Ich wollte sterben, aber ich war noch nicht dran

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22.07.07
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39
Hallo,

ich habe das Gefühl, hier darüber schreiben zu können, was sonst niemand hören will, weil das Thema unbequem ist.
Würde mir hier jemand zuhören.........

LG
Silvia
 
Ich wollte sterben, aber ich war noch nicht dran....

hallo silvia,

ich bin ganz ohr!

bei mir war es so, dass ich dran war am sterben, aber nicht wollte...

später habe ich es bereut.

ich habe hier im forum auch schon über die unterschiede von:

- sterben wollen/möchten
- getötet werden wollen/möchten
- sich töten lassen wollen/möchten
- umgebracht werden wollen/möchten
- sich umbringen wollen/möchten

geschrieben.

ich habe auch schon mit meinem priester darüber geredet und heute werde ich wahrscheinich wieder mit ihm über solche themen reden.

momentan ist bei mir das thema "duell" dran.
bringen sich die leute dabei um, oder töten sie sich?
was passiert mit dem überlebenden nach dem tod, was mit dem, welcher es nicht überlebt hat?
was passiert mit mir nach dem tod, wenn ich jemanden umbringe? was, wenn ich es auf seine bitten hin mache? was, wenn ich jemanden todschlage? was, wenn ich jemandem verlängernde lebensmassnahme entziehe? was, wenn ich jemandem den auftrag gebe, mich umzubringen? was, wenn ich es elbst tue? etc.

warum weisst du, dass du noch nicht dran warst, um zu gehen?
warum willst du sterben?

willst du oder möchtest du sterben?

ich denke, wenn man es wirklich will und nicht nur möchte, dann ist man vielleicht eher dran?

schiess mal los!
ich bin ganz ohr.

was ist passiert, dass es soweit kam und was ist passiert, dass es nicht mehr so ist?

fragen, fragen, fragen.

ich schreibe das alles nur, um dir einen anhaltspunkt zu geben, was du mir erzählen könntest.

viele liebe grüsse von shelley :wave:
 
Liebe Silvia,

Ich wollte sterben, aber ich war noch nicht dran

Du WIRST sterben, wenn Du dann mal dran bist. In einem anderen Thread machst Du mir Mut, weil ich so traurig um den Verlust meiner Mutter bin, und hier schreibst Du als Mutter sterben zu wollen. hmmmmm.... erzähl, warum wolltest Du sterben?

Liebe Grüße
Sema
 
Guten Morgen Silvia

Du darfst sterben, du darfst aber auch weiter leben, Silvia.
Du schreibst ja selber "ich war noch nicht dran", denn wen du "dran" gewesen wärest, wärst du auch gestorben.
Da du NICHT gestorben bist DARFST (manchmal auch als "müssen" empfunden) du weiter LEBEN, Silvia.....auch wenn viele Menschen es im Moment als "Erleichterung" empfinden würden, wenn sie "gehen" könnten, das ist völlig normal.

Liebe Grüsse

Pius
 
Hallo Silvia,

ich finde das Thema keineswegs unbequem. Tatsächlich mache auch ich mir von Zeit zu Zeit Gedanken über den Tod.

Ich werde Dir zuhören.

LG
Christian :wave:
 
Liebe Silvia,



Du WIRST sterben, wenn Du dann mal dran bist. In einem anderen Thread machst Du mir Mut, weil ich so traurig um den Verlust meiner Mutter bin, und hier schreibst Du als Mutter sterben zu wollen. hmmmmm.... erzähl, warum wolltest Du sterben?

Liebe Grüße
Sema
Hallo Sema,
...ja .... Mut und Stärke bekam ich erst nach meinem gescheiterten Selbstmordversuch. Erst danach hab ich die Bücher von PdF gelesen. Heute denke ich nicht mehr dran, mich zu töten. Aber das Erlebnis damals geiert immer über meinem Kopf. Das war die schlimmste Zeit in meinem Leben, die Tat an sich und alles was darauf folgte wie die Zwangseinlieferung in die psychiatrische Anstalt.... ich hab nie darüber gesprochen.
Und ich fragte mich, ob ich hier eine Plattform gefunden habe. Ich nehme seither Antidepressiva.
LG
Silvia
 
Guten Morgen Silvia

Du darfst sterben, du darfst aber auch weiter leben, Silvia.
Du schreibst ja selber "ich war noch nicht dran", denn wen du "dran" gewesen wärest, wärst du auch gestorben.
Da du NICHT gestorben bist DARFST (manchmal auch als "müssen" empfunden) du weiter LEBEN, Silvia.....auch wenn viele Menschen es im Moment als "Erleichterung" empfinden würden, wenn sie "gehen" könnten, das ist völlig normal.

Liebe Grüsse

Pius
Hallo Pius,

ja heute denke ich anders darüber. Da ich jetzt weiß, daß ich mit meinen Gedanken hier willkommen bin, werde ich anfangen zu erzählen.....
 
Hallo Ihr Lieben....

eigentlich müßte ich sehr weit ausholen, weil als ich 2 Jahre alt war der Weg bis zu meinem Selbstmordversuch wie programmiert war.
In der Nacht vom 12. auf den 13. April 2004 saß ich wie immer am PC und muß wohl auch viel Alkohol getrunken haben - wie schon seit Monaten. Aber an die ca. 5 Monate zuvor kann ich mich bis heute nur vage erinnern. Ich hatte bis dahin über 3 Jahre lang die Antidepri-Pille Bromazanil genommen und mich unmerklich verändert. Meine damalige Hausärztin hat mir damals die Pille verschrieben als ich mit einem Puls von 120 zu 200 zu ihr kam. Sie sagte, die Pille sei harmlos und ich könne sie ruhig täglich zum Einschlafen nehmen. Mit einer viertel Tabl. fing ich an. Zum Schluß nahm ich jeden abend 4 oder 5. Um immer genug zu haben, hatte ich 3 Ärzte, die mir jeden Monat ein Rezept gaben - ohne Untersuchung und ohne Fragen. Ich rief einfach an und holte das Rezept ab. Daß ich abhängig war wollte ich nicht wissen, genau wie ich nichts davon wissen wollte, daß mir alles um mich herum entglitt.
Zu meiner Hausärztin kam ich damals mit den Auswirkungen einer Angst- und Panikattacke. Mit einer weniger starken war ich 2 Jahre vorher schon mal über Nacht im Krankenhaus. Da hab ich selbst alles wieder in den Griff gekriegt aber beim 2.Mal waren die Symptome so schlimm und offensichtlich, daß meine Ärztin vielleicht damit überfordert war.... Und die Pille wirkte sofort!
Warum es zu diesen Attacken kam und daß ich die Lösung der Probleme ohne Pille in der Hand hatte und genau wußte, was zu tun war DAS verdrängte ich einfach. Ich glaubte, einfach wie bisher weiterzumachen und zu funktionieren, wie man es von mir gewöhnt war, sei das Beste für meinen Sohn und mich. Ich war mit einem verheirateten, sehr viel älteren Mann "zusammen" und wir hatten eine Firma, die zwar auf meinen Namen lief aber die eigentlich nur er führte. Seit 1994 machte ich von zu Hause aus die Büroarbeiten und unterschrieb, was auch immer er mir vorlegte. Wir wohnten nie zusammen und es störte mich nicht, daß er abends bei seiner Frau war. Er wollte sie verlassen und wir versuchten sogar, daß ich schwanger werde. 2 Jahre lang versuchten wir das. Zum Schluß durch künstliche Befruchtung. Da musste ich 3 mal in der Woche zum Arzt um den perfekten Zeitpunkt der Befruchtung bemessen zu können. Monat für Monat - über 1 Jahr lang - ging das so.
Kurz vor meiner 2. Attacke war dann der Schwangerschwaftstest positiv. Nachmittags war meine Schwester zu Besuch. Wir saßen auf der Terrasse und machten Pläne als ich einen Krampf im Bauch hatte. So stark, daß es mich vom Stuhl auf den Boden riss....... und da wußte ich, daß es ein "Abgang" war. Wir fuhren sofort zum Arzt und der bestätigte, daß ich nicht oder nicht mehr schwanger war. Ich hätte so gerne noch ein Kind gehabt aber damit hatte sich das für mich erledigt, denn ich wollte mich von diesem Mann seit langem trennen. Auch wenn das unbequem und anstrengend und mit dem Verlust unseres (meines Sohnes und meines) Wohlstands einhergegangen wäre, ich wollte mich trennen weil er sich niemals ganz zu mir bekennen würde. Das war mir klar geworden. --------- Aber damit hätte ich das bequeme und schöne und sorglose Leben aufgegeben und deshalb haderte ich mit mir. Denn bevor ich mit diesem Mann zusammenkam, da mußte ich als alleinerziehende Mutter hart arbeiten und konnte meinem Sohn weder zeitlich noch finanziell viel bieten. Ich glaubte mein Unglücklichsein hinter das Wohl meines Sohnes stellen zu müssen.......... und rutschte direkt in die schicksalhafte 2. Angst- und Panikattacke!
Unser Freundeskreis war sehr groß und weil ich so perfekt funktionierte, war ich die Anlaufstelle meiner Familie für alle Probleme und vor allem finanzielle Nöte.
Die Pille hat mich nicht sofort verändert, ich denke eher schleichernd aber irgendwann offensichtlich. Ich erinnere mich, daß mein Sohn und sein bester Freund sich weigerten die Rezepte für mich zu holen und versuchten mit mir über mein Problem zu reden...... darauf ging ich erst gar nicht ein. 6 Monate vor meinem Selbstmordversuch zogen wir aus unserem schönen und vor allem überschaubaren Haus um in eine 10 Zimmer Villa. Mein Freund sagte, dieses Haus könnten wir dann als Büro nutzen. Und in die Einliegerwohnung zog der Freund meines Sohnes, außerdem war im Untergeschoß noch eine Wohnung, in die dann mein Freund einziehen wollte. Wir erweiterten unsere Firma und kauften in Polen eine Entenbräterei. Also ICH kaufte sie - mit meinem Namen.... Das Haus war ein Traum, alles hörte sich so wunderbar an. Den Mietvertrag unterschrieben wir beide mit der Option das Haus nach einem Jahr für 1 Million Euro zu kaufen.
------- Also ich sag Euch: ohne Pille und mit meinem reinen Verstand hätte ich mich darauf NIEMALS eingelassen.---------------
Freunde und auch Familie hatten sehr wohl versucht an mich ranzukommen, aber ich verstand das Gutgemeinte nur als Anfeindung und mein Freund bestärkte mich also brach ich fast alle Kontakte ab.
Mit dem Umzug in dieses riesige Haus verlor ich den Überblick über alles. Jede Woche kam mein Freund mit einer Auslandsüberweisung nach Polen, die ich unterschrieb. Auf meine Fragen, warum noch mehr Geld und warum die Bräterei immer noch nicht arbeitet hatte mein Freund immer plausible Antworten. Und auch seine Antworten, warum er nicht endlich in unser Haus zieht verstand ich!!!! Währenddessen entglitt mir mein Sohn immer mehr. Unser Steuerberater machte mich auf Unregelmässigkeiten aufmerksam....Mein Freund beruhigte mich und ich schluckte dann einfach noch ne Pille mehr und gut war's!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Wach war ich meist nur noch abends und dann surfte ich sinnlos im Internet.
Soziale Kontakte hatte ich keine mehr.
Irgendwann hab ich dann neben den Pillen abends auch noch angefangen zu trinken. Und irgendwann war ich geistig nicht mehr da. Was genau so ablief Monate vor meinem Selbstmordversuch, daran erinnere ich mich nicht, kaum oder nur in bruchstückchen. Mein Sohn und sein Freund haben mir später dies und das erzählt, z.B. wie ich einmal total betrunken in das Zimmer des Freundes gefallen bin und nach Zigaretten verlangt habe. Er und mein Sohn hatten Freunde zu Besuch und beide haben sich meiner so geschämt. Daran erinnere ich mich überhaupt nicht, aber es gibt mir noch heute einen Stich ins Herz, wenn ich dran denke.
Schämenhaft erinnere ich mich aber, daß mein Sohn und auch sein Freund versuchten mit mir zu sprechen. So weiß ich z.B., daß mein Sohn mir sagte, daß er lieber in ein kleines Haus oder in eine Wohnung mit mir ziehen will und er mich vermisst, wie ich früher war.
Aber da hatte ich schon keine Kraft mehr mich aus der Situation zu befreien.
....... So und dann, am Ostersonntag nachmittags kam mein Freund. Ich erinnere mich, daß ich am Tisch in der Küche saß und er mit den Händen aufgestützt an der Spüle stand und sagte:"Alles ist aus und kaputt. Wir sind pleite. Nichts ist mehr da." Und ich sagte:"Wie... Ich versteh nicht.Okay dann ziehen wir hier aus, verkleinern uns...." Aber er sagte, daß nichts mehr zu retten ist und dann sagte er:"Also, ich hab hier nichts mehr zu tun und geh jetzt. Machs gut." Und ich sagte:"Wie Du gehst jetzt und kommst nicht wieder! Was passiert denn jetzt" und er meinte, daß er die Tage nochmal vorbei kommen will................
Ich hab das nicht in meinen Kopf gekriegt und irgendwie nicht verstanden, was da grad geschieht.
Er wollte doch gestern noch zu uns ziehen, wir haben doch die Firma und sind in dieses riesige Haus gezogen. Wir haben zwei Hunde und zu meinem Geburtstag ein Jahr zuvor schenkte er mir einen Irish Wolfhound Welpen. Wir beide hatten doch die Verantwortung für meinen Sohn, seinen Freund und 3 Hunde................
Er ging!
Ich weiß nicht, wie lange ich noch am Tisch saß. Meine nächste Erinnerung ist, daß ich vor dem PC saß und vor mir ca. 60 Bromazanil und eine fast volle Flasche Wodka. Und ich dachte, daß ich vor Jahren zu feige war wieder ich selbst zu sein und jetzt deshalb das Unglück über uns kam. Der Freund meines Sohnes wollte eh ausziehen und hatte schon eine Wohnung gefunden. Und der Vater meines Sohnes ist ein reicher Mann, bei ihm würde mein Sohn mit offenen Armen aufgenommen werden wie auch die Hunde.
Ich sagte mir, daß die Welt ohne mich besser dran ist und schluckte alle Pillen mit dem Wodka runter. Ich schrieb noch ein paar Zeilen an meinen Sohn.
Aber die Pillen wirkten irgendwie nicht. Ich ging in die Küche und holte das schärfste Messer. Ich setzte mich in die Badewanne, um keine Sauerei zu hinterlassen, wenn ich mir die Pulsadern aufschneide. Ich schnitt mir quer in den linken Arm, da wo die Ader am stärksten zu sehen war. Aber es kam nur wenig Blut, also schnitt ich weiter und weiter und auch am rechten Arm. Aber es blutete einfach nicht. Da holte ich einen Schraubenzieher und stach damit zu. Ich weiß nicht, wie lange ich so rumwerkelte. Ich wurde müde, blutete am rechten arm und legte mich ins Bett............... Ich war bereit zu sterben.
---------------------------Das nächste, woran ich mich erinnere ist, daß ich - im Dämmerzustand - Stimmen hörte. Ich hörte, daß mein Sohn fragte:"Ist meine Mum tot"! Da öffnete ich die Augen. Mein Freund sagte zu meinem Sohn:"Nein, sie lebt. Komm mit in die Küche". Ich stand auf und als ich in die Küche kam hörte ich ihn zu meinem Sohn und dessen Freund sagen:"Das muß jetzt sein. Seid beruhigt, es ist zu ihrem Wohl..." Und da schrie ich, daß er kein Recht hat da zu sein und irgendwas zu entscheiden.Dann musste ich mich auf die Couch legen, weil die Pillen noch wirkten. Als nächstes erinnere ich mich daran, daß Sanitäter vor mir standen und mich mitnehmen wollten. Ich weigerte mich und warf sie aus dem Haus.......... Mein Sohn bettelte mich an, mir helfen zu lassen aber in diesem Moment war er mein Feind, weil er sich mit meinem Freund -Ex- gegen mich verbündete. Plötzlich standen zwei Polizeibeamte vor mir und forderten mich auf mit den Sanitätern zu gehen.
Aber ich weigerte mich, schließlich kann ich selbst über mich bestimmen. Da holte der eine Polizist Handschellen raus und sagte, entweder ich gehe freiwillig oder so...........
Also zog ich mich an, steckte Personalausweis,Krankenkassenkarte, Kreditkarte, Handy und Kontokarte ein und stieg in den Krankenwagen ein. Und damit fing die Hölle für mich an..........
Dem Notarzt im Wagen sagte ich, daß es doch meine eigene Sache ist, wenn ich sterben will und fragte ihn warum es bei mir nicht geklappt hat wo ich doch alles versucht habe. Er schaute sich meine Arme an und heute weiß ich genau, wie ich schneiden muß......... Ich wurde in die Notaufnahme gebracht aber ich weigerte mich, daß man meine Wunden behandelt. Also brachte man mich ein Haus weiter auf die Depressionsstation.
Zeitgefühl hatte ich nicht mehr, weil die Pillen da volle Wirkung zeigten. Als diese nachließ, da wurde mir bewußt was ich getan hatte und war so voller Wut auf meinen Sohn, weil der sich mit meinem Ex zusammentat. Ohne Nachzudenken schrieb ich ihm sofort gemeine sms, daß er mich verraten hat usw. Er schrieb zurück, daß er mich liebt und ich gesund werden soll aber ich antwortete abweisend und gemein. Dann schlief ich wieder ein. Als ich aufwachte, war ich schon 2 Tage in der Klinik und mir wurde dann richtig klar, was passiert war. Mein Handy hatte man mir zwischenzeitlich weggenommen und ich bat darum meinen Sohn anzurufen. Ich mußte ihm erklären, erzählen, erklären....... mit ihm reden....... wissen, wo er ist und was ist mit meinen Hunden..... Aber man ließ mich nicht. Ich wollte raus, weg...... aber ich durfte nicht. Sie sagten, ich sei eine Gefahr für mich selbst. Andere Patienten sagten mir, ich solle mich beruhigen, sonst würde alles viel schlimmer für mich werden. Aber ich war wieder ich selbst und kannte meine Rechte! --- Von wegen...----
Weil ich nicht verstummte, wurde ich mitten in der Nacht in ein Zimmer geführt und dort stand ich dann vor einem Richter, der anordnete, daß ich meiner Rechte enthoben werde, weil ich auch eine Gefahr für andere sei. Ich sagte, wenn ich hier nicht raus kann um mit meinem Sohn zu reden, dann werde ich weder essen noch trinken und eben so sterben.
Da wurde ich ans Bett gefesselt.
Nie hätte ich geglaubt, daß so ein Alptraum real sein könnte.
Am 4. Tag bekam ich mein Handy wieder und konnte mich auf der Station frei bewegen. Ich telefonierte fast ununterbrochen. Ich rief Freunde an und bat um Hilfe. Mein Sohn war bei seinem Vater und die Hunde in einer Tierpension. Irgendwie musste es aber weitergehen und so versuchte ich Hilfe zu mobilisieren.
Den einzigen Familienkontakt, den ich noch hatte, war meine Tante. Sie hat immer wieder in der Vergangenheit gesagt, daß ich immer willkommen bin und sie immer für mich da ist. Und ich rief sie an und bat sie um Hilfe. Sie versprach mich zu besuchen........ bis heute habe ich nie wieder von ihr gehört.
Das bleibt hängen. Für immer.

Am 5. Tag wurde ich in die Suchtstation verlegt. Wegen der Bromazanil. Und da sollte ich aufgrund der Abhängigkeit behandelt werden, aber bekam dennoch jeden abend die selbe Pille. Das machte für mich keinen Sinn, also weigerte ich mich und stand fortan unter Beobachtung. Ich durfte die Station nicht mehr verlassen.
Die nächsten 7 Tage war ich zusammen mit Heroinabhängigen, Alkoholikern und Süchtigen aller Art.
Mein Zimmer teilte ich mit einem Mädel, das freiwillig auf kaltem Entzug von Heroin war. Als ich zu ihr kam, hatte sie gerade den 1. Tag hinter sich. Ich habe keinen Menschen kennengelernt, der tapferer war, als sie. Nicht einmal hat man sie jammern gehört........... Ich weigerte mich also weiter Pillen zu nehmen, weil ich nicht glaubte abhängig zu sein.
Von wegen!!!!!!!!!!
3 Tage dauerte mein Entzug.

............Mehr schreibe ich morgen. Ich muss früh aufstehen und mach jetzt erst mal Schluß.

LG
Silvia
 
Liebe Silvia,

ich habe deine Geschichte gelesen und werde Dir noch was dazu schreiben.

Gruß
Sema
 
Hallo,
bin ja noch nicht fertig. Hab aber im Moment so wenig Zeit.

Aber ich freu mich auf alle Antworten und bis dann...

LG
Silvia
 
Hallo Silvia,
Ich lese deine Beiträge seit du angefangen hast zu schreiben.Ich möchte gern still daran mit Anteil nehmen und deine Berichte und Erfahrungen weiterverfolgen.
Dir erstmal bis zum nächsten Schreiben alles alles Liebe Nelly
 
Hallo Ihr Lieben,

jetzt habe ich fast 1 Stunde lang weitergeschrieben und dann stürzte mein PC plötzlich ab. Ich hab natürlich nichts gespeichert....... Also werde ich jetzt offline weiterschreiben und dann alles hier rein kopieren.

Aber auf jeden Fall herzlichsten Dank für Eure Unterstützung.

Daß ich dieses Portal gefunden habe, ist ein Segen.

LG
Silvia
 
Hallo Ihr Lieben,

..... 3 Tage und Nächte habe ich nicht geschlafen und nix gegessen und hätte

wahrscheinlich auch nix getrunken, wenn die "Aufseher" mir nicht laufend Wasser

gebracht hätten.... Während dieser Zeit war mir trotz der offensichtlichen

Anzeichen nicht bewusst, daß ich auf Entzug war.
Tagsüber wurde ich genötigt an den Mahlzeiten teilzunehmen und immer wieder

aufgefordert mein Bett zu verlassen um an Gruppengesprächen oder

irgendwelchen blöden Therapien teilzunehmen. Aber ich verweigerte mich! Ich

wollte auch nicht rauchen gehen.... ich wollte nur im Bett liegen. Ich litt unter dem

Schlafentzug .......... SEHR! Nachts lief ich den Flur auf und ab und ich war so

müde, aber ich konnte nicht einschlafen und ich begriff nicht warum das so war!

Die Ärzte wollten mir Pillen geben und meinten, daß dann alles leichter wäre! Was

für ein Irrsinn: ich sollte genau die Pillen nehmen um den Entzug zu erleichtern, die

mich erst abhängig machten. Ich sah keinen Sinn darin und war ja auch der

Meinung, nicht abhängig zu sein.
Magda, die mit mir das Zimmer teilte war ja ebenfalls auf Entzug und auch sie

lehnte alle Ersatzmedikamente ab - aber sie war auf Heroinentzug. Man sagt dazu

"kalter Entzug". Sie war hunderttausendmal schlimmer dran als ich......
Ich spürte auch körperliche Schmerzen - tagsüber.... und hatte immer wieder

krampfartige Anfälle! Auch sie hatte diese Anfälle, aber so viel schlimmer als ich

und dennoch hörte ich sie nicht einmal jammern, während ich im Selbstmitleid

versank.......... Magda war es dann, die mich stärkte und wieder aufbaute.
---------- Am 4. Tag hatte ich es überstanden und ging abends in den

Raucherraum. Als ich eintrat, da klatschten alle und ich fühlte mich zum ersten Mal

seit Jahren angenommen...... Hier konnte ich einfach SEIN!
Ich war eine von 9 oder - je nachdem - auch 14 "Gefallenen"! Diese Menschen

waren mir näher als Freunde und Familie. Die meiste Zeit des Tages hielt ich

mich von da an im Raucherraum auf, aber gesagt hab ich selten etwas. Und es

hat auch nie jemand von mir erwartet, daß ich was erzähle.
Die Zeit in der Psychiatrie - Abteilung Sucht - werde ich nie vergessen. Es war die

Hölle auf Erden!
Während der Zeit dort lernte ich Menschen kennen, die schon 2 Tage nach der

Entlassung wieder da waren........... Kaum "draußen" hatten sie den Kampf gegen

den Alkohol schon wieder verloren.
Eines Morgens saß ich vorne zum Blutdruckmessen, da wurde eine Frau von der

Polizei gebracht....Sie saß mir dann am Tisch gegenüber und fragte mich

einunddasselbe immer und immer wieder. Sie hatte 6,8 Promille. Unglaublich,

aber ich war dabei, als sie getestet wurde!!!!!!!!!! Alkoholiker haben dank einer

Pille den körperlichen Entzug nach 4 Tagen hinter sich.
Diese Frau habe ich dann auch erst wieder nach 3 Tagen gesehen. Sie kam zum

Frühstück. Sie war zwar immer noch am ganzen Körper zitternd, aber bereits

kaum wiederzuerkennen zu Tage vorher.
Am nächsten Tag kam sie zum ersten Mal in den Raucherraum und wenn ich sie

vor Tagen nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dann hätte ich nicht geglaubt,

daß es dieselbe Frau ist, die mir nach ihrer Einlieferung am Tisch gegenüber

saß.....!
Sie war so voller Energie und Charme und sie war eine schöne Frau.
Schon am nächsten Tag verließ sie die Klinik......... einen Tag bevor ich ging,

wurde sie erneut von der Polizei eingeliefert.
Ich erfuhr, daß bei alkoholabhängigen jeder zweite unmittelbar nach der

Entlassung wieder der Sucht verfallen. Eine Frau, die ich während meiner Zeit

erlebte, hatte bereits den 14. Entzug hinter sich........
Ich war die einzige, die von Tabletten abhängig war. Außer Magda waren noch 2

andere auf Heroinentzug. Die meisten waren dem Alkohol verfallen und von denen

war keiner das 1.mal in der Klinik.
Jeder einzelne war ein besonderer Mensch und "trocken" unvergeßlich

beeindruckend. Ich wünschte, ich hätte sofort nach meiner Entlassung alles

aufgeschrieben.........

In der - dieser - Klinik gelten heimliche Gesetze und Regeln. Im Raucherraum

waren "wir" unter uns und konnten offen sprechen. Aber 1 bis 2 mal am Tag kam

eine Schwester (Arzthelferin) zu uns. Angeblich um zu rauchen, aber der

eigentliche Grund war unsere Gespräche auszuspionieren. Dank meiner

Mitpatienten lernte ich schnell mich den Erwartungen der Ärzte an mich

anzupassen.......... Deren Urteil über mich war ich ausgeliefert und ich hatte

einfach nur Angst, nie wieder rauszukommen.
Jeden Tag musste ich zum Gespräch zu "meiner" Psychiaterin. Dann sagte sie

einmal zu mir, daß ich ihr nicht geheuer wäre......... Jeden Tag würden Leute

anrufen und nach mir fragen und das hätte es bisher noch nicht gegeben. Und

tatsächlich haben z.b. der Vater meines Sohnes und mein Ex-Partner täglich

angerufen...........Was nicht zu meinem Vorteil war.
Diese Ärztin fragte mich, warum ständig Anrufe für mich kämen...... Anscheinend

würden sich viele Menschen große Sorgen um mich machen..... Aber ich bin ja

nicht blöd! Hätte ich mich ihr geöffnet, dann wäre ich heute noch in der Klinik! Und

müsste als Behandlung malen, knüpfen oder basteln...........
Am 28. April 2004 wurde ich entlassen und zog nach Niedersachsen und erst als

der Brief vom Gericht kam, in dem stand, daß das Verfahren mich zu entmündigen

eingestellt ist........... erst da traute ich mich nach Hessen zu fahren und meinen

Sohn zu besuchen.

.................... Ich wurde in die Klinik eingeliefert, weil ich glaubte mich umzubringen

sei die Lösung aller Probleme....... Und man sollte doch annehmen, daß jemand

wie ich in dieser Klinik gut aufgehoben ist . Aber Hilfe bekam ich dort nicht!!!!
Dieses Trauma bleibt für immer..........

.............................Mehr das nächste Mal!!!!!!!!

LG
Silvia
 
HALLO!!!!!

Bitte schreibt mir, was Ihr so denkt nach dem Lesen meines Erfahrungsberichts!

Sollte ich doch eine Therapie machen, was meint Ihr?!

LG
Silvia
 
Hallo Silvia,

dein Erfahrungsbericht endete mit dem Hinweis, dass "mehr das nächste Mal" erfolgte. Jetzt warteten wahrscheinlich einige auf Fortsetzung, bevor sie was dazu sagten. Dass dein Bericht erschütternd ist, daran besteht sicher kein Zweifel. Allerdings erwecktest du nicht den Eindruck, dass du eine Therapie anstrebtes. Erzähle doch kurz weiter, vom Ende des 1. Berichtes bis heute, damit wir den jetzigen Zustand erahnen können. Und ob wir dir irgendwie helfen können.

Viele Grüße, Horaz
 
hallo silvia,

mir fällt nur folgendes dazu ein:

ich finde das diskriminierend den nichtrauchern gegenüber, dass ihr nur im raucherraum offen gesprochen habt.
sorry; aber in diese klinik will ich nicht gehen.

viele liebe grüsse von shelley :wave:
 
Hallo!

war vor wenigen monaten abends eine freundin besuchen die die leiterin der psychiatrie in einem großen wiener spital ist.

also von 20 bis 23 uhr war der (sehr schöne und große) nichtraucher aufenthaltsraum völlig verwaist. kein einziger hat sich dort aufgehalten.

im raucher-raum hingegen waren immer mindestens 10-15 personen, sprich patienten, und die haben alle geraucht. es wird wahrscheinlich daran liegen das die anzahl der raucher unter den suchtkranken extrem hoch sein wird.
mal ein wenig über den tellerrand gucken shelley, und nicht gleich immer nur aus eigener sicht urteile abgeben.

hab die abteilung von einer anderen seite sehen können. was ich dort gesehen habe, unglaublich!

ich verstehe überhaupt nicht, warum nicht alle 7ten oder 8ten schulklassen dort verpflichtend hingehen müßen.
einen besseren anschauungsunterricht und ein abschreckenderes beispiel kann es nicht geben. und das ist im richtigen leben mit realen personen. nix erzähltes oder ein hochglanz werbespot. nein, da sehen sie was es bedeutet sich im endstadium einer suchtkrankheit zu befinden und wie das wirklich aussieht.

dann wäre wenigstens die suchterkrankung dieser menschen dort für was gut.
nämlich das es mit sicherheit sehr viel weniger neue kranke gäbe.

aber das wäre ja wieder einmal zu einfach. und das würde wieder einige idioten auf den plan rufen, die daran was auszusetzen hätten.

zum glück geht es mir da besser, denn ich hab mit meiner freundin ausgemacht, das ich sie im herbst mit meiner tochter (13) in der abteilung besuchen werde.

danach werde ich sicher ruhiger schlafen, das weiß ich.


grüße
richter
 
Hallo Richter,
das war ein sehr guter und wichtiger Beitrag. Jeder der Kinder hat, kennt dieses Sorgengebinde. Weder Ermahnungen noch Schreckbroschüren haben irgendeinen Einfluß. Aber der Besuch einer Suchtklinik ernüchtert, manchmal sogar Süchtige.
Gruß, Horaz
 
Hallo Horaz,
..ja leider habe ich im Moment so wenig Zeit und mein Rechner hat irgendein Problem... einfach so stürzt der plötzlich ab. Ich hatte vor wenigen Minuten angefangen, meinen Bericht weiterzuschreiben und "BAF!!!!" mein Bildschirm war schwarz.
Und Du hast eigentlich Recht damit, daß ich im Grunde nicht sehr viel von einer Therapie halte. Aber manchmal denke ich, vielleicht sollte ich es tun. Vor vielen Jahren hatte ich schon einmal mit einer Therapie angefangen und wenn ich darüber nachdenke, dann haben da meine Probleme angefangen. Nach 3 Monaten brach ich ab. ............

Silvia



Hallo Silvia,

dein Erfahrungsbericht endete mit dem Hinweis, dass "mehr das nächste Mal" erfolgte. Jetzt warteten wahrscheinlich einige auf Fortsetzung, bevor sie was dazu sagten. Dass dein Bericht erschütternd ist, daran besteht sicher kein Zweifel. Allerdings erwecktest du nicht den Eindruck, dass du eine Therapie anstrebtes. Erzähle doch kurz weiter, vom Ende des 1. Berichtes bis heute, damit wir den jetzigen Zustand erahnen können. Und ob wir dir irgendwie helfen können.

Viele Grüße, Horaz
 
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