FLEISCH- ja oder nein?
Hallo Micky,
> ich versuche mich zur Zeit immer mehr mit gesunder Ernährung
> zu beschäftigen und versuche herauszufinden, was für mich
> die gesündeste Ernährung wäre.
Eigentlich gibt es keine individuell gesündeste Ernährung. Der menschliche Organismus, die Verdauung und der Stoffwechsel funktionieren bei allen Menschen (und Säugetieren) gleich. Generell kann man - und das weiß man aus weltweiten Beobachtungen - sagen, daß die gesündeste Ernährung eine möglichst naturbelassene Ernährung ist, die all das liefert, was der Organismus zum Erhalt der Gesundheit benötigt.
> Ich muss sagen, dass je mehr ich darüber lese, immer verwirrter werde.
Das ist völlig normal - der Ernährungs'markt' ist ja gespickt mit tausenden mehr oder weniger sinnvollen Theorien und Ratschlägen. Die meisten existieren leider vor allem deshalb, weil bestimmte Interessensgruppen Vorteile daraus ziehen.
> Am meisten mache ich mir Gedanken um Fleisch.
> Bruker lehnt es ja total ab,
Das ist so nicht richtig. Bruker verzehrte selbst aus ethischen Gründen kein Fleisch und er beschreibt in "Unsere Nahrung, unser Schicksal" auch, warum Fleischverzehr nachteilig ist, aber generell macht er im Rahmen der Vollwerternährung keine Vorgaben, weil das Fleisch nicht primäre Ursache ernährungsbedingter Zivilisationskrankheiten ist. Er sagt vielmehr, daß jeder selbst entscheiden muß, ob er Fleisch verzehrt oder nicht. In der Vollwerternährung spielt Fleisch vor allem deshalb keine Rolle, weil es für eine gesunde Ernährung schlicht nicht notwendig ist. Es enthält nichts, was pflanzliche Nahrung nicht auch liefern würde.
> gelesen habe, dass Fleisch völlig ok ist und sogar gesund und dass
> es vor allem die Kohlenhydrate sind, die uns krank machen.
Die Aussage ist so pauschal falsch. Es sind nicht "die Kohlenhydrate" die uns krank machen (die verzehrt die Menschheit seit rund 30.000 Jahren), sondern die raffinierten Kohlenhydrate. Erst mit der breiten Einführung von Fabrikzucker und Auszugsmehl vor rund 120 Jahren begannen die ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten ihren Siegeszug.
> In dem Buch steht nocheinmal deutlich, dass unsere alte
> Steinzeitdiät, die ja aus Fleisch, Gemüse, Obst, Nüssen, Wurzeln
> bestand, die gesündeste ist. Da kamen kein Getreide und keine
> Milchprodukte vor.
Es gibt keine "Steinzeitdiät". Die Menschen aßen regional schlicht das, was sie am einfachsten bekamen und das waren neben Wurzeln, Nüssen, Beeren auch jede Menge Grassamen, sprich Getreide. Fleisch war dabei sehr selten, denn es zu bekommen, war mit großen Gefahren und viel Aufwand verbunden. Es war zudem nur sehr kurze Zeit lagerfähig und führte ohne Konservierung häufig zu Krankheiten.
Warum diese früheren Ernährungsformen nicht zu den heute üblichen Krankheiten führten, liegt nicht an ihrer besonderen Zusammenstellung. Weder die Inuit mit ihrem hohen Fleischanteil noch die Japaner mit ihrer veganen Ernährung hatten diese Krankheiten. Der Grund liegt vielmehr darin, daß diese Völker ihre Nahrung nicht oder nur gering verarbeiteten, sie also weitgehend naturbelassen verzehrten.
Das konnte man auch weltweit beobachten: Egal welche Ernährungsform vorherrschte - die heute bekannten Zivilisationskrankheiten brachen immer dann aus, wenn die Menschen von ihrer traditionellen Ernährung abkamen und zu einer zivilisatorischen Ernährung übergingen, die durch raffinierte Kohlenhydrate, Konserven und generell stark verarbeiteten Nahrungsmitteln bestand. Wer sich näher dafür interessiert, dem sei das Buch "Gefährdete Menschheit" von Albert v. Haller empfohlen. Das Buch enthält die Aufzeichnungen von Weston Price, einem Zahnarzt, der um die ganze Welt reiste und die Auswirkungen der Ernährung auf die Gesundheit zu untersuchen und zu dokumentieren. Dort findet man diese Zusammenhänge genau beschrieben und dokumentiert.
> Ich habe jetzt die ganze Zeit immer versucht, Fleisch zu reduzieren
> und so gut wie es geht, wegzulassen, ich merke aber auch, dass ich
> nach einer gewissen Zeit dann so einen richtigen Jieper auf Fleisch
> bekomme und ich zumindest auf Hühnchen oder Pute nur schwer
> verzichten kann.
Das ist normal. Fleisch macht tatsächlich körperlich abhängig, weil es körpereigene Endorphine freisetzt bzw. enthaltene Stoffe an die entsprechenden Rezeptoren im Gehirn andocken. Das gleiche gibt es auch bei Käse, Milch, Schokolade. Da Fleisch eine B1 Quelle ist und die meisten Menschen aufgrund des Verzehrs raffinierter Kohlenhydrate unter einem permanenten B1 Mangel leiden, führt das Vermindern des Fleischanteils auch aus diesem Grund zu einem Jieper auf Fleisch. Im Rahmen einer naturbelassenen Ernährung mit (echten) Vollkornprodukten - vor allem einem Frischkorngericht - verschwindet dieser Drang sehr schnell.
> Ich würde so gern wissen, welche Ernährung denn genrell für
> den Menschen die Gesündeste ist(mal von
> Nahrungsmittelunverträglichkeiten abgesehen)???
Die Ernährung dient dazu, die Funktionsfähigkeit des Organismus aufrecht zu erhalten. Dazu verarbeitet der Organismus die Nährstoffe der Nahrung unter Verwendung der enthaltenen Vitalstoffe. Die gesündeste Ernährung ist daher zwangsläufig diejenige Ernährung, die dem Organismus sowohl alle Nährstoffe, als auch die zur Aufnahme und Verarbeitung nötigen Vitalstoffe liefert. Da die Natur es so eingerichtet hat, daß alle in der Natur vorkommenden Lebensmittel auch gleich die zu ihrer Verarbeitung nötigen Vitalstoffe mitbringen, kann die Antwort nur lauten: Die gesündeste Ernährung ist eine möglichst naturbelassene Ernährung, wie sie bspw. Bruker beschreibt.
> Kommt Fleisch darin vor??
Da es zur Gesunderhaltung des Organismus nicht notwendig ist und der Gesundheit eher abträglich ist (Denaturiertes Eiweiß, Verdrängung qualitativ besserer Lebensmittel), muß man Fleisch eher als Genußmittel ansehen, das in der Ernährung eher selten vorkommen sollte.
> Ist denn Fleisch denn wirklich so ungesund und wenn ja, warum??
Fleisch wäre unproblematisch, wenn wir es so verzehren würden, wie die Fleischfresser: Roh und ganz. Mit allen Innereien und Knochen. Das machen wir aus zwei Gründen nicht: Zum einen haben wir eine natürliche Abneigung gegen den Verzehr anderer Lebewesen, zum anderen ist unser Verdauungssystem gar nicht dafür geeignet (Zu schwache Magensäure, zu langer und zu faltiger Darm, fehlende Reißzähne, usw.). Wir verzehren nicht das ganze rohe Tier, sondern nur Teile davon und diese dann auch nicht roh, sondern erhitzt und gewürzt, so daß das Tier bzw. das Fleisch selbst in den Hintergrund tritt. Was und am Verzehr reizt sind vor allem die Gewürze und Röstaromen und nicht das Fleisch an sich.
Wir verzehren also in der Regel nur erhitztes Muskelfleisch. Nun denaturiert Eiweiß leider, wenn man es über 43°C erhitzt - es verliert seine spezifischen Eigenschaften und stellt für den Organismus eher eine Belastung als einen Gewinn dar. In Fütterungsversuchen konnte Prof. Kollath zeigen, daß Tiere, die mit denaturiertem Eiweiß gefüttert werden, krank werden, während Tiere, die mit unerhitztem Eiweiß gefüttert werden, gesund bleiben.
Das über das Fleisch zugeführte Eiweiß ist zudem artfremd. Es stellt für den Organismus daher zunächst einmal eine potentielle Bedrohung dar und ruft das Immunsystem auf den Plan - Fleisch ist eine Belastung für das Immunsystem und den Eiweißstoffwechsel. Das zeigt sich auch bei vielen Krankheiten, bei denen der Eiweißstoffwechsel eine Rolle spielt, bspw. bei Ekzemen wie Neurodermitis, bei Infektanfälligkeit, Allergien oder rheumatischen Erkrankungen. Diese Krankheiten bessern sich deutlich, wenn man auf artfremdes tierisches Eiweiß verzichtet.
Ein weiterer nachteiliger Aspekt ist recht trivialer Natur: Je mehr Fleisch man verzehrt, umso weniger Raum bleibt in der Ernährung für gesündere Lebensmittel.