GABA (Gamma-Aminobuttersäure)
Dr.med. W Bieger, April 2009
Gamma-Aminobuttersäure (GABA) ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter des Zentralnervensystems. Nach Glutamat, dem wichtigsten exzitatorischen Neurotransmitter, ist die GABA-Konzentration im ZNS am höchsten. Paradoxerweise werden beide, GABA und Glutamat, aus der selben Aminosäurevorstufe gebildet. Glutamin wird durch Glutamat-Synthese zu Glutamat oxidiert, das in GABAergen Neuronen durch GAD (Glutamat-Decarboxylase/GAD: Kofaktor Vitamin B6) zu GABA umgewandelt wird. GABA kann nicht direkt aus Glutamin synthetisiert werden. Bereits 1960 wurde die herausragende Bedeutung von GABA als inhibitorischer Neurotransmitter erkannt. Es wirkt bei zahllosen neuronalen Vorgängen im ZNS modulierend mit, meistens unmittelbar antagonistisch gegenüber dem exzitatorischen Glutamat. 40% aller neuronalen Synapsen sind GABAerg. Die Mehrzahl dieser GABA-Neurone sind sog. Interneurone, die die Aktivität anderer Neurone kontrollieren. Daneben existieren jedoch auch effektorische, in die Peripherie projizierende GABAerge Neurone. Auch primär periphere GABA-Neurone sind heute bekannt, vor allem im zentralen Nervensystem.
GABA wirkt über interneuronale Synapsen in erster Linie durch Hemmung der präsynaptischen Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter. Benzodiazepine und Barbiturate wirken akzessorisch über den sog. GABA-Rezeptor und verstärken die GABA-Wirkung. Bedeutende GABA-Enhancer sind die intracerebral synthetisierten oder über die Blut-Hirnschranke importierten Pregnan-Steroide. Der schlaffördernde und sedierende Effekt von oralem Progesteron beruht maßgeblich auf seiner GABA-Rezeptoraffinität. Noch stärker wirksam ist sein bei oraler Gabe in der Leber bzw im ZNS selbst gebildeter Hauptmetabolit allo-Pregnanolon. Besondere Bedeutung für die Wirksamkeit von GABA hat der Neurotransmitter Serotonin, der die GABA-Synthese stimuliert und die GABA-Rezeptoraffinität erhöht. Bei Serotoninmangel ist auch die Wirksamkeit von GABA eingeschränkt. Weitere GABA-Mimetika sind Theanin, Taurin und Rhodiola, die ebenfalls am GABA-Rezeptor angreifen und die GABA-Wirkung verstärken. Dazu kommt bei einigen wie z.B. Taurin ein Glutamat-antagonisitscher Effekt.
GABA wirkt anxiolytisch, analgetisch, relaxierend, antikonvulsiv und blutdruckstabilisierend. Außerdem besitzt GABA eine noch über Serotonin und Melatonin hinausreichende schlaffördernde Wirkung. Sehr niedrige GABA-Konzentrationen werden bei gravierenden Störungen des Neurotransmitter-Netzwerks, Hochdruck, chronischen Schmerzen, irritablem Kolon, prämenstruellem Syndrom, Depressionen, Epilepsie oder Schizophrenie gefunden.
Komplikationen des GABA-Mangels sind Heißhunger auf Zucker/Süßigkeiten, Parästhesien, Muskelverspannungen, Ohrgeräusche (Tinnitus), veränderte Geruchsempfindungen, nächtliches Schwitzen, Hyperventilation, Tachykardien, Gedächtniseinbußen, Impulsivität, Ungeduld, Ängste. Vor allem die angstlösende Wirkung von GABA wird klinisch genutzt. Da jedoch GABA selbst die Blut-Hirnschranke nicht passieren kann, werden lipophile GABA-Derivate wie Gabapentin, Pregabalin, etc. eingesetzt und gelten als Firstline Medikation für das generalisierte Angstsyndrom.
Neben seinen neuronalen Wirkungen hat GABA vielfältige parakrine und endokrine Funktionen. ........