Saccharomyces boulardii: Rote-Hand-Brief

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... Neue Kontraindikation von Saccharomyces boulardii (Saccharomyces cerevisiae HANSEN CBS 5926) bei schwerkranken oder immunsupprimierten Patienten
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Zusammenfassung
-  Bei Patienten, die mit Saccharomyces boulardii / Saccharomyces cerevisiae HANSEN CBS 5926 (im weiteren Text: S. boulardii) behandelt wurden, sind in seltenen Fällen Fungämien* aufgetreten; bei schwerkranken Patienten kam es zu Todesfällen.
-  Arzneimittel mit dem wirksamen Bestandteil S. boulardii (s. Aufstellung unten) sind nunmehr kontraindiziert bei schwerkranken oder immunsupprimierten Patienten. Sie waren bereits kontraindiziert bei Patienten mit zentralem Venenkatheter.
-  Andere Patienten, die sich in unmittelbarer Nähe zu mit S. boulardii behandelten Patienten aufhalten, sind ebenfalls dem Risiko ausgesetzt, mit den Mikroorganismen kontaminiert zu werden. Deshalb muss der Handhabung der Arzneimittel in Gegenwart von schwerkranken oder immunsupprimierten Patienten sowie Patienten mit zentralem Venenkatheter oder auch peripherem Katheter, die nicht mit S. boulardii behandelt werden, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
-  Um Kontamination mit den Mikroorganismen über die Hände oder die Raumluft zu vermeiden, dürfen die Beutel und Kapseln nicht in den Krankenzimmern geöffnet werden. Das medizinische Fachpersonal sollte während der Handhabung der Probiotika Handschuhe tragen, diese danach umgehend entsorgen und sich die Hände gründlich waschen.

Hintergrund des Sicherheitsbedenkens
S. boulardii ist ein Ersatz für die Darmflora, welcher aus einer Hefekultur stammt und als gefriergetrocknetes Produkt erhältlich ist.
S. boulardii ist indiziert zur unterstützenden symptomatischen Behandlung von Diarrhöen zusammen mit Rehydratation und/oder diätetischen Maßnahmen sowie (in einigen Ländern) auch zu Prophylaxe und Behandlung von Antibiotika-assoziierten Diarrhöen und rezidivierenden Clostridium difficile-Infektionen (CDI) zusammen mit Vancomycin und Metronidazol.
Das Risiko der Fungämie bei Patienten mit zentralem Venenkatheter ist bereits bekannt. Es wurde nun in seltenen Fällen bei hospitalisierten, schwerkranken oder immunsupprimierten Patienten (auch ohne zentralen Venenkatheter) von Fungämien berichtet, die meistens zu Fieber führten.
Bei den meisten Fungämie-Fällen war der Ausgang zufriedenstellend, nachdem die Behandlung mit S. boulardii beendet, eine antimykotische Behandlung vorgenommen und bei Bedarf der Katheter entfernt worden waren. Dennoch kam es bei einigen schwerkranken Patienten zu einem tödlichen Verlauf.
Daher werden die Informationstexte (Fachinformation und Gebrauchsinformation) zu S. boulardii um einen neuen Warnhinweis und eine neue Kontraindikation ergänzt. ...
https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2018/20180122.pdf

Fungämie:
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Als Fungämie bezeichnet man die Anwesenheit bzw. den Nachweis von Pilzen im zirkulierenden Blut, wie sie z.B. im Rahmen einer Systemmykose auftritt. Eine Fungämie kann zur Sepsis führen und ist ein Pendant zur Bakteriämie.

2 Hintergrund
Eine Fungämie bei immunkompetenten Menschen ist selten, da das Immunsystem eine wirksame Barriere gegen das Eindringen von pathogenen Pilzen darstellt. Meist handelt es sich um Patienten mit einer Immundefizienz (z.B. unter Chemotherapie) oder schwerer Grunderkrankung, bei denen sich Hefen oder Schimmelpilze als opportunistische Erreger ausbreiten.

3 Erreger
In den meisten Fällen handelt es dich bei den auslösenden Erregern um Hefen der Gattung Candida - man spricht dann auch von einer Candidämie. Am häufigsten trifft man Candida albicans und Candida glabrata an, in zunehmendem Maß auch "neue" Candida-Spezies wie Candida auris. Weitere mögliche Erreger stammen aus den Gattungen Aspergillus, Cryptococcus und Saccharomyces.

4 Klinik
Der Verlauf einer Fungämie kann mild bis gravierend mit schwerem grippeähnlichem Krankheitsbild sein.

Mögliche Symptome sind:
Schmerzen
Fieber
Verwirrtheit
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https://flexikon.doccheck.com/de/Fungämie

Früher wurde zur Antibiotika-Einnahme oft Perenterol verschrieben, das diese Saccaromyces boulardii enthält.
In den Gegenanzeigen und Warnhinweisen wird darauf auch schon aufmerksam gemacht:
https://www.onmeda.de/Medikament/Perenterol+50+mg--gegenanzeigen+warnhinweise.html
Ich hatte allerdings immer den Eindruck, daß Perenterol als völlig harmlos angesehen wird :confused:.

Eine gewisse Vorsicht, vor allem bei einer Unverträglichkeit von Hefen, ist aber sicher angebracht.

Grüsse,
Oregano
 
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