Sozialpsychologie und Herrschaft

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oli

Ein Film auf englisch über sozialpsychologische Experimente und deren Anwendungen im Alltag (5 Teile): Tubearoo - The World's Video Network

Das Stanford-Prison-Experiment wurde von Dr. Zimbardo in den 60ern (?) in Amerika durchgeführt. Er teilte die Probanden in zwei Gruppen ein: Die Häftlinge und die Wärter. Die Wärter bekamen Spiegelsonnenbrillen, Trillerpfeifen und Uniformen. Die Insassen bekamen eine Nummer, eine Art Krankenhaushemd ohne Unterhose und eine symbolische Kette an den Fuß.

Nach ein paar Tagen eskalierte die Situation und das Experiment wurde abgebrochen. Die Wächter nutzen ihre Macht hemmungslos aus und stülpten den Gefangenen Papiertüten über und ließen sie sinnlos Exerzieren und Liegestützen machen. Einige Insassen bekamen Nervenzusammenbrüche.

Interessant ist die Verbindung, die im dritten Teil geschaffen wird:
Tubearoo - The World's Video Network
Hier wird gezeigt, dass es sich bei den amerikanischen Folterskandalen nicht um bedauerliche Einzelfälle ("bad apples") handelt, sondern um eine Frage der Organisation. Es wird gezeigt, dass man durch die Struktur und bestimme Anweisungen inkl. Hierarchiestrukturen, sogar hochdekorierte Militärs dazu bringen kann, völlig menschenverachtende, schwachsinnige Folter-Verhöre durchzuführen (an Arabern, die "gefährlich" sind, ohne Dolmetscher, mittels Hunden, Nacktheit und eine Menge Gewalt). Es wurden sogar "Verhöre" durchgeführt von Leuten, die nie dafür ausgebildet wurden, Befragungen zu machen.

Ansonsten bringt dieser Film sehr gut zu Tage, was man sich nicht traut vorzustellen: dass etwa 38 Zeugen einem Mord tatenlos zusehen, dass vier Freunde einen fünften Kumpel einfach sterben lassen, dass bei fingierten Experimenten die Probanden einen fiktiven Teilnehmer mit Stromschlägen töten, nur "weil es erforderlich ist".

Habe das alles auch an der Uni gelernt, es gibt viele sozialpsychologische Studien, die einem die Haare zu Berge stehen lassen, ob der Ergebnisse über die Spezies Mensch.
 
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Das sind Erkenntnisse, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Ich kann nur beten, daß ich nie in eine solche Situation kommen werde! Denn offensichtlich schlummern in uns Menschen Abgründe, von denen wir im Normalleben gar nichts wissen.

Statt in der "Kunst" des Verhörens auszubilden, wäre es besser, in der "Kunst" des Sich-Beherrschens auszubilden, in der Fähigkeit, menschlich zu bleiben.

Ich mußte bei Deinem Posting an meine gerade beendete Lektüre von Harry Potter (letzter Band) denken: hier wird sehr eindrucksvoll gezeigt, wie das funktionieren kann mit dem Mißbrauch der Macht bzw. mit der erpresserischen Kraft der Macht.
Und ich habe an den Artikel von dem Pater Arno Grün gedacht, der auch in anderen Veröffentlichungen das Thema "Macht" behandelt:
Arno Gruen: Der Wahnsinn der Normalität. Realismus als Krankheit - eine grundlegende Theorie zur menschlichen Destruktivität
https://www.stuttgart.de/stadtbuecherei/druck/oc/gruen.pdf
https://www.symptome.ch/threads/der-verlust-des-mitgefuehls-von-arno-gruen.9619/

Gruss,
Uta
 
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Mir fällt dazu Jane Elliot ein:
Braunäugig / Blauäugig ist eine Übung, die Diskriminierung anhand der Augenfarbe verdeutlicht und von Jane Elliott entwickelt wurde. Als Grundschullehrerin stand sie am Tag nach der Ermordung von Martin Luther King vor dem Problem, wie sie dieses Ereignis ihren rein weißen, rein christlichen SchülerInnen in einer rein weißen, rein christlichen Dorfgemeinde in den Vereinigten Staaten erklären sollte. Ihre Klasse war niemals auch nur in der Nähe eines Menschen anderer Hautfarbe, oder gar mit dem Elend konfrontiert, das durch Rassismus bedingt wird.

Die Übung basiert auf der Aufteilung einer Gruppe von Menschen aufgrund ihrer Augenfarbe in Braunäugige und Nicht-Braunäugige. Die "Blauäugigen" werden so angesehen und behandelt, wie Nicht-Weiße, MigrantInnen und Nicht-Christen traditionellerweise in dieser Gesellschaft behandelt werden. Alle negativen Stereotype die wir in unseren Gesellschaften kennen, werden auf die Gruppe der Blauäugigen angewendet. Blauäugige werden als unterlegen eingestuft und als Unterlegene behandelt. Im Ergebnis beginnen diese, sich unterlegen zu fühlen und bestätigen das Stereotyp.

Diskriminierung und Rassismus sind erlernte Fähigkeiten. Es gibt keinen genetischen Code für Diskriminierung, Menschen werden nicht als Rassisten geboren, sie werden dazu gemacht. Und: Alles, was erlernt werden kann, kann auch verlernt werden. Der erste Schritt dahin ist Erkenntnis. Die Erkenntnis, daß Rassismus in unserer Gesellschaft existiert, die Erkenntnis, wie es ist, wenn Du oder Menschen in Deiner Umgebung von Rassismus betroffen sind.

Die Übung zeigt, wie unsinnig und destruktiv Diskriminierung ist. Übrigens bei genauerem Hinsehen für beide Seiten. Die Vorstellung, daß der Melaningehalt unserer Haut, oder die Herkunft unsere Intelligenz beeinflußt ist grotesk. Dennoch ist unsere gesamte Gesellschaft von diesen Stereotypen durchdrungen.
eyetoeye - Das Konzept
Liebe Grüsse
pita
 
Vielleicht noch bekannter in diesem Zusammenhang ist das Milgram-Experiment. Da durfte eine Gruppe von Personen einer anderen (fiktive) Stromschläge erteilen, bei Verhörexperimenten. Die Intensität der "Stromschläge" durfte immer weiter erhöht werden, wenn keine Antwort erfolgte. Sie waren ausgestattet mit der "Autorität", dass es zur Wahrheitsfindung unbedingt notwendig sei. Die wenigsten weigerten sich immer weiter zu machen. Die meisten erledigten "ihre Pflicht". Man braucht sich da keinen Illusionen hinzugeben. Es stehen immer genügend Aufseher für KZ`s und Gulag-Lager zur Verfügung. Nur zur Erinnerng, Hannah Arendt: Die Banalität des Bösen.

Viele Grüße, Horaz
 
Das Wort Macht ist bei vielen Menschen sehr negativ besetzt. Der Begriff und ihre Ausübung wird stets verbunden mit Streit, Mord und Totschlag. Es gibt wenig wissenschaftliche Literatur dazu, aber ich habe da etwas gefunden, was mich sehr beeindruckt.

Das Kernproblem, um das die künftige Kulturarbeit kreisen und von dessen Lösung alles, nicht nur Wohlfahrt oder Not, sondern leben oder Untergang abhängen wird, ist die MACHT. Nicht ihre Steigerung...wohl aber ihre Bändigung, ihr rechter Gebrauch.
Bei genauer Prüfung zeigt sich..., daß im Laufe der Neuzeit zwar die Macht über das Seiende, Dinge wie Menschen, in einem immer ungeheuerlichen Maße ansteigt, der Ernst der Verantwortlichkeit aber, die Klarheit des Gewissens, die Kraft des Charakters mit diesem Anstieg durchaus nicht Schritt halten. Es zeigt sich, dass der moderne Mensch nicht zum richtigen Gebrauch der Macht erzogen wird, ja daß weithin sogar das Bewußtsein des Problems fehlt...Es gibt noch keine richtig durchdachte und wirksam geprägte ETHIK DES MACHTGEBRAUCHS, noch weniger eine ERZIEHUNG DAZU, weder einer Elite noch der Gesamtheit..."

Quelle: "Das Ende der Neuzeit" von Roman Guardini

Wer sich noch weiter damit beschäftigen möchte, dem empfehle ich das großartige Werk "Die Macht" von Romano Guardini. Es sollte eigentlich Pflichtlektüre für Philosophiestudenten sein, dann würden sie später vielleicht nicht mehr nur über den Sinn des Lebens "palavern", sondern endlich in die Politik gehen ;). Philosophen sind die besseren (verantwortungsbewußteren) Machthaber.
 
Diese Idee hatte Platon auch schon. Ich möchte nicht in seinem "Staat" leben.
Viele Grüsse, Horaz
 
Hallo Horaz,

das spricht ja nicht gerade für die guten Philosophen :D .

Diese Idee hatte Platon auch schon. Ich möchte nicht in seinem "Staat" leben.
Viele Grüsse, Horaz

Dann musst du wohl den "Staat" regieren ;) .

Und hier beginnt es wieder: wer regieren will, also Macht haben will - ist herrschsüchtig...Aber irgendeiner muss es doch tun ;). Und hier beginnt Macht etwas mit Verantwortung zu tun zu haben.

Viele Grüße
Anne
 
Oli du hast mich missverstanden. Für den rechten Gebrauch der Macht gibt es kaum Literatur. Und das liegt daran, dass herrschsüchtige Menschen auch nicht daran interessiert sind. Lies das Buch, dann weißt du was ich meine.

Macht = Verantwortung.

Die Gewaltenteilung in der Demokratie ist nicht ohne Sinn und Verstand eingeführt worden, somit wird Missbrauch zumindest eingedämmt.
 
Ach sooo...ok, dann sorry :bier:

Vielleicht lese ich das Buch ja mal...wobei es ja nichts bringt, wenn man weiss, wie es gehen könnte. Zumindest solange man sowieso nicht in der entsprechenden Position dafür ist...
 
Oh Anne,
das wäre ein breites Thema, das mit der Absicht des Threads nur noch am Rande zu tun hätte.

Platons "Der Staat" ist die Urmutter aller "idealer" Staatsformen. Im Grund ist es ein Ständestaat mit Philosophen an der Spitze. Das Problem ist meistens, dass Macht zu korrumpieren scheint. Davon wissen auch unsere modernen Demokratien manch Liedlein zu singen. Im Grunde sind unsere jetzigen Staaten gewaltige Verwaltungsapparate, die bis ins Detail regeln möchten, was zu tun und zu lassen ist. Mit wechselnden Politikern an der Spitze, die sich durch Orts-, Kreis- und Landesverbände nach vorn gearbeitet haben. Deren Hauptziel ist, wieder gewählt zu werden, um sich Privilegien der Macht zu erhalten. Politiker als Gesinnungsethiker kommen selten durch so ein Labyrinth an die Macht.

Viele Grüße, Horaz
 
Hallo oli,

ich finde, da hast Du ein ganz wichtiges Thema angeschnitten und die Reaktionen zeigen, wie ewig aktuell es ist. Ein Danke von mir!:)

Wie Horaz musste auch ich an das "Milgram - Experiment" denken und auch an das „Rassismus – Spiel“ von Jane Elliott, das Pita anführte.

Hallo Flowerpower:
Zitat Flowerpower
Das Wort Macht ist bei vielen Menschen sehr negativ besetzt. Der Begriff und ihre Ausübung wird stets verbunden mit Streit, Mord und Totschlag. Es gibt wenig wissenschaftliche Literatur dazu, aber ich habe da etwas gefunden, was mich sehr beeindruckt.
Das Kernproblem, um das die künftige Kulturarbeit kreisen und von dessen Lösung alles, nicht nur Wohlfahrt oder Not, sondern leben oder Untergang abhängen wird, ist die MACHT. Nicht ihre Steigerung...wohl aber ihre Bändigung, ihr rechter Gebrauch.
Bei genauer Prüfung zeigt sich..., daß im Laufe der Neuzeit zwar die Macht über das Seiende, Dinge wie Menschen, in einem immer ungeheuerlichen Maße ansteigt, der Ernst der Verantwortlichkeit aber, die Klarheit des Gewissens, die Kraft des Charakters mit diesem Anstieg durchaus nicht Schritt halten. Es zeigt sich, dass der moderne Mensch nicht zum richtigen Gebrauch der Macht erzogen wird, ja daß weithin sogar das Bewußtsein des Problems fehlt...Es gibt noch keine richtig durchdachte und wirksam geprägte ETHIK DES MACHTGEBRAUCHS, noch weniger eine ERZIEHUNG DAZU, weder einer Elite noch der Gesamtheit..."

Quelle: "Das Ende der Neuzeit" von Roman Guardini

Leider fehlt bei der Beschreibung des Buches eine Definition des Begriffes „richtiger Machtgebrauch“. Werke über „richtigen Machtgebrauch“ gibt es in der Vergangenheit zuhauf, ich denke jetzt nur mal an Nicolo Machiavellis Staats- und Herrschaftsideen.
Niccolò Machiavelli - Wikipedia
Auch der von Horaz angesprochene „ideale Staat“ Platons beinhaltet solche Ideen vom „richtigen Machtgebrauch“, sie führen eindeutig zum totalitären Staatswesen.

https://www.symptome.ch/threads/philosophie-geschichte-des-nach-denkens.4361/page-5#post-42143 Beitrag #84:

Platon fordert in seiner Staatstheorie eine Herrschaft der Besten, die aus einer strengen Auswahl während eines langen Erziehungsprozesses hervorgehen sollte. Geführt werden soll der Staat durch einen Philosophenkönig.
In fortgeschrittenem Alter reiste er noch zweimal nach Syrakus auf Sizilien (366 und 361), wo er den jungen Tyrannen Dionysios II unterrichtete. Vielleicht hoffte er, auf Sizilien seine Vorstellungen vom idealen Staat realisieren zu können.

Staatstheorie nach Platon:
Staat: Die denkbar höchste Form des sittlichen Lebens sei das sittliche Leben in einem guten Staat.
Es gebe drei verschiedene Aufgaben der staatlichen Gemeinschaft:
1. Ernährung und Erwerb - Gewerbetreibende
2. Verteidigung nach außen - Wächter
3. Leitung durch Vernunft - Herrscher
4. Gerechtigkeit besteht darin, daß diese drei in ein
rechtes Verhältnis zueinander gebracht werden.
Philosophenkönige: Platon kritisierte die bestehenden Verfassungen und lehnte sowohl die Oligarchie (Herrschaft Weniger), die Demokratie (Herrschaft Vieler) und die Tyrannis (Herrschaft eines Einzelnen) ab. Er entwarf das Bild eines idealen Zukunftsstaates, in dem durch Auslese von Kindheit an und ohne ererbte Vorrechte die Besten zu Philosophenkönigen werden, während die Masse des Volkes von jeder Herrschaft und von jeder Mitbestimmung in religiösen und kulturellen Fragen ausgeschlossen bleibt.

Zugegeben, die wenigen Philosophen in Herrscherpositionen, zu denen ich zum Beispiel Marc Aurel, Friedrich II. von Staufen und auch Friedrich II. von Preußen, zählen würde, sind mir sympathischer, als macchivellistische Knalltüten wie Ludwig XIV. und George Walker Bush;) .

Andererseits raten aufgeklärte und liberale Geister, wie zum Beispiel Hermann Hesse, nicht umsonst die "Geistigen", also auch die Philosophen, die Finger von der Machtpolitik zu lassen, das heißt, sich nicht einspannen zu lassen, weil die Macht eben immer wieder korrumpiert und zu Missbrauch führt. https://www.symptome.ch/threads/hermann-hesse.6810/

Flowerpower, der Begriff Macht ist so negativ besetzt, weil Machtausübung in der Geschichte – in der früheren, in der Jüngeren, in der Zeitgeschichte und in der Gegenwart, immer wieder zu Machtmissbrauch führte und führt - mit all ihren schrecklichen und unmenschlichen Folgen.

Die Frage nach dem "richtigen Umgang mit Macht";) , lässt sich für mich allerdings leicht beantworten: durch Teilung und Kontrolle.

Herzliche Grüße von
Leòn
 
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Oh Horaz ;) ,

was für eine Absicht hat denn Oli ? Ich kann keine erkennen. Eine Frage auch nicht :idee: . Gibts hier keine Gedankenäußerungsfreiheit mehr ?

Was die beschriebenen Experimente angeht, so denke ich, dass es ein falsches Bild von den Menschen abgibt, weil es absolut unvollständig ist.

Ich meine, dass die Menschen nicht mit einbezogen wurden, die solche Experimente erst gar nicht mitmachen würden. Das ist wohl der größte Teil der Menschheit :) . Diejenigen, die sich dazu bereit erklären haben, haben m. E. bereits ein Machtproblem, selbst wenn sie nicht Gewalt anwenden. Diejenigen glauben vielleicht, sie seien damit besser als die anderen, bis sie plötzlich merken, dass man zurückschlagen muss, da das "Böse" sonst stärker ist.

Daher wird hier eine Gruppe psychisch nicht ganz gesunder Menschen mit der Allgemeinheit verglichen und man könne wirklich zu dem Schluss kommen, die Menschen seien alle schlecht. Der "Mythos" vom schlechten Menschen ist also geschaffen, bewiesen und wird legitim...

Das ist meine Meinung dazu. Soll keine Provokation sein :wave: .

Ich werde hier - wenn ich darf - in den nächsten Tagen eine Umfrage gestalten.

Zitat Leon: Flowerpower, der Begriff Macht ist so negativ besetzt, weil Machtausübung in der Geschichte – in der früheren, in der Jüngeren, in der Zeitgeschichte und in der Gegenwart, immer wieder zu Machtmissbrauch führte und führt - mit all ihren schrecklichen und unmenschlichen Folgen.

Danke für den Hinweis, Leon. Da wäre ich nicht von selbst drauf gekommen ;) .


Zitat Leon: Andererseits raten aufgeklärte und liberale Geister, wie zum Beispiel Hermann Hesse, nicht umsonst die "Geistigen", also auch die Philosophen, die Finger von der Machtpolitik zu lassen, das heißt, sich nicht einspannen zu lassen, weil die Macht eben immer wieder korrumpiert und zu Missbrauch führt.

Hallo Leon, was ein aufgeklärter und liberaler Geist ist, das entscheide ich für mich selbst und kein Philosoph - eben wegen oben genannter Schwäche...:wave:

Herzliche Grüße
Anne
 
Hallo Flowerpower,

Danke für den Hinweis, Leon. Da wäre ich nicht von selbst drauf gekommen .

Also, immer wieder gerne! :D

Hallo Leon, was ein aufgeklärter und liberaler Geist ist, das entscheide ich für mich selbst und kein Philosoph - eben wegen oben genannter Schwäche...

Okay, ich vergaß ein "meines Erachtens" davor zu setzen.



Daher wird hier eine Gruppe psychisch nicht ganz gesunder Menschen mit der Allgemeinheit verglichen und man könne wirklich zu dem Schluss kommen, die Menschen seien alle schlecht. Der "Mythos" vom schlechten Menschen ist also geschaffen, bewiesen und wird legitim...

Also ich komme hier lediglich zu dem Schluss, dass Menschen unter bestimmten Bedingungen beeinflussbar sind.

Aus meiner Sicht ist eine, woher auch immer rührende Auffassung, der "Mensch sei schlecht" ebenso inhuman und irreführend, wie die der Mensch sei "gut".
Aber das ist meine persönliche Meinung.

Flowerpower, bisher hast Du leider noch nicht deutlich gemacht, was denn

rechter Gebrauch von Macht - Deiner Meinung nach - ist!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Das Argument von Flower (nur bestimmte Leute machen bestimmte Experimente mit) klingt schon sinnvoll. Dennoch finde ich dazu folgendes:

Auf eine von den Wissenschaftlern geschaltete Zeitungsannonce in Palo Alto meldeten sich ungefähr 100 Studenten. Bei einem Persönlichkeitstest wurden 24 Studenten ausgewählt, die normale, durchschnittliche Ergebnisse erzielten. Es wurden 15 Dollar pro Tag in Aussicht gestellt. Die ausgewählten Studenten mussten Münzen werfen und wurden so in zwei Gruppen eingeteilt – Wärter und Gefangene. Die Gefangenen mussten im Vorfeld Dokumente unterschreiben, in welchen sie freiwillig auf einige ihrer Grundrechte verzichteten, solange sie im „Gefängnis“ waren.
Quelle: Stanford-Prison-Experiment - Wikipedia

Die Psychologen neigen gerne zwar dazu, alles in Schubladen einzuteilen und zu verallgemeinern. Auch das gewünschte Ziel einer Studie spielt natürlich eine große Rolle. Andererseits oder gerade, weil das bekannt ist, wird sowas auch öfters mal mitbedacht. In der Methodologie sind viele verschiedene "bias" bekannt. Diese Verzerrungen sollen ausgeschaltet werden, wenn man eine bestimmte Untersuchunge macht.

Weitere Aspekte:
- die Probanden bekamen Geld versprochen
- das Thema der Studie wurde vielleicht garnicht in der Annonce erwähnt ..

Interessant wären ja Feldstudien zum Thema Macht und Machtmissbrauch. Vielleicht finde ich ja die nächsten Tage was darüber.

Was aber auf jeden Fall im Feld beobachtet wurde, bzw was schon oft passiert ist, ist dass Passanten viel öfter halfen, wenn sie alleine waren. Wenn viele Menschen anwesend waren, wurde nicht so häufig in der Notsituation eingegriffen.
Das hat zwar mit Macht nichts zu tun, zeigt aber die Herdenmentalität des Menschen.

Als leider extrem reale Feldstudie könnte man die Daten und Geschichten aus dem Dritten Reich erachten. Da kann man sehr gut sehen, wie der durchschnittliche Mensch zum "Tier" wurde. Denn nicht alle Nazis waren schlechte Menschen, das lag am System:
- sog. Kompartimentierung (jeder ist nur ein kleines Rädchen)
- ganz gezielte Übermittlung bzw Unterdrückung von Informationen
- Propaganda, die einen gefährlichen Feind schuf
- ein übergeordnetes Ziel, für das alle einstehen müssen
- die Möglichkeit für fleissige, große Macht zu erlangen

Die Liste ist sicher unvollständig, doch ich glaube, dass das die Grundpfeiler sind, wie man am besten eine Diktatur aufbaut.
Als Vorbereitung schafft man ein Klima, in dem sich ein großer Teil der Bevölkerung eine "starke Hand" wünscht. Durch die Feindbedrohung halten alle zusammen und sehen über Unstimmigkeiten hinweg. Später erklingt dann oft der Satz: "Ach, wenn wir das am Anfang gewusst hätten, wo das Ganze hinführt...".

P.S.: Das Thema des Threads hat zwar mit Macht zu tun, aber insgesamt eher mit Herrschaft, Autorität und der Unterordnung unter diese. Besonders bemerkenswert finde ich dabei, die Ergebnisse der Studien, die zeigen, dass Menschen sich gerne unterordnen und sehr sehr weit gehen, obwohl ihnen bekannt ist, dass es sich um ein Experiment handelt. Sie tun es "für die Sache".
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ein Punkt bei der schnellen Machtausbreitung der Nationalsozialisten im Dritten Reich war dazu noch die Angst, die durch die angekündigten Strafen so gut wie jeden ergreifen konnte. Und das ging erstaunlich schnell durch die straffe Organisation in so gut wie allen Lebensbereichen. Und es ging auch dadurch so schnell, daß es Menschen gab, die das Denunzieren mochten und taten.

Gruss,
Uta
 
Hallo oli,

genau, mit Experimenten, wie zum Beispiel denen von Zimbardo oder von Milgram, sollen ja die Wirkmechanismen untersucht, bzw. nachgewiesen werden, die zum Beispiel zum "Versagen der Menschlichkeit" im Nationalsozialismus geführt haben.

Sie zeigen immer wieder an, dass Menschen unter bestimmten Bedingungen zu unglaublich schlimmen Taten fähig sind. Übrigens hat auch das Milgram - Experiment gezeigt, dass es Menschen gibt, die sich - aus welchen Gründen auch immer - nicht bis Ultimo manipulieren und zu allem hinreißen lassen.Milgram-Experiment - Wikipedia

So wie es auch im Nationalsozialismus aktive Minderheiten gab.

In diesem Zusammenhang möchte ich gerne auf den Roman von Walter Jens Walter Jens - Wikipedia , den ich persönlich auch für einen liberalen Geist halte;) , hinweisen:
"Nein, die Welt der Angeklagten" hinweisen.
Amazon.de: Profil von Philipp O.: Rezensionen

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Ich werde hier - wenn ich darf - in den nächsten Tagen eine Umfrage gestalten.

Meinen Segen hast Du - von mir aus darfst Du. Hat sonst Jemand Einwände?
Oder soll ich diesbezüglich eine Umfrage starten, ob Flowerpower eine statistische
Erhebung machen darf? Vielleicht erleichtert ein eindeutiges Ergebnis ihre Entscheidung.

Bodo
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Hallo zusammen

Finde den Spruch von Uta Denn offensichtlich schlummern in uns Menschen Abgründe, von denen wir im Normalleben gar nichts wissen. bemerkenswert.
Diese Abgründe werden durch Struktur/Ordnung, geschriebene und vor allem ungeschriebene Gesetze im Zaun gehalten. Es reicht aber schon eine unstrukturierte oder unordentliche Situation wie zB eine Überschwemmung sie in New Orleans und es bricht schon bei den ersten auf.
Quintessenz: Der Mensch ist im Grunde genommen (auch) schlecht. Diese Einsicht würde helfen, in die richtige Richtung zu gehen. Aber die vielerorts vertretene These, dass der Mensch im Grunde (nur) gut sei und nur das Umfeld/Umwelt (welche ja auch widerum durch den Menschen geschaffen wird) schlecht, ist erstens nicht logisch und bremst die nötigen Schritte nach der Einsicht.
 
Beste Beispiele liefern auch die zahllosen Berichte über Manipulationen, ja sogar "Gehirnwäschen" in Sekten. Wie hier z. B. die ehemalige Colonia Dignidad - Wikipedia

Schäfer war ein Meister der Manipulation Anderer, der Gehirnwäsche und des Teile-und-Herrsche. Religiöser Druck und die Verzerrung der Sexualität gehörten zu seinen Herrschaftsmitteln. Gestützt durch die Pinochetdiktatur und in den schlimmsten Jahren der Repression gedeckt durch die deutsche Botschaft in Santiago, konnte Schäfer mit Hilfe einer Führungsclique die Mehrzahl der Siedler unterdrücken und zu seinen fügsamen Helfern machen.
www.menschenrechte.org/beitraege/lateinamerika/Colonia.htm

Herzliche Grüße von
Leòn
 
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