Beeinflussung der Amygdala durch Biofeedback, Oxytocin u.a.?

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In der SZ vom Wochenende steht ein langer Artikel über die "Biologische Psychiatrie in der Krise". Darin wird darüber berichtet, daß schon seit Jahren im Grunde kein neues Medikament zur Behandlung von Depressionen und Krankheiten, die mit Psychopharmaka behandelt werden, entwickelt worden ist.

... Eben weil diese Schaltkreise an vielen Stellen gestört sein können, können sehr viele verschiedene Genmutanten die Krankheit auslösen. Somit hätten betroffene Patienten mit gleichaussehenden Krankheitssymptomen genetische Risikoprofile, die sich unterscheiden.
Noch vor 5 Jahren war es methodisch und finanziell nicht möglich, solche Komplexität zu bewältigen. Doch seitdem haben sich die Genomik und die Methoden der Hirnforschung rasant weiter entwickelt. ... Die ersten verantwortlichen Hirnschaltkreise sind ertappt.
Auch die Effekte von Umweltfaktoren lassen sich heute auf der Ebene des Gehirns ausmachen... .. nachgewiesen,daß spezifische Hirnmechanismen reagieren, wenn etwa ein Mensch seinen sozialen Status zu verlieren droht - ein aus der Epidemiologie bekannter psychischer Risikofaktor. In diesem Falle ist die Hirnstruktur der Amygdala - eine Art Emotionsprozessor - und ein regulatorischer Teil des präfrontalen Cortex stärker aktiv, der für die soziale Kognition zuständig ist. "Jetzt, wo ich das System kenne, kann ich überlegen, wie ich es therapiere, berichtet Meyer-Lindenberg. Er berichtet von Biofeedback-Systemen und der Möglichkeit, etwa mit dem Vertrauenshormon Oxytocin die Amygdala zu dämpfen. Es wäre eine neue Methode, regulierend in einen Hirnschaltkreis einzugreifen - eleganter als einfach einen Rezeptor mit einem Wirkstoff zuzuschütten. ...
aus: Südd. Zeitung Nr. 59, S. 24, vom 12./13.3.2011

Prof. Meyer-Lindenberg arbeitet hier: ZI-Mannheim: Originalarbeiten

Dieser Hinweis auf die Amygdala läßt mich an das Amygdala -Training von Datura denken, das sie in der Rubrik MCS beschreibt.

Hier geht es um die Amygdala und Oxytocin:
https://www.socialbehavior.uzh.ch/teaching/NeurooekonomieHS09/VL_11_TrustAmygdalaOxytocin.pdf
https://www.socialbehavior.uzh.ch/teaching/NeurooekonomieHS09/VL_11_TrustAmygdalaOxytocin.pdf

Grüsse,
Oregano
 
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Beeinflussung der Amygdala durch Biofeedback, Oxycotin u.a.?

Hallo, Oregano, sehr interessant, ja. Biofeedback als Therapie ist ja schon für viele Sachen eine Möglichkeit, sogar für Ohrgeräusche, es wird nur noch nicht genug angewendet. Ich hab mich damit mal im Zusammenhang mit MCS beschäftigt, weil ich dachte, das wäre eine Möglichkeit für mich, bin aber hängengeblieben, weil man dafür Geräte und einen Behandler braucht.

Die Amygdala ist nicht Teil des Frontalen Cortex, sondern sozusagen phyllogenetisch der älteste Teil des Limbischen Systems, da irrt der Verfasser ein wenig. Aber alle Teile des Limbischen Systems sind mit allen Gehirnteilen verbunden (und diese Strukturen sind lebenslang veränderbar). Im vorderen Cortex wird entschieden. Ich z.B. entscheide mit meinem vorderen Cotex, wann ich mich Giften oder Duftstoffen aussetzen will, ich lasse sowas meine Amygdala nicht mehr entscheiden.

Liebe Grüße
Datura
 
Beeinflussung der Amygdala durch Biofeedback, Oxycotin u.a.?

Hallo Datura,

wie Du schreibst: Die Amygdala ist ja keine isolierte Struktur im Hirn; sie hängt mit den anderen Hirnbereichen zusammen.

„... the Amygdala has a myriad routes through which it can influence behaviour. Unfortunately
the precise function or functions of the primate amygdala remains a matter of conjecture.“ [conjecture = Vermutung, Spekulation]

Denn die Amygdala reguliert nicht nur Emotionen, sie ist auch beteiligt an Gedächtnisprozessen;ihre Beziehung zu den Basalganglien nutzt sie zur Manipulation motorischer Vorgänge; sie ist stark verknüpft mit autonomen Zentren im Hirnstamm; und sie steht auch in Verbindung mit neokortikalen Gebieten, weshalb ihr immer wieder Einflüsse auf Aufmerksamkeits- und andere kognitive Prozesse nachgesagt werden.

2 Stimulations- und Läsionsstudien

Im Tierexperiment ergeben Stimulationen medialer und lateraler Anteile der Amygdala unterschiedliche Reaktionen. Reizungen der corticomedialen Bereiche führen zu Schmatzen, Speichelfluss, Lecken und Kaubewegungen; Darm und Blase können dabei entleert werden, in Verbindung mit einer Abnahme
willkürlicher Bewegungen.
Im basolateralen Bereich zeigt sich oft ein erhöhtes Arousal und Anzeichen verstärkter Aufmerksamkeit. Das Tier hebt den Kopf, die Pupillen weiten sich und es sieht um sich. Man sieht auch entsprechende Veränderungen im EEG. Stärkere Reizungen führen oft zu dramatischen Effekten. Anzeichen großer Furcht oder Wut
sind beobachtbar.
Im Zusammenhang chirurgischer Eingriffe am Gehirn wurden Bereiche des Temporallappens lokal anästhesiert. Es zeigte sich eine große Anzahl autonomer und emotionaler Reaktionen (BRODAL 1992). Am Häufigsten wurde ein Gefühl der Furcht berichtet, aber auch erinnerungsähnliche Halluzinationen und Deja-vu Effekte.
Ähnliche Reaktionen (Furcht und Haluzinationen) wurden hervorgerufen durch Stimulation von temporalen kortikalen Arealen, die Verbindungen zur Amygdala unterhalten sollen. Ebenfalls ein vages Angstgefühl berichten Epileptiker kurz vor einem Anfall, der im Temporallappen beginnt. Darüber hinaus zeigte LEDOUX () im Tierversuch, dass die Amygdala ganz wesentlich an der Konditionierung emotionaler (Furcht-)Reaktionen beteiligt ist, indem sie die Reiz-Verstärker-
Assoziation herstellt. AGGLETON (1993) warnt jedoch vor einer überstrapazierten Interpretation dieser tierexperimentellen Befunde, sie seien nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragbar: „Clearly a damage can alter emotionality in humans, but it need not produce the dramatic changes observed in monkeys“ (AGGLETON 1993).

Obwohl die Amygdala generell keine Effekte auf die Gedächtnisleistung haben scheint, so läßt sich dennoch vermuten, daß sie am Wiedererkennen von Gesichter beteiligt ist. Ebenso scheint sie eine Rolle zu spielen bei der Erkennung prosodischer Aspekte der Sprache.
...
www.symptome.ch/vbboard/depression-angsterkrankungen/www.seifseit.de/de/bibliothek/.../1_d90e4c01498f5b7c068cc35dbd6fc1df

Hier kann man sich das Gehirn anschauen:
::: Gehirn-Atlas ::: Gehirn-Anatomie, Gehirn-Funktionen und Neurobiologie in Bildern und Studien.

Grüsse,
Oregano
 
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Dieser Ansatz steckt noch in den Kinderschuhen. Aber möglicherweise kann Oxytocin auch in der Schmerzbehandlung helfen:

...
Ein internationales Team von Forschern um den Heidelberger Max-Planck-Wissenschaftler Peter Seeburg fand heraus, dass Oxytocin auch eine schmerzstillende Wirkung hat. Die Studie ist soeben im Fachjournal Neuron erschienen. „Wir konnten einen neuen Aspekt der Wirkung von Oxytocin nachweisen und haben zudem eine neue Subpopulation an kleinen Oxytocin-produzierenden Neuronen entdeckt“, sagt Seeburg.
Bekannt war, dass diese Oxytocin-produzierenden Nervenzellen nicht nur mit dem Hirnstamm, sondern auch dem Rückenmark verbunden sind. Warum das so ist, war bisher unbekannt. Der Studie zufolge wird die Oxytocin-Freigabe nicht nur über das Blut, sondern auch über das Rückenmarkt reguliert und von nur einigen wenigen Molekülen gesteuert.
"Eine Gruppe des kleinen Zelltyps von etwa 30 Zellen sendet seine Nervenenden zu den großen Neuronen, wodurch Oxytocin über die Hirnanhangsdrüse ins Blut abgegeben als auch zum Rückenmark, wo Oxytocin als Neurotransmitter dient, um Nervenzellen zu hemmen", erklärt Seeburg.
Mit Hilfe der Optogenetik konnten die Forscher die Gruppe der kleinen Zellen bei Ratten gezielt mit Licht stimulieren und dazu bringen, über beide Wege mehr Oxytocin auszuschütten.
Das Ergebnis: Jene Tiere, die danach einen erhöhten Oxytocin-Spiegel im Blut hatten, waren weniger schmerzempfindlich und reagierten weniger auf Berührung eines entzündeten Fußes. Eine Hemmung der Oxytocinwirkung erhöhte dagegen das Schmerzempfinden der Tiere. Die Forscher sind überzeugt, dass diese Zellpopulation auch im menschlichen Gehirn zu finden ist, auch wenn das schwieriger nachzuweisen ist. Dieses Wissen könnte jedoch schon jetzt die Basis für die Entwicklung neuer Schmerztherapien sein.
...
https://www.laborwelt.de/aktuelles/nachrichten/2016-01/kuschelhormon-lindert-schmerzen.html

Grüsse,
Oregano
 
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