Verantwortung für Andere

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In unserer sehr individualisierten Zeit ist es üblich, den Anderen die Verantwortung für ihren Glauben, ihr Denken und Handeln zu überlassen.
Selbstbestimmung und Selbstverantwortung sind wichtig. Und das ist gut.

Nur ein Beispiel:
Jeder kann selbst bestimmen, ob er der Werbung folgt und sich die bestimmte Haarpflegeserie zulegt. Wenn er die dann nicht verträgt, wird er es schon merken.
Ich kann also jedes miese Produkt auf den Markt schmeißen und der Kunde/ die Kundin ist selbst dafür verantwortlich, ob sie es benutzt oder nicht.
In den USA heißt es immer so schön: "Nicht die Waffe ist gefährlich, sondern der Mensch, der sie besitzt!"


Ist das wirklich richtig so? Oder haben wir - und damit meine ich jetzt nicht die "Großen", sondern Dich und mich,;) - nicht auch für unser Handeln eine Verantwortung gegenüber Anderen?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Insbesondere gegenüber dem Nachwuchs haben wir eine Verantwortung, die praktisch unendlich ist.

Viele Grüsse
Wero
 
In Bezug auf Kinder ist dieses "Laissez-faire" nicht richtig! - Ich kann mich gut an die Begeisterung meiner Kinder erinnern, wenn sie in der Fernsehwerbung irgendetwas gesehen hatten , was sie nun unbedingt haben wollten.
Am besten ist mir Clereasil in Erinnerung: ich weigerte mich, es zu kaufen. Deshalb kaufte es der Sohnemann selbst. Zum Glück wurden die paar Pickel schlimmer, die Haut spannte, und er war überhaupt nicht so glücklich wie der Junge in der Werbung. Damit war das Thema gegessen.

Auch wenn das nur ein harmloses Beispiel ist: bei Kindern ist es wichtig, die Verantwortung ihnen gegenüber wahrzunehmen, was nicht heißen soll, daß wir ihnen sämtliche Entscheidungen abnehmen sollen oder sie ständig gängeln sollen.

Ich denke, daß wir immer die Verantworung anderen gegenüber haben und uns entsprechend verhalten sollten. Aber auch hier gilt es zu differenzieren. Es ist meiner Meinung nach wichtig, z.B. mit einem trockenen Alkoholiker jetzt nicht unbedingt in eine bierselige Kneipe zu gehen oder mit einem gerade trockengelegten Raucher in eine Rauchkneipe. Das kann man ja so subtil steuern, daß das als Thema gar nicht erst aufkommt.

Ich empfinde es so: ich übernehme insoweit Verantwortung einem anderen gegenüber, als ich mir überlege, wie es mir geht, wenn ich mich so oder so verhalte.
Der oft gehörte Spruch "das ist Dein Problem" macht mich deshalb je nach Situation oft traurig oder wütend, denn dieses Sich-Selbst-Herausziehen aus einer diskussionswürdigen Situation ist meiner Meinung nach ein falsch verstandener Liberalismus auf Kosten anderer.

Grüsse,
Uta
 
Dazu gerade heute gelesen:

" Gestaltgebet " des Gestalttherapeuten Fritz Perls:
" Ich mache meine Sache, du machst deine Sache. Wie es dir dann geht, ist nicht mehr meine Sache. Ich gehe meinen Weg."

Bert Hellingers Kommentar dazu:
" Hier werden Bindungen verleugnet, und anderen werden die Kosten aufgebürdet. Ich nenne diese Selbstverwirklicher Psychokapitalisten übelster Sorte."
 
Ich glaube, wir sind verantwortlich für alles, was wir tun. Wir können aber keine Verantwortung für das Handeln Anderer übernehmen, und wir dürfen andere mündige Erwachsene auch nicht manipulieren, d.h., wir dürfen alles, aber wir sind verantwortlich dafür, und wir müssen das Konto eines guten Tages ausgleichen.

Diejenigen, die das Waffengesetzt in den USA mitgestaltet haben, sind dafür verantwortlich, dass es existiert, aber diejenigen, die die Waffen benutzen, sind auch verantwortlich für das, was sie mit der Waffe tun.

Ich bin verantwortlich für Vieles, was ich heute anders machen würde. Das ist hart, aber das ist Leben.

Gruss
Kathy
 
Verantwortung für andere übernehmen
Bayer gehört zu den angesehensten Unternehmen der Welt. Dies belegen verschiedene internationale Umfragen wie die Studie des Meinungs- und Marktforschungsinstituts „Research International“, das im Jahr 2005 mehr als 1.000 Meinungsbildner befragte. Die Gründe für das positive Bild in der Öffentlichkeit sind vielschichtig: Gute Sozialleistungen, ein vertrauensvolles Miteinander und nicht zuletzt das große Engagement des Unternehmens für die Gesellschaft tragen hierzu bei.....
Verantwortung für andere übernehmen

Klingt das nicht super? Wobei sich diese Überschrift und dieses Eigenlob auf die Mitarbeiter des Unternehmens bezieht und nicht auf die Produkte der Firma.

Gruss,
Uta
 
Das ist vielleicht nicht ganz richtig hier, aber mir gefällt dieser Text von St. Exupéry sehr, und ich finde, er hat etwas mit Verantwortung für sich selbst zu tun:

Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte!

Ich bitte nicht um Wunder und Visionen Herr, sondern um die Kraft für den Alltag. Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte!
Mach mich findig und erfinderisch, um im täglichen Vielerlei und Allerlei rechzeitig meine Erkenntnisse und Erfahrungen zu notieren, von denen ich besonders getroffen und betroffen bin.
Mach mich griffsicher, in der richtigen Zeiteinteilung. Schenke mir das Fingerspitzengefühl, um herauszufinden, was erstrangig und was zweitrangig ist. Lass mich erkennen, dass Träumereien nicht weiterhelfen, weder über die Vergangenheit, noch über die Zukunft. Hilf mir, das Nächste so gut wie möglich zu tun und die jetzige Stunde als die wichtigste zu erkennen.
Bewahre mich vor dem naiven Glauben, es müsste im Leben alles glatt gehen. Schenke mir die nüchterne Erkenntnis, dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge und Rückschläge eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind, durch die wir wachsen und reifen.
Gib mir das tägliche Brot für Leib und Seele, eine Geste deiner Liebe, ein freundliches Echo, und hin und wieder das Erlebnis, dass ich gebraucht werde.
Ich weiß, dass sich viele Probleme dadurch lösen, dass man nichts tut. Gib mir, dass ich warten kann.
Ich möchte Dich und die anderen immer aussprechen lassen. Das wichtigste sagt man nicht selbst, es wird einem gesagt.
Du weißt, wie sehr wir der Freundschaft bedürfen. Gib dass ich diesem schönsten, schwierigsten, riskantesten und zartesten Geschäft des Lebens gewachsen bin.
Verleihe mir die nötigste Fantasie, im rechten Augenblick ein Päckchen Güte- mit oder ohne Worte - an der richtigen Stelle abzugeben. Mach aus mir einen Menschen, der einem Schiff im Tiefgang gleicht, um auch die zu erreichen, die unten sind.
Bewahre mich vor der Angst, ich könnte das Leben versäumen. Gib mir nichts, was ich mir wünsche, sondern was ich brauche.

Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte !

Antoine de Saint-Exupéry

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blog.doctissimo.fr/PetitPrince/index.php///rub/7064
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Uta,

doch, ich denke schon dass der wirklich wunderschöne Text mit Verantwortung zu tun hat.

Die Verantwortung für sich selber zu übernehmen UND für alles was wir tun und sagen, das sollten wir tun.
Das bedeutet doch, dass wir uns gut überlegen sollten ob wir mit unseren Handlungen oder Worten anderen helfen oder andere froh machen, oder ob wir sie verletzen, demütigen oder lächerlich machen.

Wie dann (erwachsene) Menschen reagieren und handeln, dass wiederum liegt dann nicht mehr an uns.

So sehe ich das mit der Selbstverantwortung.

lieben Gruß
Hexe
 
Also mir gefällt Kathys Beispiel gut:



Diejenigen, die das Waffengesetzt in den USA mitgestaltet haben, sind dafür verantwortlich, dass es existiert, aber diejenigen, die die Waffen benutzen, sind auch verantwortlich für das, was sie mit der Waffe tun.

Die Frage ist ja, unter anderem die nach den Grenzen von Eigen- und Fremdverantwortung.
Wenn ich jemandem (wider besseres Wissen) die Möglichkeit eröffne, etwas zu tun, inwieweit verfehle ich da meine Verantwortung?
Beispiel: eine zu "liberale" Waffengesetzgebung gibt vielen, die ihre Eigenverantwortung missbrauchen, die Möglichkeit, eben dies zu tun.

Anderes Beispiel: Wenn ich Glasscherben auf der Straße liegen lasse und ein Auto darüber fährt - wer hat die Verantwortung?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Anderes Beispiel: Wenn ich Glasscherben auf der Straße liegen lasse und ein Auto darüber fährt - wer hat die Verantwortung?

Das hängt alles miteinander zusammen. So ganz kann man das ja gar nicht auseinander halten, finde ich.

Dass nun gerade dieses Auto drüber gefahren ist, eventuell der Reifen schon schlecht war und deshalb geplatzt ist, der Fahrer ungeübt war und erschrocken ist und deshalb einen Unfall gebaut hat.....
dafür bin ich nicht verantwortlich.
Der Fahrer hätte schauen sollen, dass er mit guten Reifen fährt, z.B.

Als ich aber die Scherben auf der Strasse liegen lies habe ich in Kauf genommen, dass jemand drüber fährt oder läuft, egal wer oder was.
Für die Scherben bin ich also voll verantwortlich.
Und für die Folgen zum Teil auch, eben weil ich die Gefahr nicht beseitigt habe.

Wenn man es genau aufdröseln will, wo hört meine Verantwortung auf, und wo fängt die des anderen an - ich glaube da muss man scheitern.
Eines fliesst nahtlos ins andere über, das kann man nicht genau trennen.

Irgendwo habe ich mal gelesen, man ist immer für alle und alles verantwortlich die/das man sich vertraut gemacht hat.

Man trägt also für alles was einem im Leben begegnet einen Teil Verantwortung.

LG
Hexe
 
Hi Leòn

für die Glasscherben trägst Du die Verantwortung. Derjenige, der darüber fährt macht eine Dharma/Karma-Erfahrung. Wenn Du ihm hilfst, den Reifen zu wechseln, und er Dir dafür dankt, entsteht Harmonie.

Wenn Du es als Deine Verantwortung ansiehst, gegen das Waffengesetz vorzugehen, ist das sicher in Ordnung, solange Du niemandem den Schädel dabei einschlägst. Dafür wärest Du dann wieder verantwortlich.

Die Amis bringen mich auch langsam zur Verzweiflung. Dabei habe ich 16 Jahre gerne dort gelebt, vor langer Zeit. Wenn die jetzige Regierung einmal begreift, wieviel Leid und Zerstörung sie in die Welt gebracht hat.......

Grüsse
Kathy
 
Dabei fällt mir gerade etwas anderes ein:

Wie sieht es mit der Verantwortung des einzelnen Soldaten im Irak aus, der seine "Plicht" erfüllt? Bei dieser Frage ergeben sich für mich nur neue Fragen und keine Antworten.
 
Wie sieht es mit der Verantwortung des einzelnen Soldaten im Irak aus, der seine "Plicht" erfüllt?

Die Verantwortung für sein Handeln muss jeder selber tragen.
Auch als Soldat gebe ich diese Verantwortung nicht an jemanden anderes ab.
Sicherlich ist es schwierig sich immer trotz der verschiedenen Zwänge und Verpflichtungen ethisch und moralisch "korrekt" zu verhalten. Oftmals glauben wir Kompromisse schließen zu müssen.
Das bedeutet aber nicht, dass man die eigene Verantwortung abwälzen kann. Die Kompromisse die wir machen haben wir auch selber zu verantworten.
Wenn ich jemanden umbringe, dann habe ich getötet.
Es kann sein dass dieser Mord dann für viele nachvollziehbar ist (etwa weil ich mich gewehrt habe, jemanden beschützt habe, Soldat bin und meine Pflicht tue usw.).
Es kann sein dass es ein Mord ist, der totales Unverständnis auslöst.
Aber die Tatsache bleibt bestehen, dass ich diesen Mord zu verantworten habe.

Natürlich kann man einen Mord aus so genannten "niederen Beweggründen" nicht gleichsetzen mit einem Mord aus Notwehr usw.

Ich habe mir schon oft Gedanken über dieses schwierige Thema gemacht. Es gibt da wohl keine allgemeingültige Aussage, jeder sieht das ein wenig anders.

Hexe
 
Hallo Hexe

Ich gebe Dir in allen Punkten Recht. Mir fällt gerade noch ein Koan aus dem Zen Buddhismus ein, über den ich mal lange nachgedacht habe. In manchen Situationen taucht er plötzlich wieder auf.

"Wenn der richtige Mensch das Falsche tut, ist es trotzdem richtig.
Wenn der falsche Mensch das Richtige tut, ist es immer noch falsch."

und

Rein bleiben und reif werden ist höchste und schwerste Lebenskunst.
Walter Flex


Gruss
Kathy
 
Frage an Kathy: Was ist in dem Fall der "richtige" bzw. der "falsche" Mensch? Wer wertet da?

Gruss,
Uta
 
Ich habe eine große Achtung vor fernöstlichen Erkenntnissen, aber dieses Koan kommt mir auch merkwürdig vor.

Viele Grüsse
Wero
 
Hallo Kathy,

diese Aussage
"Wenn der richtige Mensch das Falsche tut, ist es trotzdem richtig.
Wenn der falsche Mensch das Richtige tut, ist es immer noch falsch."
ist für mich ganz schwer nachvollziehbar. Kannst Du mir helfen, sie zu verstehen?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Ich habe mal gelesen, dass der Zen Meister seine Novizen mit einem Koan auf die Reise geschickt hat, mit dem Auftrag, erst zurückzukehren, wenn sich ihnen der Sinn des Koans erschlossen hätte. Das konnte Jahre dauern.

Ich möchte Euch die Freude am Nachdenken doch nicht nehmen.

@Uta
Ich glaube, auf die einzelnen Worte (Begriffe) im Koan darf man sich nicht konzentrieren, sonst bleibt man schon bei den Begriffen hängen. Vielleicht soll es auch gar keine rationale Erklärung für ein Koan geben. Vielleicht darf es auch keine Wertung geben, nur ein "Aha". Mein "Aha" könnte auch ein völlig anderes sein als das ursprünglich gemeinte. Das hoffe ich aber nicht.

Mir hat das Nachdenken damals jedenfalls Freude bereitet und die wünsche ich Euch auch.

Gruss
Kathy
 
Hallo Leòn

Unsere Beiträge haben sich scheinbar gekreuzt.

Ich glaube, Du bist ein begeisterter Nachdenker. Darum halte ich meine eigenen Gedanken zu dem Koan erst noch zurück.

Gruss
Kathy
 
Hallo Leòn

Unsere Beiträge haben sich scheinbar gekreuzt.

Ich glaube, Du bist ein begeisterter Nachdenker. Darum halte ich meine eigenen Gedanken zu dem Koan erst noch zurück.
Hallo Kathy,:)
ja Meisterin ;) - dann denke ich jetzt mal nach:
"Wenn der richtige Mensch das Falsche tut, ist es trotzdem richtig.
Wenn der falsche Mensch das Richtige tut, ist es immer noch falsch."
(Das kann dauern!:D )
Herzliche Grüße von
Leòn
 
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