Papst und Fußball

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Papst und Fussball

Wie konnte man nur annehmen, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche die Schäfchen mit dem runden Leder vergessen würde. Gerade der Stadionrasen ist eine der Lieblingsweiden des Herrn. Zwar ist der Kirchenstaat für ein eigenes Spielfeld zu klein, jeder Ball der ins Aus geht wurde unweigerlich im Nachbarstaat Italien landen. Aber das Bolzen ist bereits seit dem vorvergangenen Jahrhundert bei den Priester und Prälaten rund um den Petersdom bekannt und beliebt. Und in den achtziger Jahren hat es sogar mal eine Landesmeisterschaft gegeben. 12 verschiedene Mannschaften kämpften dabei um den päpstlichen Freundschaftspokal, vatikanische Landesmeister waren abwechselnd mal die Formationen Skalpell Maurerschaft, Hercules Bücherwurm, Virtus Wachmannschaften und Sturmbock Postbedienstete. Von der vatikanischen Nationalmannschaft weiß man, dass sie mindestens 4 Länderspiele bestritten hat. Ein 0:0 im Jahr 2002 im Fürstentum Monaco. Ein weiteres torloses Spiel gegen den Zwergstaat San Marino, eines im deutschen Limburg und eines gegen den Schweizer Club SV Vollmond, das auf italienischem Boden in Rom ausgetragen wurde und mit einem historischen 5:1 Sieg der papsteigenen Kicker endete. Ermutigt von so erfolgreicher Praxis zum Thema Strafstoss und Eigentor, verkündete der Vatikan vor einigen Monaten stolz, jetzt wolle man sich um eine vernünftige Weltklassemannschaft bemühen, um den Sprung in UEFA und WORLDCUP -dem Himmel Dank im voraus zu schaffen. Papa Ratzingers rechte Hand , der Genueser Kardinal Bertone denkt an all die südamerikanischen Seminaristen, unter denen sich doch garantiert ein paar Jünger der Herren Pele und Maradona befinden dürften. Eigentlich spielt der Vatikan zumindest im Verborgenen längst auf Weltniveau. Bei der WM 1990 in Italien hatte Kardinal Bertone 42 Nationalspieler aus aller Welt gezählt, die ihre ersten Fußballerfahrungen in der Klosterschule gemacht hatten. Der ehrwürdige Bertone selbst hat einschlägige Kenntnisse: als er noch Bischof seiner Heimatstadt war, betätigte er sich nach getaner Predigt gerne als Stadionreporter. Jetzt hat der Vatikan ernst gemacht. Der marode Drittklasse-Verein der mittelitalienischen Stadt Ancona soll jetzt im Zeichen einer neuen Moral wiederauferstehen. Wer Fouls begeht und unfair spielt, muss zur Strafe nach dem Training Sozialarbeit leisten. Schiedsrichter werden so auf Dauer überflüssig. Sollten auch die andere Weltreligionen diesem begrüßenswerten Beispiel folgen, werden Glaubenskriege künftig dank der wichtigsten Nebensache der Welt auf dem grünen Rasen ausgetragen. Auch die Trikotfrage ist schnell geklärt: weiß oder schwarz, Hauptsache knöchellang - und das Problem Zölibat hier wie Frauenfeindlichkeit dort ein für alle mal gelöst: Fußball wäre endlich eindeutig Männersache und die Welt Gottseidank wieder in Ordnung
Autor: Karl Hoffmann

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