Die Presse im Frankfurter Raum berichtete letzte Woche, daß ein seit Jahren bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft laufendes Amalgam - Produkthaftungs - Ermittlungsverfahren gegen die Degussa AG, Frankfurt, gegen eine Spende von 1,2 Mio. DM an die Forschungsgruppe des "Münchner Modells" sowie gegen Bezahlung von jeweils 100.000 DM an die Staatskasse durch drei Degussa-Manager, gegen die Strafermittlungen eröffnet worden waren, nun eingestellt werden soll.
Die Degussa hatte bereits Anfang letzten Jahres unter Hinweis auf Ergebnisse der Studie des Münchner Toxikologen Prof. Dr. Drasch die Amalgam Herstellung eingestellt. Dieses toxikologische Gutachten wir berichteten mehrmals hatte eine große Rolle im Verfahren der Staatsanwaltschaft gespielt.
Verdacht vorsätzlicher Körperverletzung
Die Staatsanwaltschaft ermittelte seit einigen Jahren gegen drei Verantwortliche der Degussa AG, Frankfurt, wegendes Verdachts der vorsätzlichen Körperverletzung. Wenn jetzt das Landgericht Frankfurt zustimmt, sollen die Ermittlungsverfahren wegen geringfügiger Schuld eingestellt werden.
Das Unternehmen ist bereit, 1,2 Millionen DM an das sogenannte "Münchner Modell" der Universität München zu zahlen, teilte der Leiter der Umweltabteilung, Oberstaatsanwalt Manfred Stotz, jetzt mit. Das Modell forscht unter anderem auf dem Gebiet der alternativen Medizin und untersucht die Möglichkeit, diese in Einklang mit der bisherigen Schulmedizin zu bringen.
Mit der Bezahlung von jeweils 100.000 DM durch die Manager als Auflage für die Einstellung des Verfahrens will die Staatsanwaltschaft die hohen Gutachterkosten wenigstens zum Teil ausgleichen.
Die Staatsanwaltschaft sehe zwar eine Kausalität zwischen der Verwendung von Amalgam und verschiedenen Erkrankungen mittlerweile als gesichert an, aber ob dies zur Erhebung der Anklage ausreiche, sei dennoch fraglich, sagte Stotz. Er sei froh, daß sich das Unternehmen im Sinne seiner sozialen Verantwortung auf die jetzt gefundene Lösung eingelassen habe. Dies sei wie im Holzschutzmittelprozeß leider in der deutschen Wirtschaft noch nicht üblich.
Ausgelöst hatte die Ermittlungen der Münchner Toxikologe Dr. Max Daunderer. Er erstattete im Dezember 1990 Anzeige "gegen die Herstellung von Zahnamalgam". Die quecksilberhaltigen Zahnfüllungen hatte er für sieben Todesfälle verantwortlich gemacht, insgesamt sollen nach seiner Überzeugung zwei Millionen Menschen geschädigt worden sein.
Aufgrund einer Anfrage der DZW Redaktion erhielten wir nachstehende Information der Degussa AG zu den Frankfurter Vorgängen:
"lm Zusammenhang mit dem seit Jahren geführten Ermittlungsverfahren wegen angeblicher schädlicher Wirkungen des von der Degussa AG ehemals hergestellten Zahnamalgams führte das Unternehmen Gespräche mit der Frankfurter Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Verfahrens. Dabei zeichnet sich eine Lösung ab. Sie besteht in der Unterstützung der Forschungsgruppe Münchner Modell durch eine Zahlung von 1,2 Mio. DM. Das Münchner Modell eine Einrichtung der Universität München forscht auf dem Gebiet konservativer und alternativer Behandlungsmethoden.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt berichtete in ihrer Jahrespressekonferenz am 17.04.1996 hierüber. Diese sich abzeichnende Lösung wurde positiv dargestellt. In diesem Zusammenhang sprach der Leiter der Abteilung Umwelt, Staatsanwalt Stotz, auch lediglich von einem Anfangsverdacht, ohne daß bislang eine konkrete Kausalität festgestellt wurde. Die zwischen der Staatsanwaltschaft und Degussa geführten eingehenden Gespräche machten, so Stotz weiter, deutlich, daß man auf Unternehmensseite zukunftsorientiert denkt und bereits ist, ,aus sozialen Überlegungen heraus eine vernünftige Lösung zu finden'. Dies gab auch den Antrieb für die jetzt erzielte Einigung zwischen Degussa und der Staatsanwaltschaft. Sie bedürfe, laut Stotz, noch der Zustimmung des zuständigen Gerichts.
Degussa hat dabei den eigenen Anspruch auf eine Bestätigung der Unschuld in einem Strafverfahren zurückgestellt. Das Ergebnis ist das Einverständnis mit einer Einstellung des Verfahrens, die an die Erfüllung der genannten Zahlungen des Unternehmens geknüpft ist. Degussa sieht in der Unterstützung der Forschung im Bereich von Amalgam und alternativer Füllungsstoffe unter gleichzeitiger Beteiligung von Schul und Naturmedizin eine sinnvollere Verwendung der Mittel als in einer Verteidigung in einem Strafverfahren.