Elektrosensibilität ist messbar (Teil 2)

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öp: Gibt es weitere Studien, die schädliche Effekte des Mobilfunks belegen?

Von Klitzing: Es gibt epidemiologische Studien, bei denen Kollektive mit einer Häufung von bestimmten Krankheitssystemen untersucht wurden - hier wurden durchaus Zusammenhänge festgestellt.

Ganz aktuell ist der Fall erhöhter Leukämieraten im spanischen Valladolid, aber auch in Israel in der sog. „toten Stadt" sind dramatisch erhöhte Hirntumor- und Leukämieraten im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern aufgetreten. In Paris und Umgebung wurden die Grenzwerte heruntergesetzt, weil dort ein erhöhter Krankenstand festgestellt wurde, der mit dem Betrieb dieser Mobilfunk-Sendeanlagen korreliert. Natürlich existieren auch in Deutschland diverse Hinweise auf Probleme, die allerdings offiziell ignoriert werden. Dieses sind natürlich keine klassischen wissenschaftlichen Studien, sondern Informationen, die jedoch auch zur Kenntnis genommen und entsprechend verarbeitet werden müssen. Aus Vergleichsstudien kann dann durchaus festgestellt werden, dass hier ein Problem vorliegt. Leider sind die Wissenschaftler jedoch zur Durchführung von Studien auf Auftraggeber angewiesen, die nicht neutral sind.

öp: Viele Studien - man denke etwa an die sog. „Rinderstudie" der Bayerischen Staatsregierung oder die im Auftrag der Telekom-Tochter T-Mobile durchgeführte Ecolog-Studie - haben nicht zu dem Ergebnis geführt, das die Auftraggeber sich erhofft hatten...

Von Klitzing: Die Ergebnisse wurden in diesen Fällen immer verschleiert. Gerade bei der bayerischen „Rinderstudie" ist die Vorgehensweise der politisch Verantwortlichen schon beängstigend: Der ursprüngliche Bericht, die Originalversion, ist für den Normalbürger gar nicht mehr zu erhalten. In diesem steht etwas völlig Anderes als in der verkürzten Version, die danach vom Bayerischen Umweltministerium herausgegeben wurde; auch das dazu gehörige 4-seitige Flugblatt ist völlig entstellend. Auch die an der Studie beteiligten Wissenschaftler wurden bewusst falsch zitiert.

Dieses „Hinbiegen" der Ergebnisse ist wissenschaftlich nicht zulässig. Ich habe selbst jahrelang Forschung betrieben. Man ist auf Forschungsgelder angewiesen - und die Auftraggeber sagen Ihnen, was Sie zu untersuchen haben. Nach einem Jahr muss dann ein Zwischenbericht abgegeben werden - und wenn dieser den Erwartungen der Auftraggeber nicht entspricht, ist das Geld weg. Hier ist einem das Hemd näher als die Wahrheit. Das ist an allen Universitäten inzwischen so: Die ganz seriöse unabhängige wissenschaftliche Forschung gibt es gar nicht mehr und scheint auch recht häufig nicht erwünscht zu sein.

öp: Gibt es denn noch seriöse wissenschaftliche Mobilfunk-Studien, die Sie nennen könnten?

Von Klitzing: Es gab auf internationaler Ebene einige seriöse Versuche, die allerdings aus eben diesen finanziellen Gründen allesamt nicht zuende geführt werden konnten. In Deutschland ist hier z.B. Prof. Peter Semm aus Frankfurt zu nennen, der auch mit der Deutschen Telekom zusammengearbeitet hat - er wurde allerdings ins Abseits geschoben, als sich herausstellte, dass die Telekom etwas anderes wollte als das, was er herausgefunden hat. Er war finanziell abhängig von der Telekom und ist dann kollabiert. Ähnliche Fälle gab es bei Prof. Santini in Frankreich und Prof. Hyland in England.

Auch ich wurde an der Universität in Lübeck torpediert, habe aber den Abgang vorher geschafft, da ich andere Optionen hatte, die ich jetzt auch nutzen kann.

öp: Gibt es denn überhaupt keinen Ansatzpunkt für eine große unabhängige Mobilfunk-Studie?

Von Klitzing: Soeben wurde vom Bund eine auf mehrere Jahre angelegte Studie ausgeschrieben. Die dafür freigestellten 28 Mio. Euro werden je zur Hälfte von der Regierung und den Mobilfunk-Betreibern getragen.

Die Ausschreibung geschieht natürlich unter Vorgaben. Wenn Sie sich beim Bundesamt für Strahlenschutz bewerben, müssen Sie schon das Versuchsdesign vorher angeben - und dann wird selektiert. Meines Wissens sind bisher über 600 Bewerbungen eingegangen. Im „Kaffeekränzchen" kommen dann die Auftraggeber der Studie zusammen und überlegen, was am besten in ihr Konzept passt. Auch wir haben uns beworben, aber wir werden mit Sicherheit - wie schon in der Vergangenheit - abgelehnt werden.

Dieses Verfahren ist nicht in Ordnung. Es müsste der umgekehrte Weg sein, wie er früher an Universitäten begangen wurde: Zuerst war das wissenschaftliche Interesse da, und dann hat man sich um einen Geldgeber bemüht. Heute ist der Weg fast immer umgekehrt.

öp: Sie klingen schon sehr desillusioniert ...

Von Klitzing: Das ist leider die Realität, die man zur Kenntnis nehmen muss. Wenn man sich damit nicht abfinden will, muss man andere Wege beschreiten. Und genau das tun wir jetzt. Derzeit ist der Verein „Zur Förderung der Erforschung und Therapie der Elektrosensibilität, e.V." mit Sitz in Würzburg in Gründung. Wir werden hierüber Gelder akquirieren; des weiteren schießt auch unsere Messfirma, die Umweltphysik GbR, eine Menge dazu.

Wir erhalten keine Finanzierung durch die etablierten Geldgeber, sondern müssen die Forschung privat finanzieren. Teilweise werden auch die Kosten von der Schlossklinik in Gelchsheim getragen, die sich mit Umweltmedizin im weitesten Sinne befasst.

öp: Sie versuchen, an Gelder für Ihre Forschung zu gelangen?
Von Klitzing: Ja, aber leider gelingt uns das bisher nur im Ausland. So haben wir einen japanischen Sponsor aus dem Bereich der Medizintechnik, der einen Teil seiner Umsätze für die Forschung freigegeben hat. Dieser finanziert schon erheblich.

Aber das ist nicht der normale Weg - und auch nicht der richtige. Die Politiker in Deutschland müssen sich endlich um das hausgemachte Problem der Elektrosensibilität intensiv kümmern und sich nicht hinter fadenscheinigen Argumentation verschanzen.
 
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