Profitmache-Kieferorthopädie an Progenie- und LKGS-Patienten?

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Liebe Leser,
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten (LKGS) kommen nur mit einer Häufigkeit von 1:500 vor, und das samt ihrer vielen leichteren Formen, die nicht alle 3 Teile betreffen. Aber sie sind keine Ausnahme mehr davon, dass Patienten mit seltenen Krankheiten sich besonders mühen müssen, angemessene Behandlung zu finden. Bei LKGS noch mehr als bei Progenie.

Als aktueller Anlass ist ein 12-jähriger Patient zwar schon viel operiert worden, aber sein Oberkiefer ist klein wie bei einem Kleinkind, so dass die Zähne übereinander im Kiefer stecken und es jetzt auf eine Gaumennahtsprengung und eine weitere, schwerere OP hinausläuft, und dann reichlich feste Spangen und Außenspangen. Für die Schneidezähne hatte er schon mit 7 oder 8 Jahren (!) eine feste Spange gehabt.

Dermaßen verwachsene Oberkiefer(-zahnbögen) findet man in älteren Schriften jedoch selten. Z.B. zeigen die Fälle im LKGS-Kapitel im Plattenapparatur-Lehrbuch von Tränkmann (1985) ordentlichere Verläufe. Leider ist das kaum online verfügbar, wohingegen eine moderne überregionale LKGS-Seite 6 Folterspangen zeigt und nennt, dabei ein Schrottmodell von Gesichtsmaske, und diesen nur 2 simple Platten und eine olle Kinnkappe gegenüber stehen. Aber nirgends eine Bertoni-Platte, ein Fränkel, eine RDP oder zumindest ein konfektionierter Trainer.

Ein Quäntchen Contra steckt in LKGS-Patienten, Kieferorthopädie, Frühbehandlung , da sind 2 Spaltpatienten dabei (einer noch mit Milch-Backenzähnen). Damals ist man nämlich - was hier völlig unterlassen wurde - an ihrer Kieferentwicklung dran geblieben:
Babyplatte, Lippen-OP, und dann z.B. bei erst 3 Milchzähnen oben „weiterhin Oberkiefer-Platte zur Retention der erreichten Oberkieferform und zum Steuern des Durchbruchs der Front- und später der Seitenzähne - Verhindern der falschen Verzahnung im Frontzahnbereich und jeglicher Kreuzbissbeziehung im Seitenzahnbereich“. Im Milchgebiss, wohlgemerkt, denn Milchzähne sind wichtig für die (Platz-)Entwicklung der bleibenden! Die OP des Gaumenverschlusses erfolgte nicht zu früh, um die Kieferentwicklung möglichst wenig durch Narben zu stören.
In einem Fall wuchs später der 2er in der Spaltzone (die am Gaumen nicht mehr zu sehen war) verkümmert. Er wurde dann einfach überkront. Ein anderer Patient, dessen Spalte beidseitig war, bekam schon eine Babyplatte mit Dehnschraube. So wurde auch hier ein Kreuzbiss verhindert.

Die Weichenstellung zu sanfter Kieferorthopädie (versierte Ganzheitliche; genügsame Kieferorthopäden alter Schule; neue Idealisten) hätte bei LKGS, damit sie Aussicht hat, jedoch früh erfolgen müssen. Am besten gleich nach dem operativen Verschluss des harten Gaumens mit etwa 3 Jahren. Für LKGS gilt verschärft, was sich schon bei Progenie als Missstand zeigt: egal wie früh, droht Verschleppen-bis-zur-Verschlimmerung, und die wird hierbei drastisch. Die Knochensäger reiben sich die Hände. Im Licht der heutigen aufgeblähten Geldmengen, die als Kredite erschaffen werden und überall Anlagemöglichkeiten suchen (Landgrabbing usw.), könnte man meinen, Patienten würden hier zu Spekulationsobjekten für Behandlungsmaximierung degradiert.

Auch z.B. mit einer zusätzlichen OP namens Kieferspaltosteoplastik, die in den alten Dokumentationen erfolgreicher LKGS-Behandlungen NICHT vorkommt. Bei dieser OP wird Knochen aus dem Beckenkamm geschnitten und in den Kieferspalt transplantiert. Angeblich, um den bleibenden Zähnen dort mehr Stabilität zu geben. Andererseits heißt es dann aber, die Patienten müssten lebenslang eine Gaumenstütze tragen (wie eine Prothese ohne Zähne), und einen Kleberetainer sowieso! Zunächst einmal droht die Härte dieses Versatzstücks dabei zu vereiteln, dass die Zähne so wie früher im Wachstum mit herausnehmbaren Spangen an ihre Plätze gelenkt werden können. Sondern mit im Paket wäre hier eine langwierige Bracketspangen-und-Zusatzteile-Großbaustelle, und sollte das scheitern, dann nehmen sich die Implantologen dessen an, was von den Zähnen dann noch übrig ist.

Soweit zu diesem selten schweren Thema. Damit den Letzten nicht die Hunde beißen.
Larissa
Etwas mehr dazu und zu LKGS in anderen Ländern:
Forum über Zwanglose Zahnspangen • Thema anzeigen - Oberkiefervorverlagerungs-OP bei LKGS
 
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