Wann fängt Alter an?

Themenstarter
Beitritt
14.03.07
Beiträge
7.351
Ein alter Mensch ist schwer zu definieren.
Ab wann ist ein Mensch alt? Im Profisport bereits mit 27 Jahren:)

Und über was genau soll überhaupt geredet werden und mit wem?

Als alter Mensch noch einmal vor Gericht als Kronzeuge eines Geschehens vor rund 50 - 60 Jahren aufzutreten, würde ihn aus seiner "Stille" herausholen, vieles erneut hoch holen, um am Ende vielleicht ein wenig Genugtuung zu verspüren bei einer evtl. Verurteilung?!
Ich glaube nicht, dass eine Anklage per se eine Bewältigung der Vergangenheit darstellt, für mich jedenfalls eher nicht.

Die Stille

Die Stille ist ein Zwitschern der nicht vorhandenen Vögel
Die Stille ist Brandung und Sog des trockenen Meeres
Die Stille ist das Flimmern vor meinen Augen im Dunkeln
Die Stille ist das Trommeln der Tänzer in meinem Ohr
Die Stille ist der Geruch nach Rauch und nach Nebel in den Ruinen an einem Kriegswintermorgen
Die Stille ist das was zwischen Nan und mir war an ihrem Sarg
Die Stille ist nicht was sie ist
Die Stille ist der Nachhall der Reden und der Versprechen
Die Stille ist der Bodensatz aller Worte
Die Stille ist das was übrigbleibt von den Schreien
Die Stille ist die Stille
Die Stille ist meine Zukunft

Erich Fried

Persönlich würde ich mir jedoch mehr Vertrauen in den Kriegs-Nachkriegsfamilien untereinander wünschen, damit die Kriegskinder/Kriegsenkel verstehen, warum manche Dinge geschehen, wie sie geschehen.

Liebe Grüße von Kayen
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

(bei mir scheint die Zitierfunktion außer Kraft zu sein)

Kayen: Ein alter Mensch ist schwer zu definieren.
Ab wann ist ein Mensch alt?

Über diese Frage habe ich mir jahrzehntelang Gedanken gemacht. Früher und heute immer noch definiere ich das entweder so:

Alt ist ein Mensch, wenn er deutlich älter ist als ich.
(dies Argument hat den Vorteil, dass ich mich dabei immer noch viel zu jung fühle, um schon dazuzugehören)

oder so:

Alt ist ein Mensch, wenn er nichts Neues mehr lernen will, nur noch in Routinephrasen redet, lieber in Routinetätigkeiten verharrt als sich mal überraschen zu lassen, bei Gesprächen vor allem Vorurteile liefert, über unbequeme Wahrheiten nicht nachzudenken geschweige zu argumentieren bereit ist ...
(solche Menschen kannte ich früher schon, wenn sie gerade Anfang 20 waren)
 
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Alt ist ein Mensch, wenn er deutlich älter ist als ich.
liebe philia, genauso handhabe ich das unbewusst auch....aber manchmal finde ich dann Leute alt - und sie sind vielleicht 1 Jahr jünger als ich. :)eek:)
(dies Argument hat den Vorteil, dass ich mich dabei immer noch viel zu jung fühle, um schon dazuzugehören)
Ja...:rolleyes: :))) - wir 2 sind jedenfalls ziemlich gleich alt; das finde ich irgendwie beruhigend, denn Du kamst mir nie "alt" oder "älter" vor.

Das mit dem Alter ist eine komische Sache. Und heute sind die meisten Menschen ja viel länger "jung". Ich erschrecke trotzdem, wenn ich Fotos von Gleichaltrigen sehe; die finde ich nämlich meist ziemlich alt....:cool:.

Ich will Dir noch schreiben, dass ich erschüttert über Deine Kindheits-/ Jugenderinnerungen bin. Und ich wünsche Dir erst mal viel Kraft.

ciao, mondvogel
 
AW: Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Aber zu der Verantwortung zu stehen, das ist unabhängig vom Alter. Mord verjährt nicht. Es gibt alte Täter und alte Opfer. Da muss m. E. trotzdem alles nach dem Recht gehandhabt werden. Auch im Alter kann ein Täter einsichtig sein bzw. uneinsichtig bleiben und ein Opfer wünscht sich, egal in welchem Alter, dass ihm Wiedergutmachung zuteil wird.

Leider sieht die Realität aber oft nur zu deutlich anders aus.
 
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

liebe mondvogel,

ja, das ist putzig: iiiiiiiiich bin noch längst nicht alt (egal wie alt ich bin)

Eine weitere Ausnahme mache ich hier noch: Eine Freundin von mir und ihr Mann (wir kennen uns schon fast 25 Jahre) ist, obwohl sie deutlich älter ist als ich, noch läääääängst nicht alt, ihr Mann auch nicht. Es ist wohl wirklich die Flexibilität, die eine Rolle spielt. Bei den beiden ist es allerdings körperlich schon deutlich zu erkennen, dass sie DOCH NICHT MEHR die Jüngsten sind....
a - buhuhuuuuuhh :)traurig:)
(heute waren wir zusammen)
 
AW: Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Vielleicht sollte man einen neuen Thread (wenn Interesse besteht und genügend sinnvolle Texte geschrieben werden) aufmachen:
Wann fängt "Alter" an?
(oder gibt es den schon ?) - Ich möchte nämlich hier bestimmt NICHT vom Ernst des Themas ablenken, dafür habe ich selbst auch viel zuviel erlebt.

Dann fällt mir gerade noch ein:
Man kann ja auch vielleicht statt von "Alter" von "Reife" sprechen. Dann sieht nämlich plötzlich alles GANZ ANDERS aus. Es gibt durchaus reife Junge und unreife Alte, obwohl ich hoffe (Optimistin!), umgekehrt sind die Menschen in der Mehrzahl. Vielleicht wäre das ein Vorschlag für einen neuen Thread.

- - - - -

Es gibt noch ein weiteres Kriterium dafür, sich NICHT alt zu fühlen...
Wenn man es selbst als Ü60 noch immer fast täglich schafft, kurz vor dem Mittagessen Süßes zu naschen.
... aber offenbar DOCH nicht mehr weit davon entfernt ist, weil die Mutter einen dafür nicht mehr ausschimpfen kann, weil sie längst nicht mehr lebt, aber ein gutes Alter erreicht hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Wann fängt "Alter" an?
Dies sehe ich einerseits als ein körperliches, andererseits als ein geistiges Problem an. Nachstehend notiere ich hierzu lediglich zwei Aspekte; vermutlich gibt es hierzu noch mehr zu sagen:
- Körperlich: Wenn Menschen nicht (mehr) auf sich und ihre Gesundheit achten, werden diese relativ früh alt und gebrechlich.
- Geistig: Sofern Menschen nicht (mehr) bereit sind, anderen zuzuhören und über die Gedanken anderer nachzusinnen, sondern ausschließlich ihr Gedankensystem als allein richtig ansehen und anderen überzustülpen trachten, sind sie geistig alt.

Alles Gute!

Gerold
 
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

- Geistig: Sofern Menschen nicht (mehr) bereit sind, anderen zuzuhören und über die Gedanken anderer nachzusinnen, sondern ausschließlich ihr Gedankensystem als allein richtig ansehen und anderen überzustülpen trachten, sind sie geistig alt.

Hi,

wobei dies in jedem Alter zu beobachten ist, nicht nur bei den an Jahren alten ;). Zuhören ist ebenfalls eine Kunst, die meiner Beobachtung nach nicht so häufig vorkommt, ob bei Jung oder Alt.

Gruß,
Clematis
 
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Richtig Clematis, da stimme ich dir vollkommen zu Die Antwort von Gerold halte ich für ein wenig zu oberflächlich.
Aber wann nun das wirkliche Alter anfängt, das ist schwer zu sagen. Jeder Mensch ist anders und auch im Alter trifft das zu. Was ich allerdings feststelle ist, dass Eigenschaften, die man immer schon hatte, sich oft im Alter verstärken. Sowohl die guten wie die schlechten. Nur fallen diese Eigenschaften oft in jungen Jahren noch nicht so auf, weil sie noch nicht so ausgepägt sind.
Das wirkliche Alter ist eigentlich nicht zu definieren. Vielleicht (?) kommt das Alter dann, wenn man wirklich so krank wird, dass man kaum mehr etwas tun kann. Aber selbst dann kann man noch denken, es sei denn, man hat Alzheimer. Vielleicht wird man auch dann alt, wenn man sich nicht mehr viel an dem Leben "da draußen" interessiert.
Also die Frage, wann das Alter anfängt, glaube ich nicht wirklich beantworten zu können.

Schöne Grüße
Werner PS: Übrigens, Clematis, wie geht es dir? Was macht die Gesundheit?
 
AW: Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Genau so wie du, Fremder, sehe ich das auch: Geistig und körperlich sind zwei Aspekte. Hinzu kämen dann noch ausgeprägte Charaktereigenschaften sowie Psyche, nicht selten auch der Glaube und womöglich noch mehr.

Und jeder dieser Aspekte muss gesondert "gemessen" werden:
Mal ist Flexibilität das Maß, mal ist es Stabilität, dann wieder Unterscheidungsvermögen...

Zuhören ist m. E. ein extrem wichtiger Faktor.
Nur so erfährt man von Menschen die wahren Geschichten, Beweggründe für ihr Handeln, Vorstellungen...
Wenn man ab und zu eine Zwischenfrage stellt, die echtes Interesse an der gerade vom Gesprächspartner dargelegten Situation erkennen lässt, ansonsten nach Verständnis trachtet, hat man eigentlich sehr gute Karten.

Wichtig ist auch, dass man nicht nur so vorurteilsfrei wie möglich bleibt, sondern diese sehr positive Eigenschaft weiter verfeinert, je älter man wird. Da wundert man sich dann wirklich, wenn man am Ende liebe Freunde hat, die andere als schwierig ansehen und einen vor ihnen gewarnt haben, und das nur weil sie sie - trotz jahrzehntelangen Zusammenkommens - lediglich oberflächlich kennenzulernen bereit gewesen sind. Ich habe von so manchem eine lange Zeit Verbalinjurien einstecken müssen, bis ich dann in sehr intimen und wertvollen Gesprächen erkennen konnte, dass damit gar nicht wirklich ich gemeint war, sondern die betreffende Person es nur nie gelernt hat, sinnvolle Gedanken, mit denen sie mir Gutes tun wollte, auch in entsprechend positive Worte zu fassen.

Es ist halt jeder Mensch wirklich verschieden. Und ich stimme zu, im Alter prägt sich manches noch deutlicher aus. Aber am wichtigsten ist es wirklich, flexibel zu bleiben, weder geistig zu erstarren noch körperlich. Und dass jeder ein Recht auf eine eigene Meinung hat, diese jedoch dem anderen nicht überstülpen darf.

Sollte man diesen Thread nicht vielleicht wirklich unter ein entsprechendes Thema stellen?
Wo fängt Alter an?
Wo fängt Reife an?
Klar ist, das ist nicht von den gelebten Jahren oder Jahrzehnten abhängig, nicht vom Bildungsgrad, nicht vom Geschlecht, nicht von der Menge der Freunde und selbstredend nicht von der Rasse oder dem sozialen Hintergrund. Ich denke da sowohl an Buschvölker in Afrika als auch Indianer in Amerika, Inuit in Polnähe, auch Professoren aus Syrien usw. usw. Überall gibt es wertvolle Menschen jeden Alters, die es lohnt kennenzulernen, richtig kennenzulernen.

Und bestimmt gibt es auch hier im Forum jede Menge an Jahren Fortgeschrittene, deren Gedanken dazu interessant wären. Europäer, Asiaten, vielleicht auch Aborigines uvm. haben dazu sicherlich einges zu sagen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Zuhören ist m. E. ein extrem wichtiger Faktor.
...
Ich habe von so manchem eine lange Zeit Verbalinjurien einstecken müssen, bis ich dann in sehr intimen und wertvollen Gesprächen erkennen konnte, dass damit gar nicht wirklich ich gemeint war, sondern die betreffende Person es nur nie gelernt hat, sinnvolle Gedanken, mit denen sie mir Gutes tun wollte, auch in entsprechend positive Worte zu fassen.

Wenn man hier den "Ton", der die "Musik" macht, weiterhin unterscheiden kann, ist das wohl eher gut.

Denn jemand, der auf genau diesem Gebiet eher mit schlechtesten Erfahrungen in der Kindheit wie ich damit fertigwerden musste, könnte durchaus in späteren Jahren alle "in einen Topf werfen" und negativ beurteilen, die sich mit harten Ausdrücken äußern, die mobben, die Falschheit zur Schau tragen usw.

Ich wollte das einfach nicht, weil ich das ungerecht fand, als Kind schon - und jetzt erst recht, wo nach menschlichem Ermessen eindeutig die Vergangenheit an Lebensjahren länger ist als die Zukunft.
 
Es war einmal - vor mehr als 60 Jahren

Werner PS: Übrigens, Clematis, wie geht es dir? Was macht die Gesundheit?

Danke für die Nachfrage, Werner :)
Lasse mir immer was Neues einfallen, damit es nicht langweilig wird ;) :rolleyes:
Insgesamt geht's aber...

Hoffe Dir geht's gut im neuen Heim... :wave:

Gruß,
Clematis
 
Der 101jährige Telefonjoker in der Sendung "Wer wird Millionär?" / Günther Jauch letztens wirft jetzt meine ganzen Überlegungen über den Haufen, ob die Frage des Beginns des Alters überhaupt sinnvoll ist oder ob man nicht besser ganz andere Kriterien sammeln und hier ausdiskutieren sollte. Was meint ihr?
 
liebe philia,

ich bin der Meinung es gibt keine wirklichen Kriterien. Aber es gibt "biologische Kriterien": wie Augen, Gehör, Muskelkraft, Stoffwechsel - da fangen wir teilweise mit 18 an zu "altern" ohne gleich alt zu sein....

Und es gibt "psychodynamische" Kriterien und auch soziokulturelle Kriterien.

Menschen die in Armut leben werden etwa 10 Jahre früher alt, weil sie sich nicht die nötigen Erholungsphasen gönnen können (keine Nahrungsmittelergänzungen, Spa, Urlaub am Meer, keine "gesunden" Lebensmittel oder so....).

Und es gibt Veranlagungen....die man aber durch ungesunde Lebensweise völlig außer Schach setzen kann.....und, und und.....

EIne gesunde , starke Psyche hilft vielleicht aber auch nicht in allen Fällen in Würde altern zu können.....

Das waren meine spontanen Gedanken, die mir so durchs Hirn flogen ....da gibt es sicher Ideen wie Sand am Meer.....

ciaociao und Dir einen lieben Gruß, mondvogel
 
Was mir gerade zu diesem Thema einfällt:

Das Alter zeigt sich dann immer deutlicher, wenn die erfreulichen Gegebenheiten im Leben die unerfreulichen nicht mehr ausgleichen können bzw. überwinden. Wenn die Kraft, sich aus Löchern wieder empor zu arbeiten, nicht mehr recht, und der Aufenthalt in irgendwelchen "Tiefen" häufiger wird und letztlich unüberwindbar.
Reicht dann die Kraft auch nicht mehr zur Gelassenheit, Suche nach Möglichkeiten usw. aus, sieht so ein Mensch "alt" aus - wie man ja auch im Sprichwort sagt.

Grüsse,
Oregano
 
"Reicht dann die Kraft auch nicht mehr zur Gelassenheit, Suche nach Möglichkeiten usw. aus, sieht so ein Mensch "alt" aus - wie man ja auch im Sprichwort sagt."

Ich glaube, das ist der Punkt. Die innere Einstellung ist wichtiger als die körperliche Fitness. Vielleicht bin ich ein Glückspilz. Mit 77 J. freue ich mich noch auf jeden Tag mit seinen Herausforderungen. Ich bin dankbar für meinen Lebens- und Gesprächspartner, unsere Kinder und Enkel, meine kreativen Tätigkeiten, die ehrenamtliche Arbeit mit Migrantenkindern, das Wandern, Chorsingen, eben alles, was ich noch machen kann.

Ich denke aber auch an zwei Tanten, die im Alter von 98 bzw 102 Jahren gestorben sind. Obwohl sie kaum mehr sehen und schlecht hören konnten und körperlich sehr eingeschränkt waren, ließen sie nicht nach, ihren Geist zu üben. Die eine kannte nicht nur von ihren 5 Kindern, sondern auch von 25 Neffen und Nichten und deren Kindern und Enkeln Einzelheiten über ihr Leben. Die andere hatte 3 Stiefkinder und 4 eigene Kinder und nahm noch lebhaft an ihrem Leben und dem ihrer Nachkommen teil. Als sie noch lesen konnte, auch griechisch und lateinisch, strich sie orthographische und sachliche Fehler in den Büchern an. Ihre Beerdigung plante sie einschließlich des Bibeltextes und der Lieder bis ins Kleinste. Beide klagten nie über ihr Alter, sondern waren dankbar für das, was sie noch hatten.

Ja, wo fängt das Alter an? Vermutlich, wenn man nicht mehr auf das schaut, was man noch hat, sondern dem nachtrauert, was nicht mehr möglich ist. Und da können manche ziemlich Jungen schon sehr alt sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für eure Gedanken, mondvogel und Oregano.

Mit den „biologischen Kriterien“ kann ich schon etwas anfangen, wobei du, mondvogel, sicherlich die nachlassenden Kräfte bei den von dir angeführten Körperfunktionen meinst, die durchaus schon mit 18 in Mitleidenschaft gezogen sein können, dann aber eigentlich eher aus krankheitsbedingten Gründen oder auch selbstverschuldet.

Wenn ich mir vorstelle, dass ich mit 18 Jahren bereits eine Reihe Popkonzerte besucht hätte von Bands, deren Musik „laut“ sein muss, um zu wirken, hätte ich sicherlich mit dem Gehör dauerhafte Probleme bekommen. Ich war ein paar Jahre älter, als ich hin und wieder mal in ein solches Konzert ging. Danach war mein Gehör ein paar Tage ziemlich ramponiert, hatte sich aber immer noch wieder erholt. Bei den Augen ist die Sehkraft als solche bei mir noch top, wenn man mal von meiner im Alter von 11 Jahren beginnenden Kurzsichtigkeit absieht, die sich bis zum Alter von über 20 Jahren noch regelmäßig verschlechterte, bis sie dann stagnierte bis zum heutigen Tag.

Bei der Muskelkraft ist unterschiedliches Potential in Armen oder Beinen, je nachdem, was man mehr trainiert.

Ansonsten finde ich sogar, man fängt eigentlich von Beginn der Existenz schon an zu altern, der eine deutlicher, der andere weniger deutlich.

Und auch bei den „psychodynamischen“ und soziokulturellen Kriterien gibt es ganz unterschiedliche Ausprägungen. Bei armen Menschen sind es, denke ich, vor allem diejenigen, die auf der Straße leben (müssen), die schneller altern, da sie Tag und Nacht Wind und Wetter ausgesetzt sind. Als ich noch Teenager war, ist mir mal ein Mann begegnet, der kein Zuhause hatte und mir erzählte, dass er von einer Frau ihre überschüssige Muttermilch geschenkt bekam. Ich dachte damals, der müsste über 50 Jahre alt sein, nach seinem Aussehen zu urteilen. Dann sagte er mir, dass er erst gerade über 30 war. Das hat mich echt betroffen gemacht.

Und in Würde zu altern geht auch nur dann, wenn man nicht dement, schlaganfallgeschädigt oder anderweitig auf fremde Hilfe, weil alleinstehend, angewiesen ist, die aber die eigenen Interessen konterkariert. Wer von uns weiß denn heute schon, dass er nicht in eine solche Situation kommt. Und wer verdient heute in seinem Job genug, um sich ein Altern in Würde leisten zu können, wenn er mit plötzlich eintretenden Behinderungen konfrontiert wird?

Oregano:
Wenn die unerfreulichen Dinge im Leben die erfreulichen überlagern und man keine körperliche Kraft mehr hat, um sich daraus befreien zu können, dann gibt mir noch die Geisteskraft Hoffnung, wenn ich sie so lange wie möglich und so intensiv wie möglich positiv genährt habe. So würde ich es ausdrücken.
Ich habe von beeindruckenden Beispielen von Menschen gelesen, die körperlich in einem unwiederherstellbaren gesundheitlichen Verfall begriffen waren, denen ihre Geisteskräfte geholfen haben, ja sogar anderen, die sie besuchten, um sie zu trösten, haben sie selber getröstet.

Es gibt ja so grausame Krankheiten wie ALS, Sklerodermie usw., die Menschen durchaus im eigentlich noch recht produktiven Alter treffen.

Also wer mit 101 Jahren noch so fit ist wie dieser Vater, der als Telefonjoker bei „Wer wird Millionär“ fungierte, ist sicher die absolute Ausnahme. Ich denke nicht, dass da ein ganz besonderes Rezept dahintersteckt, sondern einfach sehr gute körperliche Voraussetzungen sowie ein gutes soziales Umfeld usw.

Auch wenn man es bis Mitte 80 schafft ohne pflegebedürftig zu werden, ist das schon gut.

Wer alt ist und wer nicht, ist zumindest nicht an der Zahl der Falten im Gesicht oder der Zahl der Lebensjahre festzumachen und auch nicht daran, ob jemand eine Couch potato ist oder eine Sportskanone.

Ich denke, dass es sehr viel mit der Geisteshaltung zu tun hat, mit Offenheit, mit Neugier und mit gutem Unterscheidungsvermögen bzgl. der Dinge, die einem guttun. Wenn man da seinen Weg nicht finden kann bzw. sich im Informationsgewusel verliert und viele vermeidbare Fehler macht, den falschen Leuten vertraut und das nicht erkennt, ist die Gefahr sehr groß, dass man tatsächlich zum alten Eisen tendiert.
 
Als ich vor Jahrzehnten in Berlin wohnte, lebte auf unserem Flur in der Wohnung nebenan eine Frau von über 90 Jahren. Sie las Tageszeitungen in mehreren Sprachen mit beleuchteter Lupe und besuchte regelmäßig ihre Kinder in den USA. Diese Nachbarin hatte meinen absoluten Respekt.

Eines Tages sah ich sie nicht mehr. Dann kam die Hausmeisterin irgendwann und klingelte bei ihr. Die Frau erlitt einen Schlaganfall und konnte nicht mehr sprechen. Die Hausmeisterin ist jeden Tag zu ihr zu Besuch gekommen und redete stundenlang mit ihr. Dann lernte diese "alte" Frau das Sprechen wieder...
 
Mit den „biologischen Kriterien“ kann ich schon etwas anfangen, wobei du, mondvogel, sicherlich die nachlassenden Kräfte bei den von dir angeführten Körperfunktionen meinst, die durchaus schon mit 18 in Mitleidenschaft gezogen sein können, dann aber eigentlich eher aus krankheitsbedingten Gründen oder auch selbstverschuldet.
nein philia, mit den biologischen Kriterien meine ich tatsächlich, dass allein wegen des Erreichens des "Erwachsenenalters" gewisse Prozesse nicht mehr optimal laufen..(ohne dass einem das auffällt) ...und das eben unabhängig vom Verhalten und von Krankheit. Das ist dann nochmal eine ganz andere Geschichte.....
ciao, mondvogel
 
Zuletzt bearbeitet:
Alles klar, mondvogel, dann entschuldige ich mich für meine (nicht nur optisch bedingte) Kurzsicht. Denn ich könnte mir bei Muskelkraft und besonders beim Stoffwechsel durchaus so einen Alterungsprozess vorstellen und dass man ihn nicht merkt bzw. spürt. Endokrinologen sucht man meist ja auch erst auf, wenn "das Kind schon in den Brunnen gefallen ist".
 
Oben