"Poesie des Seins" von Anastasia Hoppe

Windpferd

Im Folgenden eine eigene Rezension eines vor kurzem erschienen Buches.

Poesie des Seins
Gedichte von Anastasia Hoppe.
(Holzheimer Verlag, Hamburg, 2011, 11 €,
Taschenbuch)
Bücher von Amazon
ISBN: 9783941999220


"Bist herrlich jung und doch so weise"

- so preist das weibliche Ich dieser Texte den Geliebten. Und so sind diese erstaunlichen Gedichte. Die Autorin - es ist ihre erste Buchveröffentlichung - hat eine bezaubernde Gestalt erfunden und in vielen Facetten gezeichnet. Der Leser erlebt ein Wechselbad von Gefühlen: Verehrung und Bewunderung, Mitgefühl (manchmal möchte er dieser Frau die Daumen drücken), Erschrecken angesichts ihrer Abgründe und Kopfschütteln, Lächeln und Lachen, Zorn und Zerrissenheit, Betroffensein und Ermutigung, Nähe und Seelenverwandtschaft ... Und jeder der Texte ist neu, trägt eine andere Farbe des weiten Spektrums weiblichen Erlebens. Leidenschaft, Versagung, Erfüllung und ihr Zusammenbruch- die zentralen Themen. Und tiefe Ruhe im "Sein" - "all-eins" - verbunden mit den Elementen, mit Meer und Wind.

Schon der Titel "Poesie des Seins": was für eine Kühnheit, ausgerechnet heute. Auf dem Cover eine Priesterin mit Sanduhr (ja, die Vergänglichkeit ...), vielleicht Lilith. Sterne am Nachthimmel und im Haar: "Stella" heißt das Ich einmal.) Ganz nah die Schlange. Glücklicherweise versichert das Ich: "Sie hat keine Angst vor der Schlange / Und isst den Apfel samt Mann." Na dann. Drei Teile: "Zum Nachdenken", "Liebesgedichte" (über die Häfte der 116 Seiten) und "Humor".

"Was mache ich bloß hier?" - die zentrale Frage. Es beginnt mit einem unnennbaren Kindheitstrauma; "entwurzelt", leer" fühlt sie sich. Das wird wiederkehren. Überwindung im "Gesang der Bäume", im eigenen Handeln ("Mal dir ein Lächeln ins Gesicht / Und pack schnell deine Tasche"), in Selbstverteidigung ("Ich zisch' wie ne Schlange"). Urplötzlich
Geborgenheit in "IHM", der keinen Namen hat aber wahrnehmbar ist ("SEINE Gedanken kannst du fühlen"). Immer wieder in der "klingenden Stille der Nacht" (die der Liebe Raum gewährt), durch den "Glanz im Mond"), im Bewusstsein eines "vollkommenen Ziels", im konkreten Alltag ("Heute gibt's einen Braten / Mit Morcheln sogar"), in eigener Wahlfreiheit ("Wag neuen Fang / Ist er zu klein / Wirf ihn zurück"). Dazwischen die "ewige Suche", Aussichtslosigkeit ("Verehrer in Fülle / Ohne Liebe, ganz klar").

Sie sucht IHN, "der mich befreit". Sozusagen IHN in der äußeren Welt. Das macht den Hauptteil der Gedichte aus. "Michael" taucht auf, Erzengel oder Geliebter (vermutlich Beides). Der Gipfel: "Ja, du bist ich und wir sind Gott / Den Schöpfungsakt am spielen". (Natürlich, zum Glück, kann der hohe Ton nicht gehalten werden.) Frühromantik leuchtet auf, was Peter von Matt "deutsche Gegenreligion" nannte, Novalis, Hölderlin, Mörike; "Mann und Weib und Weib und Mann / Grenzen an die Gottheit an" (Zauberflöte). Ein riskanter Weg. Sie selbst kann Liebe "nicht lang halten", sieht sich selbst als "unbeständig" ("frag mich nicht nach meiner Treue"), ist der Unbedingtheit des Geliebten nicht gewachsen (sie hat "Angst dein Leben zu zerstören / Wie damals schon"), erlebt sich als "Süchtige nach ihrem Koks", es gibt den "Traummann" (der aber Traum bleibt) und die "Feigheit" des Gefährten, die uferlose Sehnsucht "nach mehr" ("Folge ich dir selig / Bis an den Weltenrand / Zu allem fähig"). Vereinzelt leuchtet Sakrales auf ("meines Körpers geheiligtes Land"). Doch besteht auch der unlösbaren Zwiespalt zwischen "Die Nacht war heiß, die Körper wild" - und der Vision vom "häuslichen Klima", das "mild" bleiben soll, von der "wohl gezähmten" (!) Frau. Natürlich Zweifel: "Werde ich im Käfig leiden / Wenn wir zusammen sind?" Dann wieder Erfüllung: "Wohl wissend welch ein Segen es ist / Zu lieben und zu wissen / Dass man geliebt wird ohne List". Am Ende ("Humor") bleibt ein treuer Begleiter: "Die Palme steht in meinem Zimmer / ich gieß' sie ab und zu, nicht immer."

Angedeutet "Bedingungslos", das ultimative "Zauberwort". Der unzerstörbare Wert von Liebe "einfach so" - auch der unerwiderten, der scheiternden. ("Wenn ich dich liebe, was geht's dich an" - eines der vielen Urmotive.)

Ja, ein unbedingt lesenswertes Buch, nach dem man immer wieder greifen wird. (Auch vom Verlag ansprechend gestaltet.) Eines der schönsten Geschenke für Liebende und solche, die es werden wollen.


Alles Liebe
Windpferd
 
Liebes Windpferd,

da du wieder meine Neugierde auf das Lesen neuer Bücher geweckt hast,bin ich hier auf deine Seite gestoßen.
Irgendwie bin ich durch das Forum aus meinem Dornröschenschlaf erwacht und verschlinge wieder Bücher,wie früher.

Das Buch ,,Poesie des Seins" scheint auch ein lesenswertes Buch zu sein und wird sicher auch bald meinem Besitz an Büchern erweitern.
Du hast uns darauf aufmerksam gemacht,dass es die einfachen Dinge sind,die unser Leben bereichern - und dazu gehört nun wieder für mich ein gutes Buch.

Im Glücksthread hast du über Christa Wolf ,,August" geschrieben .
Der Brief an ihrem Ehemann kurz vor ihrem Tod ,hat mich sehr berührt.

,,......Ohne dich wär ich ein anderer Mensch geworden". Auch das denke ich,wenn ich an meinen Mann denke.
Auch das Ende derErzählung wo es heißt:,,Er fühlte etwas wie Dankbarkeit dafür,dass es in seinem Leben etwas gegeben hat ,was er,wenn er es ausdrücken könnte,GLÜCK nennen würde.
August lernte ,das Trauer und Glück miteinander vermischt sein könnte - auch ich lernte es.

Was mich aber sehr aufwühlte waren diese Zeilen:,,Er steckte den Schlüssel in seine Wohnungstür .Es ist nicht gut ,in eine leere Wohnung nach Hause zu kommen.Jedesmal fürchtete er sich vor der Stille,die ihn empfangen wird.

Mir schnürte es förmlich das Herz ab,die gleichen Gefühle hatte ich auch nach dem Tod meines Mannes.
Aber im Laufe der Zeit veränderte sich dieses Gefühl und ich freute mich darauf,nach Hause zu kommen,in unsere gemeinsame Wohnung.
Hier finde ich Geborgenheit ,Sicherheit ,Wärme ,spüre noch seine Liebe und tanke neue Kraft, um mit Zuversicht und Hoffnung den Alltag auch ohne ihn und doch mit ihm, zu meistern.

Alles Liebe von Wildaster

Nun lese ich gerade von Ken Wilbert,,Mut und Gnade" und hoffe ,dass ich dann an gleicher Stelle über meine Gedanken schreiben darf.
Wildaster
,
 
of topic :)
Nun lese ich gerade von Ken Wilbert,,Mut und Gnade" und hoffe ,dass ich dann an gleicher Stelle über meine Gedanken schreiben darf.

Liebe Wildaster

Ein wunderbares Buch-über eine wundervolle Liebe zwischen zwei sehr speziellen Menschen, ich las es vor sehr sehr langer Zeit und immer mal wieder etwas draus. Die beiden waren ein sehr tapferes Paar, sehr wertvoll wie sie die Krankheit angingen-und auch dem Tod begegneten.
HERZENSGRUESSE
KARDE
 
Liebe Karde:)
ich glaube nicht,dass es of topic ist,denn auch dieses Buch empfahl Windpferd .
Es ist schön ,dass auch du dieses Buch kennst,dann können wir vielleicht unsere
Gedanken dazu austauschen, wenn ich ich es ausgelesen habe

Ich muss es oft aus den Händen legen,weine dabei sehr oft,denn erlebe durch das Lesen noch einmal die gemeinsame schöne und auch schmerzhafte Zeit mit meinem Geliebten.

Liebe Grüße von Wildaster
 
Sie sucht IHN, "der mich befreit". Sozusagen IHN in der äußeren Welt. Das macht den Hauptteil der Gedichte aus. "Michael" taucht auf, Erzengel oder Geliebter (vermutlich Beides). Der Gipfel: "Ja, du bist ich und wir sind Gott / Den Schöpfungsakt am spielen". (Natürlich, zum Glück, kann der hohe Ton nicht gehalten werden.) Frühromantik leuchtet auf, was Peter von Matt "deutsche Gegenreligion" nannte, Novalis, Hölderlin, Mörike; "Mann und Weib und Weib und Mann / Grenzen an die Gottheit an" (Zauberflöte). Ein riskanter Weg. Sie selbst kann Liebe "nicht lang halten", sieht sich selbst als "unbeständig" ("frag mich nicht nach meiner Treue"), ist der Unbedingtheit des Geliebten nicht gewachsen (sie hat "Angst dein Leben zu zerstören / Wie damals schon"), erlebt sich als "Süchtige nach ihrem Koks", es gibt den "Traummann" (der aber Traum bleibt) und die "Feigheit" des Gefährten, die uferlose Sehnsucht "nach mehr" ("Folge ich dir selig / Bis an den Weltenrand / Zu allem fähig"). Vereinzelt leuchtet Sakrales auf ("meines Körpers geheiligtes Land"). Doch besteht auch der unlösbaren Zwiespalt zwischen "Die Nacht war heiß, die Körper wild" - und der Vision vom "häuslichen Klima", das "mild" bleiben soll, von der "wohl gezähmten" (!) Frau. Natürlich Zweifel: "Werde ich im Käfig leiden / Wenn wir zusammen sind?" Dann wieder Erfüllung: "Wohl wissend welch ein Segen es ist / Zu lieben und zu wissen / Dass man geliebt wird ohne List". Am Ende ("Humor") bleibt ein treuer Begleiter: "Die Palme steht in meinem Zimmer / ich gieß' sie ab und zu, nicht immer."



Alles Liebe
Windpferd


oh herrlich, ich hab Tränen gelacht, das Buch wird meines sein.

Grüssis von Kayen
 
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