Oberhalb eines Blutspiegels von ca. 30 Mikrogramm Jodid pro 100 Milliliter werden so hohe
intrathyreoidale Jodkonzentrationen erreicht, daß diese zu einer Blockade der Jodisation
führen (Wolff-Chaikoff-Effekt). Das Jodid gelangt zwar in die Schilddrüsenzellen, wird
jedoch nicht in das Schilddrüsenhormon eingebaut. Zum größten Teil diffundiert es in die
Zirkulation zurück und wird renal ausgeschieden (Schumm-Draeger, 1994). Gleichzeitig
werden die Jodination und besonders bei hyperthyreoter Schilddrüse die Proteolyse (Hormonabgabe)
gehemmt. Der Wolff-Chaikoff-Effekt ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
Erst einige Tage nach der Zufuhr hoher Joddosen kommt es auch zur Hemmung des schilddrüsenmembranständigen
Jodtransportsystems und somit zur Abnahme der intrathyreoidalen
Jodkonzentration und zur Aufhebung des Wolff-Chaikoff-Effektes (Braverman, 1985). Dieser
als Escape-Phänomen bezeichnete Mechanismus verhindert eine übermäßig lange Blockade
der Hormonsynthese und damit die Entwicklung einer Hypothyreose (Ingbar, Wöber, 1974;
Schumm-Draeger, 1994). Bei pathologischer Reaktion der Schilddrüse können diese
Regelmechanismen ausfallen.
Bei Störung des Wolff-Chaikoff-Effektes oder zu frühem Eintreten des Escape-Phänomens
kann sich eine jodinduzierte Hyperthyreose bilden. Daher treten jodinduzierte Hyperthyreosen
oft erst mit einem Intervall von vier bis sechs Wochen nach Jodgabe auf. Tritt das Escape-
Phänomen nicht ein, kann sich eine Hypothyreose entwickeln. Die gesunde Schilddrüse ist in
der Lage, durch die beschriebenen Mechanismen ein Überangebot von Jod zu verarbeiten,
ohne daß es zu vermehrter Bildung von Schilddrüsenhormonen kommt oder durch zentrale
Regelvorgänge über die Hypophyse die Freisetzung von TSH supprimiert wird (Fassbender et
al., 2001; Trost et al., 1980).