Krankenkassen auf Hau-Ruck-Kieferorthopädie gleichgeschaltet?

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13.12.07
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Liebe Leser,
sollten Krankenkassen nicht darauf bedacht sein, wirtschaftliche Behandlungsmethoden zu fördern?
Werden Behandlungspläne abgelehnt, obwohl Behandlungsbedarf zugegeben wird, steht oft dabei, die geplanten Maßnahmen seien nicht wirtschaftlich. Auch wenn es verkehrte Welt ist, wie
1A) in folgendem frischen Fall:
Kieferorthopädischer Behandlungsplan für 6-Jährige mit Grunderkrankung, in verdichteter Form:
Befund: Tiefbiss mit Gaumenberührung und 1 Milchmolarenbreite UK-Rücklage, Scherenbiss links mit 1 mm Schiefbiss, linke Seite beißt tiefer, Kauen nur auf rechter Seite möglich
Therapie: Nachentwicklung besonders des UKs mit Überstellung des Scherenbisses, dann Gesundwachsenlassen der Bisslage im Laufe des Zahnwechsels mit Funktionskieferorthopädie. Stabilisierung der Nasenatmung, Abbau der Fehlfunktionen, Förderung der Allgemeinentwicklung und Haltung durch Umstellung des Bisses.
Mit: FKO (Bionator / Funktionsregler), Crozat und ggf. aktiven Platten. Festsitzende Geräte im Bedarfsfall mit Nachantrag.

Kieferorthopädische Behandlung dringend ratsam ... um Folgeschäden und -kosten zu vermeiden (KIG = K4 !).
Voraussichtliche Behandlungszeit 2-3 Jahre, beständige Mitarbeit vorausgesetzt.
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Die Krankenkasse BKK Mobil Oil hat einen Gutachter beauftragt. Der lehnt die Therapie als nicht krankheitsgerecht ab. Die gewählte Apparatur sei nicht wirtschaftlich (Gegenvorschläge macht er nicht). Obwohl er das Krankheitsbild als bereits behandlungsbedürftig ansieht, so dass eine Kassenpflicht zur Kostenübernahme bestände.
Der Antragsteller, ein namhafter Arzt, hat der Mutter empfohlen, Widerspruch einzulegen, ggf. mit einem Gegengutachter (er kennt welche). Publicity, zumindest in der Lokalzeitung, fände ich dabei nicht verkehrt.
Derweil haben die Eltern für ihre leidende Tochter die erste Zahnspange, einen Bionator, schon mal selbst bezahlt.
Ein Zahnarzt anderswo sagte mir, reine Bionator-Behandlungen kriegt er nicht genehmigt, aber Behandlungen mit Platten und Bionator doch. Oder ein Logopäde noch woanders, dass ihm Kieferorthopäden früher Patienten geschickt haben, aber nun nicht mehr, weil die Kasse das nicht mehr zahlt.

1B) Nur zum Vergleich, hat die aktuelle HTA / DIMDI Studie „Mundgesundheit nach kieferorthopädischer Behandlung mit festsitzenden Apparaturen“, in der Belege für den langfristigen (!) medizinischen Nutzen vermisst werden, zwar den größten KFO-Dachverband rotieren lassen. Aber haben die Kassen hier die Konsequenzen gezogen, indem sie feste Spangen nur noch restriktiv bezahlen?
Wenn ich mir den Ablehnungs-Schrieb hier so begucke, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er computergeschrieben aus Textbausteinen bestehen könnte. Die bräuchten die Behandlungspläne nur nach k.o.-Wörtern wie z.B. Bionator oder Crozat zu durchforsten, den Auto-Ablehner zu betätigen und dann einen Gutachter zu haben, der ihnen das unterschreibt.
Nur mal angenommen (ich lese nämlich gerade ein Buch über Spieltheorie), die versuchen nach dieser Frechheit-siegt-Methode peu a peu alles, was keine fette Lobby hat, zu streichen? Ganz egal, ob heilsam oder nicht? Wer sich dann nicht wehrt, ist der Dumme!


2) Ein Heilpraktiker im Bremer Kassenkieferorthopädie-Sumpf hat sich bei gesetzlichen KVen explizit erkundigt, auch bei der Securvita, die ja den Ruf hat, ein Herz für Naturheilkunde zu haben.
Aber in der Kieferorthopädie lehnen deren Gutachter, wie ihm gesagt wurde, Behandlungspläne ohne feste Spangen nun ebenfalls stereotyp ab, bis auf die Ausnahme, dass ein Zahnarzt dem Patienten bescheinigt (und dafür muss er geradestehen), er sei „stark kariesgefährdet“. Der Heilpraktiker wies darauf hin, dass herausnehmbare Behandlungsgeräte doch billiger kämen. Dann werden die Eltern als Ablehnungsgrund vorgeschoben:
angeblich hätten sie alle für ihre Kinder lieber feste Spangen, weil lose Spangen, wenn die Behandlung sich hinzieht, immer seltener getragen würden, so dass das Behandlungsziel verfehlt werden könnte. So müssen es hier die Kinder ausbaden (sie haben generell zu wenig Lobby), wenn es an der Erziehung hapert. Auch wenn sie nachmittags im Hort oder noch in der Schule sind oder eine Tagesmutter haben: diese Fachkräfte müssten das doch vermitteln können, wenn es die Eltern nicht können oder nie da sind.

Somit sind die GKVen wieder ein Stück weiter gleichgeschaltet. Sie verallgemeinern hier ein Problem, was bei einigen tatsächlich vorkommt, bequem auf alle. Typisch Lobbyfilzokratie!
Wenn es Gesundes also in Zukunft nur noch für Selberzahler und Selbermacher gäbe – dann wäre zumindest zu fordern, dass man sich statt mit diesem teuren Pseudo-Vollkasko auch günstig Teilkasko krankenversichern könnte, v.a. für die größeren Notfälle. Dann würden Mittel für selbstgezahlte gesunde Medizin frei.

Noch gibt es nicht nur in den neuen Bundesländern Orte, wo 100% herausnehmbare Kieferorthopädie noch auf Kasse geht. Sonst wäre meine Positivliste ja eine reine Privatbehandlungs-Liste.
Und was Bremen angeht, so habe ich neben einer Privat-Ärztin im Zentrum 4 Frühbehandlungs-Adressen im Umland bis 30 km durchzuklingeln, sowie in etwa 60 km noch 1 sicherere und 1 neuen Ganzheitlichen.

Zwar sind die 4 aus einer Fremdliste, die auch Adressen umfasst, die keine Kieferorthopädie mehr machen oder von Brutal-Praxen engagiert wurden, alle KFO-Patienten zu denen zu schicken, oder die selber auch ein gewaltsames Sortiment haben. Jedoch ist unwahrscheinlich, dass man dort gleich 4x eine solche Niete zieht.
Soweit für diesmal,
hordeotech
 
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