soll zu Beginn rund 50 Substanzen und Substanzgruppen führen. Geben Mediziner weitere Informationen wie zum Beispiel die Indikation, Körpergröße und Gewicht des Patienten sowie einige Laborwerte ein, soll das Programm dem behandelnden Arzt Vorschläge dazu machen, welches und warum ein Medikament abgesetzt werden kann.

Patienten sollten auf Interaktionscheck bestehen
Bis es so weit ist, rät er dazu selbst beim behandelnden Facharzt immer genau nachzufragen, warum ein Medikament verordnet wird. "Man sollte sich genau erklären lassen, was die Vor- und Nachteile der Behandlung sind und bei mehreren Mitteln Interaktionschecks fordern", sagt Prof. Sönnichsen. Letzteres können auch Apotheken leisten. Wichtig ist außerdem neuen Ärzten vor der Behandlung Auskunft über Dauermedikationen oder gerade eingenommene Medikamente zu geben, um zu verhindern, dass Ungewolltes passiert.
....
58.000 Tote jährlich durch falsche Medikamente: Wie Ärzte ihre Patienten gefährden

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Der amerikanische Nierenspezialist Richard Glassock machte letztes Jahr in einem Artikel im British Medical Journal (BMJ) darauf aufmerksam, dass unter die neueste Definition von chronischem Nierenversagen jeder achte US-Bürger falle, von den über Siebzigjährigen sogar jeder zweite. Nur ein verschwindend geringer Teil dieser neu deklarierten Patienten, schrieb Glassock, lande am Ende wirklich mit Nierenversagen im Krankenhaus – aber fast alle würden mit Medikamenten behandelt.
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ein Grenzwert zieht immer eine klare Linie – zwischen gesund und krank, normal und nicht mehr normal, gewünscht und unerwünscht. "Diese binäre Vorstellung trifft aber für kein biologisches System zu, auch nicht für den Menschen",
...
Ein Arzt behandelt keinen Laborwert, sondern einen ganzen Menschen
...
"Wir [Ärzte]betrachten das bloße Risiko für eine zukünftige Krankheit zunehmend als eigenständiges Krankheitsbild."
...
Medizinische Grenzwerte: Krank gesund | ZEIT ONLINE

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet:
das ist ein Thema, auf das nicht genug hingewiesen werden kann, finde ich!
Es ist erschreckend, wieviele Menschen Medikamente verschrieben bekommen und auch nehmen, obwohl sie ohne Medikamente nicht schlechter dran wären oder sogar besser.
Und wenn dann ein Mensch sich gegen Medikamente wehrt, wird oft mit Angst gearbeitet: wenn Sie das Medikament nicht nehmen, kann es sein, daß .....

Hallo Oregano,

eröffnet hatte ich dieses Thema weil mir aufgefallen war, daß hier im Forum eine "Gläubigkeit" und "fast totale Verunsicherung" bezüglich Grenzwerten besteht. Liegt ein beliebiger Wert z.B. bei 3,4 und der Referenzwert ist 1,2 bis 3,4 vermuten viele schon einen Hinweis auf Krankheit. Liegt der eigene Wert bei 3,5 wird das schon als Krankheit angesehen. Daraus entstehen Ängste, die völlig unbegründet sind.

1. ist ein einziger Ausreißer oder zwei oder drei, kein Hinweis auf eine Krankheit, da muß noch vieles mehr zusammen kommen, bevor man einen solchen Hinweis als Krankheit definieren und ernst nehmen kann. Laborwerte sind bestenfalls ein Hilfsmittel, ergänzen die Anamnese, weitere Diagnostik und Symptomatik. Erst all dies zusammen erlaubt eine Diagnose, nie aber nur die Laborwerte allein. Dies trifft ebenfalls auf die inzwischen so beliebten Gene als Krankheitsindikatoren zu. Deswegen brauchen wir ja den Sachverstand der Ärzte - der hier die Zusammenhänge erkennen kann, d.h. den guten Arzt!

2. ist jeder Wert nur ein Ist-Zustand, eine Moment-Aufnahme, der in wenigen Stunden, Tagen, schon wieder ganz anders ausfallen kann.

3. jeder Mensch ist anders, individuell kann ein zu hoher oder zu niedriger Wert für diesen Menschen völlig normal und gesund sein.

4. basieren alle Werte auf statistischen Daten, die für sich genommen schon fragwürdig sind und heftig manipuliert wurden - Grundproblem Manipulationen bei Meta- und Megastudien, falschem Studiendesign, Korrelation herstellen, die keine sind, weil zu vieles unberücksichtigt bleibt. Dazu hier:
Statine,Statin Therapie,Cholesterinsenker,Lipidsenker,Streitpunkt - die Meinungsseite des Info-Netzwerk MEDIZIN 2000 - das Gesamtspektrum der Medizin
So wie hier für die Cholesterinwerte beschrieben wird auch bei allen anderen so gerechnet, daß möglichst viele Patienten gezüchtet werden.
https://www.symptome.ch/threads/med...fehler-in-design-auswertung-von-studien.7686/

Zu falschen und besonders bei Älteren ungeeigneten Medikamenten gibt es noch die PRISCUS Liste. Habe ich andernorts bereits eingestellt. Dort kann man sich informieren, ob verschriebene Medikamente überhaupt bei Älteren eingesetzt werden dürfen. So verschrieb mir mein Phlebologe mal ein Heparinpräparat, extrem hoch dosiert - im Beipackzettel stand: für ab 60-jährige liegen keine Studiendaten vor. Ich brachte es ihm zurück und bat um das Medikament, das ich davor hatte. Er wiegelte ab obwohl ein guter Arzt, aber ich bekam ein neues Rezept.

Ein ähnliches Spiel wie mit Blutdruck, Cholesterin usw. wird mit dem BMI betrieben:
Körpergröße, Gewicht und Geschlecht sind die einzigen Maßstäbe, manchmal wird das Alter berücksichtigt. Doch jeder Mensch ist anders gebaut: diese haben ein so schlankes und hohes Knochengerüst, daß sie sich hinter einem Laternenpfahl verstecken können, jene sind so breit und hoch gebaut, daß allein die Knochen schwerer wiegen, dazu kommt dann noch, wie massiv die Knochen selbst sind. Dazwischen gibt es unzählige Abstufungen und das wird nicht berücksichtigt. Das Alter ist ebenfalls wichtig, so nehmen Frauen nach der Menopause oft zu - gemäß BMI wären sie dann übergewichtig. So werden dann die vielen Diäten und Abnehmmittelchen an die Frau und den Mann gebracht, ihnen ein erhöhtes Herzinfarktrisiko vorgegaukelt.

Angeblich so gesundheitsfördernde Ernährung wie sie uns von den großen Nahrungmittelherstellern vorgegaukelt werden stehen auf tönernen Füßen. Letztlich sind diese sogar gesundheitsschädlich! Dennoch fallen die Leute auf die Werbung herein: Becel-Margarine u.a. sollen vor Herzkreislaufkrankheiten schützen - tatsächlich enthalten sie Chemikalien, die sich an den Herzklappen anlagern und zu Herzklappen-Ersatz-OPs führen, sie fördern die Herzinfarktrate, was an Verstorbenen nachgewiesen werden konnte. Für all diese Versprechungen, Behauptungen von Oetker, Danone, Nestlé u.v.a.m. gibt es keine einzige Studie, die dies belegen könnte. Siehe hier:
Wie synthetische "Vitamine" krank machen - Hans-Ulrich Grimm
Hier wird weit mehr besprochen als nur Vitamine ...
youtube.com/watch?v=EPbx5DjiNYY

Buch "Mein Befund - Laboruntersuchungen verständlich gemacht" von Dr. Woschnagg und Dr. Exel. Diese beiden Ärzte bleiben auf dem Teppich, haben sich nicht manipulieren lassen, wahrscheinlich wurde das Buch deshalb seit 2001 nicht neu aufgelegt, denn es paßt nicht in die heutige Grenzwert-Pharma-Politik - dieses Buch und Band II, der die medizinischen Fachausdrücke erklärt, kann ich jedem wärmstens empfehlen:
Bücher von Amazon
ISBN: 3800038129


Zitat daraus: ... für eine Bewertung des Verkalkungsrisikos gilt folgende Faustregel: der Quotient aus Gesamt-Cholesterin und HDL soll unter 5 liegen. Risiko-Quotient = Cholesterin geteilt durch HDL. Das heißt, daß man Personen mit einem Cholesterinspiegel von 230 mg/l nicht schrecken muß, wenn das HDL z.B. 55 beträgt. Der Quotient liegt dann etwa bei 4 und erfüllt die Bedingung. Zitat ende.

Dies kann man fortschreiben: bei Cholesterin 300 mit HDL 60 wäre keine Behandlung nötig, denn HDL und LDL sind Gegenspieler. Gerade bei älteren Menschen produziert der Körper mehr Cholesterin, weil der Bedarf steigt, nicht zuletzt weil es dafür sorgt, daß die Elastizität von Blutgefäßen erhalten wird, die im Alter brüchiger werden. So kann es bei gesunden Alten zu Cholesterinwerten von 450 und mehr kommen, ohne daß dies einen Einfluss auf die Gesundheit hätte. Im Gegenteil: eine Senkung wäre hier sogar schädlich. Nicht umsonst läßt der Körper eine Beeinflussung durch die Nahrung nur bis zu ca. 3% zu, wird es mehr, produziert er das fehlende Cholesterin sofort selbst nach. Cholesterin wird für zahlreiche Abläufe im Körper benötigt, so führt eine übermäßige Senkung u.a. zu Muskelschwäche bzw. -schwund.
https://thassopunktkom.wordpress.co...ie-hmg-coa-reduktase-inhibitoren-atorvastati/
https://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Report/2012/01/WC500120115.pdf
Oftmals wird nur das Gesamtcholesterin gemessen und dann Statine verschrieben. Die Messung des HDL unterbleibt. Das ist ein gängiger Behandlungs-FEHLER! Cholesterin allein sagt gar nichts aus.

FAZIT: Grenzwerte sind heute durch die Bank manipuliert und so niedrig angesetzt, daß möglichst alle als krank und behandlungsbedürftig erscheinen. Wer sich wirklich daran hält wird dann erst richtig krank, weil die Selbstregulierung des Körpers, sein Streben nach Homöostase bzw. Gleichgewicht verhindert wird.

Gruß,
Clematis
 
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Hallo,

die Grenzwert-Problematik erstreckt sich nicht nur auf medizinische Laborwerte, sondern viele weitere. Grenzwerte für Pestizide, Insektizide und noch vieles mehr, was von der Chemieindustrie geliefert wird.

Die Überschrift für die folgenden Artikel könnte lauten:
Wenn man den Bock zum Gärtner macht! ;)
BAYER & Co. setzen Pestizid-Limits fest
Grenzwertige Grenzwerte
Die Bestimmung der Pestizid-Grenzwerte erfolgt keinesfalls nach wissenschaftlich objektiven Kriterien, wie gutgläubige Laien vielleicht annehmen mögen. Und wenn es zu arge Überschreitungen gibt, dürfen BAYER & Co. nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ sogar selbst Hand anlegen.
CBG - STICHWORT BAYER 04/2015
Teil 1: Warum nicht gleich würfeln? – Über die Festlegung von Rückstandshöchstgehalten von Pestizidwirkstoffen
Rückstandshöchstgehalte bestimmen die maximale gesetzlich erlaubte Menge eines Stoffes in einem Lebensmittel. In der Praxis werden aber erst massive Überschreitungen beanstandet und selbst dann passiert meist nichts. Rückstandshöchstgehalte (RHG) für Pestizide sind außerdem flexibel. Gibt es zu viele Überschreitungen werden sie oft einfach angehoben (siehe Tabelle im Artikel „Die Pestizidbelastung steigt immer mehr).

Wenn man behauptet, dass die gesetzlich erlaubten Pestizidmengen „sicher“ sind, also kein Risiko für VerbraucherInnen darstellen, müsste man diese überprüfen. Mit den verfügbaren Rechenmodellen der Europäischen Behörde (EFSA) und/oder des Bundesamts für Risikobewertung (BfR) (siehe unten) kann das auch jeder und jede tun.
Doch weder die EFSA noch das BfR tun es:
Um die „Sicherheit“ der gesetzlich festgelegten Höchstgehalte zu beurteilen, werden nicht die Höchstgehalte überprüft.

Und so läuft es ab:
Derjenige der einen Antrag auf einen bestimmten Rückstandshöchstgehalt stellt – oft ein Pestizidhersteller oder Vertreter der Lebensmittelindustrie – muss mit dem Antrag Ergebnisse von üblicherweise 8-12 Rückstandsuntersuchungen einreichen. Diese Rückstände sollten durch wirksame, gesetzlich konforme Pestizidanwendungen in relevanten Regionen entstanden sein.
Es heißt in der zuständigen Verordnung 396/2005/EC zwar:
Die Rückstandshöchstgehalte sollten für jedes Pestizid auf dem niedrigsten erreichbaren Niveau festgesetzt werden, das mit der guten Agrarpraxis vereinbar ist, um besonders gefährdete Gruppen wie Kinder und Ungeborene zu schützen.“
Trotzdem wird für die festzulegende Höchstmenge der für VerbraucherInnen schlechteste Wert herangezogen: der höchste gemessene Rückstand aus den eingereichten Untersuchungsergebnissen. Dieser Wert[1] wird dann auch für die Einschätzung herangezogen, ob die höher angelegte Höchstmenge ein akutes Risiko darstellen könnte. Dabei kann der Unterschied zwischen den Werten schon mal bei einem Faktor von zwei liegen. Noch weniger nachvollziehbar wird es bei der Einschätzung des chronischen Risikos, also des Langzeitrisikos.

Stellen Sie sich einen Moment eine Stadt vor in dem eine Schuhfabrik für die EinwohnerInnen der Stadt gebaut werden soll. Um die zu produzierenden Größen zu bestimmen, werden alle BürgerInnen der Stadt nach der Größe der Füße aufgereiht – und es wird entschieden nur die Schuhgröße der Person in der Mitte der Reihe zu produzieren. Wieviel Leuten werden die produzierten Schuhe passen?

Die EFSA geht bei der Risikobewertung genauso vor. Für die Überprüfung des Langzeitrisikos wird weder der vorgeschlagene Rückstandshöchstgehalt[2] noch der höchste gemessene Rückstand aus den eingereichten Untersuchungsergebnissen verwendet. Auch nicht ein Mittelwert.
Der Median – also der mittlere Wert in der Rangfolge nach Sortierung der Werte wird herangezogen. Da kann man auch gleich würfeln. Denn der Median ist für eine Risikobewertung des Rückstandshöchstgehalts ungeeignet – er sagt aus, dass 50% der Werte darunter und 50% der Werte darüber liegen. Mehr nicht. Die Risikobewertung ignoriert einfach die 50% der höheren Werte.
Staatliche Risikobewertung - Warum nicht gleich würfeln?
Die Pestizidbelastung steigt immer mehr
Die Beanstandungsquote, also der Anteil der Überschreitungen von gesetzlichen Höchstgehalten stellt für viele die Messlatte der Rückstandsbelastung dar. Politisch gilt sie als Indikator für erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Verbraucherschutz. Beides ist falsch.
Eine der ersten Fragen, die ich bekomme, wenn ich für jemanden Ergebnisse von Pestizidtests in Lebensmitteln auswerte, lautet: „Wurden die Grenzwerte überschritten?“ Damit sind die gesetzlich erlaubten Höchstgehalte gemeint. Sie stellen für viele immer noch die Messlatte der Rückstandsbelastung dar und gelten politisch als Indikator für erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Verbraucherschutz. Beides ist falsch.

Muss man nur genau hinhören und hinsehen, um das zu wissen. Werden sehr viele Höchstgehalte für Pestizide überschritten, stellen sich Politiker, politisch motivierte Institutionen und Produzenten hin und man hört: „Die gesetzlich festgelegten Höchstgehalte sind keine toxikologischen Grenzwerte. Sie dienen der Überprüfung der Guten landwirtschaftlichen Praxis.“ Ist die Anzahl der Überschreitungen aber gering hört man: „Das ist ein Erfolg unserer Verbraucherschutzpolitik.“ Die Pestizidindustrie veröffentlicht bei einer zurückgehenden Beanstandungsquote sogar Pressemitteilungen wie: „Immer weniger Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln“.

Auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ignoriert die Belastung unterhalb der gesetzlichen Höchstmengen und leitet aus einer niedrigen Beanstandungsquote ab: „Die Belastung von Lebensmitteln mit Pflanzenschutzmittelrückständen bleibt auf einem niedrigen Niveau.“
Das ist etwa so, als würde man die allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 250km/h anheben und dann aufgrund weniger Geschwindigkeitsüberschreitungen behaupten, alle AutofahrerInnen fahren langsamer.

Denn in Wahrheit taugen Daten zu Über- oder Unterschreitungen der gesetzlich erlaubte Höchstgehalte für fast gar nichts. Im Jahr 2011 gab es beispielswiese es sehr viele Überschreitungen von Glyphosat in getrockneten Linsen (fast 100% der Proben). Im darauffolgenden Jahr 2012 noch eine, weil die Höchstmengen für Linsen von 0,1 mg/kg auf 10 mg/kg angehoben wurden . Das ist kein Einzelfall. In den Jahren 2012 und 2013 gab es in Deutschland viele Überschreitungen durch zwei bis dahin eher unbekannte Stoffe (Benzalkoniumchlorid [BAC] und Didecyldimethylammoniumchlorid [DDAC]) und prompt wurde 2014 die Höchstmengen auf das hundertfache angehoben.

Jährlich werden ca. 40% aller gesetzlichen Höchstgehalte verändert (1). Auf Initiative der Lebensmittel- und der Pestizidindustrie werden oft auch genau die Höchstgehalte angehoben, die für Überschreitungen sorgen. So wurde die hundertfache Anhebung der erlaubten Glyphosatgehalte in Linsen von Monsanto Europe, einem Glyphosathersteller beantragt . Auch bei Rückständen durch das Insektizid Acetamiprid kam es 2012/13 zu einer hohen Anzahl von Höchstmengenüberschreitungen und seitdem wurden durch Nisso Chemical Europe GmbH dreimal Anhebungen für eine Vielzahl von Höchstgehalten beantragt .
Anhebungen von Höchstmengen auf Antrag von Pestizidherstellern sind an der Tagesordnung. Die nachstehende Tabelle zeigt nur einige Beispiele aus den Jahren 2014 und 2015.Die Pestizidbelastung steigt immer mehr
Aus o.g. Tabelle der extremste Wert:
Pestizid: Fenamidone
Lebensmittel - mehr als 24 Gemüsesorten
alter Grenzwert: 0,02 bis 2 mg/kg
Beantragter neuer Grenzwert: 0,15, bis zu 70 mg/kg
durch BayerCrop Science
Quelle: EFSA Journal 2014;12(3):3627
Der Vergleich niedrigster alter Grenzwert 0,2 mit höchstem neuem Grenzwert 70, ergibt eine Erhöhung um das 3.500-fache!!! Dieser Wert ist dann gemäß EFSA & Co. plötzlich gesundheitlich unbedenklich! Dieser Masche bedient sich die gesamte Lebensmittel- und Pestizidindustrie!
Aber auch ein Blick auf die Nachweisquote zeigt den stetigen Anstieg von Nachweisen. Verfolgt man die Daten aus einem der besten staatlichen Labore, dem CVUA Stuttgart bekommt man zu einer ganz anderen Einschätzung der Datenlage als Industrie und Behörden. Nur noch 5% des konventionell produzierten Obstes und 9% des konventionell produzierten Gemüses waren 2014 ohne Nachweise (siehe Abbildungen). Die Pestizidbelastung steigt immer mehr
Lassen Sie sich von Worthülsen wie „gute landwirtschaftliche Praxis“ nicht in die Irre führen – hier werden Wertsetzungen ins Spiel gebracht, um VerbraucherInnen unnötig hohe Rückstände mundgerecht zu machen. Im politischen Streit oder um ökonomische Ziele zu erreichen, werden Wörter, Begriffe und Namen oft mit positiven oder negativen Werten besetzt. Dabei geht es immer darum bei den Zielgruppen positive oder auch negative Gefühle zu erzeugen, ihre Werte anzusprechen, zu beeinflussen.

Dafür gibt es viele Beispiele, die Pestizidindustrie wirbt gern mit „modernem Pflanzenschutz“, dabei sind viele ihrer Bestseller 40 oder 50 Jahre alt oder noch älter. Eines unserer Ämter nennt sich Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, obwohl dessen Hauptaufgabe die Zulassung von Pestiziden, Tierarzneimitteln und gentechnisch veränderten Organismen ist. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit klingt eben besser als Bundesamt für Zulassung von landwirtschaftlichen Betriebsmitteln.
Ein Schlüsselbegriff bei der Festlegung von erlaubten Höchstmengen von Pestiziden in Lebensmitteln ist die „gute landwirtschaftliche Praxis“. Bei Industrie und Ämtern kann man es überall lesen: die gesetzlichen Höchstmengen von Pestiziden in unserem Essen basieren auf der „guten landwirtschaftlichen Praxis“.
Gehirnwäsche pur.
„Gute landwirtschaftliche Praxis“ ein irreführender Begriff
Aus folgendem Report im Auftrag von Greenpeace e.V. und GLOBAL 2000:
Die unsicheren Pestizidhöchstmengen in der EU
Überprüfung der harmonisierten EU-Höchstmengen hinsichtlich ihres potenziellen akuten und chronischen Gesundheitsrisikos
https://www.pestizidexperte.de/Publikationen/Neumeister_GP_Global2000_08_EU MRL Check_lang.pdf
greife ich mal nur den Stangensellerie heraus. Dieser allein beinhaltet je nach Land viele oder alle der genannten Chemikalien:
Anhang 5 - Ergebnisse der Bewertung der potenziellen akuten GefährdungStangensellerie: Aldrin und Dieldrin, Chlorthal-dimethyl, Gibberellic acid, Heptachlor, Chlorfernvinphos, Endrin, Ethion, Fentin acetate, Fentin hydroxide, Fluazifop-P-butyl, Pirimicarb, Pyrazophos, Lambda-Cyhalothrin, Bromid-ion, Dioxathion, Mecarbam, Cyromazine, Difenoconazole, Porsulfocarb.
Weder in diesem Report, noch in den anderen zitierten Links wird auf die Synergien eingegangen, die beim Konsum der verschiedensten Kombinationen dieser Chemikalienrückstände in Nahrungsmitteln im menschlichen Organismus ablaufen. Ebenso wenig wird berücksichtigt, daß je Tag zahlreiche verschiedene Chemikalien auf diesem Wege konsumiert werden. Immer wird nur die einzelne Chemikalie und deren Wirkung je Tag und nach Körpergewicht betrachtet. Aufgrund der in die Tausende gehenden Anzahl der Chemikalien ist diese Vorgehensweise zwar verständlich, doch im Grunde genommen, wäre die Note 6 für "Thema verfehlt" angebracht.

Gruß,
Clematis
 
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Hallo,

eine sehr gute Beschreibung, wie Laborwerte und Grenzbereiche ermittelt und festgelegt werden:
https://www.gesundheit.gv.at/Portal...efund_02_Referenzwerte_Was_ist_normal_HK.html
Zu beachten ist dabei, daß jeder 20. GESUNDE außerhalb der genannten Werte liegen kann und nicht krank ist.
Individuell kann man hier überprüfen, ob die eigenen Werte zu hoch oder zu niedrig sind - minimale Abweichungen sind jedoch nur dann von Bedeutung, wenn sie im Zusammenhang mit anderen Werten stehen, die stark nach oben oder unten abweichen. Bei Vergleichen von früher und heute sollten die Werte immer vom gleichen Labor kommen:
https://www.gesundheit.gv.at/Portal...eferenzwerte/referenzwertefrauenbis18_HK.html

Gruß,
Clematis
 
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