Windpferd
Im Folgenden eine eigene Rezension eines vor kurzem erschienen Buches.
Poesie des Seins
Gedichte von Anastasia Hoppe.
(Holzheimer Verlag, Hamburg, 2011, 11 €,
Taschenbuch)
"Bist herrlich jung und doch so weise"
- so preist das weibliche Ich dieser Texte den Geliebten. Und so sind diese erstaunlichen Gedichte. Die Autorin - es ist ihre erste Buchveröffentlichung - hat eine bezaubernde Gestalt erfunden und in vielen Facetten gezeichnet. Der Leser erlebt ein Wechselbad von Gefühlen: Verehrung und Bewunderung, Mitgefühl (manchmal möchte er dieser Frau die Daumen drücken), Erschrecken angesichts ihrer Abgründe und Kopfschütteln, Lächeln und Lachen, Zorn und Zerrissenheit, Betroffensein und Ermutigung, Nähe und Seelenverwandtschaft ... Und jeder der Texte ist neu, trägt eine andere Farbe des weiten Spektrums weiblichen Erlebens. Leidenschaft, Versagung, Erfüllung und ihr Zusammenbruch- die zentralen Themen. Und tiefe Ruhe im "Sein" - "all-eins" - verbunden mit den Elementen, mit Meer und Wind.
Schon der Titel "Poesie des Seins": was für eine Kühnheit, ausgerechnet heute. Auf dem Cover eine Priesterin mit Sanduhr (ja, die Vergänglichkeit ...), vielleicht Lilith. Sterne am Nachthimmel und im Haar: "Stella" heißt das Ich einmal.) Ganz nah die Schlange. Glücklicherweise versichert das Ich: "Sie hat keine Angst vor der Schlange / Und isst den Apfel samt Mann." Na dann. Drei Teile: "Zum Nachdenken", "Liebesgedichte" (über die Häfte der 116 Seiten) und "Humor".
"Was mache ich bloß hier?" - die zentrale Frage. Es beginnt mit einem unnennbaren Kindheitstrauma; "entwurzelt", leer" fühlt sie sich. Das wird wiederkehren. Überwindung im "Gesang der Bäume", im eigenen Handeln ("Mal dir ein Lächeln ins Gesicht / Und pack schnell deine Tasche"), in Selbstverteidigung ("Ich zisch' wie ne Schlange"). Urplötzlich
Geborgenheit in "IHM", der keinen Namen hat aber wahrnehmbar ist ("SEINE Gedanken kannst du fühlen"). Immer wieder in der "klingenden Stille der Nacht" (die der Liebe Raum gewährt), durch den "Glanz im Mond"), im Bewusstsein eines "vollkommenen Ziels", im konkreten Alltag ("Heute gibt's einen Braten / Mit Morcheln sogar"), in eigener Wahlfreiheit ("Wag neuen Fang / Ist er zu klein / Wirf ihn zurück"). Dazwischen die "ewige Suche", Aussichtslosigkeit ("Verehrer in Fülle / Ohne Liebe, ganz klar").
Sie sucht IHN, "der mich befreit". Sozusagen IHN in der äußeren Welt. Das macht den Hauptteil der Gedichte aus. "Michael" taucht auf, Erzengel oder Geliebter (vermutlich Beides). Der Gipfel: "Ja, du bist ich und wir sind Gott / Den Schöpfungsakt am spielen". (Natürlich, zum Glück, kann der hohe Ton nicht gehalten werden.) Frühromantik leuchtet auf, was Peter von Matt "deutsche Gegenreligion" nannte, Novalis, Hölderlin, Mörike; "Mann und Weib und Weib und Mann / Grenzen an die Gottheit an" (Zauberflöte). Ein riskanter Weg. Sie selbst kann Liebe "nicht lang halten", sieht sich selbst als "unbeständig" ("frag mich nicht nach meiner Treue"), ist der Unbedingtheit des Geliebten nicht gewachsen (sie hat "Angst dein Leben zu zerstören / Wie damals schon"), erlebt sich als "Süchtige nach ihrem Koks", es gibt den "Traummann" (der aber Traum bleibt) und die "Feigheit" des Gefährten, die uferlose Sehnsucht "nach mehr" ("Folge ich dir selig / Bis an den Weltenrand / Zu allem fähig"). Vereinzelt leuchtet Sakrales auf ("meines Körpers geheiligtes Land"). Doch besteht auch der unlösbaren Zwiespalt zwischen "Die Nacht war heiß, die Körper wild" - und der Vision vom "häuslichen Klima", das "mild" bleiben soll, von der "wohl gezähmten" (!) Frau. Natürlich Zweifel: "Werde ich im Käfig leiden / Wenn wir zusammen sind?" Dann wieder Erfüllung: "Wohl wissend welch ein Segen es ist / Zu lieben und zu wissen / Dass man geliebt wird ohne List". Am Ende ("Humor") bleibt ein treuer Begleiter: "Die Palme steht in meinem Zimmer / ich gieß' sie ab und zu, nicht immer."
Angedeutet "Bedingungslos", das ultimative "Zauberwort". Der unzerstörbare Wert von Liebe "einfach so" - auch der unerwiderten, der scheiternden. ("Wenn ich dich liebe, was geht's dich an" - eines der vielen Urmotive.)
Ja, ein unbedingt lesenswertes Buch, nach dem man immer wieder greifen wird. (Auch vom Verlag ansprechend gestaltet.) Eines der schönsten Geschenke für Liebende und solche, die es werden wollen.
Alles Liebe
Windpferd
Poesie des Seins
Gedichte von Anastasia Hoppe.
(Holzheimer Verlag, Hamburg, 2011, 11 €,
Taschenbuch)
ISBN: 9783941999220 |
"Bist herrlich jung und doch so weise"
- so preist das weibliche Ich dieser Texte den Geliebten. Und so sind diese erstaunlichen Gedichte. Die Autorin - es ist ihre erste Buchveröffentlichung - hat eine bezaubernde Gestalt erfunden und in vielen Facetten gezeichnet. Der Leser erlebt ein Wechselbad von Gefühlen: Verehrung und Bewunderung, Mitgefühl (manchmal möchte er dieser Frau die Daumen drücken), Erschrecken angesichts ihrer Abgründe und Kopfschütteln, Lächeln und Lachen, Zorn und Zerrissenheit, Betroffensein und Ermutigung, Nähe und Seelenverwandtschaft ... Und jeder der Texte ist neu, trägt eine andere Farbe des weiten Spektrums weiblichen Erlebens. Leidenschaft, Versagung, Erfüllung und ihr Zusammenbruch- die zentralen Themen. Und tiefe Ruhe im "Sein" - "all-eins" - verbunden mit den Elementen, mit Meer und Wind.
Schon der Titel "Poesie des Seins": was für eine Kühnheit, ausgerechnet heute. Auf dem Cover eine Priesterin mit Sanduhr (ja, die Vergänglichkeit ...), vielleicht Lilith. Sterne am Nachthimmel und im Haar: "Stella" heißt das Ich einmal.) Ganz nah die Schlange. Glücklicherweise versichert das Ich: "Sie hat keine Angst vor der Schlange / Und isst den Apfel samt Mann." Na dann. Drei Teile: "Zum Nachdenken", "Liebesgedichte" (über die Häfte der 116 Seiten) und "Humor".
"Was mache ich bloß hier?" - die zentrale Frage. Es beginnt mit einem unnennbaren Kindheitstrauma; "entwurzelt", leer" fühlt sie sich. Das wird wiederkehren. Überwindung im "Gesang der Bäume", im eigenen Handeln ("Mal dir ein Lächeln ins Gesicht / Und pack schnell deine Tasche"), in Selbstverteidigung ("Ich zisch' wie ne Schlange"). Urplötzlich
Geborgenheit in "IHM", der keinen Namen hat aber wahrnehmbar ist ("SEINE Gedanken kannst du fühlen"). Immer wieder in der "klingenden Stille der Nacht" (die der Liebe Raum gewährt), durch den "Glanz im Mond"), im Bewusstsein eines "vollkommenen Ziels", im konkreten Alltag ("Heute gibt's einen Braten / Mit Morcheln sogar"), in eigener Wahlfreiheit ("Wag neuen Fang / Ist er zu klein / Wirf ihn zurück"). Dazwischen die "ewige Suche", Aussichtslosigkeit ("Verehrer in Fülle / Ohne Liebe, ganz klar").
Sie sucht IHN, "der mich befreit". Sozusagen IHN in der äußeren Welt. Das macht den Hauptteil der Gedichte aus. "Michael" taucht auf, Erzengel oder Geliebter (vermutlich Beides). Der Gipfel: "Ja, du bist ich und wir sind Gott / Den Schöpfungsakt am spielen". (Natürlich, zum Glück, kann der hohe Ton nicht gehalten werden.) Frühromantik leuchtet auf, was Peter von Matt "deutsche Gegenreligion" nannte, Novalis, Hölderlin, Mörike; "Mann und Weib und Weib und Mann / Grenzen an die Gottheit an" (Zauberflöte). Ein riskanter Weg. Sie selbst kann Liebe "nicht lang halten", sieht sich selbst als "unbeständig" ("frag mich nicht nach meiner Treue"), ist der Unbedingtheit des Geliebten nicht gewachsen (sie hat "Angst dein Leben zu zerstören / Wie damals schon"), erlebt sich als "Süchtige nach ihrem Koks", es gibt den "Traummann" (der aber Traum bleibt) und die "Feigheit" des Gefährten, die uferlose Sehnsucht "nach mehr" ("Folge ich dir selig / Bis an den Weltenrand / Zu allem fähig"). Vereinzelt leuchtet Sakrales auf ("meines Körpers geheiligtes Land"). Doch besteht auch der unlösbaren Zwiespalt zwischen "Die Nacht war heiß, die Körper wild" - und der Vision vom "häuslichen Klima", das "mild" bleiben soll, von der "wohl gezähmten" (!) Frau. Natürlich Zweifel: "Werde ich im Käfig leiden / Wenn wir zusammen sind?" Dann wieder Erfüllung: "Wohl wissend welch ein Segen es ist / Zu lieben und zu wissen / Dass man geliebt wird ohne List". Am Ende ("Humor") bleibt ein treuer Begleiter: "Die Palme steht in meinem Zimmer / ich gieß' sie ab und zu, nicht immer."
Angedeutet "Bedingungslos", das ultimative "Zauberwort". Der unzerstörbare Wert von Liebe "einfach so" - auch der unerwiderten, der scheiternden. ("Wenn ich dich liebe, was geht's dich an" - eines der vielen Urmotive.)
Ja, ein unbedingt lesenswertes Buch, nach dem man immer wieder greifen wird. (Auch vom Verlag ansprechend gestaltet.) Eines der schönsten Geschenke für Liebende und solche, die es werden wollen.
Alles Liebe
Windpferd