Krank durch Zurückhaltung?

Themenstarter
Beitritt
28.11.07
Beiträge
86
Ich sag's mal etwas provokant: In alternativen und esoterischen Heilkreisen wird ja gern der kompromisslose Frieden propagiert. Aggressionen werden, - nicht von allen aber vielen - tabuisiert und gescholten. Gerade Krebs- und anderen schwerkranken Patienten wird gern empfohlen, sich jeglichem Stress und Konflikt zu entziehen. Mir schien das schon lange etwas zu einseitig. Ich glaube, dass vielen Patienten gerade das Grenzen setzende, "unbequeme" Auftreten fehlt, dass es zum Überleben braucht.

Ich plädiere gerade im Krankheitsfall eher für eine gute Balance: Auch wenn wir nach "Erleuchtung und Eintracht" streben, Ruhe und Harmonie sehr wichtig sind, so sollten wir nicht vergessen, unsere Standpunkte klar zu vertreten und mit Nachdruck zu verteidigen (gerade wenn es um Therapieentscheidungen geht). Wir sollten uns als (Krebs-)Patienten nicht gänzlich den Herausforderungen und Konflikten des Lebens entziehen, sondern aktiv daran teilnehmen und sie als Möglichkeit für unsere persönliche Entwicklung und unser Wachstum begreifen.

Dass ein aggressionsvermeidendes Verhalten konkret gesundheitlich schädigend sein kann, nehmen Wissenschaftler dieser aktuellen Studie an. In meinen Ohren und meiner Erfahrung nach klingt das sehr plausibel:

Metabolic syndrome: aggression control mechanisms gone out of control.

Physical aggression is known to increase secretion of epidermal growth factor (EGF) in anticipation of injuries and EGF is important in pancreatic beta cell regeneration too. In anticipation of injuries aggression related hormones also facilitate angiogenesis and angiogenesis dysfunction is the root cause of a number of co-morbidities of insulin resistance syndrome. Reduced injury proneness typical of 'diplomat' life style would also reorient the immune system resulting into delayed wound healing on the one hand and increased systemic inflammation on the other. Diabetes is negatively associated with physically aggressive behaviour. We hypothesize that suppression of physical aggression is the major behavioural cue for the development of metabolic syndrome. Preliminary trials of behavioural intervention indicate that games and exercises involving physical aggression reduce systemic inflammation and improve glycemic control.
 
Hallo Andy,

Erstens: Hast Du ein eine Quelle/Link zu dem Artikel?

Ich denke gerade basierend auf dem Artikel dass nachwievor (gerade auch basiert auf dem Inhalt des Artikels - erläutere ich dann weswegen ich der Meinung bin), das hier:

Gerade Krebs- und anderen schwerkranken Patienten wird gern empfohlen, sich jeglichem Stress und Konflikt zu entziehen.

immer noch das Beste ist!

Du schriebst auch:
Ich plädiere gerade im Krankheitsfall eher für eine gute Balance: Auch wenn wir nach "Erleuchtung und Eintracht" streben, Ruhe und Harmonie sehr wichtig sind, so sollten wir nicht vergessen, unsere Standpunkte klar zu vertreten und mit Nachdruck zu verteidigen (gerade wenn es um Therapieentscheidungen geht).

Da ist es eher "Assertivität" und nicht "Aggressivität". Und ich denke dass ersteres ohnehin Gesund ist, hat aber nichts mit Aggression zu tun. Assertiv sein, kann man lernen, und würde ich eher einstufen als etwas das Stressreduzierend wirkt, zudem gerade Aggression und Eskalation bei Meinungsunterschiede effektiv verhindern kann.

Dann zum Inhalt des Artikels, und warum ich denke, dass "Aggression" so wie es Dadrin beschrieben ist, eher nicht, oder besser gesagt, gerade nicht zu den bestrebenden "Zuständen" für Krebspatienten zählt und also weiterhin die Empfehlung aus dem Ersten Zitat hier oben gilt. Und dass man sogar gerade wegen dem was im Artikel steht, dadrin bestärkt wird.

Denn: Dieser Abschnitt:
Zitat: In anticipation of injuries aggression related hormones also facilitate angiogenesis and angiogenesis dysfunction is the root cause of a number of co-morbidities of insulin resistance syndrome.

ist gerade was bei Krebspatienten die Alarmglocke lauten sollte! Angiogenesis ist die Neubildung von Blutgefässe. Was Brauchen Tumoren, um so zu wachsen wie sie das tun, und was brauchen Zellen die Metastasen bilden möchten?: -> Eine gute Versorgung, mit Sauerstoff und Baustoffe also: Viel Blut, damit sie ja so wachsen können. Die Angiogenese spielt eine Wichtige Rolle für Tumore. Und man möchte diese ja nicht nochmal die Sache erleichtern und die Neubildung von Blutgefässe fördern. Also meine Schlussfolgerung wäre: Aggression vermeiden, immer noch, und dieser Artikel bestätigt das nochmal.

Ausserdem schaltet das Immunsystem unter hoher Stress runter, und ich denke bei Krebs wäre dies auch nicht wunschenswert.

Mehr zu der Rolle von Angiogenese bei Krebs kann man wahrscheinlich selber auch finden, ins Netz.

Ich denke also, dass es viel Sinn machen kann für Krebspatienten in einen Kurs zu gehen, wo man sich üben kann in Assertivität, damit es nicht zu Aggression, Konflikte, oder weggeschlucktes, aufgestautes Unvergnügen kommt (wenn man um Konflikte zu meiden jede Auseinandersetzung ohnehin meidet und dies dann zur Stress- oder Frustquelle wird).


Herzliche Grüsse,
Kim

PS: Meines Wissens fördert auch Alkohol auch die Angiogenese, also auch damit würde ich dann aufpassen.
 
Das Wort Aggression ist mittlerweile sehr negativ belegt. Viele Menschen denken dabei an gefährliche Killerspiele, Schulmassaker, häusliche Gewalt, Unterdrückung und sinnloses Ausrasten. Dabei vergisst man, dass Aggression ein natürlicher Trieb ist, der erstmal gar nichts schlechtes darstellt. Aggression setzt Grenzen und ist nötiger Bestandteil der von Dir erwähnten Assertivität. Aggression ist Teil des beruflichen Erfolgs. Aggression war und ist wichtiger Teil im Handeln großer Weltverbesserer wie Gandhi, Martin Luther King, wiesiealleheißen und vermutlich auch den großen religiösen Figuren wie Buddha und Jesus. Und meiner Meinung nach spielt Aggression auch eine wichtige Rolle in Beziehungen. Menschen, die sich gegenseitig immer nur angrinsen, ununterbrochene Harmonie spüren wollen und Konflikten somit ausweichen sind nicht im Gleichgewicht.

Diese ununterbrochene Harmonie wird aber immer wieder als Allheilmittel suggeriert. Sei es, dass man ausschließlich positiv und optimistisch denken soll. Sei es, dass man radikal verzeihen und bedingungslose Liebe praktizieren soll. Oder sein Ego auflöst, noch bevor man überhaupt eins hatte.

Das bedeutet im Gegenteil für mich nicht, dass man aufeinander losgeht und sich die Rübe einhaut. Und vermutlich reden wir beide über das Gleiche, benutzen nur andere Worte. Auch mir geht es darum, nicht runter zu schlucken und gute Miene zum bösen Inneren zu machen. Genauso wenig bin ich für körperliche Gewalt (außer wo sie zum eigenen Schutz nötig ist). Grob gesagt bin ich für Vereinigung UND Abgrenzung, Ruhe UND Verausgabung, Zurückhaltung UND Aggression.

Was die Angiogenese angeht, da gebe ich Dir recht. Ich bin aber nicht sicher, ob sich die Angiogenese bei Tumoren über den gleichen Kamm scheren lässt und außerdem am Ende nicht doch einfach nur Symptombekämpfung ist. Kannst Du mir das genauer beantworten? Ich werd auch nochmal nachforschen. Ziemlich sicher bin ich mir aber, dass ein Gleichgewicht zwischen Aggression und dem Gegenteil (was ist das eigentlich?) für die Vermeidung von Krankheiten/Symptomen sehr wichtig sein kann.

Ansonsten freut mich Dein Beitrag. War durchaus von mir gewollt, dass unterschiedliche Meinungen dazu gepostet werden.

Hier noch der Link zum Abstract.

Viele Grüße
Andy
 
Das ist eine der Quellen: Elsevier
+++++
Ich mußte erst einmal nachschlagen:

Suchwort: Assertivität
Beschreibung: Durchsetzungsfähigkeit. Assertivität bedeutet, dass zur Durchsetzung der eigenen Ziele beispielsweise Anweisungen gegeben, Forderungen gestellt und Fristen gesetzt werden oder auf Vorschriften, die Befolgung gebieten, gepocht wird
assertivität - Fremdwort Bedeutung für assertivität in fremdwort.de, Fremdwörter und Ihre Bedeutung, Lexikon Fremdwörterbuch reese® Nachschlagewerk, Wissen für Jedermann

(Manchmal wäre eine Übersetzung hilfreich für das Verständnis):

Diabetes is negatively associated with physically aggressive behaviour. We hypothesize that suppression of physical aggression is the major behavioural cue for the development of metabolic syndrome. Preliminary trials of behavioural intervention indicate that games and exercises involving physical aggression reduce systemic inflammation and improve glycemic control.

[Diabetes wird mit aggressivem physischem VErhalten assoziiert. Wir stellen die Hypothese auf, daß die unterdrückte physische Aggression der verhaltensbedingte Hauptschlüssel ist für die Entwicklung des Metabolischen Syndroms. Frühere Untersuchungen, bei denen das Verhalten gezielt beeinflußt wurde, zeigen, daß Spiele und Übungen mit physischer Aggression die systemische Entzündung reduzieren und die Blutzucker-Kontrolle verbessern.

Dieser Satz ist mir nicht klar. Heißt das nun, daß durch Spiele und Übungen sich der Blutzucker verändert, weil darin Agressionen abgebaut werden können?
Heißt der zweite Satz, daß das Metabolische Syndrom sich nur bei Menschen entwickeln soll, die ihre Agrressionen unterdrücken? Also würden Menschen, die ihre Agressionen ausleben (und hier steht wirklich "Agressionen"!) ausleben, kein Metabolisches Syndrom, keine Insulinresistenz und keinen Diabetes II bekommen? - Die Frage nach der Ernährung wird hier gar nicht gestellt?? :eek:)

Ich denke, jeder Mensch - soweit er nicht zu den wirklich Erleuchteten gehört - wird am besten mit sich und der Welt auskommen, wenn er darauf achtet, daß Geben und Nehmen bei ihm im Gleichgewicht sind, und wenn er seine Wünsche und Bedürfnisse selbst akzeptiert und auch von anderen akzeptiert sieht.
Aber das ist allgemein so und hat - meiner Meinung nach -nichts mit Krankheit zu tun.

Es gab doch auch schon diese Studien, in denen herausgefunden wurde, daß es die vorher oft beschriebene "Krebspersönlichkeit" nicht gibt.
Bestimmte Persönlichkeitsstrukturen sind also nicht der Grund für die Entstehung der Krebserkrankung, sondern die Auswirkung. Somit besteht lediglich ein Scheinzusammenhang, was die These von der "Krebspersönlichkeit" endgültig zum Kippen bringt.
Gibt es eine „Krebspersönlichkeit?“

Ich kenne einige Fälle von Erkrankungen, wo von mehr oder weniger esoterischer Seite mit Überzeugung gesagt wurde: Du mußt Dein Leben radikal ändern, alles über Bord werfen, was Dich krank machen könnte. So haben dann Frauen ihre Männer verlassen, haben sich zurückgezogen, haben letztlich ein einsames Leben gelebt und sind gestorben - oder auch nicht. Die, die gelebt haben, haben später oft bedauert, so radikal vorgegangen zu sein und nicht auf der eigenen Seite "gekehrt" zu haben statt vor des Ehemannes Tür (nur als Beispiel).

Gruss,
Uta
 
Hallo Uta, Andy und andere,

Ich finde die Beschreibung von Assertivität nicht die allerbeste, fast mit negativer Beiklang, aber das kann auch an mir liegen. Ich würde eher so beschreiben:

Die nicht-verletztende, nicht aggresive, Fähigkeit eigene Standpunkte zu verteidigen, darzustellen oder durchzusetzen.

Nahekommende Begriffe: Selbstsicherheit, Durchsetzungsfähigkeit.


Ich finde die Basis für eine Diskussion hier ziemlich Wirr, denn reden wir von Krebspatienten oder reden wir von Diabetiker, oder Patienten mit Metabolisches Syndrom... da scheint es mir so dass leicht sachen aus dem Kontext gerissen werden, und zu falsche Schlussfolgerungen führen.

Offensichtlich ist es wieder mal so dass etwas was für den Einen erförderlich sein kann, für den anderen besser zu vermeiden wäre.

In diesem Fall, also sollen laut dem Artikel bei Aggression bestimmte Hormone freigesetzt werden.

Diese fördern unter anderem die Angiogenese, Gefässneubildung. (=etwas was Tumore brauchen zum Überleben und rasches Wachstum - sowas muss man ja bei Krebs nicht noch extra Stimulieren wollen, oder?)

Hier ein link zu Angiogenese: Angiogenese ? Wikipedia

Für Krebserkrankungen ist das hier wichtig zu wissen:

Solide Tumoren sind abhängig von einem mitwachsenden Kapillarnetz (Tumor-induzierte Angiogenese oder Angioneogenese), das den Tumor mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Entsprechend versuchen anti-angiogenetische Therapieansätze (Antiangiogenese), die Gefäßversorgung und damit die Durchblutung eines Tumors zu reduzieren/zu blockieren. Die erste Anti-Tumortherapie mit einem VEGF-neutralisierenden monoklonalen Antikörper (Bevacizumab - rhuMAb-VEGF) wurde im Jahr 2004 von der FDA bei metastasiertem Darmkrebs[1] zugelassen. Mittlerweile wird der Wirkstoff Bevacizumab auch in der Therapie von Brustkrebs[2], Lungenkrebs[3] und Nierenkrebs[4] eingesetzt. Die Anwendung des Prinzips der Anti-Angiogenese zur Behandlung maligner Tumore geht wesentlich auf die Forschungsarbeiten von J. Folkman zurück, der sich seit den 1970er Jahren intensiv mit Angiogenese und Anti-Angiogenese beschäftigt hat.[5][6][7]

Ich hoffe das macht klar weswegen ich vorhin schon meinte, man solle im Falle einer Krebserkrankung (womit die Informationen aus dem Artikel in Posting 1 direkt in Verbindung gebracht wurden), dann aufgrund der im Artikel beschriebenen Körperprozesse bei Aggressionsverhalten, also dieses Verhalten eher meiden.

Was die Frage mit Symptombekämpfung zu tun hat, verstehe ich übrigens nicht (@Andy).

So wie im hieroben verlinkten Wiki-Artikel ebenso noch zu lesen ist, gibt es auch Situationen wobei eine Förderung der Angiogenese zur Gesundung erwünscht ist. Offensichtlich wird m.E. in auf jeden Fall, dass man alles im Kontext sehen muss, und zwar wohl nur deswegen, dass was im einen Fall guttun kann, in einem anderem Fall eher Schadet.

Ausserdem finde ich es Absurd, die Information aus dem Artikel aus Posting 1, als Plädoyer für ungebremste Aggression zur Gesundwertung/Gesundheitserhaltung betrachten.

Mal im Ernst, was, abgesehen vom Thema Angiogenese, und Unterdrückung der Immunabwehr, kann man denn sonst noch erwarten beim: Also los, keine Zurückhaltung mehr, bei der erstnächste Ärger im Supermarkt, im Verkehr oder an der Tankstelle, mal richtig primär/aggressiv reagieren... (i.e. keine Zurückhaltung und Diplomatie, denn das sei ja ungesund) -> gut für Pankreaszellen, doch was hat man davon wenn man stattdessen, eine auf die Nase bekommt, mit dem Auto gegen ein Baum fährt oder was auch immer....

Herzliche Grüsse,
Kim
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Oben