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Der Mensch ist, meiner Meinung nach, sowohl ein individuelles als auch ein soziales Wesen.
Daraus entstehen sowohl Bedürfnisse nach individueller "Freiheit", (geistiger) Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung und persönlicher Entwicklung, als auch nach Miteinander, Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Solidarität und Kooperation.

Ich vermute: beide Tendenzen sind in allen Menschen vorhanden. Vielleicht mit unterschiedlichen Gewichtungen?
Vielleicht spielen auch gesellschaftliche und ökonomische Faktoren dabei eine Rolle?

Ich denke, beide "Bedürfnisse" können harmonisch miteinander einher gehen und erfüllt werden. Es können aber auch Konflikte daraus entstehen und zu unbefriedigenden Situationen führen.

Ich denke allerdings grundsätzlich, dass Menschen da unterschiedlich gewichtete Bedürfnislagen haben. Und die mögen sich mit den Lebensumständen, zum Beispiel dem Alter, auch verändern.

Als kleinen "Gedankenanstoß" setze ich hier mal folgendes Liedchen :D hinein. Herzliche Grüße von Leòn.



Herzliche Grüße von
Leòn :)
 
Bei Deinem Threadtitel ist mir gleich ein Titel eingefallen:
Ortega y Gasset: Aufstand der Massen

O. sieht den Menschen als soziales, in einem permanenten Geflecht von Beziehungen sich verwirklichendes Wesen (»El hombre y la Gente«, postum 1957), als Summe aus vorgegebenem Dasein und Umständen (»Yo soy yo y mi circunstancia«, »Ich bin ich und meine Umstände«, aus »Meditaciones del Quichote«) und kritisiert die Isolation des denkenden Subjektes, die das cartesianische Denken postulierte (»El Espectador«). In diesen Zusammenhang gehört O.s aufsehenerregende Kritik des »Weimarer Goethe«, dessen späte Jahre er als in ihrer Wirksamkeit und Entfaltung durch die »sterile Glasglocke von Weimar« gehemmt sieht. - O.s Werk ist im Zusammenhang mit den besonders in den zwanziger und dreißiger Jahren sehr modernen soziologisch-kulturphilosophischen Spekulationen um Aufstieg und Verfall, um Masse und Individuum zu verstehen. Seine Rezeption und Umdeutung in Faschismus, Nationalsozialismus und Franquismus verzerrte in späterer Zeit oft das Verständnis für seine teilweise noch heute aktuellen Einsichten. Weniger ein origineller Denker als ein brillanter Stilist und Dialektiker, kann er neben Unamuno als einer der wichtigsten Denker und vor allem der kraftvollsten Prosaschriftsteller des Spanien der ersten Jahrhunderthälte gelten.
Ortega y Gasset, José: Der Aufstand der Massen | wissen.de

Ortega y Gasset, José: Der Aufstand der Massen | wissen.de

Für mich ist der Mensch auch kein rein individuelles Wesen sondern immer eingebunden in seine Zeit, sein "Milieu" und damit beeinflußbar.
Das zeigt ganz gut das Beispiel von Ortega y Gasset, der ja durchaus auch als Verfechter der Dikatatur um Franco und auch von Hitler angesprochen wurde.

Gruss,
Uta
 
Natürlich ist jeder Mensch durch die Pole der Individualität und der gesellschaftlichen Einbindung bestimmt. Deshalb gibt es nahezu unendlich viele Modelle dafür, bestimmt zum Beispiel durch Herkunft, Geschlecht oder Beruf.
Das Phänomen der Masse entstand erstmals bei der Französischen Revolution und nahezu flächendeckend in Europa mit dem Zusammenbrechen von Monarchien und dem Entstehen der Demokratien.
Der erste der anfangs des 20. Jh. die Masse als Phänomen studierte, war Gustav LeBon mit seinem Buch „Psychologie der Massen“. Er war fasziniert davon, wie Massen auf einmal zum Handeln fähig werden und spekulierte über eine „Massenseele“ mit der die Massen wie ein Schwarm Fische zu gemeinsamen, scheinbar automatisierten Handeln kommen.

Ortega y Gasset war skeptischer. Er war nicht fasziniert von Massen und betrachtete sie eher als ein Phänomen, um das man nicht herum käme; sein Buch, 20 Jahre nach dem von LeBon geschrieben, der „Aufstand der Massen“, sah sehr prophetisch am Ende dieses Prozesses ein vereintes Europa. Der Grund warum Ortega manchmal in die Nähe der Nazis gerückt wird, war seine Beziehung zu Heidegger, der den Nazis näher stand, als viele seiner Anhänger wahr haben wollten.

Viele Grüße, Horaz


PS: Über den „Aufstand der Massen“ habe ich einmal eine Seminararbeit geschrieben. Deshalb ist mir die Thematik noch recht geläufig.
 
Der einzelne Mensch ist ja wohl Teil der Masse.

Er wird geprägt durch viele Faktoren, die zu einem großen Teil in seinem entwicklungsgeschichtlich ältesten Gehirnteil, dem reptilischen Gehirn gespeichtert sind. (hier sind wahrscheinlich auch C.G.Jungs Archetypen verankert)


Die Absetzung von der Masse könnte man mit Jungs Begriff der Individuation beschreiben - Selbstwerdung.


Beides ist wichtig - in gewissem Maß zur Masse gehören - z.B. in einer Demokratie das Wahlrecht auszuüben - Gemeinschaften anzugehören ...

Aber dabei nie das eigene "ich" außer Acht lassen - sich immer bewussst bleiben/werden:

wer bin ich?
was will ich?
was kann ich dafür tun?
 
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