Kinder und Psychopharmaka

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13.08.06
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Hallo Leute..

Ich möchte euch diesbezüglich 2 wichtige Links vorstellen:

Monitor hat berichtet: Endstation Kinderpsychiatrie - Wie schwierige Kinder abgeschoben werden…Zitat: „Die Statistik beweist es: Immer mehr verhaltensauffällige Kinder werden in die Kinder – und Jugendpsychiatrie eingewiesen. Aber gehören sie auch alle dort hin? Der Blick hinter die Mauern gelingt so gut wie nie, es gibt kaum Studien, Ärzte haben Schweigepflicht nach außen. Viele Kinder sind dort mit Diagnosen, die „Störung des Sozialverhaltens“ beinhalten – für die Psychiatrie eine Krankheit: Oft bekommen sie Medikamente, werden ruhig gestellt. Sind diese Kinder krank oder wären sie nicht in speziellen Jugendhilfeeinrichtungen besser aufgehoben?
Quelle: | WDR | WebTV |

Report Mainz hat berichtet: Gefährlicher Trend
Neuroleptika werden vermehrt an Kinder und Jugendliche verschrieben

Zitat:..“Neuroleptika werden vermehrt an Kinder und Jugendliche verschrieben. Das berichtet das ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ am Montag um 21:45 Uhr im ERSTEN. Dem Magazin liegen Daten einer bisher unveröffentlichten Studie der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Köln vor. Die Studie weist einen alarmierenden Anstieg bei der Verschreibung neuartiger Neuroleptika bei Kindern und Jugendlichen nach. Demnach erhielten im Jahr 2000 6.864 Kinder und Jugendliche in Deutschland neuartiges Neuroleptikum. 2006 waren es bereits 28.100. Innerhalb von sechs Jahren wären die Verschreibungszahlen damit um das Vierfache gestiegen…“
Quelle: www.swr.de/report/presse/-/id=1197424

Hier steht was Neuroleptika sind:
Neuroleptikum ? Wikipedia

Eure Kommentare zu diesen Tatsachen interessieren mich sehr..
 
Kinder und Psychopharmaka..

Hallo Reina,

das ist ein schwieriges und traurig machendes Thema. Offensichtlich sind viele Kinder nicht mehr gut in ihren Elternhäusern aufgehoben, so daß sie durch ein schwieriges soziales Umfeld problematisches Verhalten entwickeln.
Dazu kommen dann noch die Umweltbedingungen, unter denen viele aufwachsen. So daß auch Vergiftungen durchaus eine Rolle spielen können.

Daß diese Kinder nun sehr früh z.B. Neuroleptika verschrieben bekommen (ich habe die Sendung auch gesehen), ist erschreckend und zeigt doch, daß die Hilflosigkeit groß ist. Schlimm finde ich auch, daß zwar seit Jahrzehnten davon gesprochen wird, Ganztagsschulen einzurichten, daß diese aber immer noch relativ selten sind. DA mangelt es dann an Geld und der Überzeugung, daß das ein guter Schritt wäre, wenn die Eltern keine Möglichkeit haben, den halben Tag, den die Kinder sonst "frei" haben, zu Hause zu verbringen.

Schlimm finde ich auch,dass offensichtlich gerne darüber hinweg gesehen wird, welche Langzeitwirkungen solche starken Medikamente haben können. Man weiß ja so gut wie gar nichts darüber.

Grüsse,
Uta
 
Kinder und Psychopharmaka..

Hallo Zusammen,

Na ja, eigentlich sollten in vielen Fällen die Eltern da mal in Verhaltenstherapie?

Ich glaube wirklich manche wissen nicht mehr so genau warum es im Leben geht, wohl doch nicht darum die Kinder mitzunehmen auf der dritte oder vierte Ferienreise mit Exotisches Reiseziel, wie die Familie nebenan ja auch, oder lieber noch ein wenig Exotischer..., während die Kinder vollgestopft sind mit Medikamente für angebliche Psychische oder Psychiatrische störungen... Yep, sehr merkwürdig...

Ich glaube dass es ganz oft daran liegt dass es vor allem mangelt an Aufmerksamkeit, und sonst einfach die Begleitung bei alltägliche Dingchen die Kinder so manchmal etwas zu schaffen machen, und die Lenkung der manchmal enorme Energie in sinvolle Aktivitäten.

Sowas kostet ja Zeit (und Zeit ist Geld... offenbar das wichtigste...) und Mühe, aber mir scheint es als ob man massal vergessen hat wiesehr diese Mühe sich lohnt, und was nun wirklich wichtig ist! Und was auch davon die Langzeitfolgen sein könnten...

Da kann man von Glück reden dass wir Mittlerweile in einer Zeit leben wo es auch noch einige Grenzen gibt.... Vielleicht für Manche oder auf den ersten Blick ein Absurder vergleich: ... es gibt ja auch immer mehr Hunde mit Verhaltensprobleme: Die Erziehung soll nicht zuviel Zeit kosten, die Ansprüche an das Anpassungsvermögen des Hundes sind im Vergleich immer Höher geworden, und der Hund soll sich Perfekt benehmen, meist noch angeschafft als nett für den Kindern, denen offenbar was zu fehlen scheint... Oder eben weil es ja zum Idealbild dazugehört.. Na ja, so nicht immer, aber öfter als mir lieb ist.

Und da ist mir aufgefallen wie enorm wenig man bereit ist, sich zu vertiefen in die Bedürfnisse des Hundes, Zeit zu investieren in Erziehung und artgerechte Beschäftigung... Aber "Lieben" tue man das Tier ja.:confused: (Grusel grusel, von den Trends nach Schmuck und Trendy Kleidungstücke für Vierfüssler)
Ich wundere mich dann immer wie es die Kinder in solchen Familien geht... Eins haben die als grosses Vorteil, wenn die mal Verhaltensprobleme zeigen werden sie wenigstens nicht direkt Kastriert... na ja, Psychisch offenbar schon, und immer öfter, mit Neuroleptika. Das soll im Interesse des Kindes sein... Tja, und mit dem Abschieben in's Tierheim... da scheint offenbar auch schon eine Paralelle zu enstehen


Ich finde das alles zu tiefst traurig!

@Reina: Danke für den Beitrag!

Herzliche Grüsse
Kim
 
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Kinder und Psychopharmaka..

Hallo,

ich empfinde diese "Zustände" ebenfalls als absolute Katastrophe :schock:!

Allerdings kann ich für meinen Teil in vielen Fällen nachvollziehen wie so etwas passiert. Da werden die Ganztagsschulen, Kinderhorte, Ganztagsbetreuung, was weiß denn ich wie viele Angebote es da gibt, hochgepriesen und als perfekte Lösung verkauft :eek:. Da frage ich mich nämlich: wo bleibt den die Familie, die Umgebung die den Kindern und Jugendlichen Liebe, Wärme und Sicherheit vermitteln soll?
Glaubt eine Ursula von der Leyen denn tatsächlich diese Betreuungsangebote sind ein perfekter Ersatz für familiäre Geborgenheit? Diese Frau wirbt dafür Kinder, Karriere und Haushalt seien doch locker zu schaffen, sie habe schließlich fünf Kinder großgezogen und trotzdem Karriere gemacht :schlag:.
Vor ein paar Tagen habe ich mit einer älteren Dame erzählt die bei uns im Kreis ein politisches Amt hat. Die konnte über die Auführungen der Frau von der Leyen nur müde lächeln und erzählte mir von einigen Details. Wie ihr Euch vorstellen könnt hat die Dame Chauffeur, Gärtner, Hausdame, Reinigungsfrauen, Köche, und nicht zu vergessen: Kindermädchen! Und am Geld fehlt es ja wohl auch kaum.
Mit diesem Hintergrund hätten wir auch alle Zeit und Möglichkeit durchzustarten :kraft: - oder meint Ihr nicht?

In diesem dann, für Normalsterbliche, übriggebliebenen Familienleben haben Kinder leider oft nicht mehr genug Platz ihr Leben mit allen Höhen und Tiefen zu verarbeiten.
Wie leben denn die meisten Kinder die straffällig, aggressiv oder psychisch krank sind? Glaubt allen Ernstes irgend ein Mensch sie wurden in einer liebevollen Familie groß? In der man Zeit miteinander und füreinander hatte? Ich denke dieser Prozentsatz ist ziemlich gering :cool:.

So landen viel zu viele junge Menschen kaputt und perspektivlos in der Psychiatrie und werden mit Medis vollgestopft die an Kindern nie richtig getestet wurden, wie übrigens die meisten Medikamente :mad:, das ist sowieso ein Knaller!

Ich möchte prinzipiell Ganztagsbetreuungsangebote nicht verteufeln, mein Großer ist, sogar auf eigenen ausdrücklichen Wunsch :), ebenfalls in der Ganztagsschule. Und für viele Familien, bei denen beide Elternteile arbeiten gehen müssen, auf alle Fälle eine sinnvolle Option.

Aber meiner Meinung nach muss ein Umdenken erfolgen. Wenn heute eine "nur" Mama und Hausfrau nicht mehr als minderwertig angesehen werden würde, wäre vielleicht doch die eine oder andere Mama, oder natürlich auch Papas, bereit dazu sich selbst mehr mit ihren Kindern zu beschäftigen.

Ich bin 100%ig davon überzeugt, dass dann diese schrecklichen Umstände deutlich besser würden.


Liebe Grüße :wave:.

Heather
 
Kinder und Psychopharmaka..

Ja, es wäre schön, wenn wenigstens ein Elternteil die Zeit hätte oder sich nehmen könnte, um sie mit den Kindern zu verbringen.

Da das aber in vielen Fällen nicht so ist und nur ein ganz kleiner Anteil von Eltern von der Leyensche Verhältnisse hat, ist es um so wichtiger, Ganztagsbetreuungsangebote anzubieten. Das für mich Unverständliche ist sowieso, daß praktisch in allen anderne europäischen Ländern das eine Selbstverständlichkeit ist. Dort werden nur die Eltern (vor allem die Mütter) nicht als Rabenmütter bezeichnet.
Und es gibt dort mehr Kinder als hier (s. Frankreich, Dänemark, Schweden).

Dazu kommt meiner Ansicht nach noch, daß viele Elternteile ja selbst durch Psychopharmaka und/oder andere Tabletten ruhig gestellt werden bzw. sich ruhigstellen lassen, um weiter möglichst "problemlos" zu funktionieren. Ein Teufelskreis.

Gruss,
Uta
 
Kinder und Psychopharmaka..

Hallo Uta,

Ja da stimme ich Dir zu. Und ich denke dass Ganztagsbetreuungsangebote da eine wichtige Teillösung wäre. Und zudem, es geht bei den Kontakt mit den Kindern auch sehr um Qualität. Umgekehrt, es kann ja sein dass ein Elternteil ganztags da ist, und die Kinder trotzdem Problemverhalten entwickeln, anwesendheit ist noch mal was anderes als dem was die Kinder (gross und klein) benötigen.

Was ich aber schwierig verstehen kann ist das, wenn wir nun alle hier sind (auf Erde und in dieses/unser Leben) und das auch noch vorübergehend, dass wir irgendwie vergessen sind/haben dass ein Mensch nebst ein Dach über den Kopf, Essen um sich gesund zu ernähren, und den täglichen Schlaf, vor allem doch Liebe und "Wärme" wichtig ist. Lieben und geliebt zu werden, und dass al die Materielle Sachen (klein oder gross) und ferne (oder nicht so ferne) Reisen, da eher im Wege zu stehen scheinen als dass sie dazu was beitragen... Oder eher das Glauben dieses zu brauchen um Glücklich sein zu können, oder die Kinder glücklich zu machen...

Vor einiger zeit sah ich eine Nachrichtenhintergrundsendung zum Thema Geburtstagsparties für Kinder... die neuesten Trends.. Und für mich sahen mir die Kinder da vergleichbar aus mit der Pudel die in eine Rosa Kunststoff Lackjacke gesteckt wird, zwar "sehr geliebt" aber zu im Grunde tiefst unglücklich - es war an die Gesichter abzulesen. Und ich frage mich wirklich was aus eine Generation mit eine grosse Gruppe von Kindern wird (langzeitfolgen), die vermittelt bekommen dass materielles einen grosseren Wert hat als immaterielles...

Sorry, es geht ja Teilweise fast Off-Topic, aber ich denke dass das Phänomen (Psychopharmaka für Kinder) sehr tiefe Würzel hat, nur eins der Symptome ist von viele.

Herzliche Grüsse
Kim
 
Kinder und Psychopharmaka..

vor allem doch Liebe und "Wärme" wichtig ist. Lieben und geliebt zu werden, und dass al die Materielle Sachen (klein oder gross) und ferne (oder nicht so ferne) Reisen, da eher im Wege zu stehen scheinen als dass sie dazu was beitragen... Oder eher das Glauben dieses zu brauchen um Glücklich sein zu können, oder die Kinder glücklich zu machen...

Ja, Kinder, die sich geliebt fühlen und akzeptiert so, wie sie sind, haben viel größere Chancen, ein zufriedenes Leben zu führen. Ganz klar.
Nur ist es leider Fakt, daß viele Eltern/Großeltern nicht in der Lage sind, diese Liebe zu geben. Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil sie sie selbst auch nicht bekommen haben.
Dann brauchen eigentlich alle Hilfe. Wenn sie das auch so sehen, gibt es wahrscheinlich recht gute Chancen, wirklich zu helfen.
Wenn nicht, sieht es düster aus.

Immerhin steht ja - denke ich, oder bin ich da naiv? - vor der Verschreibung von Psychopharmaka noch die Beratung. Und zwar durch einen Psychologen hoffe ich und nicht durch den Hausarzt oder den Psychiater/Neurologen. Soviel ich weiß, verschreibt ein Psychologe keine Medikamente; insofern sehe ich da die Hoffnung, daß er/sie erst einmal sein Bestes tut, um einem Kind aus seinen Schwierigkeiten herauszuhelfen.

Neues psychologisches Beratungsangebot an der Universität Bielefeld

Heute (30. Oktober) wurde die Psychotherapeutische Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche (HAKIJU) der Universität Bielefeld offiziell eröffnet. Ratsuchende Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern können bereits seit Juni 2008 ein umfassendes Diagnose- und Hilfsangebot bekommen. Die Beratungs- und Therapiemöglichkeiten werden von den meisten Krankenkassen übernommen
[/quote] Eröffnung der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz für Kinder und Jugendliche

Gruss,
Uta
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Uta,

es tut mir ja leid das sagen zu müssen doch befürchte ich diesbezüglich bist Du wirklich etwas zu hoffnungsvoll.

In der heutigen Zeit haben auch Psychologen verhältnismäßig wahrscheinlich nicht mehr Zeit zur Verfügung als jeder andere Arzt auch.
Und der Aufwand Eltern und Kinder zu therapieren lässt sich mit Sicherheit nur in den wenigsten Fällen realisieren.

Die Sache, dass Eltern selbst gar nicht richtig lieben könne ist sicher richtig. Das ist sehr traurig und diese Menschen tun mir unendlich leid, ganz ehrlich. Jedoch ist das für mich keine Entschuldigung wenn deren Kinder nicht richtig versorgt sind. Täglich ein warmes Essen, Hilfe bei den Hausaufgaben, oder ein offenes Ohr für Probleme kann und muss jeder haben der ein Kind auf die Welt bringt. Und das verlange ich von allen Eltern sofern das nicht durch Krankheit unmöglich ist!


Liebe Grüße :wave:.

Heather
 
Hallo Heather,

es ist ganz sicher nicht einfach, überhaupt erst einmal einen guten Psychologen zu finden, vor allem, wenn man nicht davon überzeugt ist. Deine Skepsis verstehe ich sehr gut, aber ich behalte da doch lieber meine eher optimistische Haltung, auch wenn es oft schwer fällt.
Schließlich kann ja die Hilfe auch noch von anderer Seite kommen als von ärztlicher, z.B. von Organisationen, die sich darum bemühen, den Kindern noch ein anderes Bild vom Leben zu vermitteln als die eigenen Eltern das tun können.
Im Prinzip ist jeder aufgefordert, seinen kleinen Anteil an der Betreuung solcher Kinder zu leisten...

Täglich ein warmes Essen, Hilfe bei den Hausaufgaben, oder ein offenes Ohr für Probleme kann und muss jeder haben der ein Kind auf die Welt bringt

Volle Zustimmung. Nur: die Tatsachen sprechen dagegen, daß das funktioniert...

Gruss,
Uta
 
Hi zusammen,

Ich mach im Moment gerade ein kurzes Praktikum in der Kinder und Jugendpsychiatrie.

Grundsätzlich gilt: Ein Kind kommt erst in eine Stationäre Behandlung wenn es nicht ausreichend Ambulant versorgt werden kann - oder es Fremd/Selbstgefährdend ist. Man kann also sagen dass die Kinder die dort "landen" jene mit dem "schwierigsten oder unglücklichsten oder komplexesten" Verlauf sind

Ich war erst sehr skeptisch ob ich da nicht in den klintsch mit meiner eigenen Berufsethik gerate. Will ich Medikamente an minderjährige Abgeben die teilweise genau so hoch dosiert sind wie bei den erwachsenen?

Dann kam ich tatsächlich auf die Station und was sah ich? Medikamente wie Benzodiazepine und Neuroleptika gibt es sehr wohl auf der Station, doch sie machen - zum Glück - einen sehr kleinen Teil der Behandlung aus.

Was ich aber als schön empfinde ist, dass hier Kinder zusammenfinden die teilweise keinerlei Strukturen von Zuhause gewährleistet gekriegt haben. Sie lernen in der Gemeinschaft. Sie sorgen füreinander und sie haben einen geordneten familiär gestalteten Tagesablauf. Die Kinder dort lernen wieder miteinander zu spielen. 14 Jährige kochen gemeinsam mit 17 Jàhrigen. Sie helfen einander bei den Hausaufgaben. Fernseh und Games gibt es eine stunde den tag... und es reicht komplett aus! (Für viele Kidz ist das ja undenkbar geworden)

Die Pflege hat einen ganz anderen Status als bei der Erwachsenenpsychiatrie. Der Pädagogische Anteil ist im Grunde vorherrschend.

Leider ist es häufig so, dass die Kinder eigentlich lediglich die Symptomträger eines pathologischen Familiensystems sind. Die Familie zu Therapieren ist aber sehr sehr sehr schwierig, da diese sich häufig nicht dazu bereit erklärt. Was tut man also? Man lenrt den Kindern in ihren eigenen Strukturen die sie wieder haben werden, zu "überleben". Man gibt ihnen die Werkzeuge um dieses system zu Kompensieren.

Viele Kinds-psychiatrische Störungen sind im Grunde Coping - also Bewältigungsstrategien um mit der belastenden Situation zuhause zurecht zu kommen. Ein Kind hat keine andere Möglichkeit mehr sich zu schützen als sich in die "krankheit" zu flüchten. Solche Schutzmechanismen gibt es auch in einem normalen Umfang: Z.b können viele Kinder sich "ausklinken" im Spiel so in ihre Fantasie eintauchend ass sie die Umwelt gar nicht mehr mitkriegen. Psychopathologisch könnte man dies mit einer Dissoziation vergleichen. Doch dies ist es nicht, solange dieser Vorgang nicht schädlichen Einfluss auf den Altag nimmt. Denn es kann passieren dass sich solche Schutzmechanismen verselbstständigen - und dann klinkt sich das Kind plötzlich auf der Strasse, in der Schule, bei den Hausaufgaben, im Spiel oder sonst wo aus. Dann hat es ein Problem. Weil die Steuerung verloren gegangen ist.


Doch da gibt es auch die schwerwiegenden Probleme. Ich bin jugendlichen - gar Kinder - begegnet die eine grosse Faszination zum Tod entwickelt haben. Dies ist im Grunde auch normal denn gerade in der Zeit der Adoleszenz wird einem Menschen die eigene sterblichkeit stark bewusst und die auseinandersetzung damit findet automatisch statt.

Aber - und dies fand ich erschreckend - ich kann sagen dass es gut sein kann, dass etwa die hälfte der Kinder auf einer Jugendstation bereits ihren ersten - oder zweiten Suizidversuch hinter sich haben. Das sind keine peanuts mehr! Ebenfalls grosses Thema sind Selbstverletzungen. Durch Ritzen, schneiden, oder absichtliches vor Fahrzeuge werfen etc.

Es gibt auch jugendliche die mit 14-16 ihre erste Psychose erleiden oder Zwangskrank sind etc.

Unglückliches KRankheitsbild sind auch jene Betroffenen mit einer HKS (Hyperkinetischessyndrom). Das sind Kinder die aufgrund ihrer Defizide durch alle schulischen Maschen fallen. In Heimen teilweise nicht tragbar sind etc. Diese Kinder leiden auch an ihrer Krankheit. Das wird häufig unterschätzt. Die sind froh um ihre Medikamente.

Ebenfalls eine grosse Sparte bilden Kinder mit Essstörungen. (Magersucht, Bulimie) auch das sind massiv bedrohliche Störungsbilder (ca. eindrittel der Magersüchtigen sterben an diesem leiden! 20-30% haben chronsiche Störungen)

Das sind also nicht einfach nur "unbequeme" Kinder die auf eine Station kommen um "ruhig" gestellt zu werden. Dies halte ich für ein klares Vorurteil gegenüber der Kinder und Jugendpsychiatrie.
 
Hallo Asmodea,

Das sind also nicht einfach nur "unbequeme" Kinder die auf eine Station kommen um "ruhig" gestellt zu werden. Dies halte ich für ein klares Vorurteil gegenüber der Kinder und Jugendpsychiatrie.

Ich denke keiner von uns hat das so gesagt. Ich gehe auch davon aus, dass die Gruppe die Du hier beschrieben hast nur ein kleiner Teil vom Ganzen ist. Nicht jedes Kind das Medikamentös behandeld wird kommt ja in eine Station. Wie ich es hier erlebe werden psychopharmaka sehr üblich auch von Hausärzte verschrieben, und bei Kinder mit Verhaltensauffälligkeit schon ziemlich schnell ADHS diagnostiziert (und dann auch Medikamente verschrieben). In meinem land sind es momentan etwa 200.000 Kinder die dafür medikamentös behandelt werden. Die befinden sich im Durchschnitt nicht in eine Psychiatrische Station.

Herzliche Grüsse :)
Kim
 
Hallo Asmodea,

da kann ich Kim zustimmen. Es ging nicht darum, dass Kinder in irgendwelchen psychiatrischen Anstalten mit Medikamenten vollgestopft werden, sondern vielmehr darum, dass Verhaltensauffälligkeiten viel zu leichtfertig von inkompetenten Ärzten mit Psychopharmaka behandelt werden.
Ich finde es z.B. ganz furchtbar, dass ein Hausarzt oder ein Kinderarzt solche Medikamente überhaupt verordnen darf bevor ein "Fachmann" sich die Sache angesehen hat.

Wenn Kinder in die Psychiatrie kommen ist das wahrscheinlich wenigstens eine Chance etwas an Ihrer Situation bzw. an sich selbst zu ändern. Oder noch besser, man wird dadurch auf ihre familiäre Notlage aufmerksam und hat die Möglichkeit zu handeln.


Liebe Grüße.

Heather
 
Oh ja dann hab ich mich wohl verlesen. Ich dachte es ging um Kinder die einfach in die Psychiatrie "abgeschoben" werden.

Ja dies finde ich auch bedenklich wenn ein Kinderarzt sowas verschreibt ohne dass da vorgängige Abklärungen getroffen wurden. Es ist auch eine erwiesene Tatsache dass die Kinder heutzutage weniger lang sich auf etwas Konzentrieren können. Dies ist meiner Meinung nach aber nicht pathologisch sondern eine "normale" Entwicklung.

Wir leben in einer Zeit voller Informationen die immer schneller auf einen hereindonnern. Man macht alles gleichzeitig.

Man vergleiche die Generation wo der Fernseher aufkam. Eine Werbung damals hatte vermutlich eine länge von über 30 Sekunden und man fand diese damals "Schnell". Heute preschen innert ein paar wenigen Sekunden tausende von Eindrücke auf einen ein dass es einem schon fast schwindlig werden kann. Die heutige Welt lebt von der Geschwindigkeit.

Es liegt unter anderem an den Schulen von heute, dass sie sich den Bedürfnissen der neuen Generationen anpassen auch wenn dies den alten nicht wirklich gefällt. Bei uns in der Schweiz beispielsweise werden die Wandtafeln langsam aber sicher durch eine elektronische Version ersetzt.

Doch unsere Jugendlichen verlieren nicht nur fähigkeiten sondern gewinnen andere dazu:
Z.B sind sie viel flexibler im Denken. Können mehrere Dinge gleichzeitig machen. Können Eindrücke auch schneller verarbeiten etc.

Ich denke diese soziale Entwicklung darf nicht einfach ignoriert werden. Wobei ich nicht behaupten möchte dass alles nur daran liegt.
 
Vielen Dank für diesen "Insider-Bericht", Asmodea :).

Wie sieht es eigentlich mit der Nachbetreuung aus, wenn die Kinder und Jugendlichen wieder entlassen werden? Ist die gewährleistet? Denn sonst sehe ich keine allzu großen Chancen, daß sie ihre "Cope"-Techniken lange beibehalten.

Gruss,
Uta
 
Zum Hyperkinetischen Syndrom:
Unser Kind ist hyperaktiv! Was nun? Das hyperkinetische Syndrom

Da gibt es viele Feinheiten und Unterschiedlichkeiten. Die Nähe zu ADHS wird deutlich...

Ursachen (Hypothesen) des Krankheitsbildes
Erziehung / Umwelt
Vererbung (genetisch)
Hirnorganische :

Störung der Hirnfunktion, der Wahrnehmung, der Sensorischen Integration,
Unterstimulation (Under Arousal)
minimale Hirnschäden durch Sauerstoffmangel, Alkohol
Neurochemische :

Neurotransmitter- Störung an der Nervenendplatte
Störung der Durchblutung im Nucleus ambiguus
Störung der Glucoseutilisation
Vergiftung durch Schwermetalle ( Blei )
Allergische:
Ernährung :
Salizylate ( B. Feingold )
Phosphate / Zucker / Farbstoffe ( H. Hafer )
Pseudo- Allergene ( Prof. Egger, München)

In den letzten 30 Jahren wurden am häufigsten Erziehungsfehler, Elternproblematik, Vernachlässigung, Deprivation und frühkindliche Traumata für die Ursache gehalten und die Störungen als soziales und pädagogisches Problem angesehen. Die meisten neueren Untersuchungen sind sich jedoch einig, daß diese Faktoren nicht die Ursache sind, wohl aber die Ausprägung und das Erscheinungsbild erheblich beeinflussen können. Man stellte fest, das POS-Kinder in heilen Familien genau so häufig vorkommen wie in gestörten Familien.
...
Die Forschungsergebnisse der letzten 50 Jahre machen eine Stoffwechselstörung am wahrscheinlichsten. Als Denkmodell und realistische Hypothese ist diese Vorstellung am Besten brauchbar. Ein genetischer Defekt und/oder eine Störung zur Zeit der Gehirnentwicklung führen zu einer Andersartigkeit, zu einer Funktionsstörung des Neurotransmitter-Systems unseres Gehirns. Neurotransmitter sind Überträgersubstanzen am Nervenende, dort, wo ein Spalt am Übergang von einem Nerv zum nächsten Nerv besteht. Kommt ein bestimmter elektrischer Reiz über den Nerv an, muß er durch chemische Substanzen, eben die Neurotransmitter, über diesen Spalt hinweg transportiert werden, um den neuen Nerv zu erregen. Diese Substanzen, die bekanntesten sind das Serotonin, das Dopamin, das Noradrenalin, müssen auf der anderen Seite durch Enzyme abgebaut werden. Eine Störung in Zusammensetzung und Abbau oder ein Mangel an diesen Überträgersubstanzen führt zur gestörten Reizweiterleitung und Reizverarbeitung und damit zur mangelhaften Information und endlich zur Hirnfunktionsstörung. In bestimmten Hirnarealen konnte mit aufwendigen Untersuchungen eine Minderdurchblutung, in anderen eine Zuckerverwertungsstörung nachgewiesen werden. Damit sind wir vom eigentlichen Wissen um die Ursachen noch weit entfernt, können aber zumindest sagen, daß es nachweisbare organische Veränderungen gibt.

Als äußere zusätzliche Ursache für die Stoffwechselstörung werden auch zahlreiche Nahrungsmittelbestandteile angeschuldigt. Im Amerika der 50er Jahre die Salicylate von Benjamin Feingold, in Deutschland seit den 70er Jahren von Herta Hafer insbesondere die Phosphate und Nahrungszusatzmittel, und von Professor Egger, München sogenannte Pseudoallergene. Der wissenschaftliche Beweis dafür steht noch aus.

Zu POS-Kindern:
www.pos.vtspace.ch/pos.htm

Gruss,
Uta
 
Richtig.

Also als erstes versucht man soweit ich da schon durchgeblickt habe, immer die Familie auch in die Therapie zu integrieren. Das wäre natürlich der Idealste weg.

Anschliessend an die stationäre Behandlung folgt meist noch die Ambulante Nachsorge bei einem Kinderpsychologen/Psychiater in der Nähe des Wohnortes des Kindes. In der Schule werden sie dann auch noch vom Schulpsychologischendienst weiter betreuut.

Man schaut eigentlich dass die Schulversuche noch von der Station aus gemacht werden können um zu sehen ob dies funktioniert. Die Kinder gehen am Wochenende wenn möglich anch Hause.

Man kann auch Stufenweise vorgehen indem sie nach der Stationären Behandlung noch in eine Kindertagesklinik gehen und von dort aus ihre Schule besuchen.

Da gibt es ziemlich individuelle vorgehensweisen. Aber die meisten Kinder haben eine Ambulante Nachsorge in Form regelmässiger Psychotherapiesitzungen.

DIes setzt aber vorauss dass die Situation zuhause für das Kind als Tragbar eingestuft wird.
 
Hallo Asmodea,

okay, es wurde schon mehrfach gesagt, aber ich möchte gerne auch noch ausführen, dass meiner Ansicht nach die medikamentöse "Überversorgung" oder auch Fehlversorgung, nicht im stationären Bereich beginnt, sondern in der Mehrzahl der Fälle im ambulanten Bereich.

Und, es tut mir leid das so deutlich sagen zu müssen, aber nach meinen Praxiserfahrungen ist es ganz oft einfach so, dass KinderärztInnen und Kinder- und JugendpsychiaterInnen sehr schnell mit der Diagnose ADS oder ADHS bei der Hand sind und dann auch gleich "Concerta", Strattera" usw. verabreichen. Oftmals fassen sie alternative "Therapien" bzw. Herangehensweisen, nicht einmal ins Auge bzw. besprechen sie diese nicht mit den Eltern !

Wie Kim es oben schon gesagt hat: in ganz vielen Fällen geht es schlichtweg um Aufmerksamkeit, verunsicherte/ beunruhigte Kinder https://www.symptome.ch/threads/unruhige-kinder-beunruhigte-kinder.26544/ , denen emotionale Zuwendung, Strukturen und positive Aufmerksamkeit fehlen.

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo, noch mal ein paar Gedanken von mir dazu:

Sehr häufig erlebe ich, dass es gerade die Eltern sind, die - hilf- und ratlos, erschöpft und verzweifelt, nach einer "schnellen und leichten" Lösung suchen. [Das ist kein individuelles, sondern ein historisch gewachsenes und gesellschaftliches Phänomen: der Wunsch nach einer schnellen Lösung, nach dem "Knopf zum Abschalten", nach der "Wunderpille".]

Diese Eltern brauchen mehr, als nur jemanden, der ihnen - also ihrem Kind - ein Mittel verschreibt. Sie benötigen Aufklärung, Ermutigung und eine - oft langfristige - Unterstützung bei der Erziehung!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Sehr häufig erlebe ich, dass es gerade die Eltern sind, die - hilf- und ratlos, erschöpft und verzweifelt, nach einer "schnellen und leichten" Lösung suchen. [Das ist kein individuelles, sondern ein historisch gewachsenes und gesellschaftliches Phänomen: der Wunsch nach einer schnellen Lösung, nach dem "Knopf zum Abschalten", nach der "Wunderpille".]
Richtig!

Ein Beispiel dafür bin (leider) ich.

Mein Sohn war ein sehr aktives Kind. Er lief mit einem Jahr und wollte immer "weg". Eine Sekunde nicht aufgepasst, weg war er.
Er wollte alles wissen, fragte dauernd nach, lies ein "nein" nicht gelten. Abends war er zwar müde, wollte aber nie schlafen um nichts zu verpassen. Keine Auszeit, nie ausruhen, immer "da" und präsent, rennen, toben, nie sitzen, nicht mal beim Essen....
Als wir mal wieder beim Kinderarzt waren fragte ich ihn ob das noch normal sei, oder ob er nicht etwas hätte damit mein Sohn nicht immer so "überdreht" ist. Ich machte mir wirklich Sorgen deswegen, aber ich war auch überfordert.

Zum Glück hatte ich einen Kinderarzt der selber vier Kinder hat und der unruhige Kinder nicht einfach beruhigen wollte.
Er sagte zu mir: Gute Frau, wenn hier jemand etwas zur beruhigung braucht dann sind sie das. Ihr Sohn ist ein extrem aufgewecktes, intelligentes und lernbegieriges Kind.Er ist perfekt so wie er ist. Er fordert sie und ihre ganze Kraft. Sorgen sie dafür dass sie die Kraft für ihr Kind haben und bremsen sie ihn nicht aus.

Ich bin ihm heute noch dankbar dafür. Und er hatte recht....

liebe Grüße von Hexe :hexe:
 
Hallo Hexe,

habe herzlichen Dank fùr Deine `Geschichte`! Ich finde dass dies ein wunderbares Beispiel dafür ist, dass man sich zunächst einmal helfend um die Eltern kümmern und ihnen Rat, Unterstützung und individuelle Hilfen- Entlastung zur Verfügung stellen sollte.
Den Ansatz `Was brauchen Sie um ruhiger zu werden?`finde ich da ganz prima!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
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