Zusammenfassung. Bei der Lyme-Borreliose (LB) können gleichzeitig andere Infektionen vorliegen,
deren pathologischer Synergismus den Krankheitszustand verschlimmert oder die ähnliche
Krankheitsmanifestationen hervorrufen. Solche begleitenden Infektionen werden als Coinfektionen
bezeichnet. Die Coinfektionen können wie die LB durch Zecken übertragen werden, d.h. es kann bei
Zeckenstich zu Mehrfachinfektionen kommen. Ein Teil der Coinfektionen wird unabhängig von Zecken
übertragen oder es bestehen neben der Zeckenübertragung auch andere Infektionswege. Die klinisch
wesentlichen Coinfectionen werden durch Bartonellen, Yersinia enterocolitica, Chlamydophila
pneumoniae, Chlamydia trachomatis und Mycoplasma pneumoniae hervorgerufen. Die humane
granulozytäre Anaplasmose (Ehrlichiose) und die Babesiose heben in Europa im Gegensatz zu den
USA keine wesentliche Bedeutung. Die „Coinfektionen“ können selbstverständlich auch ohne
Verbindung mit der LB auftreten und führen in Eigenständigkeit zu einer mitunter ausgeprägten
Krankheitssymptomatik, die erhebliche Überschneidungen mit dem Krankheitsbild der LB aufweist.
Dadurch wird die Differentialdiagnose sehr schwierig, mitunter unmöglich. Noch problematischer ist die
diagnostische Situation, wenn die Coinfektionen in Verbindung mit LB auftreten, wenn also Doppeloder
Mehrfachinfektionen bestehen. – Die Coinfektionen wurden in den 1990er Jahren, also etwa zehn
Jahre nach Entdeckung der LB in ihrer Krankheitsbedeutung erkannt. Die differentialdiagnostischen
Schwerpunkte (Überschneidung von Symptomen bei LB und Coinfektionen), die wesentlichen
Indikatoren für die Diagnose der einzelnen Coinfektionen und Empfehlungen zur Behandlung werden
dargestellt. Studien zur Behandlung der Coinfektionen liegen nicht vor, Therapieempfehlungen stützen
sich auf vereinzelte Expertenmeinungen.